Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Bedeutung unter nahen Verwandten getroffener, von einer letztwilligen Verfügung abweichender mündlichen Vereinbarungen.
Normenkette
StAnpG § 1 Abs. 3, § 5
Tatbestand
In der Vermögenserklärung 1949 der am 15. November 1950 verstorbenen Beschwerdeführerin (Bfin.) war ein Darlehen gegen die Firma St angegeben. Der Nennwert des Darlehens betrug 23.925 DM. Wegen Unverzinslichkeit wurde niedrigere Bewertung, und zwar Ansatz von nur 13.960 DM verlangt. Weiter forderte die Bfin. Zubilligung des besonderen Freibetrags nach § 5 Abs. 2 des Vermögensteuergesetzes (VStG) in Verbindung mit § 2 Abs. 2 des Vermögensteuer-Veranlagungsgesetzes (VSt-VeranlG) vom 3. Juni 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes S. 83). Das Finanzamt ist dem Vorbringen der Bfin. nicht gefolgt. Einspruch und Berufung der Bfin. sind ohne Erfolg geblieben.
In der Rechtsbeschwerde (Rb.) werden Rechtsirrtümer, Verstöße gegen den klaren Inhalt der Akten und wesentliche Verfahrensmängel gerügt.
Entscheidungsgründe
Der geltend gemachte wesentliche Verfahrensmangel ist anzuerkennen. Der Steuerausschuß hat bei der Einspruchsentscheidung nicht mitgewirkt. Im angefochtenen Urteil ist hierzu keine Stellung genommen worden. Auch die Bfin. ist in der Berufungsinstanz auf diesen Punkt nicht besonders eingegangen. Nach Akteninhalt ist anzunehmen und in der Rb. auch besonders hervorgehoben, daß sich der Vertreter der Bfin. des Erfordernisses der Mitwirkung des Steuerausschusses nicht bewußt war. Grund zu der Annahme, daß er auf Mitwirkung des Steuerausschusses keinen Wert gelegt habe, besteht jedenfalls nicht. Bei dieser Sachlage mußte das angefochtene Urteil auf die in der Rb. erhobene Rüge des wesentlichen Verfahrensmangels nebst der Einspruchsentscheidung aufgehoben werden.
Die Sache ist nicht spruchreif. Sie wird zur nochmaligen Prüfung an das Finanzamt zurückverwiesen. Hierbei werden folgende rechtliche Gesichtspunkte zu beachten sein. Der verstorbene Ehemann der Bfin. war Teilhaber der Firma. Die beiden anderen Teilhaber waren seine beiden Söhne. Laut seinem Testament war die Bfin., seine Witwe, Vorerbin, jedoch grundsätzlich auf Nutznießung des Nachlaßkapitals mit der Maßgabe beschränkt, daß ihr mindestens monatliche Bezüge von 250 RM zustehen sollten. Nach dem Testament liegt somit eine Kapitalforderung der Bfin. überhaupt nicht vor, vielmehr ein Recht auf Nutznießung des Nachlaßkapitals. Insoweit handelt es sich, soweit ersichtlich, um einen Anspruch der Bfin. auf ungewisse oder schwankende Nutzungen, der nach § 17 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) in Verbindung mit § 16 Abs. 1, 2 a. a. O. zu beurteilen wäre. Auf das Urteil des Bundesfinanzhofs III 200/55 S vom 13. Januar 1956 (Slg. Bd. 62 S. 165, Bundessteuerblatt 1956 III S. 62) wird Bezug genommen. Nach Angabe der Bfin. soll allerdings noch zu Lebzeiten des Erblassers zwischen Eltern und Söhnen vereinbart worden sein, daß das Kapitalkonto des Vaters bei seinem Tode in ein Darlehnskonto zugunsten der Mutter umgewandelt werde. Verzinsung dieses Darlehens sollte nicht erfolgen, statt dessen aber sollten angemessene Vergütungen, mindestens 250 RM (DM) monatlich, für den Lebensunterhalt der Bfin. zur Verfügung gestellt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind unter nahen Verwandten getroffene Vereinbarungen nur beachtlich, wenn sie eine klare, jeden Zweifel ausschließende Regelung enthalten. Eine lediglich mündliche Vereinbarung, die inhaltlich von dem rechtsgültigen Testament abweicht, wird grundsätzlich nicht als unzweifelhafte Regelung von Rechtsverhältnissen gelten können. Was die Gewährung des besonderen Freibetrags nach § 5 Abs. 2 VStG, § 2 Abs. 2 VStVeranlG betrifft, so kommt es hinsichtlich des Begriffs des letzten Jahreseinkommens bzw. Halbjahreseinkommens auf das zur Einkommensteuer veranlagte Einkommen an.
Fundstellen
Haufe-Index 408579 |
BStBl III 1956, 345 |
BFHE 1957, 389 |
BFHE 63, 389 |