Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zonenpreise, d. h. je nach dem Empfangsort unterschiedliche Frei-Grenze-Preise, stehen, aus welchen Gründen auch immer sie gewährt werden, mit dem Zollwertbegriff in Widerspruch und können daher der Bemessung des Zolles als Rechnungspreise grundsätzlich nicht zugrunde gelegt werden.
Lediglich der auch für den Einfuhrort geltende Zonenpreis kann als Grundlage der Verzollung dienen, wenn er der am Einfuhrort erzielbare übliche Wettbewerbspreis ist, d. h. von jedem beliebigen Käufer ohne weitere Bedingungen als Frei-Grenze-Preis erzielt werden kann.
Normenkette
UStG §§ 6, 11
Tatbestand
I. - Gegenstand des Streites ist der Zollwert ausländischer Kohle, die zu Zonenpreisen gehandelt wird und die die Bfin. beim Grenzzollamt S. zum freien Verkehr hat abfertigen lassen.
Der Einfuhr lag ein Vertrag zugrunde, in welchem die Preise für die einzelnen Kohlensorten je nach dem Stadt- oder Landkreis, in dem der Bestimmungsort, d. h. der Sitz des Abnehmers der Bfin. lag, gestaffelt waren. Das Schema für diese Preisberechnung hatte sich aus einem Vergleich mit den Preisen der Ruhr- und Saargasflammkohle "franko Verbrauchsort" ergeben. Von diesen Preisen franko Verbrauchsort (einschließlich Fracht von der Ruhr- bzw. Saarzeche bis Verbrauchsort zuzüglich Bergarbeiterwohnungsabgabe) wurden zunächst abgezogen ein je nach Kohlensorte unterschiedlicher, aber für alle Zonen gleichbleibender Betrag für mindere Qualität der ausländischen Kohle sowie ein ebenfalls gleichbleibender, aber nur für fünf Lieferorte geltender Betrag als Anreiz zum Kauf dieser Kohle. Der so erhaltene Preis wurde sodann durch Abzug der Frachtkosten vom Einfuhrort S. bis Empfangsort, sonstiger inländischer Kosten, wie z. B. Eingangsabgaben, Abfertigungsgebühren und Importspanne und Großhandelsnutzen auf den Preis "frei Grenze" zurückgeführt. Auf diese Weise ergaben sich im Einfuhrort verschiedene Preise für dieselbe Kohle, die um so niedriger waren, je weiter die Bestimmungsorte vom Einfuhrort S. entfernt lagen.
Im Streitfall war die eingeführte Kohle für einen im Landkreis A. ansässigen Erwerber bestimmt. Die Bfin. ließ den hierfür maßgebenden Zonenpreis wegen Erhebung der Umsatzausgleichsteuer anmelden; das Zollamt legte jedoch nicht diesen, sondern den für den Einfuhrort S. geltenden Preis der Berechnung der Umsatzausgleichsteuer zugrunde.
Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg.
II. -
Mit der Rb. wird gerügt, daß der für den Einfuhrort und nicht der für den Empfangsort der Kohle geltende Preis (Zonenpreis) der Berechnung der Umsatzausgleichsteuer als Zollwert zugrunde gelegt wurde und zur Begründung im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Zonenpreise bezweckten, die in den einzelnen Zonen verschiedenen Wettbewerbsverhältnisse durch die verschieden hohen Zonenpreise auszugleichen. Die wirtschaftlichen Gründe, die zu den unterschiedlichen Preisen führten, könnten entweder die je nach der Entfernung der einzelnen Zonen vom Einfuhrort verschieden hohen Frachtkosten oder es könnten echte Wettbewerbsgründe, z. B. Qualitätsunterschiede, sein. Im ersteren Falle - Frachtausgleich - könnten die Zonenpreise, die Freigrenzepreise seien, nicht ohne weiteres als Zollwert angesehen werden, sondern seien so zu berichtigen, daß sie keine innerdeutschen Frachtbeträge mehr enthielten: im letzteren Falle - reine Wettbewerbsgründe - sei jeder Zonenpreis als Zollwert anzusehen.
