Leitsatz (amtlich)
1. Zur rechtlichen Tragweite des § 38 Ziff. 2 UStDB 1938 hinsichtlich der Umsätze der Gebietskörperschaften an die Bezirksfürsorgeverbände.
2. Zur Frage, ob eine kreisangehörige Gemeinde öffentliche Gewalt ausübt, wenn sie in einer von ihr betriebenen Anstalt (Altersheim, Waisenhaus) im Sinne des Fürsorgerechts hilfsbedürftige Personen unterbringt und versorgt, die der Landkreis, dem die Gemeinde angehört, als Bezirksfürsorgeverband in die Anstalt eingewiesen hat.
Normenkette
UStG § 4 Ziff. 11; UStDB 1938 § 38 Ziff. 2; UStG § 2 Abs. 3; UStDB 1938 § 18 Abs. 1, 4
Tatbestand
Die dem Landkreise ........ angehörende Stadtgemeinde ........ (Beschwerdeführerin -- Bfin. --) unterhält ein Bürgerspital (Altersheim) und ein Waisenhaus. Der Landkreis als Bezirksfürsorgeverband zahlte ihr zur Abgeltung der Unterbringung, Verpflegung und sonstigen Betreuung von in die Anstalten eingewiesenen hilfsbedürftigen Personen im zweiten Halbjahre des Jahres 1948 ...... DM und im Kalenderjahre 1949 ...... DM. Streitig ist, ob die mit diesen Zahlungen abgegoltenen Leistungen der Bfin. an den Bezirksfürsorgeverband der Umsatzsteuer unterliegen.
Das Finanzamt lehnte bei der Veranlagung die beantragte völlige Freistellung ab, gewährte jedoch von der Erwägung aus, daß die Leistungen eine Überlassung (Vermietung) von Räumen in sich schlössen, für einen auf 30 v. H. bemessenen Teil der Zahlungen Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 10 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1934. In der Entscheidung über den dagegen eingelegten Einspuch hielt das Finanzamt an der Anwendbarkeit des § 4 Ziff. 10 UStG nicht fest, gelangte vielmehr im Hinblick darauf, daß den in den beiden Anstalten untergebrachten Hilfsbedürftigen im Bedarfsfalle auch ärztliche Betreuung zuteil werde, zu der Ansicht, daß die Rechtsgrundlage für die steuerliche Beurteilung der streitigen Vorgänge im § 4 Ziff. 11 UStG in Verbindung mit § 38 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) 1938 erblickt werden müsse. Davon ausgehend nahm das Finanzamt in der Meinung, daß Altersheime und Waisenhäuser keine einem Krankenhause, einer Heil- oder einer Pflegeanstalt ähnlichen Anstalten seien, nicht einen unter § 38 Ziff. 2, sondern einen unter § 38 Ziff. 4 UStDB 1938 fallenden Tatbestand an und gewährte, gestützt auf den für noch anwendbar erachteten Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 27.März 1935 S 4146 -- 91 III (abgedruckt zusammen mit dem Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 17. Januar 1936 S 4146 -- 129 III in der neu herausgegebenen Umsatzsteuerkartei S 4146 Karte 2) für 40 v. H. der Zahlungen des Bezirksfürsorgeverbands Steuerfreiheit nach § 4 Ziff. 11 UStG.
Das Finanzgericht billigte auf Berufung hin die Einspruchsentscheidung und lehnte die von der Bfin. vertretene Ansicht ab, daß, ein Austausch steuerbarer Leistungen zwischen der Bfin. und dem Bezirksfürsorgeverband für den Bereich der öffentlichen Fürsorge nicht angenommen werden könne, weil insoweit die Bfin. mit dem Fürsorgeverband eine Einheit bilde.
In der Rechtsbeschwerde (Rb.) beruft sich die Bfin. erneut auf die "sogenannte räumliche Deckung von Fürsorgeverband und G bietskörperschaft" mit dem Ziel völliger Freistellung der streitigen V rgänge von der Umsatzsteuer.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt, wenn auch nicht aus dem von der Bfin. angeführten Grunde, zur Aufhebung des Berufungsurteils.
