Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsteuer für abgeschlossenes Appartement in einem Altenheim bzw. Altenwohnheim
Leitsatz (redaktionell)
1. Appartements in einem Altenwohnheim sind nicht schon allein deshalb von der Grundsteuer befreit, weil der Verein als Eigentümer nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar mildtätigen Zwecken dient und der Grundbesitz unmittelbar für diese Zwecke verwendet wird.
2. Ein abgeschlossenes Appartement in einem Altenheim bzw. Altenwohnheim, mit mindestens einem Zimmer, Bad und WC, Flur und Loggia bzw. Terrasse mit einer Gesamtwohnfläche von mehr als 26 qm und das eine Küchenkombination, bestehend aus Spüle, mit Warm- und Kaltwasser, Kühlschrank und zwei eingebauten Elektrokochplatten aufweist, ist eine Wohnung i.S. des § 5 Abs. 2 GrStG.
3. Die Prüfung der Gerichte, ob ein Gesetz gegen den Gleichheitssatz verstößt, beschränkt sich darauf, ob die in ihm enthaltene differenzierende Regelung willkürlich ist oder ob ein sachgerechter Grund dafür besteht.
4. Die Versagung der Grundsteuerbefreiung bei Wohnungen (§ 5 Abs. 2 GrStG) in Altenwohnheimen bzw. Altenheimen verstößt nicht gegen Art. 3 GG.
5. Der Gesetzgeber ist nicht gehalten aufgrund des Sozialstaatsprinzips, von einer gesetzlichen Regelung abzusehen, die im Widerspruch zu einer Billigkeitsregelung der Verwaltung steht. Es verstößt nicht gegen Art. 20 GG, daß der Gesetzgeber die Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung, nach der § 5 Nr. 3 GrStG 1951 unter bestimmten Voraussetzungen auch auf Wohneinheiten in bestimmten Wohnstiften angewendet werden konnte, nicht in das Grundsteuergesetz 1973 übernommen hat.
Normenkette
GrStG 1973 § 5 Abs. 2; GrStG 1951 § 5 Nr. 3; GG Art. 2-3
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Eigentümer des Wohnstifts X. In dem Gebäude befinden sich nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) … abgeschlossene Zwei-Zimmer-Appartements und … Ein-Zimmer-Appartements, die mit einer Küchenkombination, Bad und WC ausgestattet sind. Die Bewohner werden gemeinsam verpflegt; die Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung ist Pflicht.
Die Ein-Zimmer-Appartements weisen unter Einbeziehung der Loggien eine Gesamtwohnfläche von rd. 26 bzw. 36 qm, die Zwei-Zimmer-Appartements eine solche zwischen rd. 49 und 77 qm auf. Teilweise ist anstelle der Loggia eine Terrasse vorhanden. Ein Teil der Ein-Zimmer-Appartements hat eine fensterlose Abstellkammer von rd.1,5 qm. Den übrigen Appartements sind Lattenverschläge im Keller in der Größe von 1 bis 2 qm zugeordnet. In dem Flur der Appartements ist in einem Schrank eine Küchenkombination installiert, die aus einem Unter-, einem Mittel- und einem Oberteil besteht. Im Unterschrank befinden sich nebeneinander eine kleine Backröhre, ein kleiner Kühlschrank und ein Abstellfach von 40 cm Breite und 60 cm Höhe. Im Mittelteil, das durch eine Jalousie abgeschlossen werden kann, befinden sich nebeneinander zwei Kochbrennstellen, daneben eine Abstellfläche von rd. 40 cm Breite und ein rd. 35 cm breites Spülbecken mit Kalt- und Warmwasseranschluß. Oberhalb der Brennstelle ist in der Schrankinnenwand eine Öffnung, durch die Küchendünste abziehen können. Darüber sind Fächer mit Schubläden angebracht. Schließt man die Schrankjalousie, so schalten die Brennstellen automatisch ab.
Mit Bescheid vom 20.April 1977 führte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) auf den 1.Januar 1977 eine Zurechnungsfortschreibung auf den Kläger durch. Die Art (Mietwohngrundstück) und der Einheitswert blieben unverändert. Gleichzeitig setzte das FA den Grundsteuermeßbetrag auf den 1.Januar 1977 im Wege der Neuveranlagung auf –wie bisher– … DM fest.