Denn der Normalpreis müsse trotz seiner theoretischen Natur einem wirklichen Preis entsprechen, weshalb zu seiner Feststellung auch alle handelsmäßigen Umstände, insbesondere alle Preiselemente eines wirklichen Preises berücksichtigt werden müßten.
Die Brüsseler Begriffsbestimmung verlange auch nicht, daß die üblichen freien Wettbewerbspreise im Einfuhrort für die gleiche Ware, z. B. beim Vorliegen besonderer Bedingungen (handelsmäßigen Umständen), zu denen bei Zonenpreisen auch die Wettbewerbslage in den für die Waren bestimmten Absatzgebieten gehöre, stets gleich seien. Aus Gründen der verschiedenen Wettbewerbsverhältnisse würden solche Ausnahmen, z. B. bei Staffelpreisen, bei der Einfuhr von Waren zu Kartell- oder Nichtkartellpreisen (Avis VIII) und bei Kontingentswaren anerkannt.
Die Normalpreisdefinition des § 53 Abs. 2 ZG 1939 schalte kein Preiselement aus. § 53 Abs. 3 ZG unterstelle, daß die Ware zu diesem üblichen Wettbewerbspreis dem Käufer im Hafen oder Ort der Einfuhr geliefert werde. Es gebe für Waren mit verschiedenen Zonenpreisen, die echte Wettbewerbspreise seien, keine anderen Wettbewerbspreise (Normalpreise) im Einfuhrort als den in Betracht kommenden Zonenpreis. Denn die Wettbewerbsverhältnisse für die eingeführten Waren wirkten sich nicht nur im Absatzgebiet aus, für das die Waren bestimmt seien, sondern bei dem Zusammenhang der Märkte auch im Einfuhrort.
Die Normalpreisdefinition sei in § 53 Abs. 2 ZG enthalten. § 53 Abs. 3 ZG führe keinen neuen Normalpreis mit anderen Preiselementen ein, schließe auch kein Preiselement aus, sondern ergänze nur den § 53 Abs. 2 ZG dahin, daß der Normalpreis im Sinne des § 53 Abs. 2 ZG ein Frei-Grenze-Preis (cif-Preis) sein müsse. Jeder Zonenpreis, der ein üblicher Wettbewerbspreis sei, sei daher als Zollwert anzusehen, da er zugleich ein Frei-Grenze-Preis sei. Die Auffassung, Zonenpreise stünden im Widerspruch zum Normalpreiselement Ort, widerspreche daher dem Gesetz, die Nichtberücksichtigung aller den üblichen Wettbewerbspreis beeinflussenden Wettbewerbsverhältnisse untergrabe die Norm und widerspreche auch den Erläuterungen zur Brüsseler Begriffsbestimmung des Zollwerts.
Der Zonenpreis der Grenzzone sei, da er die Wettbewerbsverhältnisse der übrigen Zonen außer Betracht lasse, für diese Zonen weder ein üblicher noch überhaupt ein Wettbewerbspreis, und er sei außerdem kein im Einfuhrort erzielbarer Preis für die Kohlen, die nicht für die Grenzzone bestimmt seien, sondern ein abstrakter Preis. Die Zonenpreise stellten tatsächlich die am Einfuhrort erzielbaren üblichen Wettbewerbspreise dar, die jeder Käufer ohne weitere Bedingungen am Einfuhrort zu zahlen habe.
Die Auffassung führe auch nicht zu einer ungleichmäßigen steuerlichen Behandlung der grenznahen und der grenzfernen Importeure, da alle Importeure ohne Rücksicht auf ihren Wohnsitz die für eine bestimmte Zone vorgesehenen Waren im Einfuhrort nur zu dem gleichen Zonenpreis erwerben und verzollen könnten.
Die Auffassung des Finanzgerichts, das Urteil des Bundesfinanzhofs V z 104/54 U vom 21. Februar 1957 (BStBl 1957 III S. 254, Slg. Bd. 65 S. 57), das die Zonenpreise für französische Kreide als Zollwert anerkennt, sei überholt, weil es sich auf die nicht mehr geltende Vorschrift des § 3 Abs. 1 der Wertzollordnung (WertZO) 1951 gründe, sei unzutreffend. Im übrigen seien im Streitfall die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 WertZO 1957 überhaupt nicht gegeben.
