Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Bereitet die Prüfung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels unverhältnismäßig große Schwierigkeiten, ist jedoch das Rechtsmittel in der Sache offensichtlich unbegründet, so kann - unter dieser Voraussetzung - zur Sache entschieden werden und die Frage der Zulässigkeit dahingestellt bleiben.
Normenkette
AO §§ 252, 239; FGO § 124
Tatbestand
...
Entscheidungsgründe
Die Vorinstanzen haben die Einspruchsrücknahme des Beschwerdeführers (Bf.) vom 22. Oktober 1951 als rechtswirksam behandelt und deshalb seine Einsprüche insoweit als unzulässig erachtet. Nach dieser Richtung bestehen Bedenken. Zwar wird die Wirksamkeit der Rücknahme nicht durch eine etwa insoweit fehlende Vollmacht des Vertreters des Bf. in Frage gestellt. Die Vertretungsvollmacht des für den Bf. tätigen Helfers in Steuersachen gilt dem Finanzamt gegenüber auch in dieser Hinsicht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 235/54 U vom 6. November 1956, Slg. Bd. 64 S. 19, Bundessteuerblatt - BStBl - 1957 III S. 7). Auch ein etwaiger Vorbehalt bei Angabe der Erklärung kann ihre Wirksamkeit nicht in Frage stellen, da er - worauf das Finanzgericht zutreffend hinweist - in der schriftlichen Erklärung keinen Ausdruck gefunden hat (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 192/52 U vom 3. Juli 1952, Slg. Bd. 56 S. 627, BStBl 1952 III S. 241 ff.). Anders verhält es sich jedoch mit dem Hinweis des Bf., er sei von dem Prüfer durch Täuschung zur Abgabe seiner Erklärung veranlaßt worden. Dieser vom Bf. rechtzeitig vorgebrachte Einwand hätte den Vorinstanzen, wenn sie die Einsprüche als unzulässig behandeln wollten, Anlaß geben sollen, die dafür benannten Zeugen zu hören (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 192/52 U vom 3. Juli 1952, a. a. O.).
Das Finanzgericht konnte das jedoch im Ergebnis dahingestellt sein lassen, da es aus zutreffenden Gründen dazu gelangt ist, die Einsprüche bzw. die Berufung in der Sache selbst als unbegründet zu beurteilen. Für diesen Fall entspricht es den Grundsätzen der Rechtsprechung, die Zulässigkeit des Rechtsmittels dahingestellt sein zu lassen, zur Sache zu entscheiden und das Rechtsmittel als unbegründet zurückzuweisen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 16/21 vom 23. Februar 1922, Slg. Bd. 8 S. 220, 221). Dieses Verfahren entspricht den Erfordernissen der Prozeßökonomie und ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn im gegebenen Einzelfalle ohne besonderen Aufwand und mit Sicherheit festgestellt werden kann, daß das Rechtsmittel sachlich nicht begründet ist. Der Steuerpflichtige ist durch ein solches Verfahren nicht beschwert. Er erhält statt einer formalen Entscheidung eine Entscheidung zur Sache. Das ist hier der Fall.
Fundstellen
Haufe-Index 424079 |
BStBl III 1958, 352 |
BFHE 1959, 207 |
BFHE 67, 207 |