Leitsatz (amtlich)
1. Erhält ein als gemeinnützig anerkanntes Wohnungsunternehmen in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft für bestimmte Geschäfte nach § 6 Abs.3 und 4 WGG eine Ausnahmebewilligung, unterliegt es mit sämtlichen Einkünften aus dieser Tätigkeit der Gewerbesteuer.
2. Der Gewinn aus der Auflösung einer gemäß § 6b EStG gebildeten Rücklage wird nicht von der Kürzungsvorschrift des § 9 Nr.1 Satz 2 GewStG erfaßt, wenn bei der Auflösung die Voraussetzungen des § 9 Nr.1 Satz 2 GewStG nicht vorliegen. Dies gilt auch dann, wenn der ohne die Bildung der Rücklage entstandene Gewinn nach § 9 Nr.1 Satz 2 GewStG gewerbesteuerfrei gewesen wäre.
Orientierungssatz
1. Abgrenzung des laufenden Gewerbeertrags vom steuerbefreiten Veräußerungsgewinns oder Aufgabegewinns i.S. des § 16 EStG: Der Gewinn aus der Auflösung einer Rücklage nach § 6b EStG ist selbst dann kein Gewinn aus einer Betriebsveräußerung, wenn die Rücklage im Zuge einer Betriebsveräußerung gebildet worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 4.2.1982 IV R 150/78).
2. Trotz selbständiger Ermittlung des Gewinns für die Gewerbesteuer kann eine Kapitalgesellschaft bilanzsteuerrechtliche Bewertungswahlrechte bei der Gewinnermittlung für Zwecke der Gewerbesteuer und bei der Gewinnermittlung für Zwecke der Körperschaftsteuer nur einheitlich ausüben (vgl. BFH-Urteil vom 25.4.1985 IV R 83/83).
3. Die Frage, ob ein Unternehmen nach dem WGG als gemeinnützig anzuerkennen ist, bestimmt sich ausschließlich nach den Vorschriften dieses Gesetzes. Die Entscheidung über die Anerkennung ist für die Steuerbehörden bindend (Grundlagenbescheid). Im Rahmen des Besteuerungsverfahrens hat das FA lediglich zu prüfen, ob das Wohnungsunternehmen in dem maßgebenden Steuerabschnitt als gemeinnützig anerkannt war (vgl. RFH-Rechtsprechung und BFH-Rechtsprechung).
4. Bei Kapitalgesellschaften besteht die Gewerbesteuerpflicht auch nach Einstellung ihrer werbenden Tätigkeit bis zur vollständigen Verteilung des Vermögens an die Gesellschafter fort (vgl. BFH-Urteil vom 13.11.1962 I 262/60 U; Literatur).
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 3 Nr. 6, § 9 Nr. 1 S. 2; GewStDV 1968 §§ 10, 12 Nr. 1; WGG § 1 Abs. 2, § 6 Abs. 1, 3; KStG § 6 Abs. 1; WGG § 6 Abs. 4; WGGDV § 10 Abs. 3; EStG §§ 6b, 5; GewStG §§ 7, 2 Abs. 1; EStG § 16; AO 1977 § 171 Abs. 10
Verfahrensgang
FG Münster (Entscheidung vom 24.08.1988; Aktenzeichen X 2307/88 G) |
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die durch Beschluß des Ministers für Wiederaufbau des Landes Nordrhein-Westfalen vom ... als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen nach dem Gesetz über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen vom 29.Februar 1940 --WGG-- (BGBl III, Gliederungsnr.2330-8, veröffentl. bereinigte Fassung) anerkannt worden ist.
Die Klägerin errichtete in den Jahren 1956 und 1957 ein Verwaltungsgebäude, das von ihr zunächst mit 6,3 v.H. der Nutzfläche selbst genutzt und im übrigen vermietet wurde. Mit Bescheid vom 2.März 1960 erteilte die Anerkennungsbehörde im Einvernehmen mit dem Landesfinanzminister nachträglich eine Ausnahmebewilligung für die Errichtung des Verwaltungsgebäudes mit der ausdrücklichen Auflage, daß, soweit das Gebäude den Eigenbedarf der Klägerin übersteigt, die darauf entfallenden Steuern zu entrichten sind. Die Ausnahmebewilligung wurde insbesondere von folgenden Auflagen abgabenrechtlicher Art abhängig gemacht:
"1. Für die Einkünfte und für das Vermögen, die aus der Errichtung bzw. Nutzung der genannten Gebäudeteile entstehen, ist Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Vermögensteuer zu entrichten.
