Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifierung von Scherzartikeln
Leitsatz (NV)
Eine Kunststoffolie, die im aufgeblasenen Zustand eine Geburtstagstorte nachbildet, ist eine den Karnevals-, Kotillon- und Scherzartikeln ähnliche Ware der Tarifnr. 97.05 GZT.
Normenkette
GZT Tarifnr. 97.05
Tatbestand
Die Klägerin beantragte die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) für eine ,,Geburtstagstorte, aufblasbar aus PVC". Die Ware soll aus ihrem Ursprungsland Taiwan eingeführt und als scherzhaftes Überraschungspräsent bei Geburtstagen verwendet werden. Bei den von der Klägerin vorgelegten Warenmustern handelt es sich um drei farblich unterschiedlich gestaltete aufblasbare Hohlkörper, die aus miteinander verschweißten Kunststoffolien hergestellt sind (Durchmesser etwa 30 cm). Im aufgeblasenen Zustand stellen sie sich als ca. 23 cm hohe stilisierte Nachbildungen von Geburtstagstorten mit jeweils acht Kerzen und dem Aufdruck ,,Happy Birthday" dar. Die Ware besteht aus weichgemachtem Polyvinylchlorid der Tarifnr. 39.02 des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT).
Die Beklagte (Oberfinanzdirektion - OFD -) wies die Ware der Tarifst. 39.07 B V d GZT (,,Waren aus Stoffen der Tarifnrn. 39.01 bis 39.06 . . . andere") zu. Zur Begründung führte sie u. a. aus, die Ware könne nicht der Tarifnr. 97.05 GZT (,,Karnevals-, Kotillon-, Scherz-, Zauberartikel und ähnliche Waren zur Unterhaltung und für Feste . . .") zugewiesen werden, weil der bei solchen Waren übliche Überraschungseffekt fehle. Den Einspruch der Klägerin wies die OFD mit Entscheidung vom 4. Dezember 1986 u. a. mit der Begründung zurück, die Ware sei lediglich ein originelles Geburtstagsgeschenk; ihr fehle der erforderliche Scherz - und / oder Überraschungseffekt i. S. der Tarifnr. 97.05 GZT. Mit ihrer Klage trägt die Klägerin vor: Die Ware könne sehr wohl als Dekorationsartikel ebenso wie Luftballons dienen; sie sei auch ein Scherzartikel, da sie dazu diene, Heiterkeit zu erwecken.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung die OFD zu verpflichten, die Ware der Tarifst. 97.05 10 900 zuzuordnen, hilfsweise, nach § 45 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die angefochtene vZTA aufzuheben und die Ware der genannten Tarifstelle zuzuweisen sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das außergerichtliche Vorverfahren für notwendig zu erklären. Die OFD beantragt, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg.
Das zu tarifierende Produkt ist als eine den Karnevals-, Kotillon- und Scherzartikeln ähnliche Ware i. S. der Tarifnr. 97.05 GZT anzusehen. Nach den - nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und des erkennenden Senats für die Tarifierung maßgeblichen - Erläuterungen zur Nomenklatur des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens (Erläuterungen zum Zolltarif - ErlZT - Tarifnr. 97.05 Teil I Rdnr. 2) gehören dazu
,,Waren zur Unterhaltung und für Feste, die mit Rücksicht auf ihre kurzfristige Verwendung im allgemeinen einfach und wenig widerstandsfähig ausgeführt sind und nicht mit den üblichen Gebrauchsgegenständen verwechselt werden dürfen, denen sie nachgebildet sind. Sie können aus Stoffen aller Art bestehen. . ."
Um eine solche Ware handelt es sich hier. Die zu tarifierenden Produkte sind in sehr einfacher und wenig widerstandsfähiger Weise hergestellt und (in aufgeblasenem Zustand) einer Geburtstagstorte nachgebildet. Sie sollen mit dieser aber nicht verwechselt werden. Vielmehr soll mit dieser Ähnlichkeit Heiterkeit erweckt werden. Mit der Ware wird also derselbe Zweck verfolgt wie z. B. mit Karnevals-, oder Scherzartikeln. Eine andere sinnvolle Zweckbestimmung ist nicht erkennbar.
Zu Unrecht weist die OFD in der angefochtenen vZTA darauf hin, der Ware fehle der übliche Überraschungseffekt. Ein solcher gehört lediglich bei reinen Überraschungsartikeln zu den kennzeichnenden Merkmalen, nicht aber auch bei Scherz- oder Karnevalsartikeln. Die OFD weist in ihrer Klageerwiderung zwar zu Recht darauf hin, daß die Ware in der maßgebenden Beschaffenheit sich als eine aufblasbare Plastikfolie kennzeichne. Das hindert jedoch nicht, sie der Tarifnr. 97.05 GZT zuzuweisen.
In Anwendung der Grundsätze des EuGH-Urteils vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 (EuGHE 1982, 3415) sieht sich der Senat zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nicht für verpflichtet.
Fundstellen
Haufe-Index 415127 |
BFH/NV 1987, 816 |