Leitsatz (amtlich)
Längerfristige Schulden, die dem Erwerb von Bimsausbeuterechten dienen, sind Dauerschulden, auch wenn die Kredite von einem Abnehmer gegeben werden, um dessen Bedarf an Bims zu befriedigen, und die Schuld in der Weise getilgt wird, daß der Abnehmer einen bestimmten Betrag vom Kaufpreis je gelieferter Tonne Bims abziehen darf.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) - eine KG - betreibt den Bimsabbau und den Bimshandel. Aufgrund einer Betriebsprüfung setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) bei den endgültigen Festsetzungen der einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträge 1962 bis 1964 folgende Beträge als Dauerschulden (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG) und Dauerschuldzinsen (§ 8 Nr. 1 GewStG) bei der Ermittlung des Gewerbekapitals und des Gewerbeertrags an:
Dauerschulden: 1962 1963 1964
DM DM DM
Kredit der Firma H 865 865 500 000 404 000
Wechselschulden für
Lkw-Finanzierung 47 501 61 092 53 052
Wechselkredite der
Kreditbank - - 217 696
Dauerschuldzinsen:
für Kredit der Firma H 30 000 24 240 14 280
für Lkw-Finanzierungen
(Wechsel) 4 089 6 425 5 430
für Kreditbank-
Wechselfinanzierungen 2 540 14 678 21 023
Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin Klage mit der Begründung, sie habe von der Firma H den Kredit zum Erwerb von Bimsausbeuterechten erhalten, um den Bedarf des Kreditgebers an Bimskies sicherzustellen. Die Anschaffungskosten für die Bimsausbeuterechte stellten wirtschaftlich den Erwerbspreis für die Gesamtheit des zu fördernden Materials aus den Bimsfeldern dar. Die Bimsausbeuterechte hätten damit den gleichen Charakter wie ein Warenlager, da die in der Erde liegenden Stoffe nicht dem Gebrauch, sondern dem Verbrauch, nämlich der Veräußerung dienten. Der Kredit der Firma H sei in der Weise getilgt worden, daß vom Rechnungspreis für jede gelieferte Tonne Bimskies 2 DM abgezogen worden seien. Dieser Kredit habe somit dem laufenden Geschäftsbetrieb gedient und eng mit den Warenlieferungen an den Kreditgeber zusammengehangen. Die Wechselschulden, die wegen des Kaufs der LKW (Ersatzbeschaffungen) und für den Erwerb weiterer Bimsausbeuterechte (Kredit der Kreditbank) eingegangen seien, seien ebenfalls keine Dauerschulden. Diese Wechsel hätten nur eine durchschnittliche Laufzeit von 13 Monaten gehabt.
Das FG wies die Klage ab. Es führte aus, die Klägerin sei aufgrund des Kredits der Firma H in der Lage gewesen, in großem Umfang Bimsausbeuterechte zu erwerben. Nur mittels des gewährten Kredits sei die Klägerin imstande gewesen, den Bimsbedarf ihrer Gläubigerin zu befriedigen und darüber hinaus noch eine nicht unerhebliche Vorratsmenge an bimshaltigen Grundstücken zu bilden. Die ständig steigenden Bilanzansätze der Bimsausbeuterechte bewiesen dies. Hieraus ergebe sich, daß der Kredit wirtschaftlich mit einer Verbesserung und Erweiterung des Betriebs der Klägerin zusammengehangen habe.
Keinem Zweifel könne es begegnen, daß die Bimsausbeuterechte als abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu bilanzieren seien. Dem Dauerschuldcharakter des Kredits der Firma H stehe nicht entgegen, daß die Gläubigerin außerdem bezweckt habe, ihren eigenen Bimsbedarf zu sichern. Der Kredit habe einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs der Klägerin i. S. des § 8 Nr. 1 GewStG gedient. Bei der langen Laufzeit sei auch anzunehmen, daß dieser Kredit nicht nur der vorübergehenden Stärkung des Betriebsvermögens der Klägerin gedient habe.