Mit seinem gegen den Grundsteuermeßbescheid eingelegten Einspruch beantragte der Kläger Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs.1 Nr.3 in Verbindung mit § 5 Abs.1 Nr.3 des Grundsteuergesetzes (GrStG) 1973. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das FG hat die Klage abgewiesen. Es war der Auffassung, daß es sich bei den streitbefangenen Appartements um Wohnungen im Sinn des § 5 Abs. 2 GrStG handele.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger mangelnde Sachaufklärung und Verletzung der §§ 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und 5 Abs. 2 GrStG sowie des Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 des Grundgesetzes (GG).
Nach Auffassung des Klägers sind die Appartements nicht als Wohnungen i.S. des § 5 Abs. 2 GrStG anzusehen, weil in ihnen ein selbständiger Haushalt nicht geführt werden könne. Bei dem Wohnstift handele es sich nicht um ein Altenwohnheim, sondern um ein Altenheim, da die Betreuung der Bewohner, nicht das Vermieten von Wohnraum, dem Heimvertrag eindeutig das Gepräge gebe. Dementsprechend seien die mit den Heimbewohnern abgeschlossenen Verträge nicht mit den sonst üblichen Mietverträgen vergleichbar. Entgegen der Auffassung des FA sei keine Kochnische vorhanden. Der im Flur eingebaute Schrank, in dem sich Kühlschrank, Abstellfach, Kochbrennstellen sowie Spülbecken mit Kalt- und Warmwasseranschluß befänden, könne nicht als Nische angesehen werden. Nach der für die Beurteilung maßgebenden Verkehrsauffassung sei in den Appartements eine ausreichende Kochgelegenheit nicht vorhanden. Die vorhandenen Installationen reichten im wesentlichen nur dazu aus, warme Getränke, nicht aber vollständige warme Mahlzeiten zuzubereiten. Ferner seien Arbeitsplatte und Untertisch entgegen den Planungsempfehlungen des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 26.Februar 1973 (Bundesanzeiger –BAnz– 1973 Nr.49 S.5) nicht 60 cm, sondern nur 40 cm breit. Überdies fehle es an einer ausreichenden Belüftung. Der Schrank, in dem sich die Kücheninstallationen befinden, habe keine eigene Be- und Entlüftungsanlage, sondern lediglich einen 45 cm langen und 7 cm breiten Lüftungsschlitz, durch den eine Verbindung mit dem Lüftungsschacht in Bad und WC hergestellt werde. Tatsächlich erfolge die Belüftung durch die Wohn- und Schlafzimmertür. Im übrigen könnten die Kücheneinrichtungen ohne großen Aufwand entfernt werden.
Der Kläger verweist ferner darauf, daß die Planungsempfehlungen zwischenzeitlich durch die Verordnung über bauliche Mindestanforderungen für Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige vom 27.Januar 1978 –HeimMindBauV– (BGBl I 1978, 189) überholt seien, in welcher die Mindestgröße für einen Wohnschlafraum für eine Person im Altenheim oder Altenwohnheim auf 12 qm, für zwei Personen auf 18 qm festgesetzt wurde (vgl. §§ 14, 19 HeimMindBauV). Diese Verordnung spreche jedoch nicht von „Wohnungen”, sondern stets nur von „Wohnplätzen” und dies auch in Altenheimen, in denen zum Wohnplatz sogar auch eine Küche, eine Kochnische oder ein Kochschrank sowie ein Sanitärraum mit Waschtisch und Spülklosett gehörten. Damit habe der Gesetzgeber eindeutig zu erkennen gegeben, daß eine Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen mit Kochgelegenheit und Sanitärraum in einem Altenheim oder Altenwohnheim nicht schon eine „Wohnung”, sondern nur ein „Wohnplatz” sei.
Da das FG ohne weitere Prüfung das nicht zutreffende Vorbringen des FA, die Appartements hätten eine Kochnische, übernommen habe, ohne entsprechende eigene Ermittlungen anzustellen, habe es die ihm obliegende Ermittlungspflicht verletzt.
Die Annahme einer Wohnung i.S. des § 5 Abs. 2 GrStG scheitere bei bestimmten Appartementtypen auch daran, daß diese einschließlich der dazugehörigen Loggia nur eine Wohnfläche von 26,34 bzw. 34,58 qm aufwiesen. Schließlich fehlten auch ausreichende Abstellmöglichkeiten für Gebrauchsgegenstände wie Staubsauger, Wäschekorb u.ä. Der vorhandene Kellerraum reiche hierfür keineswegs aus.
