Leitsatz (amtlich)
Zum Schneiden von Gras an Rasenkanten, Hecken, Zäunen usw. geeignete sog. Rasentrimmer, die mit einem rotierenden Schneidfaden aus Nylon arbeiten, gehören nicht als von Hand geführte Elektrowerkzeuge zur Tarifnr. 85.05, sondern als Rasenmäher zur Tarifnr. 84.25.
Normenkette
GZT Tarifnr. 84.25, Vorschrift 4 zu Abschn. XVI; GZT Tarifnr. 85.05, Vorschrift 4 zu Abschn. XVI; GZT Vorschrift 1 e zu Kap. 84
Tatbestand
Auf Antrag der Klägerin erteilte die Beklagte (die Oberfinanzdirektion – OFD –) dieser am 23. Juli 1979 zwei verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTA) über drei sog. Rasentrimmer und über einen Batterietrimmer. Nach der Warenbeschreibung bestehen die Rasentrimmer im wesentlichen aus einem automatischen Schneidkopf, der mit einem rotierenden Schneidfaden aus Nylon arbeitet, einem eingebauten Elektromotor bzw. batteriebetriebenen Gleichstrommotor zum Antrieb des Schneidkopfes und einem Haltestiel mit Handgriff, beim Batterietrimmer daneben noch mit angebautem Akkumulatorengehäuse mit Akkumulator. Die Geräte werden während ihrer Verwendung von Hand geführt. Die OFD wies die Geräte, die eine Schnittbreite von 180 mm, 230 mm und 305 mm haben, als „von Hand zu führende Elektrowerkzeuge mit eingebautem Elektromotor” der Tarifnr. 85.05 des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) zu. Sie stützte sich dabei auf den Wortlaut der Tarifnr. 85.05 und die Vorschrift 1 e zu Kapitel 84 des GZT. Die gegen diese vZTA eingelegten Einsprüche wies die OFD mit Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 1979 mit der Begründung zurück, daß die mit den Rasentrimmern (Pflegen von Rasenkanten, Ausputzen des Rasens an Büschen, Hecken, Bäumen, Zäunen) ausgeübte Tätigkeit nicht mit der des Rasenmähens gleichzusetzen sei, die Trimmer also keine Rasenmäher der Tarifnr. 84.25 seien. Sie schloß sich der Auffassung der von ihr als Sachverständige gehörten Industrievereinigung an, daß Rasentrimmer und alle ähnlich arbeitenden Geräte, wie z. B. Rasenkantenschneider und Akku-Rasenscheren, nach ihrem Verwendungszweck bei der Rasenpflege andere Aufgaben und Funktionen zu erfüllen hätten als Rasenmäher. Letztere würden in der Regel zur Pflege größerer Rasenflächen eingesetzt, während die Rasentrimmer zur Bewältigung zeitraubender Kleinarbeit im Garten bestimmt seien, zu Tätigkeiten also, die dem eigentlichen Rasenmähen folgten. Auch nach der Verkehrsauffassung seien die Rasentrimmer keine Rasenmäher. Die vZTA vom 26. September 1978, in der sie – die OFD – einen Rasentrimmer der Tarifnr. 84.25 zugewiesen habe, habe sie inzwischen aufgehoben.
Ihre hiergegen eingelegte Klage begründet die Klägerin wie folgt: Von der Beschreibung der Rasenmäher in der Nomenklatur des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens (NRZZ) zu 84.25 Buchstabe A Nr. 20 (Erläuterungen zum Zolltarif – ErlZT – zu 84.25 Teil I Rdnr. 27) unterschieden sich die Rasentrimmer nur insoweit, als sie nicht mit Messern, sondern mit Nylonfäden arbeiteten. Dies stehe einer Zuweisung zur Tarifnr. 84.25 nicht entgegen, weil diese Tarifnummer keine Beschränkung auf bestimmte arbeitende Organe bei Rasenmähern vorsehe.
Die Stellungnahme der Industrievereinigung sei unzutreffend. Den dort verwendeten Oberbegriff der Rasenpflegegeräte kenne der GZT nicht. Es sei auch nicht überzeugend, daß die eigentliche Zweckbestimmung eines Rasentrimmers der Zuweisung zur Tarifnr. 84.25 entgegenstehe. Viele Hausgrundstücke hätten nur noch kleine Rasenflächen. In diesen Fällen genüge zur Pflege des Gartens die Anschaffung eines Rasentrimmers.