Das Avis XXVII des Brüsseler Zollwertausschusses könne nicht zur Unterstützung der Auffassung der Verwaltung herangezogen werden. Es begründe nicht, warum der Bestimmungsort - gemeint sei die Wettbewerbslage für die eingeführten Waren in der Zone - ein der Begriffsbestimmung fremdes Kriterium sei.
III. - Der dem Verfahren beigetretene Bundesminister der Finanzen ist der Auffassung, daß der Bewertung nur die Rechnungspreise für den Einfuhrort zugrunde gelegt werden könnten und begründet dies im wesentlichen wie folgt:
...
Aus Gründen der Wettbewerbsneutralität des Zolls müsse gleiche Ware gleichmäßig mit Eingangsabgaben belastet werden. Nur normgerechte Wettbewerbsverhältnisse könnten bei der Zollwertfeststellung anerkannt werden und auf solche gingen die sogenannten Staffelpreise, Kartellpreise und Zollkontingentspreise zurück. Der Normalpreis des § 53 Abs. 2 ZG sei ein tatsächlich erzielbarer Preis, nämlich der bei einem Geschäft im Sinne der Begriffsbestimmung erzielbare Preis. Da es für eine Ware mehrere übliche Wettbewerbspreise gebe, sei dem Wesen einer Norm entsprechend und um dem Postulat der Wettbewerbsneutralität des Zolls - das gleiche gelte für die Umsatzausgleichsteuer - und der Gleichheit der Besteuerung gerecht zu werden, in Ergänzung der im § 53 Abs. 2 ZG enthaltenen Begriffsbestimmung im § 53 Abs. 3 ZG der Ort festgelegt worden, der für die Bestimmung des als Normalpreis in Betracht kommenden üblichen Wettbewerbspreises maßgebend sei. Danach käme als Normalpreis nur der übliche Wettbewerbspreis in Betracht, der am Einfuhrort erzielbar sei, d. h. der übliche Wettbewerbspreis, den jeder Käufer ohne weitere Bedingungen am Einfuhrort zu zahlen habe. In § 53 Abs. 3 ZG nur eine Ergänzung bezüglich der Abgrenzung der Lieferkosten zu sehen, werde seiner Bedeutung nicht gerecht. Zonenpreise widersprächen daher der Begriffsbestimmung des Normalpreises, gleichgültig worauf die Preisdifferenzierung zurückzuführen sei, ob auf inländischen Frachtausgleich oder auf Preisangleichung aus Wettbewerbsgründen. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs VII 40/60 S vom 19. Oktober 1960 (BStBl 1960 III S. 501, Slg. Bd. 71 S. 677) sei Zollwertbemessungsgrundlage der beim übergang in die deutsche Wirtschaft am Einfuhrort erzielbare übliche Wettbewerbspreis. Die Anerkennung der einzelnen Zonenpreise dagegen würde bedeuten, daß der Zollwertbemessung die beim übergang in die deutsche Wirtschaft an den einzelnen Orten der verschiedenen Zonen erzielten Preise zugrunde gelegt würden.
Das Urteil des Bundesfinanzhofs V z 104/54 U vom 21. Februar 1957 habe die materielle Bedeutung des § 6 Abs. 3 des Zolltarifgesetzes (ZTG) nicht beachtet und den § 3 Abs. 1 WertZO 1951 isoliert und im Widerspruch zu § 6 Abs. 3 ZTG ausgelegt. Dem § 3 Abs. 1 WertZO 1951 sei dieselbe Aussage zugedacht gewesen, die in § 3 Abs. 2 WertZO 1957 klarer gefaßt worden sei. § 3 WertZO 1957 halte sich genau im Rahmen der Begriffsbestimmung des Zollwerts und besage: "Maßgebender Ort für den Normalpreis ist der Einfuhrort".
Nach dem Avis XXVII könnten die einzelnen Zonenpreise nicht als Zollwert angesehen, sondern nur als Ausgangspunkt für die Feststellung des Zollwerts als annehmbar anerkannt werden.
IV. -
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unbegründet.
...