Der Kläger ist ferner der Ansicht, die Heranziehung der Appartements zur Grundsteuer verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG. Es könne keinen Unterschied machen, ob sich in einem Altenwohnheim bzw. Altenheim lediglich Wohnräume i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG oder Wohnungen befinden. In beiden Fällen werde das gleiche Ziel verfolgt, nämlich die als steuerbegünstigt anerkannte Altenhilfe und Altenpflege zu verwirklichen. Nicht nur die Wohnungen, sondern auch die Wohnräume dienten zugleich Wohnzwecken. Es würde gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen, innerhalb desselben Gebäudes einen Teil der Räume der Grundsteuer zu unterwerfen, einen anderen Teil von der Grundsteuer zu befreien.
Wohnräume und Wohnungen in einem Altenwohnheim bzw. Altenheim seien mit Rücksicht auf ihre Zweckbestimmung ferner grundlegend verschieden von Wohnungen in Mietwohnhäusern und Appartementhäusern. Der Kläger macht schließlich geltend, der Bundesfinanzhof (BFH) habe in seinem Urteil vom 20.Juni 1975 III R 126/73 (BFHE 116, 394, BStBl II 1975, 838) ausdrücklich festgestellt, daß der Gesetzgeber bei der Frage der Grundsteuerbefreiung für Altenheime auf eine geschichtlich entstandene Aufgabenstellung Rücksicht genommen habe. Er habe den traditionsgemäß mit sozialen Aufgaben befaßten Einrichtungen von Staat, Kirchen und Wohlfahrtsorganisationen die Grundsteuerbefreiung belassen; denn in diesen Fällen trete die Tatsache, daß Personen in den Räumen und Wohneinheiten des Heimes auch wohnen und schlafen, gegenüber dem steuerbegünstigten Zweck zurück. Das Wohnen in dem betreffenden Grundbesitz sei gerade Voraussetzung dafür, daß der steuerbegünstigte Zweck der Unterstützung und Förderung hilfsbedürftiger Personen überhaupt verwirklicht werden könne. Dem habe der Bundesminister der Finanzen (BMF) in seinem Schreiben vom 18.Februar 1957 an den Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband e.V. in Frankfurt, abgedruckt in: Der Betrieb (DB) 1957, 494, Rechnung getragen. Danach sei § 5 Nr. 3 GrStG a.F. auch in den Fällen angewendet worden, in denen Heiminsassen in den Heimen der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtsverbände und der ihnen als Mitglieder angeschlossenen Körperschaften und Personenvereinigungen nicht nur einzelner Wohnraum, sondern auch eine Wohneinheit von ein oder zwei Zimmern mit Nebengelaß zur Verfügung gestellt wurde. Soweit § 5 Abs. 2 GrStG eine andere Regelung treffe, baue er soziale Errungenschaften ab und verstoße damit gegen die Sozialstaatsklausel des Art. 20 GG. Eine zusätzliche Belastung der Heimkosten mit der Grundsteuer müsse zwangsläufig zu einer weiteren Erhöhung der Heimkosten- und Pflegesätze führen. Überdies sei im Streitfall mit erheblichen Nachforderungen zu rechnen. Dies alles bedeute aber für viele Rentner eine oft kaum mehr zu tragende Belastung.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung des FA den Grundsteuermeßbetrag zum 1.Januar 1977 auf Null DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. a) Die streitbefangenen Appartements sind nicht deshalb grundsteuerfrei, weil der Kläger nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar mildtätigen Zwecken dient (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 b GrStG) und der Grundbesitz unmittelbar für diese Zwecke verwendet wird. Dient nämlich Grundbesitz –wie im Streitfall– zugleich Wohnzwecken, so ist er kraft ausdrücklicher Regelung in § 5 Abs. 1 GrStG grundsätzlich grundsteuerpflichtig, und zwar ohne Rücksicht darauf, von wem und zu welchem Zweck er benutzt wird. Ausgenommen sind lediglich die in § 5 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 GrStG aufgeführten Gemeinschaftsunterkünfte und (Wohn-)Räume. Hierzu gehören zwar auch Wohnräume unter der Voraussetzung, daß der steuerbegünstigte