Die Klägerin beantragt, die vZTA sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die OFD zu verpflichten, vZT zu erteilen, in denen die streitigen Rasentrimmer der Tarifnr. 84.25 zugewiesen werden.
Die OFD beantragt, die Klage abzuweisen. Sie trägt vor, aus dem Wortlaut der Tarifnr. 84.25 könne nicht geschlossen werden, daß auch Rasenmähern ähnliche Geräte unter diese Tarifnummer fielen. Zwar seien sowohl die Rasenmäher als auch die streitigen Rasentrimmer zum Abschneiden von Gras bestimmt Ihre Einsatzbereiche lägen aber auf verschiedenen Gebieten. Die eigentlichen Handrasenmäher seien so konstruiert, daß sie auf dem Boden glitten oder rollten, der Rasentrimmer dagegen werde bei der Arbeit gehalten und entsprechend der gewünschten Schnitthöhe über dem Boden geführt. Aus diesen Gründen sei er mit Haltegriffen und/oder Schulterhaltegurten ausgerüstet. Diese Art der Handhabung erlaube auch keinen so exakten Schnitt wie mit Rasenmähern.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Die OFD hat die streitigen Rasentrimmer zu Unrecht der Tarifnr. 85.05 zugeordnet. Die streitigen Geräte gehören vielmehr, wovon zunächst auch die OFD in ihrer vZTA vom 26. September 1978 ausgegangen ist, zur Tarifnr. 84.15. Die angefochtenen vZTA und die Einspruchsentscheidung waren daher aufzuheben.
Für die Entscheidung der Frage, welcher Tarifnummer die Rasentrimmer zuzuordnen seien, sind der Wortlaut der in Frage kommenden Tarifnummern, die Vorschriften zu den Abschnitten oder Kapiteln sowie die Allgemeinen Tarifierungs-Vorschriften (ATV), letztere jedoch nur subsidiär, maßgebend (vgl. ATV 1). Die Tarifnr. 84.25 hat, soweit sie hier in Betracht kommt, folgenden Wortlaut: „Maschinen, Apparate und Geräte zum Ernten oder Dreschen von landwirtschaftlichen Erzeugnissen; Stroh- und Futterpressen; Rasenmäher; …”. Die Tarifnr. 85.05 lautet wie folgt: „Von Hand zu führende Elektrowerkzeuge mit eingebautem Elektromotor”. Die allgemeingehaltene Tarifnr. 85.05 kommt danach für die Tarifierung nicht in Betracht, wenn es sich bei dem mit einem Elektromotor betriebenen Rasentrimmer um einen Rasenmäher i. S. der Tarifnr. 84.25 handelt. Letzteres trifft zu.
