Entscheidungsstichwort (Thema)
Selbständigen Tankstellenverwaltern zum Betrieb überlassene Tankstellen sind keine Betriebsstätten des überlassenden, außerhalb des Fördergebiets ansässigen Mineralölunternehmens; keine InvZul für vom Mineralölunternehmen für die Tankstellen angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter
Leitsatz (amtlich)
Im Fördergebiet errichtete Tankstellen, die ein außerhalb des Fördergebiets ansässiges Mineralölunternehmen Tankstellenverwaltern als selbständigen Handelsvertretern zum Betrieb überlässt, sind nicht ―auch nicht teilweise― Betriebsstätten des Mineralölunternehmens, sondern ausschließlich Betriebsstätten der Tankstellenverwalter. Von dem Mineralölunternehmen für diese Tankstellen angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter sind daher mangels Zugehörigkeit zum Anlagevermögen einer Betriebsstätte im Fördergebiet nicht zulagenbegünstigt.
Normenkette
AO 1977 § 12 Sätze 1, 2 Nrn. 5-6, § 13; HGB § 84; InvZulG 1991 § 2 S. 1 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine außerhalb des Fördergebiets ansässige Mineralölgesellschaft, die Mineralölprodukte herstellt und vertreibt. In den Jahren 1991 bis 1993 unterhielt sie außerhalb des Fördergebiets eigene Raffinerien.
Im Zeitraum von 1990 bis 1996 errichtete sie in den neuen Bundesländern insgesamt 83 Tankstellen, davon 39 Stationen auf eigenen und 44 Stationen auf gepachteten Grundstücken. Die Rechtsbeziehungen zu den Tankstellenverwaltern regelte sie entsprechend den unterschiedlichen Eigentumsverhältnissen in jeweils zwei unterschiedlichen Vertragstypen.
Vertragstyp 1:
War das Tankstellengrundstück Eigentum der Klägerin oder hatte sie es angemietet, überließ sie es dem Tankstellenverwalter auf der Grundlage eines "Großtankstellenpachtvertrages" (GTPV).
Gegenstand des GTPV war die Überlassung der Großtankstelle mit den Einrichtungen lt. Inventarverzeichnis (§ 1 GTPV). Der Tankstellenverwalter übernahm die laufende Instandhaltung und -setzung sowie die Wiederbeschaffung der Verkaufs-, Werbe- und Betriebseinrichtungen sowie alle übrigen mit Besitz und Benutzung des Tankstellengrundstücks und mit dem Tankstellenbetrieb verbundenen Kosten, Gebühren und laufenden öffentlich-rechtlichen Abgaben, soweit die Klägerin nicht ausdrücklich nach Maßgabe der sog. Kostenübernahmeliste die Kosten zu tragen hatte (§ 2 Abs. 1 GTPV).
Nach § 3 Abs. 2 GTPV hatte der Tankstellenverwalter als selbständiger Gewerbetreibender und Betreiber der Großtankstelle den Pachtgegenstand und insbesondere die Lager- und Abgabeeinrichtungen laufend auf ihre einwandfreie technische Beschaffenheit zu überwachen und den gesamten Bereich unter Beachtung aller einschlägigen Vorschriften sowie den Anweisungen und Richtlinien der Klägerin zu betreiben. Er haftete für alle von ihm und seinen Erfüllungsgehilfen zu vertretenden Schäden und hatte deshalb für sich und sein Personal eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, die alle Risiken aus dem Verkauf der Agentur- und Eigenhandelsware sowie den sonstigen Tätigkeiten auf der Großtankstelle umfasste (§ 3 Abs. 3 und 4 GTPV).
