Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält an der Auffassung des Reichsfinanzhofs im Urteil III 9/38 vom 25. Mai 1938 (Slg. Bd. 44 S. 116 RStBl. 1938 S. 612) fest, daß die Verfügungsbeschränkungen des Heimstätters, insbesondere seine preisliche Bindung bei Ausübung des Wiederkaufsrechts durch den Ausgeber der Heimstätte nach § 15 Abs. 1 RHeimstG, bei der Einheitsbewertung der Heimstätte als ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 3 BewG nicht zu berücksichtigen sind.
RHeimstG § 15 Abs. 1; BewG § 9 Ziff. 2, § 10 Abs. 2 Satz 3.
Normenkette
RHeimstG § 15 Abs. 1; BewG § 9 Ziff. 2, § 10 Abs. 2 S. 3, § 9/3
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) war am 21. Juni 1948 wirtschaftlicher Eigentümer eines der Stadt X gehörigen Grundstücks, auf dem ein im Krieg zerstörtes Einfamilienhaus (damals Haus auf fremden Grund und Boden) gestanden hatte. In den Jahren 1949/1950 errichtete er auf dem Grundstück ein neues Einfamilienhaus, das im Jahre 1950 bezugsfertig wurde. Zwischen dem Bf. und der Stadt X wurde am 4. Dezember 1951 ein Kauf- und Heimstättenvertrag geschlossen, in dem das Entgelt für den Grund und Boden nach § 6 des Reichsheimstättengesetzes (RHeimstG) mit 1 DM je qm bemessen wurde. Streitig ist der auf den 21. Juni 1948 nach einem qm-Preis von 4 DM festgestellte Einheitswert für den Grund und Boden sowie der zum 1. Januar 1951 festgestellte Einheitswert für das Einfamilienhaus, bei dessen Feststellung der Grund und Boden ebenfalls mit 4 DM je qm angesetzt wurde. Der Bf. bestreitet die Angemessenheit des für den Grund und Boden angenommenen Werts von 4 DM je qm an sich nicht, macht aber geltend, daß infolge der Bestimmung des § 15 Abs. 1 RHeimstG, wonach der Ausgeber der Heimstätte (die Stadt X) bei Geltendmachung seines Wiederkaufsrechts nur 1 DM je qm zu zahlen habe, der nach § 10 Abs. 2 Satz 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) anzusetzende gemeine Wert des Grund und Bodens auch nur 1 DM je qm betragen dürfe.
Einspruch und Berufung waren erfolglos. Die Vorbehörden haben unter Hinweis auf das Urteil des Reichsfinanzhofs III 9/38 vom 25. Mai 1938 (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1938 S. 612) den für den Fall des Rückkaufs nach den Vorschriften des RHeimstG festgelegten qm-Preis von 1 DM als einen Umstand bezeichnet, der auf ungewöhnlichen bzw. persönlichen Verhältnissen beruhe und daher bei der Einheitswertfeststellung nach § 10 Abs. 2 Satz 3 BewG nicht zu berücksichtigen sei.
In der Rechtsbeschwerde hält der Bf. daran fest, daß die Verfügungsbeschränkungen des RHeimstG (Vorkaufsrecht des Ausgebers nach § 11 RHeimstG und Bemessung des Kaufpreises für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 15 RHeimstG) weder zu den von der Berücksichtigung bei der Bewertung ausgeschlossenen Verfügungsbeschränkungen im Sinne des § 9 Ziff. 2 BewG gehörten noch einen bei der Bewertung außer acht zu lassenden ungewöhnlichen oder persönlichen Umstand im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 3 BewG darstellten, so daß der preisrechtlichen Beschränkung hinsichtlich des Grund und Bodens auch bei der Einheitsbewertung Rechnung zu tragen sei.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
Der Reichsfinanzhof hat in dem Urteil III 9/38 vom 25. Mai 1938 (Slg. Bd. 44 S. 116 = RStBl. 1938 S. 612) die in der Entscheidung vom 8. November 1930 (RStBl. 1931 S. 99) vertretene Auffassung, daß die nach dem RHeimstG für den Eigentümer einer Heimstätte bestehenden Verfügungsbeschränkungen den gemeinen Wert minderten, ausdrücklich aufgegeben. Er hat dies damit begründet, daß bei der Bewertung eines Grundstücks nach § 10 Abs. 2 Satz 3 BewG nur solche Verfügungsbeschränkungen als wertmindernd angesehen werden könnten, die mit der natürlichen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks zusammenhingen, nicht aber Beschränkungen, die mit dem Grundstück in keinem inneren wirtschaftlichen Zusammenhang stünden. Der erkennende Senat tritt dieser Auffassung mit der Rechtsfolge bei, daß die Verfügungsbeschränkungen nach dem RHeimstG bei der Einheitsbewertung nicht zu einer Wertminderung führen können. Sinn und Zweck des RHeimstG ist die Schaffung einer Stätte, die dem Inhaber (Eigentümer) als Heim und wohnliche Lebensgrundlage und zugleich als Dauerbesitz dienen soll. Dem entspricht es, wenn die Vorschriften des RHeimstG auf der einen Seite Begünstigungen des Heimstätters im Sinne eines Zwangsvollstreckungsschutzes enthalten, auf der anderen Seite ihm gewisse Bindungen, darunter das Vorkaufsrecht des Ausgebers in Verbindung mit gewissen Beschränkungen des Kaufpreises, auferlegen. Diese Begünstigungen und Beschränkungen des Heimstätters entsprechen dem Gedanken der Sicherstellung der Heimstätte als wohnliche Lebensgrundlage und wollen ein spekulatives Verhalten des Heimstätters verhindern. Daraus ergibt sich, daß auch bei der Bewertung der Heimstätte der Gesichtspunkt der gesicherten Wohnung gegenüber dem das BewG im allgemeinen beherrschenden Gesichtspunkt der Wertermittlung nach dem im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielenden Veräußerungspreis in den Vordergrund gestellt werden muß. Dem wird aber gerade die Ausschaltung der genannten Verfügungsbeschränkungen als wertmindernd auf der Grundlage des § 9 Ziff. 2, § 10 Abs. 2 Satz 3 BewG gerecht, wie auch umgekehrt die Begünstigung des Heimstätters durch den Zwangsvollstreckungsschutz nicht als werterhöhender Umstand bei der Feststellung des Einheitswerts der Heimstätte berücksichtigt werden darf.
Hiernach mußte die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge des § 307 der Reichsabgabenordnung als unbegründet zurückgewiesen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 408305 |
BStBl III 1955, 365 |
BFHE 61, 429 |