Die gleichen Erwägungen seien maßgeblich für die Behandlung der Wechselschulden, die dem Kauf der LKW und ebenfalls von Bimsausbeuterechten gedient hätten. Die von der Klägerin vertretene Auffassung, daß sich der Begriff Dauerschulden an dem Bilanzierungsschema des AktG orientieren müsse, sei abzulehnen. Der Begriff der Dauerschuld sei ein gewerbesteuerrechtlicher. Danach seien Wechselkredite, mit denen die Anschaffung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens - hier LKW und Bimsausbeuterechte - finanziert werde, ohne Rücksicht auf ihre Laufzeit Dauerschulden und die für diese Finanzierung gezahlten Zinsen Dauerschuldzinsen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, die sie ausdrücklich auf die gewerbesteuerliche Behandlung der Schulden und Schuldzinsen betreffend die Kredite der Fima H und die Wechselkredite der Kreditbank beschränkt. Der Kredit der Firma H habe dem laufenden Betrieb gedient und eng mit den Warenlieferungen an die Gläubigerin zusammengehangen. Stehe aber ein aufgeommener Kredit eindeutig mit bestimmten Warengeschäften in Verbindung oder sei ein Kredit vertragsgemäß aus den Erlösen der bevorschußten Waren abzudecken, so sei eine Dauerschuld zu verneinen. Die Feststellungen des FG, die Klägerin sei nur mittels des gewährten Kredits imstande gewesen, den Bimsbedarf ihrer Gläubigerin zu befriedigen und darüber hinaus noch eine nicht unerhebliche Vorratsreserve an bimshaltigen Grundstücken zu bilden, beruhten auf mangelnder Sachaufklärung. Der Kredit der Firma H hänge weder mit einer Verbesserung noch mit einer Erweiterung des Betriebs der Klägerin zusammen. Trotz der Inanspruchnahme des Kredits seien die Umsätze der Klägerin aus dem Bimsverkauf in den Jahren 1961 bis 1964 mengenmäßig geringer gewesen als im Jahr 1960. Schulden, die mit dem laufenden Geschäftsbetrieb zusammenhingen, würden nicht deshalb zu Dauerschulden, weil sie anläßlich der Gründung oder Erweiterung des Betriebs aufgenommen worden seien. Bei ausreichender Sachaufklärung wäre das FG nicht zu dem Schluß gekommen, daß der Kredit der Firma H wirtschaftlich mit der Erweiterung des Betriebs zusammenhänge. Es hätte dann auch feststellen können, daß die Bilanzansätze der Bimsausbeuterechte sich nicht entsprechend der Höhe des Kredits der Firma H entwickelt hätten. Den ständig steigenden Bilanzansätzen der Ausbeuterechte stehe ein ständiges Sinken der Kredite der Firma H gegenüber. Die steigenden Bilanzansätze der Ausbeuterechte seien im wesentlichen auf das Ansteigen der Anschaffungskosten für die einzelnen Ausbeuterechte zurückzuführen, während die flächenmäßige Zunahme nicht ins Gewicht falle. Ob die Bilanzierung der Bimsausbeuterechte beim Umlaufvermögen formal richtig sei, könne dahingestellt bleiben. Wirtschaftlich gesehen sei die Bilanzierung der Bimsausbeuterechte als Vorratsvermögen (Umlaufvermögen) deshalb zutreffend, weil die in der Erde liegenden Stoffe (Mineralien) dem Verbrauch, der Veräußerung dienten.
Auch die Wechselverbindlichkeiten gegenüber der Kreditbank hätten ebenfalls dem Erwerb von Bimsausbeuterechten gedient. Das FG hätte hier auch prüfen müssen, ob trotz der kurzen Laufzeit der Wechsel eine Dauerschuld in Betracht komme. Eine durchschnittliche Laufzeit von nur 13 Monaten begründe keine Dauerschuld. Eine starre Grenze von 12 Monaten könne nicht befriedigen. Statt des Begriffs "Dauerschuld" sei besser der Begriff "Dauerkredit" zu verwenden. Was als "dauernd" anzusehen sei, lasse sich am besten dem Bilanzierungsvorschriften des Aktiengesetzes und dem § 19 GewStDV (Dauerschulden bei Kreditinstituten) entnehmen. Wechselkredite, die nur eine durchschnittliche Laufzeit von 13 Monaten aufwiesen, erfüllten nicht die Voraussetzungen einer Dauerschuld.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Nach § 8 Nr. 1 GewStG werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die bei seiner Ermittlung abgezogenen Zinsen für Schulden wieder hinzugerechnet, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen (Zinsen für Dauerschulden). Die zugrunde liegenden Verbindlichkeiten, die den genannten Schuldzinsen entsprechen, sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbekapitals dem Einheitswert des Gewerbebetriebs wieder hinzuzurechnen, soweit sie bei der Feststellung des Einheitswerts abgezogen worden sind. Das Gesetz unterscheidet hiernach zwischen zwei Tatbestandsgruppen:
a) Verbindlichkeiten im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Gründung (Erwerb) eines Betriebs oder mit der Erweiterung oder Verbesserung eines Betriebs und
b) Verbindlichkeiten, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen.