Dem Tankstellenverwalter oblag die Reinigungspflicht der an die Tankstelle angrenzenden öffentlichen Straßen sowie die Verkehrssicherungspflicht für das Großtankstellengrundstück und seiner Anlagen (§ 5 GTPV). Für die Überlassung des Pachtgegenstandes hatte der Tankstellenverwalter eine Umsatzpacht zu entrichten (§ 6 GTPV). Der Vertrag war auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Nach § 8 Abs. 5 GTPV war der Tankstellenverwalter Vollkaufmann gemäß § 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB).
Ferner schloss die Klägerin mit dem Tankstellenverwalter einen Großtankstellenvertrag über den Betrieb einer Großtankstelle mit Selbstbedienung (GTV-SB).
Nach § 1 Abs. 1 GTV-SB übernahm der Tankstellenverwalter die Lagerung und als Handelsvertreter der Klägerin in deren Namen und für deren Rechnung den Verkauf von deren Markenkraftstoffen und -motorenölen sowie die Ausführung der von ihm abgeschlossenen Geschäfte und die Einziehung der Verkaufserlöse. Der Tankstellenverwalter lieferte auch an Kunden aus, mit denen die Klägerin über Gutscheine und Kreditkarten direkt abrechnete (§ 2 GTV-SB). Produkte der Klägerin wurden im Wege der Selbstbedienung verkauft und ausgeliefert. Der Tankstellenverwalter hatte den Kunden die Möglichkeit zu bieten, kleinere Wartungsarbeiten im Wege der Selbstbedienung durchzuführen (§ 1 Abs. 3 GTV-SB).
In § 2 Abs. 1 GTV-SB waren die Verkaufsmodalitäten für sämtliche in der Tankstelle abzuwickelnden Tätigkeiten geregelt. Nach § 2 Abs. 2 GTV-SB hatte sich der Tankstellenverwalter als Handelsvertreter nach besten Kräften für den Verkauf der Produkte der Klägerin einzusetzen und alles zu unterlassen, was den Absatz von Konkurrenzprodukten zu fördern geeignet war. Außer den Produkten der Klägerin konnte er auch andere Waren, welche die Klägerin in ihrem Verkaufsprogramm für Tankstellen anbot, beziehen, war dazu aber nicht verpflichtet (§ 2 Abs. 3 GTV-SB).
Für alle durch den GTV-SB übernommenen Leistungen und Risiken erhielt der Tankstellenverwalter einen Festbetrag und eine Umsatzprovision (§ 3 Abs. 1, 2 GTV-SB), für das Direktgeschäft eine gesonderte Umschlagsvergütung. Die Erlöse für die verkauften und ausgelieferten Produkte der Klägerin waren ihr Eigentum und wurden zu bestimmten Zeitpunkten abgerechnet. Die Erlöse waren gesondert von sonstigen Kassenbeständen aufzubewahren (§ 5 Abs. 1 GTV-SB).
Beauftragte der Klägerin konnten die Großtankstelle, die Warenbestände und die Abrechnungsunterlagen prüfen und damit zusammenhängende Auskünfte verlangen. Zum Inkasso waren sie nur bei Vorlage einer Inkassovollmacht berechtigt (§ 5 Abs. 5 GTV-SB). Der auf unbestimmte Dauer laufende Vertrag wurde bei Tod des Tankstellenverwalters mit den Erben fortgesetzt (§ 6 GTV-SB). Der Tankstellenverwalter und sein Personal hatten ihre Tätigkeit ordnungsgemäß durchzuführen (§ 7 Abs. 3 GTV-SB). Die Öffnungszeiten waren bestmöglich den Nachfragebedürfnissen anzupassen (§ 7 Abs. 5 GTV-SB). Nach § 7 Abs. 10 GTV-SB war der Tankstellenverwalter Vollkaufmann gemäß § 1 HGB.
Vertragstyp 2:
War das Tankstellengrundstück Eigentum des Tankstellenverwalters, schloss die Klägerin mit ihm einen "Tankstellen-Vergütungsvertrag" (TVV). Danach erhielt der Tankstellenverwalter für die Bereitstellung der Tankstelle zum ausschließlichen Verkauf der Produkte der Klägerin ein Entgelt, das sich nach der Menge verkauften Kraftstoffs bemaß.