Nach dem Fürsorgegesetz (FürsG) -- Bayerisches Ausführungsgesetz zur Reichsverordnung über die Fürsorgepflicht (RFV) -- vom 23. Mai 1939 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1939 S. 185), neugefaßt durch Gesetz zur Änderung des Fürsorgegesetzes vom 19. Januar 1953 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1953 S. 11), sind in Bayern -- wie wohl durchweg auch in den anderen Ländern des Bundesgebiets -- Bezirksfürsorgeverbände die kreisfreien Gemeinden und die Landkreise. Diese organisatorische Gestaltung der öffentlich-rechtlichen Fürsorge läßt, wie der Rb. zuzugeben ist, keinen Raum für die Annahme eines Austausches steuerbarer Leistungen zwischen der Gebietskörperschaft (kreisfreier Stadt, Landkreis) und dem Bezirksfürsorgeverband, wenn sich der Bereich der Gebietskörperschaft und der Bereich des Bezirksfürsorgeverbandes räumlich decken. In einem solchen Falle sind Gebietskörperschaft und Bezirksfürsorgeverband nur verschiedene Erscheinungsformen des gleichen öffentlich-rechtlichen Gebildes; es rechtfertigt sich deshalb, jedenfalls wirtschaftlich gesehen, Vorgänge, die sich nach ihrer äußeren Gestaltung als Umsätze zwischen der Gebietskörperschaft und dem den gleichen räumlichen Bereich umfassenden Fürsorgeverband darstellen, als nicht steuerbare Innenvorgänge innerhalb eines einheitlichen öffentlich-rechtlichen Organismus aufzufassen. Aus dieser Erwägung erklärt sich im wesentlichen die Vorschrift im § 38 Ziff. 2 UStDB 1938, deren rechtliche Tragweite allerdings über die Fälle der sogenannten räumlichen Deckung der Gebietsbereiche hinausreicht (zu vgl. hierzu Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 20. Januar 1939 S 4015 -- 1 III Abschnitt B Ziff. 21, Reichssteuerblatt -- RStBl. -- S. 129, 136; ferner Hartmann-Metzenmacher, UStG, 4. Auflage S. 425).
Die Feststellung der Vorinstanz, daß im streitigen Falle von einer räumlichen Deckung im dargelegten Sinne nicht die Rede sein könne, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Bfin. ist unbestritten eine kreisangehörige Gemeinde. Der Landkreis ..., dem sie angehört, umfaßt neben der Stadtgemeinde ... unbestritten auch andere Gemeinden. Es entspricht also, räumlich gesehen, der Bereich des Landkreises ... und damit auch der mit ihm identische Bereich des Bezirksfürsorgeverbandes keineswegs dem Bereiche der Bfin. Aus dem Gedanken einer "räumlichen Deckung" heraus läßt sich daher entgegen der Ansicht der Bfin. eine begriffliche Unmöglichkeit des Austausches steuerbarer Leistungen zwischen ihr und dem Bezirksfürsorgeverband nicht herleiten. Der von der Bfin. hervorgehobene Umstand, daß sie an der Aufbringung der Kosten der Fürsorgelasten durch Zahlung von Kreisumlagen in erheblichem Umfang beteiligt werde, vermag daran nichts zu ändern; er kann nicht dazu führen, die streitigen Vorgänge etwa als -- nichtsteuerbare -- "Innenumsätze im weiteren Sinne" aufzufassen, wie es die Bfin. in der Rechtsbeschwerdebegründung anstrebt.