Für die zweite der genannten Gruppen spielt die Länge der Laufzeit der Verbindlichkeit eine erhebliche Rolle. Für die erstgenannte Gruppe ist in der Regel das Zeitmoment nicht von so entscheidender Bedeutung (so der erkennende Senat in dem Urteil vom 30. Juni 1971 I R 55/68, BFHE 103, 180, BStBl II 1971, 750, für den Fall der Gründung des Betriebs, wenn Verbindlichkeiten zur Anschaffung oder Herstellung der erforderlichen Betriebsanlagen eingegangen werden). Allerdings ist die unter b) genannte Tatbestandsgruppe bei der Auslegung der unter a) genannten Gruppen insofern heranzuziehen, als sich daraus ergibt, was der Gesetzgeber unter Schulden, die mit der Gründung (Erwerb) oder Verbesserung oder Erweiterung des Betriebs zusammenhängen, verstanden wissen will.
Das FG hat im vorliegenden Fall zutreffend die hier allein noch streitigen Verbindlichkeiten gegenüber der Firma H und der Kreditbank dahin beurteilt, daß diese Schulden der Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs der Klägerin, nämlich dem Erwerb von Bimsausbeuterechten, gedient haben.
Es ist im vorliegenden Fall unstreitig, daß die Klägerin die Bimsausbeuterechte angeschafft hat und diese somit auf sie übergegangen sind. Sie hat die Bimsausbeuterechte in ihrer Bilanz als ihr Vermögen aktiviert. Bei der Einheitsbewertung sind die Bimsausbeuterechte der Klägerin als Mineralgewinnungsrechte zugerechnet worden. Sie sind im Einheitswert ihres Betriebs enthalten. Das Recht zum Abbau von Bodenschätzen wird daher im vorliegenden Fall nicht dem Grundstückseigentümer, sondern demjenigen, auf den das Ausbeuterecht vertraglich übertragen worden ist, zugerechnet (vgl. Urteil des BFH vom 6. März 1968 I R 36/66, BFHE 92, 228, BStBl II 1968, 478). Unter diesen Umständen kann der Kaufpreis für die Ausbeuterechte nicht als Preis für das aus den Feldern zu fördernde Material angesehen werden. Ausbeuteverträge oder die Übertragung von Ausbeuterechten können auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nur unter besonderen Voraussetzungen als Kaufverträge hinsichtlich der zu fördernden Bodenschätze aufgefaßt werden, nämlich dann, wenn der Grund und Boden mitveräußert wird oder wenn es sich um die einmalige Lieferung einer festbegrenzten Menge der noch zu gewinnenden Bodenschätze handelt (BFH-Urteil vom 2. März 1966 VI 161/65, BFHE 86, 128, BStBl III 1966, 364). Dieser Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. Der erkennende Senat ist daher mit dem FG der Auffassung, daß die von der Klägerin angeschafften Ausbeuterechte selbständige Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind.