Ferner schloss die Klägerin mit dem Tankstellenverwalter einen "Tankstellenvertrag mit Selbstbedienung" (TV-SB), der im Wesentlichen den Regelungen im GTPV und GTV-SB entsprach.
Nach § 1 Nr. 1 TV-SB übernahm der Tankstellenverwalter die Lagerung und als Handelsvertreter der Klägerin in deren Namen und für deren Rechnung den Verkauf von deren Markenkraftstoffen und -motorenölen sowie die Ausführung der von ihm abgeschlossenen Geschäfte und die Einziehung der Verkaufserlöse. Die Klägerin stellte dem Tankstellenverwalter die Lager- und Abgabeeinrichtungen leihweise zur Verfügung (§ 1 Nr. 4 TV-SB). Der Tankstellenverwalter lieferte auch an Kunden aus, mit denen die Klägerin über Gutscheine und Kreditkarten direkt abrechnete (§ 1 Nr. 2 TV-SB). Produkte der Klägerin wurden im Wege der Selbstbedienung verkauft und ausgeliefert (§ 1 Nr. 3 TV-SB). Für alle durch den TV-SB übernommenen Leistungen und Risiken erhielt der Tankstellenverwalter einen Festbetrag und eine Umsatzprovision (§ 2 Nr. 2 TV-SB), für das Direktgeschäft eine gesonderte Umschlagsvergütung (§ 3 TV-SB). Der Tankstellenverwalter hatte sich als Handelsvertreter nach besten Kräften für den Verkauf der Produkte der Klägerin einzusetzen und alles zu unterlassen, was den Absatz von Konkurrenzprodukten zu fördern geeignet war. Außer den Produkten der Klägerin konnte er auch andere Waren, welche die Klägerin in ihrem Verkaufsprogramm für Tankstellen anbot, beziehen, war dazu aber nicht verpflichtet (§ 4 TV-SB). Die Lager- und Abgabeeinrichtungen hatte der Tankstellenverwalter als selbständiger Gewerbetreibender und Betreiber der Tankstelle laufend auf ihre einwandfreie technische Beschaffenheit zu überwachen und unter Beachtung aller einschlägigen Vorschriften sowie den Anweisungen und Richtlinien der Klägerin zu betreiben (§ 6 Nr. 5 TV-SB). Der Verkauf war erkennbar im Namen und für Rechnung der Klägerin durchzuführen (§ 8 Abs. 1 TV-SB). Die Erlöse für die verkauften und ausgelieferten Produkte der Klägerin, die zu bestimmten Zeitpunkten abgerechnet wurden, waren Eigentum der Klägerin und mussten gesondert von sonstigen Kassenbeständen aufbewahrt werden (§ 8 Abs. 3 TV-SB). Beauftragte der Klägerin konnten die Tankstelle, die Warenbestände und die Abrechnungsunterlagen prüfen und damit zusammenhängende Auskünfte verlangen. Zum Inkasso waren sie nur bei Vorlage einer Inkassovollmacht berechtigt (§ 8 Abs. 7 TV-SB).
Der Tankstellenverwalter war verpflichtet, für sich und sein Personal eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, welche die persönlichen Haftpflichtrisiken aus dem Verkauf der Agenturware und des Einzelhandelsgeschäfts decken sollte (§ 10 TV-SB). Nach § 11 Nr. 2 TV-SB verpflichtete sich die Klägerin, im Sinne einer vertrauensvollen und gedeihlichen Zusammenarbeit dem Tankstellenverwalter mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und im Rahmen ihres Werbeprogramms Werbung für ihre Produkte durchzuführen. Der Tankstellenverwalter verpflichtete sich, die von der Klägerin erteilten Ratschläge für die Ausgestaltung und Pflege eines vorbildlichen Kundendienstes zu beachten, der sowohl die Interessen des Tankstellenverwalters als auch das Ansehen der Klägerin und ihrer Produkte fördere. Der Tankstellenverwalter sollte sich im Einvernehmen mit der Klägerin fachlich fortbilden und auch seinen Mitarbeitern hierzu Gelegenheit geben.