Frei von Rechtsirrtum ist ferner die Feststellung der Vorinstanz, auch im übrigen sei ein Anwendungsfall des § 38 Ziff. 2 UStDB 1938 nicht gegeben, weil ein Altersheim und ein Waisenhaus nicht als Anstalten angesehen werden könnten, die, wie es § 38 Ziff. 2 vorsehe, einem Krankenhause, einer Heil- oder einer Pflegeanstalt ähnlich seien. Die im § 38 UStDB zusammengefaßten Normen sind dazu bestimmt, den im § 4 Ziff. 11 UStG vorgesehenen Befreiungstatbestand näher abzustecken; die rechtliche Tragweite dieser Normen kann also über den durch § 4 Ziff. 11 UStG gezogenen Rahmen nicht hinausgehen. Dieser Rahmen umfaßt -- neben den Umsätzen von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln -- ärztliche und ähnliche Hilfeleistungen. Aus dem Zusammenhang des § 38 UStDB mit dem § 4 Ziff. 11 UStG konnte die Vorinstanz mit Recht folgern, daß als Anstalten, die einem Krankenhause, einer Heil- oder einer Pflegeanstalt ähnlich sind (§ 38 Ziff. 2), nur Anstalten angesehen werden können, die dem Zweck gewidmet sind, solchen Personen, die infolge eines krankhaften körperlichen oder geistigen Zustandes einer ärztlichen oder ihr ähnlichen Behandlung oder einer bestimmten Pflege bedürfen, diese Behandlung oder Pflege zu gewähren. Das trifft auf Altersheime -- sofern es sich nicht, was hier nicht behauptet wird, um ausgesprochene Siechenhäuser handelt -- und auf Waisenhäuser nicht zu. Deren Hauptzweck liegt nicht auf dem Gebiete der ärztlichen Versorgung oder der Pflege kranker Personen. Der Umstand, daß Insassen eines Altersheims oder eines Waisenhauses mehr oder weniger oft infolge Erkrankung der ärztlichen Betreuung bedürfen und diese ihnen gewährt wird, vermag solchen Anstalten einen einem Krankenhause, einer Heil- oder Pflegeanstalt ähnlichen Charakter nicht zu verschaffen.
Die vorstehend erörterten, von der Vorinstanz an sich zutreffend beurteilten rechtlichen Gesichtspunkte reichen jedoch nicht aus, die Ablehnung des auf volle Steuerfreiheit gerichteten Anspruchs der Bfin. schlüssig zu begründen. Die Bejahung der Steuerbarkeit der streitigen Vorgänge setzt voraus, daß die Bfin. insoweit im Rahmen gewerblicher Tätigkeit handelt (§ 1, § 2 Abs. 1 UStG). Eine gewerbliche Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, also auch eine Gemeinde, in Ausübung öffentlicher Gewalt handelf (§ 2 Abs. 3 UStG). Damit gewinnt für den Streitfall rechtserhebliche Bedeutung die Frage, ob die Bfin. mit den hier in Betracht kommenden Vorgängen öffentliche Gewalt ausübt. Der Hinweis der Vorinstanz darauf, daß die Gewährung von Unterbringung und Verpflegung gegen Entgelt durch ein Bürgerspital und ein Waisenhaus "in der Regel" eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne der §§ 1 und 2 UStG sei, läßt vermuten, daß sie in den streitigen Vorgängen einen Ausfluß öffentlicher Gewalt nicht erblickt. Diese Auffassung vermag sich der Senat nicht zu eigen zu machen.
Allerdings wird es zutreffen, daß die Bfin. mit dem Betriebe des Altersheims und des Waisenhauses eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Denn nach dem Inhalt der Akten muß angenommen werden, daß in diese Anstalten Personen Aufnahme finden, bei denen Hilfsbedürftigkeit im Sinne des Fürsorgerechts nicht vorliegt ("Privatzahler"). Damit ist der gewerbliche Charakter der Anstalten auch dann zu bejahen, wenn es sich insoweit um eine gemeinnützige Betätigung der Bfin. innerhalb des weit gesteckten gemeindlichen Aufgabenkreises handelt; gemeinnützige Tätigkeit einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft ist noch nicht Ausübung öffentlicher Gewalt. Der zu bejahende gewerbliche Charakter des Altersheims und des Waisenhauses schließt aber die Möglichkeit einer Ausübung öffentlicher Gewalt hinsichtlich der hier streitigen Vorgänge noch nicht ohne weiteres aus. Denn es können auch bestimmten einzelnen Leistungen einer von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts betriebenen Anstalt unzweifelhaft gewerblicher Art die Merkmale der Ausübung öffentlicher Gewalt innewohnen (zu vgl. Gutachten des Reichsfinanzhofs V D 1/37 vom 9. Juli 1937, Slg.Bd. 42 S. 253, RStBl. 1937 S. 1306). Es bedarf deshalb der Prüfung, ob die Bfin. ungeachtet des zu bejahenden gewerblichen Charakters des Altersheims und des Waisenhauses öffentliche Gewalt insoweit ausübt, als sie in diesen Anstalten zu Lasten des Bezirksfürsorgeverbandes hilfsbedürftige Personen betreut.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat (Urteil des Bundesfinanzhofs V 84/52 U vom 9. Februar 1953, Slg.Bd. 57 S. 221, Bundessteuerblatt III S. 86), liegt Ausübung öffentlicher Gewalt vor, wenn Leistungen eines Trägers öffentlicher Gewalt -- zu denen die Gemeinden gehören (§ 18 Abs. 1 UStDB 1938) -- aus einer Tätigkeit herrühren, die dem Träger der öffentlichen Gewalt eigentümlich und ihm vorbehalten ist. Um beurteilen zu können, ob im vorliegenden Falle diese Merkmale gegeben sind, ist es erforderlich, auf die Rechtsgrundlagen einzugehen, auf denen die hier in Frage stehende Betätigung der Bfin. beruht.