Zweck im Sinn des § 3 Abs. 1 Nrn. 1, 3 oder 4 GrStG nur durch ihre Überlassung erreicht werden kann (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG). Wohnungen sind jedoch kraft ausdrücklicher Regelung in § 5 Abs. 2 GrStG stets steuerpflichtig. Der Gesetzgeber hat dabei keine Einschränkungen hinsichtlich einer bestimmten Art der Nutzung gemacht. Wohnungen sind daher selbst dann nicht von der Grundsteuer befreit, wenn ihre Überlassung gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dient. Der Gesetzgeber hat damit eine eindeutige Entscheidung dahin getroffen, daß –abgesehen von den Wohnungen im Sinn des § 3 Abs. 1 Nr. 5 GrStG (Dienstwohnungen der Geistlichen und Kirchendiener)– bei einer Mehrheit von Räumen, die den Begriff der Wohnung erfüllt, stets das Überwiegen des Wohnzweckes anzunehmen und Grundsteuerpflicht gegeben ist. Diese eindeutige Regelung erlaubt es nicht, Wohnungen, die eine gemeinnützige Körperschaft an sozial schwache Bevölkerungskreise und/oder hilfsbedürftige Personen vermietet, mit Rücksicht auf den gemeinnützigen oder mildtätigen Zweck von der Grundsteuer freizustellen, und zwar ohne Rücksicht darauf, welchen Charakter die von den Heimbewohnern mit dem Wohnstift abgeschlossenen Verträge haben. Ob eine Grundsteuerbefreiung in Fällen der vorliegenden Art sozialpolitisch wünschenswert wäre, unterliegt nicht der Beurteilung des Senats.
b) Der Kläger weist zwar zutreffend darauf hin, daß nach dem von ihm angeführten BMF-Schreiben vom 18.Februar 1957 (a.a.O.) § 5 Nr. 3 GrStG 1951, der mit § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG 1973 vergleichbar ist, unter bestimmten Voraussetzungen auch auf Wohneinheiten in bestimmten Wohnstiften angewendet werden konnte. Auf diese Verwaltungsanweisung kann sich der Kläger jedoch nicht mit Erfolg berufen, und zwar unabhängig davon, ob diese Verwaltungsanweisung mit § 5 Nr. 3 GrStG 1951 in Einklang stand. Entscheidend ist, daß in dem im Streitfall anzuwendenden GrStG 1973 im Unterschied zum GrStG 1951 mit § 5 Abs. 2 eine ausdrückliche gesetzliche Regelung enthalten ist, wonach Wohnungen stets grundsteuerpflichtig sind. Darin, daß der Gesetzgeber die Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung nicht in das GrStG 1973 übernommen hat, ist entgegen der Ansicht des Klägers kein Verstoß gegen Art. 20 GG zu sehen. Aus dem Sozialstaatsprinzip folgt nicht, daß der Gesetzgeber gehalten ist, von einer gesetzlichen Regelung abzusehen, die im Widerspruch zu einer Billigkeitsregelung der Verwaltung steht. Daß dem Kläger durch die Versagung der Grundsteuerbefreiung die Fürsorge und Pflege hilfsbedürftiger älterer Menschen unmöglich gemacht werde, hat er selbst nicht behauptet.
2. Bei den streitbefangenen Appartements handelt es sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht um Wohnräume im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG, sondern um Wohnungen (§ 5 Abs. 2 GrStG).
Das GrStG erläutert den Begriff der „Wohnung” nicht. In Abschn.24 Abs.2 der Grundsteuer-Richtlinien (GrStR) 1974 ist dazu bestimmt, daß als Wohnung einzelne oder mehrere Räume anzusehen seien, die zur Führung eines Haushalts geeignet und zu diesem Zweck jeweils mit Küche oder Kochgelegenheit, Wasserversorgung und Toilette ausgestattet sind, wobei regelmäßig ein erkennbarer Abschluß der Wohnung vorhanden sein müsse.
Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Bewertungsrecht ist unter einer Wohnung die Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen zu verstehen, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein müssen, daß sie die Führung eines selbständigen Haushalts ermöglichen (vgl. insbesondere Urteil vom 24.November 1978 III R 81/76, BFHE 126, 565, BStBl II 1979, 255). In gleicher Weise ist grundsätzlich auch der Begriff Wohnung i.S. des § 5 Abs. 2 GrStG auszulegen.