Die Öffnungszeiten waren bestmöglich den Nachfragebedürfnissen anzupassen (§ 11 Nr. 3 TV-SB). Für die im Ermessen der Klägerin stehende Werbung überließ der Tankstellenverwalter der Klägerin unentgeltlich Wandflächen und Plätze (§ 11 Nr. 4 TV-SB). Der Tankstellenverwalter hatte den Kunden die Möglichkeit zu bieten, kleinere Wartungsarbeiten im Wege der Selbstbedienung durchzuführen (§ 11 Nr. 5 TV-SB). Dem Tankstellenverwalter oblag die Verkehrssicherungspflicht für das Tankstellengrundstück und die vorbeiführenden Bürgersteige (§ 11 Nr. 7 TV-SB). Der auf 20 Jahre laufende Vertrag wurde bei Tod des Tankstellenverwalters mit den Erben fortgesetzt (§ 5 Nr. 1, 5 TV-SB). Nach § 11 Nr. 9 TV-SB war der Tankstellenverwalter Vollkaufmann gemäß § 1 HGB.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Verträge nimmt der Senat auf die von der Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegten vier Vertragsmuster Bezug.
Die Preise für Kraftstoffe an den Anzeigetafeln und an den Zapfsäulen werden direkt von der Zentrale der Klägerin per Datenübertragung eingestellt; von dort werden auch die Preise in die Kassensysteme eingegeben. Die Klägerin zieht die vereinnahmten Barerlöse umgehend nach Gutschrift auf dem Konto des Tankstellenverwalters ein. Über Datenfernübertragung kontrolliert sie die täglich verkauften Kraftstoffmengen. Die Klägerin bzw. die von ihr beauftragte Spedition kann die Tanks ohne Mitwirkung des Verwalters und unabhängig von den Öffnungszeiten der Station auffüllen.
Im Fördergebiet waren unter der Leitung eines Gebietsleiters zwischen sechs bis elf Vertriebsleiter als Ansprechpartner der Tankstellenverwalter tätig. Ihre Aufgabe war es, den Verkauf zu fördern, die Betriebe zu beraten und die Vertragsdurchführung zu betreuen.
Die Klägerin beantragte unter anderem für Investitionen der Streitjahre 1991 und 1993 in die neu errichteten Tankstellen Investitionszulage, die der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) unter Vorbehalt der Nachprüfung antragsgemäß festsetzte.