Nach § 1 der noch in Kraft befindlichen Verordnung der Reichsregierung über die Fürsorgepflicht (RFV) vom 13. Februar 1924 (Reichsgesetzblatt I S. 100) sind die Aufgaben der öffentlichen Fürsorge, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist, von Landesfürsorgeverbänden und von Bezirksfürsorgeverbänden zu erfüllen. Wer Landesfürsorgeverband und wer Bezirksfürsorgeverband ist, und wie die Aufgaben auf die Landesfürsorgeverbände und auf die Bezirksfürsorgeverbände aufgeteilt werden, bestimmen nach § 2 RFV die Länder. Im Lande Bayern sind, wie bereits oben erwähnt, nach Art. 1 FürsG 1939/1953 Bezirksfürsorgeverbände die kreisfreien Gemeinden und die Landkreise. Sie also sind, soweit nicht den Landesfürsorgeverbänden zugewiesene Aufgaben in Frage stehen, die Träger der öffentlichen Fürsorge. Daß die Bezirksfürsorgeverbände als Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 4 RFV) in Ausübung öffentlicher Gewalt handeln, wenn sie zur Erfüllung ihrer Fürsorgepflicht Leistungen bewirken, kann nicht zweifelhaft sein; sie entfalten insoweit eine Tätigkeit, die ihnen eigentümlich und kraft Gesetzes vorbehalten ist. Dieser Auffassung trägt die Ziff. 1 des § 38 UStDB 1938 Rechnung, der nur klarstellende, nicht normative Bedeutung zukommt. Bedienen sich die Fürsorgeverbände zur Bewirkung ihnen obliegender Fürsorgeleistungen eines Unternehmers als Erfüllungsgehilfen, so handelt dieser nicht in Ausübung öffentlicher Gewalt (§ 18 Abs. 4 UStDB 1938). Der erkennende Senat ist jedoch nicht der Meinung, daß die Bfin. als Erfüllungsgehilfin des Bezirksfürsorgeverbandes im bürgerlich-rechtlichen Sinne tätig wird, wenn sie zu Lasten des Fürsorgeverbandes Hilfsbedürftige in ihren Anstalten betreut. Einer solchen Auffassung stehen die in Bayern geltenden fürsorgerechtlichen Vorschriften über den Aufbau des Fürsorgewesens, über die Aufgaben der Fürsorgeverbände und über deren Entlastung entgegen. Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang insbesondere die folgenden Vorschriften: Art. 2 FürsG 1939/1953 erlegt -- offensichtlich auf der Grundlage des § 3 Abs. 2 Satz 2 RFV -- den kreisangehörigen Gemeinden eine allgemeine Verpflichtung zur Verwaltungshilfe bei der Durchführung der öffentlichen Fürsorgeaufgaben der Bezirksfürsorgeverbände auf. Dieser Pflicht der kreisangehörigen Gemeinden steht gegenüber die Pflicht der Fürsorgeverbände, von der Möglichkeit der Heranziehung der Gemeinden Gebrauch zu machen (zu vgl. Jehle, Fürsorgerecht, Handkommentar 2. Auflage 1954 Anmerkung 2 zu Art. 2 FürsG, S. 442). Im einzelnen bestimmt Art. 6 Abs. III FürsG 1939 (Art. 5 Abs. III FürsG 1953), daß der Bezirksfürsorgeverband eines Landkreises die Gemeinden seines Bereiches anweisen kann, Hilfsbedürftigen, für die er fürsorgepflichtig ist, in ihrem Gebiet Aufenthalt zu gewähren und sie angemessen unterzubringen. Ergänzt wird diese Vorschrift durch die Vorschriften im Abs. II in Verbindung mit Abs. I des Art. 8 FürsG 1939 (Art. 7 FürsG 1953), nach denen die kreisangehörigen