Entscheidungsstichwort (Thema)
Bauherrenmodell und Werbungskosten
Leitsatz (NV)
Aufwendungen, die zu den sofort abziehbaren Werbungskosten rechnen, müssen mit Aufwendungen, die zu Unrecht als Werbungskosten behandelt worden sind, gegengerechnet werden.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 7, § 21; AO 1977 § 180 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) X, Y und Z schlossen mit der A-Treuhand-GmbH als Treuhänderin einen Treuhandvertrag mit dem Zweck, in H ein Doppelhaus mit 12 Eigentumswohnungen mit einem Gesamtaufwand von 755 650 DM zu errichten.
Die Treuhänderin war aufgrund des Treuhandvertrages zu folgenden ,,Leistungen" verpflichtet:
a) Gründung der Bauherrengemeinschaft;
b) Abschluß von Grundstückskaufverträgen und Abgabe aller zur Durchführung dieser Verträge notwendigen Erklärungen, einschließlich der Auflassung;
c) Änderung und Ergänzung der Grundstückskaufverträge;
d) Abschluß eines Baubetreuungsvertrages mit der L-Beteiligungs-GmbH, W, und der Firma L;
e) Verpfändung der Miteigentumsanteile, Abschluß von Darlehensverträgen, wozu Herrn L Untervollmacht zu erteilen war;
f) Abschluß der Zwischen- und Endfinanzierung, Eröffnung und Führung von Konten auf den Namen der Bauherren (Untervollmacht für Herrn L);
g) Abgabe und Entgegennahme von Anträgen und Erklärungen aller Art gegenüber Privatpersonen, Behörden und Grundbuchämtern, Abgabe von Steuer- und Gebührenbefreiungsanträgen;
h) Abruf, Vornahme und Entgegennahme von Zahlungen, insbesondere Abruf der Darlehensmittel;
i) Mitwirkung im Baugenehmigungsverfahren;
j) Abschluß von Bürgschaftsvereinbarungen wegen der Bauzwischenfinanzierung;
k) Abschluß der Treuhandaufträge;
l) Änderung und Ergänzung abgeschlossener Verträge;
m) Abschluß von Mietverträgen;
n) Vornahme und Abgabe aller sonstigen für die Erfüllung des Auftrages erforderlichen Handlungen und Erklärungen;
o) Abschluß eines Verwaltervertrages.
Die wirtschaftliche und technische Baubetreuung übernahm die L-Beteiligungs-GmbH. Sie schloß mit den einzelnen Bauherren Geschäftsbesorgungsverträge ab, in denen sie sich in Abschnitt I u. a. zu folgenden Leistungen verpflichtete:
§ 1 Vorbereitung von Options- und Maklerverträgen sowie Ingenieur- und Architektenverträgen, Grundstückskaufverträgen und Teilungserklärungen, Werkverträgen mit den Bauhandwerkern, Dienstbarkeiten für die Versorgung und Entsorgung, Abschluß von Versicherungen.
§ 4 Vorbereitung und Überwachung der Durchführung von Grundstückskaufverträgen, Auflassungs- und Teilungserklärungen, Straßengrundabtretungs-, Nachfolgelasten- und Maklerverträgen.
§ 5 Berücksichtigung von Gestaltungswünschen der Bauherren, soweit dies bautechnisch möglich ist.
§ 6 Führung von Bauherrenkonten.
§ 7 Information der Bauherren.
§ 8 Regelung des Zahlungsverkehrs.
§ 9 Erstellung einer Wirtschaftlichkeitsberechnung, Vorbereitung von Versicherungsverträgen. Mithilfe bei der Inanspruchnahme von Steuerbegünstigungen und Gebührenbefreiungen.
Nach Abschnitt II der Geschäftsbesorgungsverträge (§§ 1 und 3) war Herr L von den Bauherren mit der Vermittlung der Zwischen- und Endfinanzierung sowie der Bearbeitung der betreffenden Kreditanträge beauftragt.
In § 2 dieses Abschnitts garantierte Herr L den Bauherren, daß die Zinsen für die Zwischenfinanzierung während der Bauphase höchstens 6 v. H. des jeweiligen Gesamtaufwandes betragen; er stellte die Bauherren von höheren Zinsforderungen frei.
Gemäß § 4 Nr. 3 übernahm Herr L die Ausbietungsgarantie bzw. sonstige kreditsichernde Maßnahmen, und nach § 5 war er zur wirtschaftlichen Betreuung und Beratung der Bauherren verpflichtet. Dazu sollten insbesondere folgende Leistungen gehören:
a) Information über das geltende Miet-, Steuer-, Bau- und Bodenrecht;
b) fortlaufende Beobachtung der Mietpreise für vergleichbare Mietobjekte;
c) Beratung der Bauherren beim Abschluß aller notwendigen und zur Absicherung des Vermieters zweckmäßigen Versicherungen;
d) Beratung über Maßnahmen zur Verbesserung des Mietwertes der zu vermietenden Wohnungen,
e) Information über die Preise zweckmäßiger Ausstattungen,
f) Vorbereitung der Vermietung.
