Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Eine Personengesellschaft kann dadurch beschwert sein, daß ein einem Gesellschafter gehöriges Gebäudegrundstück statt zu dessen Privatvermögen zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gerechnet wird, auch wenn die begehrte Bilanzberichtigung wegen Wegfalles der Gebäude-AfA nur zu einer Erhöhung des einheitlich festzustellenden Gewinns der Gesellschaft führt.
Der Senat hält an der Auffassung fest, daß Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines Gesellschafters oder mehrerer Gesellschafter einer Personengesellschaft stehen, steuerlich zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehören, wenn sie deren Betrieb dienen.
Normenkette
AO § 231; EStG § 15 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob die Revisionsklägerin, eine KG, zum 1. Januar 1960 eine Bilanzberichtigung vornehmen durfte.
Dem Betrieb der KG dienten im Streitjahr die Grundstücke in X, A Straße und B Straße. Die Grundstücke gehören dem Komplementär der KG Y. Sie wurden für die Jahre 1956 bis 1959 steuerlich als notwendiges Betriebsvermögen der KG behandelt. Unter Hinweis auf die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz begehrt die KG eine erfolgsneutrale Berichtigung der Steuerbilanz per 1. Januar 1960 durch Herausnahme der Grundstücke zum Buchwert. In der Handelsbilanz dürften diese Grundstücke, da sie ihr nicht gehörten, nicht geführt werden. Demgemäß sei auch ihr Ausweis in der Steuerbilanz nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt (FA) und auf die Sprungberufung der KG auch das Finanzgericht (FG) lehnten dieses Begehren ab.
Auch die nach Inkrafttreten der FGO am 1. Januar 1966 als Revision zu behandelnde Rb. der KG ist nicht begründet.
Der Senat prüfte die Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittelverfahrens. Das Begehren der KG, die Gebäudegrundstücke zum 1. Januar 1960 durch Bilanzberichtigung aus dem Betriebsvermögen herauszunehmen, führt für den streitigen Veranlagungszeitraum zu einer Erhöhung des einheitlich festzustellenden Gewinns. Denn die KG verliert für den streitigen Veranlagungszeitraum eine Absetzung für Abnutzung (AfA) auf die Gebäude in Höhe von 5.108 DM. Die Zurechnung der Grundstücke zu ihrem Betriebsvermögen durch das FA wirkt sich im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung also für die KG vorteilhaft aus. Der Senat bejaht die Zulässigkeit des Rechtsmittelverfahrens gleichwohl deshalb, weil bei Zugrundelegung der Auffassung des FA die KG damit rechnen muß, daß bei einer von ihr erst später erstrebten und erreichten Bilanzberichtigung (z. B. im Veranlagungszeitraum einer Veräußerung der Grundstücke) die zwischenzeitlich von ihr in Anspruch genommenen Gebäude-AfA rückgängig gemacht werden und demgemäß eine Erhöhung des steuerlichen Gewinns eintritt. Die KG ist deshalb im Streitfall auch durch eine zu niedrige Gewinnfeststellung beschwert. Es liegt ein dem Urteil des Senats IV 129/61 vom 12. November 1964, Steuerrechtsprechung in Karteiform (StRK), Reichsabgabenordnung, § 232, Rechtsspruch 39, vergleichbarer Fall vor.
Die Zulässigkeit des Rechtsmittelverfahrens ist auch deshalb zu bejahen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß sich die Feststellung, ob die Gebäudegrundstücke steuerlich zum Betriebsvermögen der KG oder aber zum Privatvermögen des Gesellschafters Y gehören, bei der Einkommensteuerveranlagung des Gesellschafters Y dadurch auswirkt, daß dort andere Einkünfte- Ermittlungsgrundsätze (überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten) gelten als bei der Zugehörigkeit der Grundstücke zum Betriebsvermögen (vgl. insbesondere § 11 des Einkommensteuergesetzes - EStG -).
Zur Frage der einkommensteuerlichen Behandlung von Wirtschaftsgütern, die dem Gesellschafter einer Personengesellschaft allein gehören, die der Gesellschafter aber dem Betrieb seiner Gesellschaft zur Verfügung stellt, nahm zuletzt eingehend das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - VI 26/65 vom 1. April 1966 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 86 S. 131 - BFH 86, 131 -, BStBl III 1966, 365) Stellung. Das Urteil gelangte in übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs - RFH - und des BFH zu dem Ergebnis, daß steuerlich derartige Wirtschaftsgüter nicht zum Privatvermögen des Gesellschafters, sondern zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehörten. Zu diesem Ergebnis gelangte das Urteil durch Auslegung des § 15 Ziff. 2 EStG. Durch diese Vorschrift werde erreicht, daß Steuerpflichtige, die ihr Unternehmen in der Form einer Personengesellschaft betreiben, einkommensteuerlich ebenso stehen wie Einzelunternehmer. Ebensowenig aber, wie ein Einzelunternehmer den aus seinem Unternehmen erwirtschafteten Gewinn in Gehalt, Kapitalverzinsung usw. aufteilen könne, dürfe auch der Mitunternehmer das, was ihm aus dem gemeinsamen betrieblichen Unternehmen zufließe, in verschiedene Teile aufspalten. Und wie ein Einzelkaufmann nicht Maschinen oder Grundstücke, die seinem Unternehmen dienten, zum Privatvermögen ziehen könne, könne ein Gesellschafter (Mitunternehmer) nicht solche Wirtschaftsgüter, die er der Personengesellschaft zur persönlichen Nutzung überlassen habe, als Teile seines Privatvermögens behandeln.
Unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 845/58 vom 24. Januar 1962 (BStBl I 1962, 500) spricht die Entscheidung auch aus, daß keine verfassungsmäßigen Bedenken bestehen, wenn das Steuerrecht hier seinen besonderen Bedürfnissen Rechnung trage. Das Steuerrecht brauche nicht unbedingt an die handelsrechtliche Regelung anzuknüpfen, nach der der Gewinn einer OHG nur aus den von ihr unmittelbar erwirtschafteten Ergebnissen bestehe. Ob auch eine andere Regelung als die des § 15 Ziff. 2 EStG denkbar oder vielleicht zweckmäßiger wäre, könne dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls sei die geltende Regelung nicht sachfremd oder gar sinnwidrig, wenn man als gegeben hinnehme, daß nicht die Personengesellschaft, sondern die einzelnen Gesellschafter zur Einkommensteuer herangezogen werden.
Diesen überlegungen, die im wesentlichen auch den Ausführungen des Urteils der Vorinstanz zugrunde liegen, schließt sich der Senat in vollem Umfang an. Es ist nicht gerechtfertigt, das Betriebsvermögen der Gesellschafter einer Personengesellschaft anders abzugrenzen als das Betriebsvermögen des Einzelunternehmers. Denn einkommensteuerlich ist nicht die Personengesellschaft, sondern sind die Gesellschafter steuerpflichtig. Nur die Gesellschafter als solche treten daher einkommensteuerlich als Gewerbetreibende in Erscheinung, nur auf sie ist § 5 EStG anzuwenden. Wirtschaftsgüter, die einem Gesellschafter gehören und die dieser dergestalt dem Betrieb seiner Gesellschaft zur Verfügung stellt, daß sie als durch den Betrieb genutzt angesehen werden müssen, stellt der Gesellschafter damit unmittelbar auch seinem eigenen gewerblichen Betrieb zur Verfügung. Sie müssen daher nach den gleichen Grundsätzen zu seinem und damit einkommensteuerlich auch zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gerechnet werden wie beim Einzelunternehmer. Diese Rechtsauffassung vertrat der erkennende Senat bereits eindeutig in seiner Entscheidung IV 419/62 U vom 3. Dezember 1964 (BFH 81, 254, BStBl III 1965, 92).
Mit Recht weist das Urteil des BFH VI 26/65 auch darauf hin, daß § 15 Ziff. 2 letzter Teilsatz EStG nicht dergestalt ausgelegt werden könne, daß er zu einer unterschiedlichen Behandlung der Einkünfte aus den zur Verfügung gestellten Wirtschaftsgütern als gewerblich einerseits, zur Behandlung der Wirtschaftsgüter selbst aber als Privatvermögen führt. Eine solche Trennung wäre unorganisch und mit der einkommensteuerlichen Konstruktion der Personengesellschaft nicht vereinbar. Auch dieser überlegung wird beigetreten. Ergänzend zu ihr wird noch bemerkt: Die gegenteilige Auffassung würde zu einer dem geltenden Recht unbekannten und von ihm nach Auffassung des Senats nicht gewollten Aufspaltung der Einkünfte und ihrer Ermittlung führen. Als gewerbliche könnten nur die Vergütungen im Sinne des § 15 Ziff. 2 letzter Teilsatz EStG angesehen werden, also z. B. die Mieten und Pachtzinsen für die überlassung eines Grundstücks. Die Aufwendungen hingegen müßten als solche aus Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 21 EStG beurteilt werden, wenn das überlassene Grundstück selbst als Privatvermögen des Gesellschafters zu gelten hätte. Denn für sie besteht keine dem § 15 Ziff. 2 letzter Teilsatz EStG entsprechende Vorschrift. Eine solche Auffassung ist jedoch nicht vertretbar. Die in letzter Zeit namentlich von Mutze, Der Betriebs-Berater (BB) 1964 S. 30; Schmidt-Rux, Steuerberaterjahrbuch 1963/64 S. 273; Paulick, Finanz-Rundschau (FR) 1964 S. 294; Mangold, BB 1965 S. 578; Seelinger, Deutsches Steuerrecht (DStR) 1965 S. 125; Münch, Der Betrieb (DB) Beilage Nr. 9/66 vom 23. Juni 1966, vertretenen gegenteiligen Auffassungen können hiernach nicht überzeugen. Es kann auch nicht der vermittelnden Auffassung von Felix, DStR 1964 S. 307, gefolgt werden, wonach es für die Hinzurechnung der hier zur Erörterung stehenden Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen der Gesellschaft darauf ankomme, ob man sie als wirtschaftliches Eigentum aller Gesellschafter ansehen kann.
Die Grundstücke gehören hiernach zum Betriebsvermögen der KG; die von dieser begehrte Bilanzberichtigung per 1. Januar wurde von der Vorinstanz zu Recht abgelehnt.
Fundstellen
Haufe-Index 412284 |
BStBl III 1967, 180 |
BFHE 1967, 419 |
BFHE 87, 419 |