Die Tarifnr. 84.25 verwendet den Begriff Rasenmäher in seiner allgemeinen Bedeutung ohne jede nähere Beschreibung von Merkmalen, die die technische Ausführung oder die Handhabung betreffen. Unter den Begriff Rasenmäher fallen deshalb sowohl motorgetriebene Rasenmäher (gleichgültig, ob mit elektrischem Motor oder Bezinmotor, vgl. die Vorschrift 4 zu Abschn. XVI des GZT, wonach der eingebaute Antriebsmotor wie die Arbeitsmaschine zu tarifieren ist), als auch von Hand betriebene. Von dieser Auslegung des Begriffs gehen auch die nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der europäischen Gemeinschaften (EGH) bei Tarifierungsfragen als maßgebliche Erkenntnismittel heranzuziehenden Erläuterungen zur NRZZ (früher Brüsseler Erläuterungen) Buchstabe A Nr. 20 zu 84.25 (ErlZT Teil I Rdnr. 27) aus. In dieser Erläuterung sind zwar als Hauptbauarten von Rasenmähern nur solche beschrieben, die einen Mähbalken haben, der den Mähbalken des Grasmähers gleicht (ErlZT Teil I Rdnr. 8 zu 84.25), und solche, die eine waagerechte, zylindrische Drehhaspel mit mehreren schraubenförmigen Messern besitzen, die beim Umlaufen gegen ein waagerecht angeordnetes feststehendes Messer gedrückt werden. Der Senat hat aber keinen Zweifel, daß auch die in den letzen Jahren stark in den Vordergrund getretenen sog. Sichelmäher, bei denen das Schneidewerkzeug ohne Gegenmesser in horizontaler Ebene um eine vertikale Achse rotiert (so die Beschreibung in DIN 1856 Teil I Februar 1979), Rasenmäher i. S. der Tarifnr. 84.25 sind. Denn die im Zolltarif verwendeten Warenbegriffe können nicht ein- für allemal auf einen bestimmten technischen Standard ohne Berücksichtigung technischer Neuentwicklungen bezogen werden. Der Zuweisung der streitigen Rasentrimmer zur Tarifnr. 84.25 steht deshalb nicht entgegen, daß es sich bei dem Schneidewerkzeug nicht um rotierende Schneidmesser, sondern um rotierende Schneidfäden aus Nylon handelt. Der Wortlaut der Tarifnr. 84.25 sieht, worauf die OFD in der von ihr aufgehobenen vZTA vom 26. September 1978 zu Recht hingewiesen hatte, keine Beschränkung auf bestimmte arbeitende Organe bei Rasenmähern vor.
Entgegen der Auffassung der OFD kommt es für die Zuweisung der Rasentrimmer zur Tarifnr. 84.25 nicht darauf an, daß sie nach ihrem Verwendungszweck und ihrer Bezeichnung zum Pflegen von Rasenkanten und zum Ausputzen des Rasens an Büschen, Hecken usw. bestimmt sind. Genauso wie die von Hand geführten Mähbalkenschneider, die zylindrischen Drehhaspelschneider und die mit einer größeren Schnittbreite versehenen Sichelmäher sind sie dazu bestimmt und geeignet, Gras zu schneiden, wobei es für den Vorgang des Schneidens bzw. Mähens gleichgültig ist, in welcher technischer Art der Schneidevorgang stattfindet. Dem Wortlaut der Tarifnr. 84.25 kann jedenfalls nicht entnommen werden, daß bei Rasenmähern zwischen solchen zu unterscheiden sei, die bei größerer Schnittbreite (auf welche sollte abgestellt werden?) dazu bestimmt sind, große Rasenflächen zu schneiden und solchen, die bei geringerer Schnittbreite in erster Linie dazu geeignet sind, Gras an Kanten, Büschen und Zäunen zu schneiden. Auch Rasentrimmer mit geringer Schnittbreite können im übrigen bei entsprechendem Zeitaufwand dazu verwendet werden, größere Rasenflächen zu schneiden.
Kommt es danach für den zolltariflichen Begriff Rasenmäher nicht darauf an, ob sie größere oder kleinere Rasenflächen schneiden oder in erster Linie nur dazu bestimmt und geeignet sind, kleinere Rasenflächen an Rändern und Büschen usw. zu schneiden, so kann auch nicht, wie die OFD meint, darauf abgestellt werden, ob sie auf dem Boden gleiten oder rollen und von den Bedienungspersonen nur gelenkt werden müssen oder ob sie, wie die streitigen Rasentrimmer, bei der Arbeit gehalten und entsprechend der gewünschten Schnitthöhe über dem Boden geführt werden. Denn in beiden Fällen werden die Rasenmäher jedenfalls, was die Tarifnr. 84.25 nicht ausschließt, mit den Händen geführt.