Unbestritten handelt es sich bei den von der Bfin. gezahlten Preisen um Zonenpreise, die Frei-Grenze-Preise sind und die der Bfin. zugestanden wurden, um der ausländischen Kohle den Wettbewerb mit der Ruhr- und Saarkohle in deren Einzugsgebiet zu ermöglichen. Da die Ruhr- und Saarkohlenpreise "franko Verbrauchsort" infolge der unterschiedlichen Frachtkosten von der Zeche bis zum Verkaufsort verschieden sind, mußten auch die Zonenpreise, um der Bfin. einen gewinnbringenden Verkauf in den Orten, wo sie auf die Konkurrenz der Ruhr- und der Saarkohle traf, zu ermöglichen, verschieden sein, und zwar wie bei allen Massengütern, deren Beförderung oft mehr kostet als sie wert sind und die auch im Inland erzeugt werden, verschieden in erster Linie infolge der unterschiedlichen Frachtkosten, die für die Ruhrkohle ab Zeche bis Bestimmungsort einerseits und für die eingeführte Kohle ab Einfuhrort andererseits zu bezahlen waren.
Das Problem der Zonenpreise hat den Bundesfinanzhof bereits früher beschäftigt. Der für diese Fragen früher zuständige V. Senat hat, nachdem er zunächst in einem unveröffentlichten Urteil in einem besonders gelagerten Fall entschieden hatte, daß auf innerdeutschem Frachtausgleich beruhende Zonenpreise nicht als Normalpreise angesehen werden könnten, in dem von der Vorinstanz und den Beteiligten erwähnten Urteil V z 104/54 U vom 21. Februar 1957 (BStBl 1957 III S. 254, Slg. Bd. 65 S. 57) unter Berufung auf § 6 Abs. 1 ZTG vom 16. August 1951 in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 WertZO 1951 ausgesprochen, daß Zonenpreise, soweit sie auf echten Wettbewerbsgründen, z. B. auf Qualitätsunterschieden beruhten, als Normalpreise der Zollwertberechnung zugrunde gelegt werden könnten. Die gleiche Auffassung wird auch in dem von der Bfin. in diesem Verfahren überreichten Rechtsgutachten vertreten.
Demgegenüber vertritt der erkennende Senat folgenden Standpunkt: Die Auffassung, daß es Zonenpreise geben könne, bei deren Bildung Frachtkosten keine Rolle spielen, sondern die nur aus "echten Wettbewerbsgründen", wie z. B. Qualitätsunterschieden, gebildet sind, vermag nicht zu überzeugen. Denn für die Bildung von Zonenpreisen, d. h. von Preisen, die nach Bestimmungsorten verschieden sind, können z. B. Qualitätsunterschiede für sich allein nicht ausschlaggebend sein. Denn ein allein auf Qualitätsunterschieden beruhender Unterschied im Wert und damit im Preis einer Ware ist nicht nach Zonen verschieden, sondern gegenüber einer entsprechenden Konkurrenzware überall gleich. Dem entspricht auch im Streitfall, wie sich aus dem Zustandekommen der Zonenpreise ergibt, der Umstand, daß der Wertunterschied der Kohle mit einem für alle Zonen gleichen Betrag vorweg abgezogen wurde. Zur Bildung von Zonenpreisen, d. h. zur Bildung unterschiedlicher Frei-Grenze-Preise für die gleiche Ware, führt stets, und zwar ausschlaggebend, wie auch die im Streitfall vorgelegten Kalkulationen erkennen lassen, die Berücksichtigung von Entfernungen und damit von Frachtkosten.
Aber auch Zonenpreise, die tatsächlich allein den Frachtausgleich bezwecken, werden aus echten Wettbewerbsgründen gewährt. Denn es ist wirtschaftlich kein Unterschied, ob die Zonenpreise der Angleichung eines Frei-Grenze-Preises an einen einheitlichen Inlandspreis - das ist der Fall des "reinen Frachtausgleiches" - oder der Angleichung an aus irgendwelchen Gründen örtlich unterschiedliche Inlandspreise dienen. In jedem Fall werden sie aus echten Wettbewerbsgründen gewährt, um die Empfänger der eingeführten Ware am Sitz ihres Unternehmens mit gleicher oder gleichartiger Ware wettbewerbsfähig zu machen. Käme es allein auf die Tatsache an, daß es sich bei den Zonenpreisen um frei vereinbarte Wettbewerbspreise handele, so müßten alle Zonenpreise als Normalpreise (Zollwert) anerkannt werden. Auch daß Zonenpreise, die nur dem Frachtausgleich dienten, deshalb nicht als Zollwert anerkannt werden könnten, weil die innerdeutschen Frachtkosten nicht zum Zollwert gehörten, vermag nicht zu überzeugen. Denn daß der Zollwert die innerdeutschen Frachtkosten nicht umfaßt, bedeutet nur, daß ein Preis, in dem sie enthalten sind, durch Abzug dieser innerdeutschen Frachtkosten auf den tatsächlichen Frei-Grenze-Preis zurückgeführt werden muß, und daß einem echten Frei-Grenze-Preis inländische Beförderungskosten nicht hinzugerechnet werden dürfen.
