Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Bedeutung der Fassung der Satzung für die Gewährung der Steuervergünstigung nach § 33 KStDV 1951.
Normenkette
KStG § 23; KStDV § 33
Tatbestand
Streitig ist, ob die Aufführung des Bezuges landwirtschaftlicher Betriebsmittel als Zweckgeschäft in der Satzung einer landwirtschaftlichen Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaft die volle Körperschaftsteuerpflicht auslöst.
Das Finanzamt hat die Frage bejaht und die Beschwerdeführerin (Bfin.) für 1951 im vollen Umfang zur Steuer herangezogen. Die Bfin. bestreitet nicht, daß § 2 ihrer Satzung in der für das Jahr 1951 geltenden Fassung als Gegenstand ihres Unternehmens auch den Bezug von landwirtschaftlichen Betriebsmitteln aufgeführt hat, macht jedoch geltend, daß sie tatsächlich landwirtschaftliche Betriebsmittel an ihre Genossen nicht verkauft habe, auch Nichtmitgliedergeschäfte nicht vorlägen und zum anderen die Satzung durch Beschluß der Generalversammlung vom 23. Februar 1954 insoweit geändert worden sei.
Die Berufung war ohne Erfolg. Das Finanzgericht begründete sein Urteil folgendermaßen:
Es sei erforderlich, daß der steuerbegünstigte Zweck eindeutig in der Satzung zum Ausdruck komme. Sei eine Genossenschaft nach ihrem Satzungszweck nicht als eine reine Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaft anzusehen, so komme es nicht darauf an, daß sie sich tatsächlich nur als solche betätige. (Vgl. Blümich-Klein-Steinbring, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz 2. Auflage Anm. 10 zu § 23). Dies ergebe sich auch aus der Abgrenzung in Abschnitt 71 III in Verbindung mit Abschnitt 73 Abs. 1 der Körperschaftsteuer-Richtlinien (KStR) 1951, wo ausgesprochen sei, daß die Aufführung von Hilfsgeschäften als Gegenstand des Unternehmens in der Satzung zur Versagung der Vergünstigung führe, es sei denn, daß die Satzung bis zum 31. Dezember 1953 geändert werde.
Die Rechtsbeschwerde stützt sich auf die Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 65/39 vom 28. Februar 1939, Reichssteuerblatt (RStBl.) S. 894, in der ausgesprochen sei, daß die Frage, ob eine Genossenschaft ihren Geschäftsbetrieb auf ihren Mitgliederkreis beschränke, grundsätzlich von der tatsächlichen Gestaltung der Verhältnisse, nicht von den in der Satzung aufgeführten Zwecken abhänge. Der Hinweis des Finanzgerichts auf Abschnitt 73 Abs. 1 KStR 1951 vermöge nicht zu überzeugen. Es handle sich hier um eine tatsächlich ausgeübte Betätigung, die, wenn sie nicht unter dem satzungsgemäßen Gegenstand des Unternehmens aufgeführt sei, als steuerunschädliches Hilfsgeschäft, wenn sie aber in der Satzung verankert sei, als steuerschädliches Bezugsgeschäft gelten solle.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rechtsbeschwerde ergibt folgendes:
Nach § 33 der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes (KStDV) 1951 sind die Genossenschaften von der Körperschaftsteuer befreit, wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf bestimmte Zweige beschränkt. Die Entscheidung hängt davon ab, ob es allein auf die tatsächliche Gestaltung ankommt oder ob die Beschränkung des Geschäftsbetriebes auch satzungsgemäß festgelegt sein muß. Der Rechtsbeschwerde ist darin beizupflichten, daß die Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 65/39 vom 28. Februar 1939 allein auf die tatsächliche Gestaltung abgestellt hat.
Der Kommentar Blümich-Klein-Steinbring nimmt, wie das Finanzgericht ausgeführt hat, den gegenteiligen Standpunkt ein. In dem Erläuterungsbuch von Zülow-Binder-Henze zur Besteuerung der Genossenschaften (Berlin 1940, Verlag Franz Vahlen) wird S. 7 ausgeführt:
"Der Reichsfinanzhof hat allerdings für den Fall eine Ausnahme zugelassen, daß eine genossenschaftliche Betätigung zwar nicht der in der Satzung festgelegten Genossenschaftsart entspricht, aber nach Brauch und Herkommen im Rahmen der Genossenschaftsart liegt". In dem Ergänzungsband (1941) wird S. 8 ausgeführt:
"Wenn eine Genossenschaft nach der Satzung als reine Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaft nicht anzusehen ist, sie sich aber tatsächlich als reine Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaft betätigt, kann sie trotzdem nicht Steuerfreiheit beanspruchen. Es muß zunächst die Satzung maßgebend sein. Die Finanzämter können in der Regel die Entscheidung nur nach der Satzung treffen. Eine Prüfung und überwachung des tatsächlichen Geschäftsgebarens ist nicht durchführbar. Die Genossenschaft muß in diesem Fall ihre Satzung richtigstellen".
Der Senat tritt der Auffassung des Reichsfinanzhofs in der Entscheidung I 65/39 mit folgender Einschränkung bei.
Zunächst spricht die Vermutung dafür, daß eine Genossenschaft, die nach ihrer Satzung Geschäfte ausführen kann, die sich nicht mehr innerhalb der Grenzen des § 33 KStDV 1951 halten, in ihrem Geschäftsgebaren auch tatsächlich den Rahmen für die Vergünstigung überschritten hat.
Des weiteren kommt es nicht darauf an, ob eine Genossenschaft in dem jeweiligen Veranlagungsabschnitt nur steuerbegünstigte Geschäfte durchgeführt hat, sondern ob sie sich nachhaltig ("nach Brauch und Herkommen") von steuerschädlichen Geschäften fernhält, so daß der weiteren Fassung der Satzung hinsichtlich des Geschäftsbereiches sachlich keine Bedeutung zugemessen werden kann. Es ist denkbar, daß gerade die kleinen landwirtschaftlichen Genossenschaften der rechtlichen Formulierung der Satzungen versehentlich keine ausreichende Beachtung geschenkt haben. Es würde dem Zweck der Befreiungsvorschrift widersprechen, in einem derartigen Fall lediglich mit Rücksicht auf eine unzulängliche Fassung der Satzungen die Steuervergünstigung zu versagen.
Sofern in vorliegendem Falle nach der Währungsumstellung bis zur änderung der Satzung keine steuerschädlichen Geschäfte getätigt worden sind, wird man der Bfin. die Steuerfreiheit nicht absprechen können. Andernfalls wäre der Vorentscheidung beizutreten.
Die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung des Finanzamts werden aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Würdigung an das Finanzamt zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 408027 |
BStBl III 1954, 339 |
BFHE 1955, 335 |
BFHE 59, 335 |
DB 1954, 1059 |