Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Leistungen, die das Mitglied einer nach außen hin nicht in Erscheinung tretenden Gesellschaft des bürgerlichen Rechts im Rahmen dieser Innengesellschaft bewirkt, richten sich umsatzsteuerrechtlich nicht an die Gesellschaft, sondern an die anderen Mitglieder der Gesellschaft.
Normenkette
UStG § 1 Ziff. 1 S. 1, § 5/1/1, § 10/1/1
Tatbestand
Der Bf. ist Schafhalter. Er hat in den Jahren 1949 bis 1954 auf von ihm gepachteten Weiden Schafe anderer Schafhalter gegen Beteiligung an den Kosten der Schafhaltung (Weidepacht, Lohn, Kostgelder, Schur, Impf-, Badekosten und dgl.) nach der Zahl der Tiere in seine Herden aufgenommen. Streitig ist, ob der Bf. mit den ihm von den anderen Schafhaltern erstatteten Auslagen im Gesamtbetrage von 24.989,16 DM der Umsatzsteuer unterliegt.
Der Bf. vertritt die Auffassung, die anteilig übernommenen Schafhaltungskosten seien nichtsteuerbare Beiträge der Schafhalter im Rahmen einer von ihnen gebildeten Gelegenheitsgesellschaft (Innengesellschaft), deren Geschäfte er in verdeckter Stellvertretung unentgeltlich geführt habe. Demgegenüber erblickt das Finanzamt in der Aufnahme der fremden Schafe in die eigene Herde gegen Erstattung der anteiligen Schafhaltungskosten eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung des Bf. auf Grund eines sogenannten Viehpensionsvertrages. Es hat demgemäß den Bf. für die Jahre 1949 bis 1954 zu einer Umsatzsteuer von insgesamt 831,60 DM (= 3 v. H. von 16.792 DM = 503,76 DM + 4 v. H. von 8.196 DM 327,84 DM) herangezogen.
Die Sprungberufung des Bf. blieb erfolglos. Das Finanzgericht schloß sich im Ergebnis dem Standpunkt des Finanzamts an. Auch nach seiner Ansicht hat der Bf. den anderen Schafhaltern gegenüber Leistungen gegen Entgelt bewirkt. Denn auch der reine Auslagenersatz könne Entgelt sein. Die Absicht der Gewinnerzielung brauche nicht vorzuliegen. Die Beteiligung an den Kosten der Schafhaltung durch die anderen Herdenbesitzer könne nicht als bloßer Gesellschafterbeitrag gewertet werden. Als Gesellschaftszweck komme im Streitfalle höchstens eine Senkung der mit der Schafhaltung zusammenhängenden Kosten in Betracht. Der Bf. habe aber über die gemeinsame Verpflichtung zur anteiligen Kostentragung hinaus durch die Geschäftsbesorgung für die Schafhaltung (für Weiden, Hüten, Warten, Scheren, Impfen, Baden usw. der Schafe) nicht unerhebliche Sonderleistungen erbracht. Solche über die gesellschaftlichen Verpflichtungen hinausgehenden Leistungen seien keine Gesellschafterbeiträge. Es liege vielmehr ein Leistungsaustausch vor, bei dem der Geschäftsbesorgung des Bf. die übernahme eines Teiles der dabei entstandenen Kosten durch die anderen Schafbesitzer als Gegenleistung (Entgelt) gegenüberstehe.
Entscheidungsgründe
Auch die Rb. hat keinen Erfolg. Der Senat gelangt - wenn auch aus anderen Gründen - zu dem gleichen Ergebnis wie die Vorinstanzen. Selbst wenn man unterstellt, daß sich die beteiligten Schafbesitzer zwecks Senkung der Schafhaltungskosten oder sogar zwecks gemeinsamen Weidens und Wartens ihrer Schafe zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen haben, so würde es sich nur um eine sogenannte Innengesellschaft handeln, die nach außen hin am Wirtschaftsleben nicht teilgenommen hat. Denn die Geschäfte der Gesellschaft hat der Bf. - wie er selbst ausführt - als deren verdeckter Stellvertreter, d. h. im eigenen Namen, besorgt. Bloße Innengesellschaften, bei denen nicht die Gesellschaft, sondern nur einer der Gesellschafter oder jeder Gesellschafter für sich allein auftritt, scheiden als Unternehmer aus. Sie sind umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich. Unternehmer sind in diesen Fällen die im eigenen Namen auftretenden Gesellschafter. Ihre Leistungen richten sich umsatzsteuerrechtlich nicht an die Innengesellschaft, sondern an deren Mitglieder. Die Vergütungen, die dafür gezahlt werden und die - wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat - auch in einem Auslagenersatz bestehen können, sind umsatzsteuerrechtlich keine Mitgliederbeiträge, sondern echte Entgelte im Sinne der §§ 1 und 5 UStG. Da der Bf. die mit der Schafhaltung zusammenhängenden Geschäfte nicht im Namen einer mit den anderen Schafbesitzern gebildeten Gesellschaft, sondern im eigenen Namen besorgt hat, ist diese Geschäftsbesorgung als eine den anderen Schafbesitzern gegenüber bewirkte Leistung anzusehen, der die anteilige Kostenübernahme durch die Schafbesitzer als Entgelt gegenübersteht. Auch die anderen Voraussetzungen des § 1 UStG sind erfüllt; Befreiungsvorschriften kommen nicht zum Zuge. Die Vorinstanzen haben daher den Bf. mit den ihm erstatteten Auslageanteilen für die Schafhaltung zu Recht zur Umsatzsteuer herangezogen.
Der Bf. hat im Rechtsbeschwerdeverfahren erstmalig behauptet, die anderen Schafhalter hätten außer den anteiligen Schafhaltungskosten körperliche Arbeiten durch Betreuung der Schafherden geleistet und ein Schafhalter habe eine in seinem Pachtbesitz befindliche Winterweide der Gemeinschaft zur Verfügung gestellt. Mit diesem neuen tatsächlichen Vorbringen kann der Bf. - abgesehen davon, daß es nicht geeignet ist, seine Rechtsstellung zu verbessern - im Hinblick auf die beschränkte Natur der Rb. gemäß § 288 AO nicht mehr gehört werden.
Der Hinweis des Bf. auf das (nicht veröffentlichte) Urteil des Senats V 185/55 vom 31. Januar 1956 geht fehl, weil dort die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts unter besonderer Firmenbezeichnung nach außen hin in Erscheinung getreten war.
Fundstellen
Haufe-Index 409812 |
BStBl III 1960, 529 |
BFHE 1961, 754 |
BFHE 71, 754 |