Nach Auffassung des erkennenden Senats kommt es vielmehr für die Bemessung des Zollwertes nicht auf einen irgendwo im Einfuhrland, sondern allein auf den im Einfuhrort von jedem unabhängigen Käufer erzielbaren Preis an. Das ist zwar in den Bestimmungen, die auf die in den oben genannten Urteilen zu entscheidenden Fälle anzuwenden waren - § 6 Abs. 3 ZTG, §§ 1 und 3 WertZO 1951 -, nicht klar zum Ausdruck gekommen, so daß die Frage damals immerhin zweifelhaft sein und der Eindruck entstehen konnte, daß es sich bei der Bestimmung des § 6 Abs. 3 ZTG um eine reine Kostenabgrenzungsnorm handele.
Durch das Dritte Zolländerungsgesetz vom 9. August 1956 (BGBl I S. 735, BZBl S. 594) sind die den Zollwert behandelnden §§ 5 bis 12 ZTG gestrichen und entsprechend der Verpflichtung nach Art. II des Brüsseler Abkommens über den Zollwert (BGBl 1951 II S. 8) in Verbindung mit Art. IV daselbst die drei Artikel der Brüsseler Begriffsbestimmung des Zollwerts, deren genauer Wortlaut bei der Einbringung des ZTG 1951 noch nicht vorgelegen hatte (s. Hahnfeld "Die Vorschriften über den Zollwert im Zollgesetz und in der neuen Wertzollordnung" in der Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern - ZfZ - 1957 S. 97 ff.), als §§ 53 und 53 a in das ZG 1939 übernommen worden. Dabei wurde § 6 Abs. 3 ZTG durch den § 53 Abs. 3 ZG (1939) ersetzt. Die näheren Ausführungen zu dem hier einschlägigen § 53 Abs. 3 Nr. 1 ZG 1939 brachte der § 3 WertZO 1957. In diesem ist, was in § 3 WertZO 1951 fehlte, zum Ausdruck gebracht, daß der übliche Wettbewerbspreis im Sinne der Norm ein im Inland, und zwar der von einem Käufer im Hafen oder Ort der Einfuhr erzielbare Preis sein muß. Denn sonst wäre die Bestimmung in § 3 Abs. 2 WertZO 1957 unverständlich, daß die Zollstelle davon ausgehen könne, daß bei gleichen Lieferungsbedingungen der übliche Wettbewerbspreis, der für die Ware am Ort ihrer Abfertigung zum freien Verkehr erzielt werden kann, dem im Hafen oder Ort der Einfuhr erzielbaren Wettbewerbspreis entspricht, daß dies aber nicht gelte, wenn der Verkäufer die Ware bei gleichen Lieferungsbedingungen je nach dem Sitz des Käufers zu unterschiedlichen Preisen verkauft. Daß, wie die Bfin. einwendet, im Streitfall der Tatbestand des § 3 Abs. 2 Satz 2 WertZO 1957 nicht gegeben sei, weil die Verkäuferin die Kohlen nicht je nach dem Sitz des Käufers zu unterschiedlichen Preisen verkaufe, der Käufer vielmehr am gleichen Ort seinen Sitz habe und die Kohlen im Einfuhrort zu Preisen kaufe und erhalte, die auf Grund der Absatzgebiete, für die die Kohlen bestimmt sind, unterschiedlich seien, ist zwar richtig, aber für die vom Senat aus dieser Bestimmung gezogene Folgerung, daß zu den Elementen des Normalpreises auch das Element Ort gehört und der § 53 Abs. 3 Nr. 1 ZG 1939 daher nicht nur die Bedeutung einer Kostenabgrenzungsnorm hat, ohne Belang. Denn diese Bestimmung soll nicht auf den Streitfall angewendet werden, sondern bildet nur ein Auslegungselement für den Normalpreisbegriff.