2. Für die Zwecke der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer sind die entsprechenden Besteuerungsgrundlagen jährlich aufgrund gesonderter Buchführungsunterlagen zu erklären."
Mit Vertrag vom 26.März 1973 verkaufte die Klägerin das Verwaltungsgebäude, das seit Mai 1970 in vollem Umfang vermietet war, zu einem Kaufpreis von 1,5 Mio DM //Zahlen geändert// an den Mieter. In Höhe des sich hierbei ergebenden Veräußerungsgewinns von 954 200 DM bildete die Klägerin eine Reinvestitionsrücklage nach § 6b Abs.3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) schätzte für das Streitjahr 1975 die voraussichtlichen Aufwendungen für das Reinvestitionsobjekt auf 680 000 DM und löste die Rücklage in Höhe des überschießenden Betrags gewinnerhöhend auf.
Für das Streitjahr 1975 ergab sich unter Zugrundelegung eines nach einer Betriebsprüfung auf ... DM erhöhten Einkommens ein einheitlicher Gewerbesteuermeßbetrag von ... DM.
Mit ihrer nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage wandte sich die Klägerin gegen die steuerliche Erfassung des Veräußerungsgewinns, da sie als nach dem WGG steuerbefreite Körperschaft durch die Vermietung des Verwaltungsgebäudes keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten habe, der über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgegangen sei und eine Steuerpflicht insoweit auch nicht durch die Auflagen abgabenrechtlicher Art vom 2.März 1960 begründet worden sei.
Nachdem die Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung beantragt hatte, bei der Überprüfung der Körperschaftsteuer der Höhe nach zu berücksichtigen, daß der bis zum Jahre 1970 selbstgenutzte Anteil in Höhe von 6,3 v.H. mit dem höheren Einlagewert angesetzt werden müsse, stellte das Finanzgericht (FG) durch Zwischenurteil gemäß § 99 der Finanzgerichtsordnung (FGO) fest, daß der Veräußerungsgewinn zu dem steuerpflichtigen Gewinn nach dem Gewerbesteuergesetz (GewStG) gehöre.
Auf die Revision gegen das Zwischenurteil hob der erkennende Senat dieses mit Urteil vom 25.November 1987 I R 183/83 auf.
In dem darauf erlassenen in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1989, 195 veröffentlichten Urteil sah das FG die Klage als begründet an.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 9 Nr.1 Satz 2 GewStG.
Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das Urteil des FG war aufzuheben. Die Klage war abzuweisen. Sie ist nicht begründet (§ 126 Abs.3 Nr.1 FGO).
1. Der Gewinn aus der Veräußerung des Verwaltungsgebäudes ist gewerbesteuerpflichtig. Die auf der Anerkennung als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen nach dem WGG beruhende Steuerbefreiung wird durch die Auflagen abgabenrechtlicher Art der Anerkennungsbehörde vom 2.März 1960 insoweit eingeschränkt. Auf die Rechtmäßigkeit dieser Auflagen kommt es für die steuerrechtliche Beurteilung nicht an.
a) Nach § 3 Nr.6 GewStG in der für das Jahr der Veräußerung maßgebenden Fassung vom 20.Oktober 1969 (BGBl I 1969, 2021) sind Unternehmen, die nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, von der Gewerbesteuer befreit. Für die Durchführung der Steuerbefreiung gelten nach § 10 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung i.d.F. vom 22.Oktober 1969 --GewStDV 1968-- (BGBl I 1969, 2037) die §§ 17 bis 19 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) und die Gemeinnützigkeitsverordnung vom 24.Dezember 1953 (GemVO). In § 12 Nr.1 GewStDV 1968 ist ergänzend bestimmt, daß von der Gewerbesteuer auch Wohnungsunternehmen befreit sind, solange sie aufgrund des WGG und der dieses Gesetz ergänzenden Vorschriften als gemeinnützig anerkannt sind.
