Leitsatz (amtlich)
Eine im Rahmen eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses an die Ehefrau gezahlte Geburtsbeihilfe ist keine abzugsfähige Betriebsausgabe.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob bei Vorliegen eines für das Streitjahr steuerlich anerkannten Arbeitsverhältnisses zwischen Ehegatten die der Ehefrau von ihrem Ehemann gezahlte Geburtsbeihilfe als Betriebsausgabe abzugsfähig ist.
Die Revisionsbeklagten sind Ehegatten. Der steuerpflichtige Ehemann (im folgenden als Steuerpflichtiger bezeichnet) betreibt einen Damen- und Herren-Frisiersalon. Seine Ehefrau war im Streitjahr 1965 im Betrieb ihres Ehemannes als Friseuse gegen Zahlung eines als angemessen anerkannten Gehalts tätig. Die ihr aus Anlaß der Geburt ihrer Tochter von ihrem Arbeitgeber-Ehegatten gezahlte Geburtsbeihilfe hatte der Revisionskläger (FA) zunächst entgegen § 6 Nr. 10 LStDV nicht als steuerfrei behandelt und bei Veranlagung der Ehegatten (§ 26b EStG) unter Hinweis auf Abschnitt 174a Abs. 4 EStR 1965 den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit hinzugesetzt. Auf den Einspruch der Ehegatten, mit dem sie vorgetragen hatten, daß der Steuerpflichtige jeder Arbeitnehmerin, die nach ihrer Entbindung ihr Arbeitsverhältnis mit ihm aufrechterhalte, die steuerfreie Geburtsbeihilfe zahle, kürzte das FA den streitigen Betrag bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und setzte ihn den Einkünften aus Gewerbebetrieb hinzu. Der Klage des Steuerpflichtigen, mit der dieser die Anerkennung der seinem Arbeitnehmer-Ehegatten gezahlten Geburtsbeihilfe als Betriebsausgabe begehrte, gab das FG statt. Seine Entscheidung begründete es wie folgt:
Es könne nicht zweifelhaft sein, daß die Zahlung einer Geburtsbeihilfe an eine dem Steuerpflichtigen weder verwandte noch ehelich verbundene Arbeitnehmerin als Betriebsausgabe anzusehen sei; die Zahlung habe ihren Grund in dem Arbeitsverhältnis, auch wenn im Einzelfall kein Anspruch auf Gewährung der Beihilfe bestehe. Eine andere Beurteilung könne indes angesichts des Urteils des BVerfG 1 BvL 32/57 vom 24. Januar 1962 (BStBl I 1962, 492) nicht schon deshalb Platz greifen, weil die Arbeitnehmerin zugleich die Ehefrau des Steuerpflichtigen sei. Hinzu komme, daß der Steuerpflichtige unstreitig auch anderen Arbeitnehmerinnen aus gleichem Anlaß eine Geburtsbeihilfe in gleicher Höhe gezahlt habe. Die Zahlung der Geburtsbeihilfe könne im Streitfall aber auch nicht unter Verneinung ihrer Rechtsgrundlage im Arbeitsverhältnis nur darum als Ausfluß der ehelichen Gemeinschaft angesehen werden, weil der Steuerpflichtige durch ihre Zahlung eigene Unterhaltsleistungen, die steuerlich nicht abzugsfähig seien, erspart habe. Denn den gleichen Vorteil würde er auch dann gehabt haben, wenn seine Ehefrau die Geburtsbeihilfe auf Grund eines Arbeitsverhältnisses mit einem ihm fremden Arbeitgeber bezogen hätte.