Das ist bedeutsam für die Beurteilung der hier streitigen Verbindlichkeiten als Dauerschulden. Eine Charakterisierung als im laufenden Geschäftsverkehr entstandene Verbindlichkeiten - die gewöhnlich nicht zu den Dauerschulden rechnen - ist in der Regel dann nicht mehr angebracht, wenn die von den Kreditgebern zur Verfügung gestellten Mittel der Beschaffung des für das Unternehmen erforderlichen Anlagevermögens dienen (BFH-Urteil vom 20. Juli 1965 17/65 U, BFHE 83, 333, BStBl III 1965, 620). Die hier in Rede stehenden Kredite der Firma H und der Kreditbank sollten die Klägerin instandsetzen, die Grundlagen ihrer Bimsförderung durch Erwerb neuer Ausbeuterechte zu erweitern oder zu verbessern und sind damit Dauerschulden. Durch die Kredite war die Klägerin in der Lage, auch größere Lieferwünsche einzelner Abnehmer zu befriedigen. Da das zur Veräußerung bestimmte Bimsmaterial durch Abbau erst gewonnen werden mußte, kann die Kreditgewährung nicht als bloße Finanzierung der Vorratshaltung - des Umlaufvermögens - oder als Kaufpreisanzahlung für später zu erbringende Bimslieferungen angesehen werden. Es kann selbst unter Berücksichtigung der intensiven Geschäftsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Firma H keine Rede davon sein, daß die Kreditgewährung eindeutig mit ganz bestimmten Warengeschäften in wirtschaftlichem Zusammenhang gestanden hat. Es spielt auch keine Rolle, welche Rückzahlungsmodalitäten - bei dem Kredit der Firma H durch Verrechnung bestimmter Beträge mit laufenden Lieferungen - vereinbart worden sind. Entgegen der Auffassung der Klägerin erfordern die Begriffe der Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs nicht, daß durch die Kreditaufnahme eine erhebliche Umsatzsteigerung eingetreten ist. Die Begriffe Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs sind weit zu fassen. Das Betriebskapital wird verbessert, wenn z. B. ein gebrauchtes Wirtschaftsgut des Anlagevermögens durch ein neues ersetzt wird (vgl. das BFH-Urteil vom 2. Mai 1961 I 63/60 S, BFHE 73, 744, BStBl III 1961, 537, das einen Leihwagenunternehmer betraf, der laufend seine Kraftfahrzeuge durch neue ersetzte). Gleich liegt der Fall, wenn ein auf Gewinnung von Bodenschätzen gerichtetes Unternehmen seine Fördermöglichkeiten dadurch aufrechterhält, daß es als Ersatz für ausgebeutete Felder laufend neue Ausbeuterechte erwirbt.
Ebenso hält der erkennende Senat die Schlußfolgerung des FG für möglich, die ständig steigenden Bilanzansätze der Bimsausbeuterechte bewiesen, daß die Klägerin nur mittels des gewährten Kredits imstande war, den Bimsbedarf ihres Hauptabnehmers zu befriedigen und darüber hinaus eine nicht unerhebliche Vorratsreserve an bimshaltigen Grundstücken zu bilden. Der Hinweis der Klägerin, die Schuld gegenüber der Firma H habe sich laufend verringert und sich damit gegenläufig zu den Ansätzen der Ausbeuterechte entwickelt, vermag das nicht zu entkräften. Längerfristige Kredite ermöglichen es einem Unternehmer, seine Investitionen auszuweiten. Andererseits muß der Unternehmer die aufgenommenen Kredite vereinbarungsgemäß zurückzahlen. Das FG ist bei seiner Entscheidung nicht etwa davon ausgegangen, daß die Klägerin ausschließlich mit Mitteln der Firma H den Ankauf aller Ausbeuterechte seit 1961 finanziert hätte.
Darlehen der Firma H und Wechselkredit der Kreditbank haben der Klägerin über eine längere Laufzeit, die Wechselkredite über eine durchschnittliche Laufzeit von 13 Monaten, zur Verfügung gestanden. Hinsichtlich des zeitlichen Moments gilt die Regel, daß Schulden mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr Dauerschulden sind. Der erkennende Senat sieht keine Veranlassung, hiervon abzuweichen und Dauerschulden erst bei Schulden mit einer Laufzeit von mindestens vier Jahren, wie die Klägerin meint, anzunehmen.
Das FG hat nach alledem zu Recht die hier in Rede stehenden Verbindlichkeiten als Dauerschulden (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG) und die hierfür gezahlten Zinsen als Dauerschuldzinsen (§ 8 Nr. 1 GewStG) angesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 72009 |
BStBl II 1976, 789 |
BFHE 1977, 569 |