In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte für 1978 machten die Kläger Gebühren (Treuhand-, Baubetreuungsgebühren, Gebühren für die Vermittlung und Bearbeitung der Fremdmittel und wirtschaftliche Beratung sowie Sonderwerbungskosten, Zinsen und Gebühren) von insgesamt 129 489,44 DM als sofort abziehbare Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung geltend.
Aufgrund einer im Jahr 1979 bei den Klägern durchgeführten Außenprüfung erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die geltend gemachten Gebühren nicht in vollem Umfang an. Er stellte durch Bescheid vom 24. September 1979 den Werbungskostenüberschuß aus Vermietung und Verpachtung mit . . . DM fest.
Das Finanzgericht (FG) hat der Sprungklage teilweise stattgegeben. Sie blieb erfolglos, soweit sie den Abzug der Treuhand- und Baubetreuungsgebühren betraf.
Das FG erachtete die Klage für begründet, soweit es um die Gebühr für die Vermittlung und Bearbeitung der Fremdmittel und die Gebühr für wirtschaftliche Beratung ging. Es hielt eine Prüfung der Gebühren auf ihre Angemessenheit oder Unangemessenheit und Unüblichkeit für rechtswidrig.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA.
Das FA rügt insbesondere Verletzung der §§ 6 und 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie § 42 der Abgabenordnung (AO 1977).
Es beantragt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sprungklage als unbegründet abzuweisen.
Die Kläger beantragen sinngemäß die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Die Vorinstanz ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, daß die Kläger Bauherren gewesen seien. Sie sind Erwerber je einer Eigentumswohnung; ihre Gesamtkosten - mit Ausnahme der Finanzierungskosten im engeren Sinne - sind Anschaffungskosten der Eigentumswohnung.
Nach dem Senatsurteil vom 14. November 1989 IX R 197/84, BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299 ist bei der einkommensteuerrechtlichen Beurteilung einer Bauherrengemeinschaft zur Errichtung von Eigentumswohnungen regelmäßig davon auszugehen, daß die von den ,,Bauherren" (Erwerbern) geschlossenen einzelnen Verträge ein einheitliches Vertragswerk bilden, das auf die Übertragung des Eigentums an einer Eigentumswohnung, verbunden mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem sie gehört, gerichtet ist. Der einzelne Vertrag hat im Rahmen des gesamten Vertragsgeflechts keine selbständige Bedeutung, sondern ist nur im Zusammenhang mit den anderen Verträgen wirtschaftlich sinnvoll. Im einzelnen verweist der Senat auf seine Ausführungen im Urteil IX R 197/84.
Auch im vorliegenden Fall sind die von den Klägern abgeschlossenen Verträge nach dem vom FG festgestellten Inhalt als einheitliches, auf den Erwerb je einer Eigentumswohnung gerichtetes Vertragswerk zu beurteilen. Anhaltspunkte dafür, daß die an dem ,,Bauherrenmodell" Beteiligten einen der Verträge ohne die anderen Verträge abgeschlossen hätten, liegen nicht vor.
Die Vorentscheidung hat außerdem wegen weiterer Rechtsfehler keinen Bestand. So hat das FG u. a. zu Unrecht die Aufwendungen für die Treuhandgebühr, die Baubetreuungsgebühr und die Gebühr für die wirtschaftliche Beratung zu den sofort abziehbaren Werbungskosten gerechnet. Das FG hätte ferner prüfen müssen, ob die vom FA zu Unrecht anerkannten Werbungskosten mit Werbungskosten, die das FG zusätzlich anerkannt hat, hätten gegengerechnet werden müssen. Rechtsfehlerhaft ist schließlich auch, daß das FG eine Angemessenheitsprüfung unterlassen hat; insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine Urteile vom 29. Oktober 1985 IX R 107/82 (BFHE 145, 351, BStBl II 1986, 217) und vom 24. Februar 1987 IX R 114/82 (BFHE 149, 233, BStBl II 1987, 810). Der Senat hält an der in diesen Urteilen zum Ausdruck gekommenen Auffassung fest.
2. Der Senat vermag in der Sache selbst zu entscheiden.
Schon wenn aus den geltend gemachten Werbungskosten die Treuhandgebühren und die Baubetreuungsgebühr sowie die Gebühren für die wirtschaftliche Beratung gestrichen werden, die nach dem Urteil IX R 197/84 jedenfalls zu den Anschaffungskosten gehören, bleibt der Werbungskostenüberschuß unter dem vom FA anerkannten Betrag.
Unter diesen Umständen war die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 416910 |
BFH/NV 1990, 627 |