In seiner vorstehend wiedergegebenen Auffassung sieht sich der Senat auch durch die bereits erwähnten Erläuterungen zur NRZZ bestätigt. Nach den Erläuterungen Buchst. B Nr. 2 zu Kapitel 84 (ErlZT Teil I Rdnr. 21) werden die in den Tarifnrn. 84.22 bis 84.58 aufgeführten Maschinen, Apparate und Geräte entsprechend den Industrie- und Gewerbezweigen eingereiht, in denen sie verwendet werden. Danach gehören die Rasentrimmer sicherlich eher zu den in Tarifnr. 84.25 erfaßten Maschinen, Apparaten und Geräten des landwirtschaftlichen Bereichs als zu den in Tarifnr. 85.05 erfaßten von Hand zu führenden Elektrowerkzeugen mit eingebautem Elektromotor. Zur Tarifnr. 85.05 weisen die Erläuterungen zur NRZZ darauf hin, daß die dorthin gehörenden Elektrowerkzeuge in zahlreichen Industrie- und Gewerbezweigen zum Bearbeiten der verschiedensten Materialien verwendet werden. Die anschließend aufgeführten Beispiele betreffen alle die in Frage kommenden Industrie- und Gewerbezweige (vgl. ErlZT zu 85.05 Teil I Rdnrn. 6 bis 22). Aus der Tatsache, daß unter Rdnr. 13 Heckenscheren aufgeführt sind, kann nicht die Schlußfolgerung abgeleitet werden, daß unter die Tarifnr. 85.05 auch die streitigen Rasentrimmer fallen müßten. Rasentrimmer haben von ihrer Verwendung zum Schneiden von Rasen her eine unmittelbare Beziehung zum tariflichen Begriff Rasenmäher. Für Heckenscheren trifft das nicht zu. Sie sind tariflich etwas anderes als Rasenmäher. Elektrische Rasenmäher sind daher nach den ErlZT Teil I Rdnr. 27 zu 85.05 folgerichtig von der Tarifnr. 85.05 ausgenommen und der Tarifnr. 84.25 zugewiesen. Fallen die streitigen Rasentrimmer aber als Rasenmäher unter die Tarifnr. 84.25, so ist die von der OFD zur Begründung ihrer Auffassung über die Tarifierung herangezogene Vorschrift 1 e zu Kapitel 84, wonach von Hand zu führende Elektrowerkzeuge der Tarifnr. 85.05 nicht zu Kapitel 84 gehören, nicht anwendbar.
Da sich die tarifliche Zugehörigkeit der streitigen Rasentrimmer zur Tarifnr. 84.25 bereits aus dem Wortlaut der in Frage kommenden Tarifnummern und Vorschriften ergibt, kann es auf die abweichend davon von der Industrievereinigung für richtiggehaltene Verkehrsauffassung, daß Rasentrimmer keine Rasenmäher seien, nicht ankommen, wobei im übrigen die Beteiligten sich darüber einig sind, daß eine der für die Auffassung der Industrievereinigung maßgeblichen Voraussetzungen, nämlich, daß Rasenmäher i. S. der Tarifnr. 84.25 mit Vorrichtungen zum gleichzeitigen Aufsammeln oder Auffangen des Schnittguts ausgerüstet sein müssen, nicht zutrifft.
Für den erkennenden Senat haben sich keine Zweifel bei der Auslegung des GZT ergeben. Er hielt sich daher nicht für verpflichtet, eine Vorabentscheidung des EGH nach Art. 177 Abs. 1 und 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft einzuholen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22. Oktober 1875 VII R 105/73 BFHE 117, 313).
Die Klägerin kann außer der Aufhebung der angefochtenen vZTA und der Einspruchsentscheidung auch die Verpflichtung der OFD verlangen, ihr vZTA zu erteilen, durch die die Rasentrimmer der – wie dargelegt – zutreffenden Tarifnr. 84.25 GZT zugewiesen werden. Der Senat hat mit seinem Urteil vom 30. April 1980 VII K 1/77 (BFHE 131, 134, BStBl II 1980, 594) entschieden, daß der Kläger, wenn er bereits im Verwaltungsverfahren die Zuweisung einer Ware zu einer bestimmten Tarifnummer angestrebt hat, dieses Ziel auch mit der Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung – FGO –) weiterverfolgen kann. So verhält es sich auch in dem Streitfalle. Der Kläger hat bereits bei der Antragstellung erkennbar angestrebt, die Rasentrimmer der bereits in der vZTA vom 26. September 1978 für einen ähnlichen Rasentrimmer angewandten Tarifnr. 84.25 zuzuordnen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des Urteils in BFHE 131, 134, BStBl II 1980, 594 Bezug genommen.
Fundstellen
Haufe-Index 510494 |
BFHE 1981, 354 |