Gemeinden diejenigen Einrichtungen zu schaffen und zu unterhalten haben, die zur Erfüllung der ihnen nach Art. 2 und Art. 6 Abs. III FürsG 1939 (Art. 2 und Art. 5 Abs. III FürsG 1953) übertragenen Aufgaben erforderlich sind. Als Einrichtungen solcher Art kommen in Betracht gemeindliche Armenhäuser, Altersheime und ähnliche Anstalten (zu vgl. Jehle a. a. O. Anmerkung 3 zu Art. 7 FürsG 1953, S. 461); auch Waisenhäuser werden hierher zu rechnen sein. Die vorstehend dargelegten Vorschriften zeigen deutlich, daß die Bezirksfürsorgeverbände zwar grundsätzlich die Träger der öffentlichen Fürsorge sind, daß sie aber keineswegs die anfallenden Fürsorgeaufgaben restlos selbst durchzuführen haben, vielmehr berechtigt -- und verpflichtet -- sind, zur Mitwirkung bei der Erfüllung dieser Aufgaben im Rahmen des nach den bestehenden Verhältnissen Möglichen die kreisangehörigen Gemeinden heranzuziehen, denen ihrerseits eine solche Mitwirkung als Aufgabe ausdrücklich durch Gesetz übertragen und damit -- in gewissen Grenzen -- vorbehalten ist. Daß die den kreisangehörigen Gemeinden insoweit übertragene Aufgabe zu den einer Gemeinde eigentümlichen Aufgaben gerechnet werden muß, steht nach der Natur dieser Aufgabe und angesichts der wesentlichen Rolle, die die Gemeinden von jeher im Rahmen des Fürsorgewesens (Armenwesens) gespielt haben, außer Frage.
Der Senat trägt hiernach keine Bedenken, anzunehmen, daß es sich bei der Betreuung hilfsbedürftiger Personen in den Anstalten der Bfin. zu Lasten des Bezirksfürsorgeverbandes um Ausübung öffentlicher Gewalt durch die Bfin. handelt. Die Betreuung stellt nach ihrem Inhalt nicht eine private Verkehrshandlung, sondern die Wahrnehmung eine hoheitlichen Aufgabe im Rahmen der durch Gesetz statuierten gemeindlichen Mitwirkungspflicht bei der Erfüllung von Fürsorgeobliegenheiten dar. Die der Bfin. vom Bezirksfürsorgeverband gezahlten Beträge, die sich nach einer bei den Akten befindlichen Bescheinigung des Fürsorgeverbandes in den durch die Reichsgrundsätze über Voraussetzung. Art und Maß der öffentlichen Fürsorge gezogenen Grenzen halten, sind hiernach keine Entgelte für steuerbare Leistungen der Bfin. im Rahmen gewerblicher Tätigkeit, dienen vielmehr dem Ausgleiche der mit der Erfüllung öffentlicher Fürsorgeaufgaben verbundenen Lasten zwischen Bezirksfürsorgeverband und Gemeinde.
Da die Vorbehörden dies verkannt haben, sind deren Entscheidungen einschließlich des Steuerbescheides des Finanzamts aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Bei Ausscheidung der vollen vom Bezirksfürsorgeverband für die Betreuung hilfsbedürftiger Personen im Altersheim und im Waisenhause gezahlten Beträge aus dem Gesamtumsatz der Bfin. errechnet sich für II/1948 eine Umsatzsteuer von ... DM, für 1949 eine Umsatzsteuer von ... DM. Auf diese Beträge ist auf die Rb. hin die Umsatzsteuer festzusetzen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 309 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 408058 |
BStBl III 1954, 378 |
BFHE 1955, 441 |