Es ist zwar richtig, daß der Zollwertbegriff, die Norm, sich nicht geändert hat, und daß eine Begriffserläuterung den im Gesetz festgelegten Begriff nicht ändern kann. Der Senat ist aber der Auffassung, daß der Bundesminister der Finanzen den gesetzlichen Zollwertbegriff in der WertZO 1957, die er auf Grund der ihm in § 109 ZG 1939 erteilten Ermächtigung erlassen hat, auf Grund der Fassung des § 53 Abs. 2 und 3 ZG 1939 so, wie geschehen, erläutern konnte und mit dieser Erläuterung auch im Sinne der Schöpfer der Zollwertnorm gehandelt hat. Bestärkt wird der Senat in dieser seiner Auffassung einmal durch die erläuternde Anm. 5 zu Art. I Abs. 2 a der Brüsseler Begriffsbestimmung, die als Anlage zum Brüsseler Abkommen über den Zollwert der Waren durch Ratifizierung (siehe Gesetz über internationale Vereinbarungen auf dem Gebiete des Zollwesens vom 17. Dezember 1951, BGBl 1952 II S. 1) hinsichtlich der Anwendung der Zollwertnorm für die Bundesrepublik verbindlich ist, ferner durch das Avis XXVII des Brüsseler Zollwertausschusses (abgedruckt bei Zepf, Wertverzollung, 2. Aufl., Bd. 2 Teil IV S. 28/29), das zwar die Gerichte nicht bindet, für die Auslegung des Zollwertbegriffs aber herangezogen werden kann, und das ganz im Sinne des § 3 WertZO 1957 den endgültigen Bestimmungsort der Ware als ein der Begriffsbestimmung (des Zollwerts) fremdes Kriterium bezeichnet, und nicht zuletzt auch dadurch, daß die für den Streitfall noch in der WertZO 1957, also in einer Durchführungsbestimmung stehende, das Normalpreiselement Ort ansprechende Erläuterung, nunmehr im ZG 1961 (ß 32) in die gesetzliche Erläuterung der Zollwertnorm übernommen worden ist.
Da gleiche Ware, die auf derselben Handelsstufe über dieselbe Zollstelle eingeht, auch gleichmäßig mit Eingangsabgaben belastet werden muß, mußte, da es für eine Ware in der Regel mehrere übliche Wettbewerbspreise, z. B. je einen am Absendeort, am Einfuhrort und am Empfangsort, gibt, dem Wesen einer Norm entsprechend und um dem Postulat der gleichen Abgabenbelastung gerecht zu werden, in der Norm auch der Ort festgelegt werden, der für die Bestimmung des als Normalpreis in Betracht kommenden üblichen Wettbewerbspreises maßgebend ist. Denn wollte man, wie die Bfin., in § 53 Abs. 3 Nr. 1 ZG 1939 nur eine Ergänzung des § 53 Abs. 2 ZG 1939 bezüglich der Abgrenzung der Lieferkosten sehen, dann müßten in jedem Falle, in dem der ausländische Verkäufer die Ware bei gleichen Lieferungsbedingungen je nach Bestimmungsort zu unterschiedlichen Preisen verkauft, diese unterschiedlichen Preise als Normalpreise anerkannt werden. Das aber würde, ganz abgesehen davon, daß die dann erforderliche überwachung des Verbleibs einer jeden Ware in der Praxis überhaupt nicht möglich wäre, zur Auflösung der Norm führen.