b) Die Klägerin hat durch den Beschluß vom ... die nach § 16 Abs.1 i.V.m. § 17 Abs.1 WGG vorgeschriebene förmliche Anerkennung als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen durch die hierfür zuständige Wohnungsbaubehörde erhalten. Sie gilt damit nach § 1 Abs.2 WGG als Unternehmen, das ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dient und dessen wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb über den Rahmen der Vermögensverwaltung nicht hinausgeht. Das WGG konstituiert insoweit ein Sonderrecht der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, das eine zusätzliche Überprüfung am Maßstab der §§ 17 bis 19 StAnpG und der GemVO nicht zuläßt (vgl. hierzu Ipsen, Rechtsfragen der Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen, in Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, 23.Jahr (1978), S.121 ff.). Die Frage, ob ein Unternehmen nach dem WGG als gemeinnützig anzuerkennen ist, bestimmt sich damit ausschließlich nach den Vorschriften dieses Gesetzes.
Die Entscheidung über die Anerkennung ist für die Steuerbehörden bindend (so schon Urteil des Reichsfinanzhofs --RFH-- vom 28.November 1942 VI a 35/42, RStBl 1942, 1147; vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10.Dezember 1954 III 78/54 S, BFHE 60, 165, BStBl III 1955, 63). Das WGG eröffnet den Steuerbehörden lediglich die Möglichkeit, die Entziehung der Anerkennung zu beantragen, falls nach ihrer Auffassung die Voraussetzungen für die Anerkennung nicht erfüllt sind (vgl. §§ 19 und 20 WGG). Im Rahmen des Besteuerungsverfahrens hat das FA jedoch lediglich zu prüfen, ob das Wohnungsunternehmen in dem maßgebenden Steuerabschnitt als gemeinnützig anerkannt war (BFH-Urteil in BFHE 60, 165, BStBl III 1955, 63). Dem Anerkennungsbeschluß kommt hierbei die Wirkung eines für die Steuerfestsetzung bindenden Grundlagenbescheides zu (vgl. die Legaldefinition in § 171 Abs.10 der Abgabenordnung --AO 1977--), der ohne zeitliche Befristung erteilt wird.
c) Der gemeinnützige Zweck nach dem WGG beschränkt sich grundsätzlich auf die Errichtung und Verwaltung von sog. Kleinwohnungen (vgl. § 6 Abs.1 WGG). Dem gemeinnützigen Wohnungsunternehmen kann jedoch durch eine Ausnahmebewilligung der Anerkennungsbehörde nach § 6 Abs.3 und 4 WGG auch die Ausübung von Geschäften erlaubt werden, die nicht im Rahmen der Gemeinnützigkeit liegen. Die Ausnahmebewilligung kann in bestimmten Fällen (vgl. § 10 Abs.3 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen --WGGDV--) unter Auflagen abgabenrechtlicher Art erteilt werden. Durch diese Auflagen soll für eine Betätigung außerhalb des gemeinnützigen Zwecks der Wettbewerbsvorsprung gegenüber den freien Wohnungsunternehmen aufgehoben werden (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 14.November 1968 VIII C 68.64, BVerwGE 31, 35; Thies, Wohnungsgemeinnützigkeit, 1986, S.43). Sinn und Zweck der abgabenrechtlichen Auflagen sind insoweit mit der Regelung in § 6 GemVO vergleichbar, die ebenfalls der Wettbewerbsneutralität dient (vgl. hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 21.August 1985 I R 60/80, BFHE 145, 33, BStBl II 1986, 88). Soweit die Klägerin im Hinblick auf die nach dem WGG beschränkten Gewinnverwendungsmöglichkeiten einen Wettbewerbsvorteil gegenüber nicht steuerbefreiten Wohnungsunternehmen verneint, verkennt sie, daß es unter Wettbewerbsgesichtspunkten unerheblich ist, ob der Gewinn an die Gesellschafter ausgeschüttet oder für gemeinnützige Zwecke verwendet wird.
d) Soweit die Klägerin aufgrund der Ausnahmebewilligung vom 2.März 1960 tätig geworden ist, gilt diese Tätigkeit nach § 2 Abs.2 Nr.2 GewStG als Gewerbebetrieb, der der Gewerbesteuer unterliegt.
aa) Die abgabenrechtlichen Auflagen verstoßen nicht gegen den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung. Denn die Steuerpflicht folgt nicht aus diesen Auflagen, sondern ergibt sich vielmehr unmittelbar und abschließend aus den Steuergesetzen.