3. Die Entscheidung im Streitfall erfordert nicht, abschließend zu erörtern, welche Voraussetzungen im einzelnen gegeben sein müssen, um eine Mehrheit von Räumen als Wohnung i.S. des § 5 Abs. 2 GrStG ansehen zu können. Wie der Senat in seinem Urteil vom 30.4.1982 III R 33/80 (BFHE 136, 293) ausgeführt hat, läßt der Begriff Wohnung die Auslegung zu, daß ein abgeschlossenes Appartement, das sich in einem Altenheim bzw. Altenwohnheim mit Gemeinschaftsverpflegung befindet, jedenfalls dann noch eine Wohnung darstellt, wenn es aus mindestens einem Zimmer, Bad und WC, Flur und Loggia mit einer Gesamtwohnfläche von mehr als 20 qm besteht und es eine Küchenkombination, bestehend aus Spüle mit Warm- und Kaltwasser, Kühlschrank und zwei eingebauten Elektrokochplatten, aufweist. Nach Auffassung des Senats ist bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen eine Haushaltsführung in einem Altenheim oder Altenwohnheim auf Dauer möglich. Diese Auslegung des Senats entspricht dem Gesamtplan des Gesetzes, auch Grundbesitz, der für steuerbegünstigte Zwecke benutzt wird, der zugleich aber Wohnzwecken dient, nur ausnahmsweise von der Grundsteuer zu befreien. Daß der Gesetzgeber den Rahmen der Befreiung eng gezogen wissen will, ergibt sich u.a. daraus, daß selbst Bereitschaftsräume, die gerade keine Wohnungen i.S. des § 5 Abs. 2 GrStG sind, sondern gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 GrStG grundsätzlich nicht der Grundsteuer unterliegen, immer dann nicht grundsteuerbefreit sind, wenn sie zugleich die Wohnung des Inhabers darstellen.
Die Appartements des Wohnstifts X weisen aber eine größere Mindestgrundfläche und eine bessere Ausstattung auf als das Wohnstift im Fall des Urteils III R 33/80.
a) Ob in einer Mehrheit von Räumen die Führung eines selbständigen Haushalts möglich ist, entscheidet sich nach der Verkehrsauffassung (vgl. BFHE 126, 565, BStBl II 1979, 255). Das Bild einer Wohnung nach der Verkehrsauffassung wird aber wesentlich auch durch die örtlichen Verhältnisse mitbestimmt. Deshalb hat der erkennende Senat beispielsweise an die Größe von Wohnungen in Gebäuden in Wochenendgrundstücken geringere Anforderung gestellt, als an Wohnungen in sonstigen Wohngebäuden (Urteil vom 25.Mai 1979 III R 101/77, BFHE 128, 263, BStBl II 1979, 542). Ebenso können an eine Wohnung in einem Altenheim oder Altenwohnheim nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden wie an eine Wohnung in einem Ein- oder Zweifamilienhaus. Der Haushalt, der in einem Altenheim bzw. Altenwohnheim geführt wird, kann nicht mit einem solchen verglichen werden, wie er üblicherweise in einem Ein- oder Zweifamilienhaus geführt wird. Den Heimbewohnern steht die Gemeinschaftsverpflegung zur Verfügung mit der Folge, daß die Haushaltsführung allgemein in der Weise eingeschränkt ist, daß die Hauptmahlzeiten regelmäßig nicht mehr in der Wohnung selbst zubereitet werden. Dementsprechend sind nach der Verkehrsauffassung auch geringere Anforderungen an Größe und Ausstattung einer Wohnung in einem Altenheim bzw. Altenwohnheim zu stellen. Die Anforderungen werden durch die eingeschränkte Haushaltsführung bestimmt. Mit Rücksicht darauf, daß die Hauptmahlzeiten nicht mehr einem in den Appartements selbst zubereitet werden, hält der Senat die im Streitfall vorhandene Kücheneinrichtung und Belüftung für ausreichend. Das Fehlen größerer Abstellräume steht wegen der in einem Altenwohnheim bzw. Altenheim gegebenen Besonderheiten der Annahme einer Wohnung ebenfalls nicht entgegen.
Nicht entscheidungserheblich ist, daß die Kochgelegenheit sich nicht in einer baulichen Nische befindet, sondern in einem im Flur befindlichen Schrank untergebracht ist. Die vom Kläger insoweit erhobene Verfahrensrüge ist daher gegenstandslos.
