Leitsatz (amtlich)
Die Beleihung von Ansprüchen aus einem Bausparvertrag steht der Prämienbegünstigung von Beiträgen, die nach der Beleihung geleistet werden, auch dann nicht entgegen, wenn der Bausparer zur Zeit der Beleihung noch keine Bausparbeiträge aus eigenen Mitteln geleistet hatte.
Normenkette
WoPG 1969 § 2 Abs. 2 S. 3; WoPDV 1970 § 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hat am 2. Februar 1970 bei einer Bausparkasse einen Bausparvertrag abgeschlossen. Im Jahre 1970 hat sie auf diesen Bausparvertrag 24 093,30 DM eingezahlt. Aufgrund eines Antrags vom 6. Februar 1971 hat ihr der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) mit Verfügung vom 8. Juni 1971 für 1970 eine Wohnungsbau-Prämie in Höhe von 400 DM gewährt.
Nachdem die Bausparkasse mit Schreiben vom 19. November 1971 dem FA angezeigt hatte, daß der Bausparvertrag beliehen wurde und daß von den aus der Beleihung fließenden Kreditmitteln 1970 22 550 DM auf den Bausparvertrag einbezahlt worden waren, forderte das FA mit Bescheid vom 6. Dezember 1971 die Wohnungsbau-Prämie 1970 in voller Höhe zurück. Als Rückforderungsgrund wurde in dem Bescheid die Leistung von Beiträgen an die Bausparkasse mit Kreditmitteln bezeichnet. Der Einspruch hiergegen wurde zurückgewiesen.
Die Klage, mit der die Aufhebung der Einspruchsentscheidung und des Rückforderungsbescheides begehrt wurde, hatte keinen Erfolg. Das FG führte aus, die volle Beleihung des Bausparvertrages durch die Bausparkasse sei prämienschädlich. Das aus der Beleihung stammende Geld sei insoweit nicht unmittelbar zum Wohnungsbau verwendet worden, als daraus (in Höhe von etwa 2/5 der empfangenen Summe) der Bausparvertrag, auf den im Zeitpunkt der Beleihung noch kein Beitrag entrichtet gewesen sei, durch Auffüllung beleihungsfähig bzw. zuteilungsreif gemacht worden sei. Das gelte auch, obwohl dadurch erst die Voraussetzung für das Baudarlehen geschaffen worden sei und insofern die Beleihungssumme mittelbar dem begünstigten Zweck gedient habe, weil sie den Ankauf der Wohnung ermöglicht habe. Da das Gesetz jedoch nur dann ausnahmsweise von der Einhaltung der Sperrfrist absehe, wenn die an sich prämienschädliche Verwendung unmittelbar dem Wohnungsbau diene, könne eine derartig eindeutig nur mittelbare Verwendung nicht als prämienunschädlich angesehen werden (vgl. Urteile des BFH vom 22. März 1968 VI R 293/66, BFHE 91, 504, BStBl II 1968, 402; vom 22. März 1968 VI R 49/67, BFHE 91, 507, BStBl II 1968, 404, und vom 22. März 1968 VI R 305/66, BFHE 92, 82, BStBl II 1968, 510).
Die Beträge, für die die Klägerin die Prämie begehre, seien allerdings von ihr erst nach dem prämienschädlichen Vorgang erbracht worden. Das FG halte es aber für nicht mit dem Gesetz vereinbar, Leistungen an eine Bausparkasse auch dann als prämienbegünstigt anzusehen, wenn im Zeitpunkt der Beleihung noch keinerlei eigene Ansparleistung erbracht worden sei, die Beleihung prämienschädlich und die Erbringung der Leistungen Auflage des Kreditvertrages sei. Das FG sei der Auffassung, daß bei einer solchen Konstruktion die aufgrund des Kreditvertrags zu erbringenden Leistungen so lange als mit der schädlichen Beleihung ursächlich verknüpft anzusehen seien, als der schädlich verwendete Kreditanteil nicht durch diese Leistungen ausgeglichen sei. Die Prämienschädlichkeit der Verwendung könne nicht dadurch beiseite geschoben werden, daß jemand eine solche Verwendung des Vertrages an den Anfang stelle und erst danach Leistungen erbringe, die dem Vertrag zugute kämen, aber aufgrund der Kreditgewährung als Auflage aus dem Kreditvertrag zu erbringen seien. In einem solchen Fall sei die gesamte Durchführung des Vertrags und die Erbringung der Leistungen von vornherein als mit der schädlichen Verwendung behaftet anzusehen, und diese könne bei der Beurteilung nicht außer Betracht gelassen werden. Der vorliegende Fall einer "Nullbeleihung" unterscheide sich wesentlich von der Fallgestaltung, in der Eigenleistungen erbracht worden seien, diese zur Kreditunterlage der Beleihung gemacht worden seien und anschließend weitere Aufwendungen erfolgten (vgl. den dem BFH-Urteil vom 5. Mai 1972 VI R 87/69, BFHE 106, 64, BStBl II 1972, 732, zugrunde liegenden Fall), wobei - ggf. anteilmäßig - die gewährten Vergünstigungen zurückzufordern seien.