Nach einer Außenprüfung änderte das FA diese Bescheide nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) und setzte die Investitionszulagen herab. Das FA war der Auffassung, für die Investitionen in die Tankstellen im Fördergebiet stehe der Klägerin keine Investitionszulage zu, weil die angeschafften bzw. hergestellten Wirtschaftsgüter nicht zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte der Klägerin im Fördergebiet gehörten; die von ihr in den neuen Bundesländern errichteten Tankstellen seien keine Betriebsstätten der Klägerin. Die Einsprüche der Klägerin waren erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es war der Auffassung, die Tankstelleneinrichtungen seien keine Betriebsstätten der Klägerin, weil die Einrichtungen ihrem Unternehmen nicht unmittelbar dienten und die Klägerin auch nicht die für die Annahme einer Betriebsstätte erforderliche Verfügungsmacht habe. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 582 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 12 AO 1977). Sie trägt im Wesentlichen vor:
Zu Unrecht habe das FG die Tankstellen ausschließlich als Betriebsstätten der Tankstellenverwalter beurteilt. Eine Geschäftseinrichtung könne auch Betriebsstätte mehrerer Unternehmen sein (Doppelbetriebsstätte). Die Tankstelleneinrichtungen könnten nur dann ausschließlich den Tankstellenverwaltern als eigene Betriebsstätte zugeordnet werden, wenn ihnen die Einrichtungen in vollem Umfang überlassen worden und die Tankstellenverwalter völlig unabhängig wären. Dies sei aber nicht der Fall. Neben den Tankstellenverwaltern verfüge auch sie, die Klägerin, über die Tankstelleneinrichtungen und übe dort eine eigene unternehmerische Tätigkeit aus. Im Mineralölgeschäft seien die Tankstellenverwalter an die Vorgaben und Weisungen ―auch Einzelweisungen― von ihr gebunden. Preise und Produkte gebe sie vor. Auch den Kunden werde dieses Handeln für sie, die Klägerin, vermittelt. Die Technik, einschließlich der Zapfsäulen, sowie die gesamten Lagereinrichtungen für Mineralöle beherrsche sie; sie habe auch unmittelbaren Zugang. Rechtlich verkaufe sie, die Klägerin, die ihr gehörenden Waren. Die Tankstellenverwalter nähmen nur das Inkasso vor. Die Handelsvertreter-Verträge beruhten auf überholten Abläufen bei Tankstellen. Ausreichend wären reine Inkassomitarbeiter. Die in den Handelsvertreter-Verträgen angesprochenen Tätigkeiten an den Zapfsäulen würden tatsächlich nicht mehr ausgeübt.
Die Direktgeschäfte rechne das FG wegen der Abwicklung über die den Tankstellenverwaltern überlassenen Tankeinrichtungen zu Unrecht diesen zu. Sie seien aus der Zuständigkeit der Tankstellenverwalter ausgegliedert. Die Tankstellenverwalter erbrächten insoweit lediglich eine minimale, ausdrücklich durch ein gesondertes Entgelt vergütete Serviceleistung. Die Tankstellenverwalter trügen auch nicht allein die Schadensrisiken. Sie, die Klägerin, trage z.B. auch das Gewässerschadensrisiko. Der prägende Einfluss auf das äußere Erscheinungsbild allein könne zwar ihre eigenbetriebliche Nutzung nicht begründen. Eine Wertung im Zusammenhang mit ihren eigenen Geschäften und anderen Elementen schließe indes aus, allein von einer eigenbetrieblichen Nutzung durch die Tankstellenverwalter auszugehen. Ausschlaggebend sei das Zusammenspiel mehrerer Elemente.
Zu Unrecht verneine das FG ein Warenlager i.S. des § 12 Satz 2 Nr. 5 AO 1977 als Betriebsstätte wegen fehlender Verfügungsmacht.
Ebenfalls unzutreffend sei die Auffassung des FG, es liege keine Verkaufsstelle i.S. des § 12 Satz 2 Nr. 6 AO 1977 vor, weil sie, die Klägerin, die Produkte nicht selbst oder durch weisungsgebundene Personen verkaufe. Die Verkaufsgeschäfte an den Tankstellen führe jedoch sie, die Klägerin, aus, und zwar durch die Vertragsabschlüsse beim Tanken an den SB-Zapfsäulen sowie im Direktgeschäft. Die Abwicklung durch die Tankstellenverwalter ändere daran nichts.
Allein durch die Verpachtung von Anlagevermögen werde zwar keine Betriebsstätte begründet. Erforderlich sei eine eigenbetriebliche Tätigkeit. Sie, die Klägerin, übe indes "massiv" eigenwirtschaftliche Tätigkeiten an den Tankstellen aus. Sie habe jederzeit Zugang zu den Tankstellenanlagen. Ihre Beauftragten könnten in den Geschäftszeiten auch jederzeit den Zugang zu den Gebäuden wahrnehmen, ohne dass es insoweit einer allgemeinen rechtlichen Absicherung bedürfe.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und unter Änderung der Investitionszulagenbescheide vom 2. Februar 2001 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 21. August 2001 die Investitionszulage für 1991 auf … DM und für 1993 auf … DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Die Klägerin hat in den Streitjahren 1991 und 1993 keine eigenen Betriebsstätten im Fördergebiet unterhalten. Die von ihr angeschafften bzw. hergestellten Wirtschaftsgüter gehörten damit nicht zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte der Klägerin im Fördergebiet.