Der Kläger beruft sich zur Begründung der seiner Ansicht nach unzureichenden Kücheneinrichtung ohne Erfolg auf die Planungsempfehlungen des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 26.Februar 1973. Diese Empfehlungen bilden nur einen Anhaltspunkt und sind jeweils im Zusammenhang mit anderen, die Verkehrsanschauung bestimmenden Faktoren zu würdigen. Das gleiche gilt hinsichtlich der Regelungen in der HeimMindBauV. Im übrigen galten bzw. gelten die Planungsempfehlungen und die HeimMindBauV nur für künftige Bauten. Schließlich ist der Begriff „Wohnplatz” in §§ 14 ff. HeimMindBauV nicht vorgreiflich für die Auslegung des Begriffs „Wohnung” in § 5 Abs. 2 GrStG.
Bei den Einzimmer-Appartements ist ferner unerheblich, daß sie nur eine Wohnfläche von etwa 26 bzw. 36 qm aufweisen. Unbeschadet der Frage, welche Mindestgröße eine Wohnung in einem sonstigen Gebäude aufweisen muß, ist im Streitfall maßgebend, daß nach der Verkehrsauffassung jedenfalls an die Größe von Wohnungen in Altenwohnheimen bzw. Altenheimen geringere Anforderungen zu stellen sind als an solche in sonstigen Wohngebäuden. In Altenwohnheimen und Altenheimen sind im allgemeinen geringere Wohnflächen üblich als beispielsweise in einem Ein- oder Zweifamilienhaus.
b) Die Wohnungen sind nicht deshalb von der Grundsteuer zu befreien, weil sie nach dem Vorbringen des Klägers an Personen mit regelmäßig geringen Einkünften vermietet werden. Es ist nicht Sache der Gemeinden, durch Verzicht auf die Grundsteuer die Mietpreisgestaltung und damit auch den Pensionspreis zugunsten der Stiftsbewohner zu beeinflussen (vgl. Deutscher Bundestag, BTDrucks VI/3418 S.81 zu § 5 GrStG). Entsprechendes gilt hinsichtlich etwaiger Nachforderungen aufgrund der Entscheidung des Senats.
c) Die Versagung der Grundsteuerbefreiung bei Wohnungen (§ 5 Abs. 2 GrStG) in Altenwohnheimen bzw. Altenheimen verstößt nicht gegen Art. 3 GG. Die Prüfung der Gerichte, ob ein Gesetz gegen den Gleichheitssatz verstößt, beschränkt sich darauf, ob die in ihm enthaltene differenzierende Regelung willkürlich ist oder ob ein sachgerechter Grund dafür besteht (vgl. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 23.Oktober 1951 2 BvG 1/51, BVerfGE 1, 14, 52, und vom 20.Dezember 1966 1 BvR 320/57, 70/63, BVerfGE 21, 12, 26). Nach Auffassung des erkennenden Senats ist die Heranziehung von Wohnungen in Altenwohnheimen bzw. Altenheimen nicht willkürlich. Zu Recht weist das FG darauf hin, daß im Zweiten Wohnungsbaugesetz (vgl. §§ 82,92 und 92a) für Wohnungen besondere Regelungen für die Grundsteuervergünstigung geschaffen worden sind. Da diese (allerdings zeitlich befristete) Vergünstigung grundsätzlich für alle Wohnungen gilt, war es nicht willkürlich, wenn der Gesetzgeber in § 5 Abs. 2 GrStG generell Wohnungen von der Grundsteuerbefreiung ausgenommen hat. Entgegen der Auffassung des Klägers ist ein Vergleich der Wohnungen des Wohnstifts mit in anderen Wohngebäuden befindlichen Wohnungen geboten, deren Mieter sich im Rentenalter befinden, pflegebedürftig sind oder nur geringe Einkünfte haben. So unterliegen die Wohnungen in Mietwohngrundstücken der Grundsteuer ohne Rücksicht darauf, ob die Bewohner minderbemittelten oder hilfsbedürftigen Bevölkerungskreisen angehören. Der Hinweis des Klägers, das Leben im Altenheim gleiche nicht dem Leben in einer eigenen Wohnung, auch nicht, wenn der Bewohner der Wohnung alt, krank oder pflegebedürftig sei, greift nicht durch. Auf die Lebensgewohnheit kommt es nicht an.
Der Kläger ist ferner zu Unrecht der Meinung, innerhalb desselben Gebäudes könne eine Aufteilung in einen steuerfreien und einen nicht steuerfreien Teil nicht erfolgen (vgl. insbesondere § 8 GrStG).
Fundstellen