Die Auffassung des FA könne schließlich auch nicht damit begründet werden, daß die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hinter der familienrechtlichen Fürsorgepflicht zurückzutreten habe. Beide lägen auf verschiedenen Ebenen und schlössen einander nicht aus. Trotz einer gewissen Überschneidung der Interessen des Steuerpflichtigen müsse, da er seine Ehefrau in seinem Betrieb auf Grund eines ernsthaft gewollten und auch tatsächlich durchgeführten Arbeitsverhältnisses beschäftige, davon ausgegangen werden, daß die streitige Zuwendung im betrieblichen Interesse erfolgt sei. Denn es könne sehr wohl auch im betrieblichen Interesse liegen, daß der Arbeitnehmer-Ehegatte wie jeder andere Arbeftnehmer entsprechend seiner Tätigkeit bezahlt werde. Auch dem Arbeitnehmer-Ehegatten könne ein Recht auf arbeitsgerechte Entlohnung nicht abgesprochen werden, wenn er seine Arbeitskraft über den Rahmen der ehelichen Mitarbeitspflicht hinaus dem Betrieb seines Ehegatten zur Verfügung stelle. Zum arbeitsgerechten Lohn gehöre aber auch die Geburtsbeihilfe als eine im Betrieb des Steuerpflichtigen übliche Nebenleistung.
Die gleiche Auffassung werde auch von Herrmann-Heuer (Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, Anm. 18 f. zu § 26a EStG) vertreten.
Das FG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen.
Das FA begründet seine gegen diese Entscheidung eingelegte Revision wie folgt:
Im Gegensatz zur Auffassung des FG beruhe die vom Arbeitgeber-Ehegatten an den Arbeitnehmer-Ehegatten gezahlte Geburtsbeihilfe nicht auf dem Arbeitsverhältnis, sondern auf der Fürsorge- bzw. Unterhaltspflicht des Arbeitgeber-Ehegatten als Ehemann und Familienvater. Der Arbeitgeber-Ehegatten erfülle deshalb insoweit einen Teil seiner Unterhaltspflicht, wenn er seinem Arbeitnehmer-Ehegatten die Geburtsbeihilfe zahle. Daß der Steuerpflichtige auch seinen anderen weiblichen Arbeitnehmern aus gleichem Anlaß die Geburtsbeihilfe in gleicher Höhe zahle, stehe dem nicht entgegen. Wolle man dem FG in seiner Auffassung folgen, so müßten auch die dem Arbeitnehmer-Ehegatten gewährte Unterkunft und Verpflegung als Betriebsausgabe abzugsfähig sein, wenn üblicherweise für die von ihm geleistete Tätigkeit im Betrieb Unterkunft und Verpflegung gewährt würden.
Auch wenn die durch den Gleichberechtigungssatz geänderte Auffassung vom Wesen der Ehe und insbesondere von der Selbständigkeit der Ehefrau im Begriffe stehe, selbstverständliches Vorstellungsgut der Allgemeinheit zu werden, so könne nach Ansicht des FA doch nicht außer acht gelassen werden, daß auch bei einem Ehegatten-Arbeitsverhältnis die Partner in erster Linie Ehegatten seien, die sich zu einer Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zusammengeschlossen hätten.
Der Steuerpflichtige ist demgegenüber der Auffassung, das FA gehe von einer unzulässigen Verquickung der Begriffe Betriebsausgaben und Unterhaltsverpflichtung aus. Die Zahlung einer Geburtsbeihilfe erfolge seitens des Arbeitgebers nicht in erster Linie aus sozialen Erwägungen im Hinblick auf die Familie der Empfängerin; sie diene vielmehr in erster Linie dem Zweck, dem Betrieb die Arbeitskraft auch nach der Entbindung der Arbeitnehmerin zu erhalten. Den die Familie der Empfängerin betreffenden sozialpolitischen Erwägungen habe der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, daß er die Geburtsbeihilfe aus der Reihe der steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellenden Zuwendungen ausgeklammert habe.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Wiederherstellung der Einspruchsentscheidung.
Dem FA ist darin zuzustimmen, daß nicht jede formal auf einem steuerlich anerkannten Arbeitsverhältnis zwischen Ehegatten beruhende Leistung des Arbeitgeber-Ehegatten an den Arbeitnehmer-Ehegatten eine Betriebsausgabe darstellen muß. Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 4 EStG Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Gleichwohl dürfen nach § 12 Nr. 1 EStG die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge, dürfen nach § 12 Nr. 2 EStG freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an eine gegenüber dem Steuerpflichtigen gesetzlich unterhaltsberechtigte Person nicht gewinnmindernd behandelt werden, selbst wenn die zuletzt genannten Zuwendungen auf einer besonderen Vereinbarung beruhen.
