Leitsatz (amtlich)
1. Verbindliche Zolltarifauskünfte können auch im Hinblick auf die Ausfuhr beantragt werden.
2. Ein Produkt aus Bierhefe, Wasser und 3,9 % Zitrussaft, das flüssig und trinkbar ist, fällt als anderes nichtalkoholisches Getränk unter die Tarifnr. 22.02 GZT.
Normenkette
ZG § 23; GZT Tarifnr. 21.06; GZT Tarifnr. 22.02
Tatbestand
Die Klägerin beantragte die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) für eine als „Voll-Hefe” bezeichnete Ware. In dem Antrag führte die Klägerin aus, der Antrag werde gestellt „zum Zwecke der Erlangung von Ausfuhrerstattung bei Exporten in Drittländer und zur Festlegung der Deklarationen für die anzufertigenden Ausfuhrpapiere bei Exporten innerhalb der EG”. Die Ware besteht aus Bierhefe (nicht lebend), Wasser und 3,9 % natürlichem Zitrussaft. Sie ist flüssig und unmittelbar trinkbar. Nach der Packungsaufschrift dient sie zur Nahrungsergänzung, der Erhaltung der Schaffenskraft sowie einer gesunden Hautbeschaffenheit sie soll dreimal täglich in einer Menge von ein bis zwei Eßlöffeln eingenommen werden.
Die Beklagte (die Oberfinanzdirektion – OFD –) wies die Ware mit vZTA vom 14. Juni 1978 der Tarifst 22.02 A des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) zu (Limonaden… und andere nichtalkoholische Getränke, ausgenommen Frucht- und Gemüsesäfte … A keine Milch und kein Milchfett enthaltend). Dagegen legte die Klägerin Einspruch mit dem Ziel ein, die Ware der Tarifst. 21.06 B II GZT zuzuweisen („Hefen, lebend oder nicht lebend … B. Hefen, nicht lebend … II. andere”). Die OFD wies diesen Einspruch zurück.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin weiterhin die Zuordnung der Ware zur Tarifst. 21.06 B II GZT. Auf das Vorabentscheidungsersuchen des erkennenden Senats vom 1. April 1980 VII K 1/79 (BFHE 130, 213) entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 26. März 1981 Rs. 114/80 wie folgt:
„Der Begriff ‚andere nichtalkoholische Getränke’ im Sinne der Tarifnr. 22.02 des Gemeinsamen Zolltarifs ist dahin auszulegen, daß er eine Ware umfaßt, die aus Bierhefe, Wasser und 3,9 % natürlichem Zitrussaft besteht sowie flüssig und trinkbar und dazu bestimmt ist, zur Förderung der Gesundheit mehrmals täglich in kleinen Mengen eingenommen zu werden.”
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
1. Der Rechtsmäßigkeit der angefochtenen vZTA steht nicht entgegen, daß sie nur der Bindung der Zollstellen bei der Ausfuhr der Waren dienen soll. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer vZTA legt § 23 ZG fest. § 23 Abs. 2 ZG geht davon aus, daß Zollstellen durch die Auskunft gebunden werden sollen. Danach setzt die Erteilung einer vZTA voraus, daß die Waren, für die die Auskunft beantragt wird, Gegenstand einer Amtshandlung durch Zollstellen werden soll. Dagegen ergibt sich aus § 23 ZG nicht, daß es sich dabei unbedingt um eine Amtshandlung der Zollstelle anläßlich der Einfuhr handeln muß (Bail/Schädel/Hutter, Kommentar zum Zollrecht, ZG § 23 Anm. 3; Schwarz/Wockenfoth/Rahn, Zollgesetz, Abs. 3 der Vorbemerkungen zu § 23). Eine vZTA kann daher auch erteilt werden, wenn sie nur im Hinblick auf eine Bindung der Zollstellen bei der Ausfuhr beantragt worden ist.
Unabhängig davon widerspräche es aber auch Sinn und Zweck der Regelung des § 23 ZG, anzunehmen, diese Bestimmung wolle eine vZTA nur für Waren zulassen, die bei der Einfuhr Gegenstand einer Amtshandlung einer Zollstelle werden solle. Das Institut der vZTA soll der Wirtschaft zuverlässige Kalkulationsgrundlagen vermitteln. Die Wirtschaft bedarf solcher Kalkulationsgrundlagen auch, wenn es sich um Waren handelt, die bei der Ausfuhr Gegenstand von Amtshandlungen durch Zollstellen sein sollen, z. B. bei der Frage der Gewährung von Ausfuhrerstattungen oder bei ebenfalls anläßlich der Ausfuhr denkbaren Zollvergütungen.
Das Urteil des Senats vom 31. Juli 1973 VII K 10–19/71 (BFHE 110, 92) steht dieser Auffassung nicht entgegen. Aus ihm ist lediglich zu entnehmen, daß eine vZTA nicht erteilt werden darf, wenn sie mit dem alleinigen Ziel begehrt wird, beim Finanzamt (FA) eine umsatzsteuerliche Vergünstigung zu verlangen, die auf eine Zolltarifnummer bezogen ist. So liegt der Fall hier nicht. Im Antrag auf Erteilung der vZTA hat die Klägerin ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie den Antrag zum Zwecke der Erlangung von Ausfuhrerstattungen bzw. zur Festlegung der Deklarationen für die Ausfuhr begehre.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die angefochtene vZTA in ihrer ursprünglichen Fassung rechtmäßig war. Diese enthielt keine Angaben über etwa gebundene Zollstellen. Solche Angaben sind nunmehr in der vZTA in der Fassung enthalten, die diese durch die Einspruchsentscheidung gefunden hat.
2. Die OFD hat die Ware zu Recht der Tarifnr. 22.02 GZT zugewiesen.
Der EuGH hat in seiner vom erkennenden Senat eingeholten Vorabentscheidung erkannt, daß eine Ware aus Bierhefe, Wasser und 3,9 % natürlichem Zitrussaft, die flüssig und trinkbar ist, ein anderes alkoholisches Getränk der Tarifnr. 22.02 GZT darstellt. Die Ware, die Gegenstand der angefochtenen vZTA ist, hat, wie auch die Klägerin nicht bestritten hat, die bezeichnete Beschaffenheit. Die Tarifentscheidung der OFD in der vZTA ist demnach richtig.
Die Behauptung der Klägerin, die Vorabentscheidung beruhe auf der unrichtigen Annahme des EuGH, daß Hefe im Urzustand eine feste Masse sei, findet in dieser Entscheidung keinen Anhaltspunkt.
Fundstellen
Haufe-Index 510493 |
BFHE 1981, 70 |