Die Auflagen abgabenrechtlicher Art nach § 10 Abs.3 WGGDV schränken lediglich den Umfang der auf der Fiktion des § 1 Abs.2 WGG beruhenden Steuerbefreiung des § 3 Nr.6 GewStG 1968 i.V.m. § 12 Nr.1 GewStDV 1968 ein (vgl. Urteil des BVerwG in BVerwGE 31, 35; Thies, a.a.O., S.43; vgl. zur Rechtsnatur und Wirkungsweise der abgabenrechtlichen Auflagen auch Ipsen, a.a.O., S.130). Sie begrenzen die Wirkungen des Anerkennungsbescheides auf die nicht in der Ausnahmebewilligung genannten Geschäfte und lassen damit für die dort aufgeführten Tätigkeiten die durch die Anerkennung der Gemeinnützigkeit nach dem WGG zunächst in vollem Umfang aufgehobene Steuerpflicht nach § 2 GewStG wieder aufleben.
bb) Die Ausnahmebewilligung vom 2.März 1960 ist inhaltlich hinreichend bestimmt und gewährleistet eine eindeutige Abgrenzung zwischen dem gemeinnützigen Geschäftskreis der Klägerin und ihrem steuerpflichtigen Tätigkeitsbereich. Die Verfügung vom 2.März 1960 läßt auch keine besonders schwerwiegenden Mängel erkennen, die ihre Nichtigkeit zur Folge haben könnten. Insbesondere führt die von der Klägerin behauptete Verfassungswidrigkeit des § 10 Abs.3 WGGDV nicht zur Nichtigkeit der auf dieser Vorschrift beruhenden Verfügung, wie sich aus § 79 Abs.2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht ergibt.
Im übrigen kommt es auf die Rechtmäßigkeit der bestandskräftigen Ausnahmebewilligung im vorliegenden Verfahren schon deshalb nicht an, weil die Entscheidungen der Anerkennungsbehörde nach dem WGG, zu denen auch die Erteilung von Ausnahmebewilligungen mit abgabenrechtlichen Auflagen rechnen, weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht der Nachprüfung durch die Finanzbehörden und die Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit unterliegen. Es kann deshalb dahinstehen, ob das WGG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß von Auflagen abgabenrechtlicher Art nach § 10 Abs.3 WGGDV enthält.
cc) Im Streitfall kann auch offenbleiben, ob die Vermietung des Verwaltungsgebäudes als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu werten ist, der über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Dieser Begriff ist nur von Bedeutung, soweit eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr.6 GewStG 1968 in Betracht kommt. Die Klägerin unterliegt jedoch mit ihrer im Rahmen der Ausnahmebewilligung ausgeübten Tätigkeit der Gewerbesteuerpflicht nach § 2 Abs.2 Nr.2 GewStG. Die Vorschrift unterstellt in Form einer unwiderlegbaren Vermutung, daß die Klägerin als Kapitalgesellschaft stets und in vollem Umfang gewerblich tätig ist, ohne daß es auf die Art der Tätigkeit ankommt.
e) Die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin ist nicht im Zeitpunkt der Veräußerung des Verwaltungsgebäudes erloschen. Dies folgt bereits daraus, daß die Klägerin der Besteuerung nach den allgemeinen Grundsätzen unterliegt, soweit nicht die Steuerbefreiung aufgrund des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts eingreift. Bei Kapitalgesellschaften besteht die Gewerbesteuerpflicht auch nach Einstellung ihrer werbenden Tätigkeit bis zur vollständigen Verteilung des Vermögens an die Gesellschafter fort (vgl. auch BFH-Urteil vom 13.November 1962 I 262/60 U, BFHE 76, 195, BStBl III 1963, 69; Petzold, Gewerbesteuergesetz, 2.Aufl., S.94), so daß auch durch längere Unterbrechungen der betrieblichen Tätigkeit die Steuerpflicht nicht berührt wird. Dieses Ergebnis entspricht auch Sinn und Zweck der abgabenrechtlichen Auflagen, für die der Ausnahmebewilligung unterliegenden Tätigkeiten eine steuerliche Gleichbehandlung mit nicht gemeinnützigen Wohnungsunternehmen sicherzustellen. Denn bei diesen Unternehmen ist es für die Ermittlung des Gewerbeertrags aus der Nutzung eines Grundstücks ohne Bedeutung, ob diese Nutzung während des gesamten Erhebungszeitraums stattgefunden hat.