1. Nach § 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1991/1993 sind neue abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter zulagenbegünstigt, die ―neben anderen hier nicht streitigen Voraussetzungen― mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Fördergebiet gehören und in einer solchen Betriebsstätte verbleiben.
a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Betriebsstätte richten sich auch im Investitionszulagenrecht ausschließlich nach § 12 AO 1977 und der dazu ergangenen Rechtsprechung (Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 23. Mai 2002 III R 8/00, BFHE 198, 325, BStBl II 2002, 512, m.w.N.). Die Definitionen der Betriebsstätte in Doppelbesteuerungsabkommen dienen der Zuordnung des Besteuerungsrechts und gelten nur im Verhältnis zu dem jeweiligen Vertragsstaat. Entgegen der Auffassung der Klägerin können sie daher zur Auslegung des nationalen Rechts nicht herangezogen werden (BFH-Urteile vom 5. Juni 1986 IV R 268/82, BFHE 146, 447, BStBl II 1986, 659, und vom 26. November 1986 I R 256/83, BFH/NV 1988, 82).
b) Nach § 12 Satz 1 AO 1977 ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmers dient, eine Betriebsstätte. Als Betriebsstätten sind nach der beispielhaften Aufzählung in § 12 Satz 2 AO 1977 u.a. auch Warenlager (Satz 2 Nr. 5) und Verkaufsstellen (Satz 2 Nr. 6) anzusehen.
c) Eine Geschäftseinrichtung oder Anlage ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur dann als Betriebsstätte des Unternehmers zu beurteilen, wenn er eine gewisse, nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht darüber besitzt. Dafür ist grundsätzlich erforderlich, dass er eine Rechtsposition innehat, die ihm nicht ohne weiteres entzogen werden kann. Eine tatsächliche Mitbenutzung genügt nicht (BFH-Urteile vom 11. Oktober 1989 I R 77/88, BFHE 158, 499, BStBl II 1990, 166, und in BFHE 198, 325, BStBl II 2002, 512, jew. m.w.N.).
Sind Mitarbeiter des Unternehmers für dessen Unternehmen in einem fremden Betrieb tätig und werden ihnen dort für ihre Tätigkeit Räume überlassen, reicht allerdings eine "allgemeine rechtliche Absicherung" aus, wenn aus tatsächlichen Gründen anzunehmen ist, dass dem Unternehmer irgendein für seine Tätigkeit geeigneter Raum zur ständigen Nutzung zur Verfügung gestellt wird (BFH-Urteile vom 3. Februar 1993 I R 80-81/91, BFHE 170, 263, BStBl II 1993, 462, und vom 14. Juli 2004 I R 106/03, BFH/NV 2005, 154).
d) Die Einrichtung oder Anlage muss der Tätigkeit des Unternehmers unmittelbar dienen.
Im Allgemeinen ist diese Voraussetzung nur erfüllt, wenn der Unternehmer selbst, seine Arbeitnehmer, fremdes weisungsabhängiges Personal oder Subunternehmer in oder an der Geschäftseinrichtung tätig werden. Nach der Rechtsprechung des BFH kann bei vollautomatisch arbeitenden Einrichtungen allerdings das Tätigwerden des Unternehmens mit der Geschäftseinrichtung ausnahmsweise ausreichen (BFH-Urteil vom 30. Oktober 1996 II R 12/92, BFHE 181, 356, BStBl II 1997, 12, m.w.N., zu unterirdischen Rohrleitungen als Betriebsstätte). Befinden sich die vollautomatisch arbeitenden Anlagen in fremden Gebäuden, kann eine Betriebsstätte anzunehmen sein, wenn dem Unternehmer vertraglich das Recht eingeräumt worden ist, das Gebäude zu den üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten zu betreten und die anfallenden Wartungsarbeiten an seinen Anlagen vorzunehmen (BFH-Urteil vom 25. Mai 2000 III R 20/97, BFHE 192, 191, BStBl II 2001, 365, zu Satellitenempfangsanlagen).