Gegen das Urteil hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie beanstandet im wesentlichen die Handhabung der Zwischenfinanzierung durch die Bausparkasse und meint, die vorzeitige Auszahlung, Abtretung oder Beleihung eines Bausparvertrags sei prämienunschädlich, soweit die empfangenen Beträge nicht höher als die Baukosten seien. Bei ihr hätten die empfangenen Beträge aus dem Bausparvertrag weit unter dem Kaufpreis der Wohnung gelegen. Die Bausparkasse fordere zudem die monatliche Sparrate. Bei ihren Finanzierungsbedingungen sei die Verzinsung des 40 %igen Sparguthabens nicht Voraussetzung für die Auszahlung des Kredits gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist im wesentlichen begründet. Dem FG ist darin beizupflichten, daß die Zwischenfinanzierung durch die Bausparkasse dem Grunde nach eine prämienschädliche Beleihung im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 3 WoPG 1969 ist, weil die Klägerin den empfangenen Betrag von 22 550 DM nicht unverzüglich und unmittelbar zum Wohnungsbau verwendet hat. Dieser Betrag ist vielmehr zur Auffüllung des Bausparvertrages verwandt worden. Das ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats (s. die vom FG angeführten Urteile) keine unmittelbare Verwendung zum Wohnungsbau.
Die Schädlichkeit der Beleihung schließt aber eine Prämienbegünstigung später geleisteter Beiträge nicht aus. Nach § 2 Abs. 2 WoPDV 1970 ist von einer Rückforderung gewährter Prämien abzusehen, soweit die Beleihung nach § 2 Abs. 2 letzter Halbsatz WoPG 1969 unschädlich ist. Wie der Senat im Urteil VI R 49/67 ausgeführt hat, soll diese Vorschrift auf die Fälle Anwendung finden, in denen die aus der Beleihung empfangenen Beträge, soweit sie anders als zum Wohnungsbau verwendet werden, hinter der Summe der angesparten Beträge zurückbleiben. Das gilt uneingeschränkt. Der Senat vermag dem FG nicht zu folgen, wenn es eine Ausnahme für den Fall machen will, daß im Zeitpunkt der Beleihung noch keinerlei eigene Ansparleistung erbracht wurde und die Erbringung (späterer) Leistungen Auflage des Kreditvertrags ist. Es würde eine nicht zu rechtfertigende Ausweitung der schädlichen Wirkung einer Beleihung sein, wenn, wie das FG meint, bei einer solchen Konstruktion die aufgrund des Kreditvertrags zu erbringenden Leistungen so lange als mit der schädlichen Beleihung ursächlich verknüpft angesehen werden müßten, als der schädlich verwendete Kreditanteil nicht durch diese Leistungen ausgeglichen sei. Der Senat sieht keinen Anlaß, einen Unterschied von dem Grundsatz des Vergleichs zwischen den aus der Beleihung empfangenen und für den Bausparvertrag verwendeten Beträge und der Summe der angesparten Beträge zu machen, je nachdem, ob die Ansparleistung vor oder nach der Beleihung erbracht worden ist. Auch wenn zur Zeit der Beleihung noch keine Beiträge erbracht waren, ist die Prämienbegünstigung der nach der Beleihung geleisteten Beiträge nicht ausgeschlossen; denn es macht keinen grundlegenden Unterschied, ob die Abtretung oder Beleihung bei einem bereits bestehenden Bausparvertrag vereinbart wird oder sogleich bei Abschluß des Vertrages (bzw. kurz hinterher, aber vor der Erbringung eigener Sparleistungen) erfolgt. Der Senat teilt insoweit die Auffassung der Finanzverwaltung (gleichlautende Ländererlasse; vgl. Verfügung der OFD Münster vom 15. Februar 1968, DB 1968, 463; ebenso Stäuber-Walter, Kommentar zum Wohnungsbau-Prämiengesetz, 4. Aufl., Rdnr. 134). Die nach der Beleihung durch Eigenleistung erbrachten Bausparbeträge bleiben "Beiträge an Bausparkassen zur Erlangung von Baudarlehen" im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 WoPG und der hierzu ergangenen Ausführungsbestimmungen, auch wenn sie während des Bestehens eines Zwischenkredits geleistet und die geleisteten Beiträge nach Zuteilung des Bausparvertrags mit dem Kredit verrechnet werden. Ziel bleibt auch hier die Erlangung eines Baudarlehens. Es handelt sich um Sparleistungen, die zu einem späteren, mit der Beleihung wirtschaftlich nicht mehr zusammenhängenden Zeitpunkt erbracht werden. Das hat der Senat im Urteil vom 5. Mai 1972 VI R 87/69 (BFHE 106, 64, BStBl II 1972, 732) sogar für Zinsgutschriften aus Bausparguthaben, die durch eine schädliche Beleihung erlangt worden sind, anerkannt. Es muß erst recht gelten, wenn, wie im Streitfall, nach der Beleihung echte Sparbeiträge erbracht worden sind.
Nach der Feststellung des FG hat die Klägerin im Streitjahr 24 093,30 DM auf den Bausparvertrag eingezahlt. Hiervon stammen 22 550 DM aus der Beleihung. Nach der weiteren Feststellung des FG waren im Zeitpunkt der Beleihung noch keine eigenen Ansparleistungen von der Klägerin erbracht. Der Unterschiedsbetrag von 1 544 DM muß hiernach von der Klägerin durch eigene Ansparleistungen - und möglicherweise Zinsen - erbracht worden sein. Auf diesen Betrag war eine Wohnungsbau-Prämie von 25 v. H. = 386 DM zu gewähren.
Fundstellen
Haufe-Index 70800 |
BStBl II 1974, 265 |
BFHE 1974, 387 |