Das gilt für die Beantwortung der Frage, ob bestimmte freiwillige Leistungen, die der Arbeitgeber-Ehegatte seinem Arbeitnehmer-Ehegatten erbringt, dem zwischen den Ehegatten begründeten Arbeitsverhältnis oder der privaten Lebenssphäre des Arbeitgeber-Ehegatten zuzuordnen sind, nach Auffassung des Senats auch dann, wenn der Arbeitgeber-Ehegatte die gleichen freiwilligen Leistungen seinen übrigen Mitarbeitern (Arbeitnehmern) erbringt. Denn auch in diesem Fall wird die Grenze zwischen den Aufwendungen, die dem Arbeitsverhältnis, und den Aufwendungen, die der privaten Lebenssphäre des Arbeitgeber-Ehegatten zuzuordnen sind, dort zu ziehen sein, wo nach allgemeiner Anschauung die Grenze zwischen arbeitsgerechter Bezahlung und echter freiwilliger Leistung liegt.
Zur arbeitsgerechten Bezahlung rechnet der Senat - insoweit in Übereinstimmung mit den Finanzbehörden (s. Abschnitt 174a Abs. 4 EStR 1965) - neben dem tariflichen oder vertraglich vereinbarten, angemessenen Entgelt die Weihnachtszuwendung, auf die heute schon in der Regel ein Rechtsanspruch besteht (vgl. Urteile des BFH I 96/62 U vom 1. Juli 1964, BFH 80, 15, BStBl III 1964, 480; VI 289/63 U vom 24. Juli 1964, BFH 80, 220, BStBl III 1964, 554), sowie Zuwendungen aus Anlaß eines Betriebs- sowie eines Arbeitsjubiläums.
Zu den freiwilligen Leistungen dagegen rechnet der Senat - in Übereinstimmung mit den Finanzbehörden (a. a. O.) - Beihilfen aus Anlaß besonderer, den Arbeitgeber erfahrungsgemäß belastender Umstände, wie Eheschließung, Geburt eines Kindes, Notfälle, ferner Stillgelder, sowie die Gewährung freier Station (Unterkunft und Verpflegung), letztere, soweit sie nicht in der arbeitsgerechten Bezahlung ihren Platz hat, d. h. zum tariflichen oder vertraglich vereinbarten, angemessenen Entgelt gehört. Werden solche Leistungen vom Arbeitgeber-Ehegatten dem Arbeitnehmer-Ehegatten erbracht, so verdient nach Ansicht des Senats in der Tat die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft als Rechtsgrundlage dieser Leistungen den Vorzug vor dem Arbeitsverhältnis, da die Ehe gegenüber dem Arbeitsverhältnis die engeren menschlichen Bindungen begründet. Denn wenn auch, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, die beiden möglichen Rechtsgrundlagen auf verschiedenen Ebenen liegen, so schließen sie sich doch in Fällen wie dem vorliegenden gegenseitig aus, da der Arbeitgeber-Ehegatte Leistungen dieser Art seinem Arbeitnehmer-Ehegatten nicht auf Grund der durch das Arbeitsverhältnis, sondern auf Grund der durch die Ehe zwischen ihnen begründeten menschlichen Beziehungen erbringt.
Dem steht nicht entgegen, daß es - aus der Sicht des Arbeitgebers - in erster Linie der Gedanke der Bindung des Arbeitnehmers an den Betrieb sein mag, der den Arbeitgeber zu diesen Leistungen veranlaßt. Andererseits ist das Bestreben, den Arbeitnehmer dadurch an den Betrieb zu binden, nicht vorhanden, wenn nicht die durch das Arbeitsverhältnis begründeten menschlichen Bindungen dieses Bestreben im Einzelfall motivieren. Unter den zwischen Arbeitgeber-Ehegatten und Arbeitnehmer-Ehegatten begründeten menschlichen Beziehungen gehen die durch die Ehe begründeten den durch das Arbeitsverhältnis begründeten vor, so daß § 12 EStG den Abzug solcher Leistungen vom Gewinn verbietet.
Die Vorentscheidung konnte danach nicht aufrechterhalten bleiben.
Fundstellen
Haufe-Index 68399 |
BStBl II 1969, 163 |
BFHE 1969, 333 |