Verpachtet der Unternehmer Einrichtungen oder Anlagen, unterhält er mit dem verpachteten Betriebsvermögen i.d.R. keine eigene Betriebsstätte (BFH-Urteil vom 10. Februar 1988 VIII R 159/84, BFHE 153, 188, BStBl II 1988, 653; vom 10. Dezember 1998 III R 50/95, BFHE 188, 176, BStBl II 1999, 607). Dies gilt auch dann, wenn die überlassenen Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen des Verpächters gehören und die Nutzungsüberlassung ein betrieblicher Vorgang ist (BFH-Urteil vom 2. März 1990 III R 24/85, BFHE 160, 367, BStBl II 1990, 756, m.w.N.). Bei Verpachtung besteht im Allgemeinen nur eine Betriebsstätte des Pächters, der seinen Gewerbebetrieb in der gepachteten Anlage ausübt (BFH-Beschluss vom 11. Februar 1999 III B 91/98, BFH/NV 1999, 1122; Urteil des Hessischen FG vom 18. November 1999 4 K 1182/98, EFG 2000, 756, rechtskräftig ―Tankstellen―; Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 21. Mai 2003 3 K 3012/01, EFG 2003, 1329, rechtskräftig).
Die mit der Vermietung oder Verpachtung verbundenen Verwaltungsarbeiten reichen für die Annahme einer Betriebsstätte am Ort des Pachtobjekts nicht aus. Denn Verwaltungsarbeiten sind der Betriebsstätte des Verwaltungssitzes zuzuordnen, selbst wenn sich der Verpächter das Recht zum Betreten der Pachträume und zur Prüfung von Geschäftsvorfällen oder sogar eine Kontrolle des gesamten Betriebsablaufs vorbehalten hat (BFH-Urteile in BFHE 153, 188, BStBl II 1988, 653, m.w.N., und in BFHE 188, 176, BStBl II 1999, 607). Ebenso wenig reicht es aus, dass der Verpächter den Betriebsablauf durch Datenfernübertragung überwacht und ggf. auch steuern kann (Rosarius in Jasper/ Sönksen/Rosarius, Investitionsförderung, Handbuch, § 2 InvZulG 1999 Rz. 135). Der Verpächter kann allenfalls dann eine eigene Betriebsstätte unterhalten, wenn er zur Pflege und Instandhaltung der verpachteten Betriebsanlage eigenes oder beauftragtes Personal vor Ort beschäftigt (BFH-Urteil vom 6. Juli 1978 IV R 24/73, BFHE 126, 102, BStBl II 1979, 18, m.w.N.) oder wenn ihm die gewerbliche Tätigkeit des Pächters zuzurechnen ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 153, 188, BStBl II 1988, 653).
e) Grundsätzlich kann eine Betriebsstätte auch in der Betriebsstätte eines Dritten begründet werden, wenn der Unternehmer rechtlich befugt ist, die Einrichtung oder Anlage nach den Bedürfnissen seines Unternehmens zu nutzen und wenn er eigene Arbeitnehmer beschäftigt oder ihm überlassene, seinen Weisungen unterliegende Arbeitnehmer oder Subunternehmer tätig werden (BFH-Urteil in BFHE 170, 263, BStBl II 1993, 462; Urteil des FG Rheinland-Pfalz in EFG 2003, 1329, m.w.N.; Masuch in Bordewin/ Brandt, Einkommensteuergesetz, § 2 InvZulG Rz. 46; Birk in Hübschmann/Hepp/Spitaler ―HHSp―, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 12 AO Rz. 17).