Der Senat hat daher in ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteil VII 40/60 S vom 19. Oktober 1960, BStBl 1960 III S. 501, Slg. Bd. 71 S. 677, und VII 65/61 U vom 24. Juli 1962, BStBl 1962 II S. 461, Slg. Bd. 75 S. 535) ausgesprochen, daß Zollwertbemessungsgrundlage der beim übergang in die deutsche Wirtschaft am Einfuhrort erzielbare übliche Wettbewerbspreis ist. Diese Rechtsauffassung beinhaltet, daß es nicht auch der beim übergang in die deutsche Wirtschaft in den einzelnen Orten der verschiedenen Zonen erzielbare Preis ist. Am Einfuhrort erzielbarer Wettbewerbspreis aber heißt: der übliche Wettbewerbspreis, den jeder Käufer ohne weitere Bedingungen am Einfuhrort zu zahlen hat. Die am Einfuhrort erzielbaren verschiedenen Zonenpreise sind aber, wie der Bundesminister der Finanzen zutreffend vorgetragen hat, keine dort von jedem beliebigen Käufer der betreffenden Handelsstufe erzielbaren Preise, also auch keine am Einfuhrort erzielbaren üblichen Wettbewerbspreise, sondern Preise für Käufer, bei denen besondere Umstände - Weiterlieferung in bestimmte Zonen - gegeben sind. Wenn die Bfin. meint, die Zonenpreise stellten tatsächlich die am Einfuhrort erzielbaren üblichen Wettbewerbspreise dar, die jeder Käufer ohne weitere Bedingungen am Einfuhrort zu zahlen habe, so trifft das nicht zu. Jeder beliebige Käufer kann am Einfuhrort ohne weitere Bedingungen nur zu dem für den Einfuhrort gültigen Zonenpreis kaufen.
Es ist der Bfin. zuzugeben, daß die verschiedenen Wettbewerbsverhältnisse in den einzelnen Absatzgebieten (Zonen), für die die Waren bestimmt sind, handelsmäßige Umstände sind, die die Preisbildung beeinflussen. Aber es können nicht alle handelsmäßigen Umstände bei der Bewertung berücksichtigt werden, sondern nur normgerechte, also nur solche, die dem Normalpreisbegriff nicht widersprechen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VII 102, 114, 115/58 S vom 25. Februar 1959, BStBl 1959 III S. 183, Slg. Bd. 68 S. 483). Das aber ist bei den Wettbewerbsverhältnissen in den einzelnen Zonen der Fall; denn diese führen zu dem in diesen Zonen üblichen Wettbewerbspreis, während Normalpreis nur der Preis ist, "zu welchem ein Käufer die eingeführte Ware bei einem Verkauf auf dem freien Markt im Hafen oder am Ort der Einfuhr in das Gebiet des Einfuhrlandes erwerben kann" (so die erläuternde Anm. 5 Abs. 1 zu Art. I Abs. 2 a des Brüsseler Abkommens).
Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man auch, wenn man die Zonenpreise unter dem Gesichtspunkt betrachtet, daß es sich bei ihnen, was nicht zu bestreiten ist, um Preisermäßigungen handelt. Es ist unbestritten, daß Preisermäßigungen wertzollrechtlich nur dann anerkannt werden können, wenn sie allen Käufern gleicher Handelsstufe in gleicher Weise eingeräumt werden. Dies ist bei den Zonenpreisen jedoch nicht der Fall. Denn sie werden nicht jedem beliebigen Käufer gewährt, sondern nur solchen, die sich verpflichten, die von ihnen gekaufte Ware entsprechend den gestellten Bedingungen an bestimmte Orte oder in bestimmte Zonen weiterzuliefern.
Nach allem kommt der Senat zu dem Ergebnis, daß Zonenpreise, d. h. je nach dem Empfangsort unterschiedliche Frei-Grenze-Preise, aus welchen Gründen auch immer sie gewährt werden, mit dem Zollwertbegriff in Widerspruch stehen und daher der Bemessung des Zolls als Rechnungspreise grundsätzlich nicht zugrunde gelegt werden können. Lediglich der auch für den Einfuhrort geltende Zonenpreis kann als Grundlage der Verzollung dienen, wenn er der am Einfuhrort erzielbare übliche Wettbewerbspreis ist, d. h. von jedem beliebigen Käufer ohne weitere Bedingungen als Frei-Grenze-Preis erzielt werden kann.
Fundstellen
Haufe-Index 411126 |
BStBl III 1964, 259 |
BFHE 1964, 76 |
BFHE 79, 76 |