Das FG hat somit zu Recht die von der Klägerin begehrte Umrechnung des --der Höhe nach unstreitigen-- Gewerbeertrags für das Streitjahr 1975 gemäß § 10 Abs.3 Satz 1 GewStG abgelehnt.
f) Auf die Abgrenzung des laufenden Gewerbeertrags vom steuerbefreiten Veräußerungs- oder Aufgabegewinn i.S. des § 16 EStG kommt es im Streitfall nicht an. Der Gewerbeertrag für das Jahr 1975 resultiert nicht aus der Veräußerung des Verwaltungsgebäudes, sondern aus der teilweisen Auflösung der im Jahre der Veräußerung gebildeten Reinvestitionsrücklage nach § 6b Abs.3 EStG. Der Gewinn aus der Auflösung der Rücklage ist jedoch selbst dann kein Gewinn aus einer Betriebsveräußerung, wenn die Rücklage im Zuge einer Betriebsveräußerung gebildet worden ist (BFH-Urteil vom 4.Februar 1982 IV R 150/78, BFHE 135, 202, BStBl II 1982, 348).
Es kann auch dahinstehen, ob der Veräußerungsgewinn im Jahre 1973 dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen gewesen wäre, falls die Klägerin keine Rücklage nach § 6b Abs.3 EStG gebildet hätte. Denn die Klägerin ist an die getroffene Wahl gebunden, obwohl für das Jahr der Veräußerung noch keine bestandskräftige Veranlagung des Gewerbesteuermeßbetrags vorliegt. Trotz selbständiger Ermittlung des Gewinns für die Gewerbesteuer kann die Klägerin bilanzsteuerliche Bewertungswahlrechte bei der Gewinnermittlung für Zwecke der Gewerbesteuer und bei der Gewinnermittlung für Zwecke der Körperschaftsteuer nur einheitlich ausüben (vgl. BFH-Urteil vom 25.April 1985 IV R 83/83, BFHE 144, 25, BStBl II 1986, 350).
g) Schließlich kommt es auch nicht darauf an, ob der bei der Veräußerung des Verwaltungsgebäudes erzielte Gewinn unter die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr.1 Satz 2 GewStG fällt. Nach dieser Vorschrift können Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Kaufeigenheime, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen errichten und veräußern, auf Antrag den Gewerbeertrag statt um einen bestimmten Hundertsatz des Einheitswerts des Grundbesitzes um den Betrag kürzen, der u.a. auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Der erkennende Senat hat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung im Urteil vom 29.April 1987 I R 10/86 (BFHE 150, 59, BStBl II 1987, 603) entschieden, daß der Begriff der Verwaltung und Nutzung auch die Veräußerung umfaßt. Durch die Bildung der Rücklage nach § 6b Abs.3 EStG ist jedoch im Jahr 1973 kein Veräußerungsgewinn entstanden, der in den Kürzungsbetrag des § 9 Nr.1 Satz 2 GewStG hätte einbezogen werden können. Für das Streitjahr 1975 kommt eine Anwendung dieser Vorschrift schon deshalb nicht in Betracht, weil sie, wie sich aus Satz 1 der Nr.1 ergibt, die Zugehörigkeit des Grundbesitzes zum Betriebsvermögen im Erhebungszeitraum voraussetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 62769 |
BFH/NV 1989, 52 |
BStBl II 1990, 76 |
BFHE 158, 440 |
BFHE 1990, 440 |
BB 1989, 2324-2325 (L1-2) |
DB 1990, 89 (S) |
DStR 1989, 722 (K) |
HFR 1990, 190 (LT) |