2. Nach diesen Maßstäben und auf der Grundlage der vom FG getroffenen ―mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angefochtenen― Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) sowie bei Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den Tankstellenverwaltern hat die Klägerin in den Tankstellen keine eigenen Betriebsstätten unterhalten.
Die Tankstellen dienten nicht ―auch nicht teilweise― unmittelbar der Tätigkeit des Unternehmens der Klägerin. Nach dem GTPV überließ sie den Tankstellenverwaltern jeweils die gesamte Tankstelle bzw. nach dem TV-SB ―wenn das Tankstellengrundstück dem Tankstellenverwalter gehörte― die Lager- und Abgabeeinrichtungen auf unbestimmte Zeit für deren eigene gewerbliche Tätigkeit. Ob der GTPV zivilrechtlich als Pachtvertrag zu beurteilen ist, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.
a) Mit dem sog. Shopgeschäft waren die Tankstellenverwalter selbständig gewerblich tätig, weil sie die Waren im eigenen Namen und für eigene Rechnung veräußerten.
b) Die Tankstellenverwalter waren auch insoweit selbständig gewerblich tätig, als sie die Kraft- und Schmierstoffe der Klägerin verkauften (sog. Agenturgeschäft). Da das Handeln im Namen und für Rechnung eines anderen charakteristisch für den Handelsvertretervertrag ist, lässt sich daraus, dass die Tankstellenverwalter die Produkte der Klägerin in deren Namen und für deren Rechnung verkauften, keine eigengewerbliche, unmittelbare Tätigkeit der Klägerin in der Tankstelle herleiten.
Nach dem GTV-SB und dem TV-SB übernahmen die Tankstellenverwalter den Verkauf im Namen und für Rechnung der Klägerin als selbständige Handelsvertreter. Auch rechtlich waren die Tankstellenverwalter als selbständige Handelsvertreter zu beurteilen.
Nach § 84 Abs. 1 HGB ist selbständiger Handelsvertreter, wer ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, und im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Tankstellenverwalter, deren Verträge im Wesentlichen den Verträgen im Streitfall entsprachen, in ständiger Rechtsprechung als selbständige Handelsvertreter i.S. von § 84 ff. HGB beurteilt (z.B. Urteile vom 6. August 1997 VIII ZR 92/96, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 1998, 71, und VIII ZR 150/96, NJW 1998, 66, jew. m.w.N.). Die detaillierten Pflichten und auch die weitgehenden Kontrollrechte der Mineralölgesellschaft entsprechen nach Ansicht des BGH der typischen Vertragsgestaltung im Tankstellengewerbe und beseitigen bei der gebotenen Gesamtwürdigung die in § 84 HGB vorausgesetzte Selbständigkeit des Handelsvertreters nicht (BGH-Beschluss vom 25. Oktober 2000 VIII ZB 30/00, nicht veröffentlicht ―n.v.―, juris, m.w.N.).
Nach Auffassung des BGH ist die Tätigkeit der Tankstellenverwalter im Agenturgeschäft trotz der Selbstbedienung nicht darauf beschränkt, im Auftrag der Mineralölgesellschaft die Erlöse aus dem Verkauf der Kraft- und Schmierstoffe einzuziehen, sondern die Tankstellenverwalter schließen als selbständige Gewerbetreibende für die Klägerin Geschäfte ab. Beim Erwerb von Kraftstoff an Tankstellen hängen Abschluss und Vollzug des Vertrages zeitlich unmittelbar zusammen. Erst wenn der Kunde an der Kasse bezahlt hat, wird der Kaufvertrag durch Ausdruck des Tankbelegs schriftlich dokumentiert und der Tankvorgang mit der Freigabe der Zapfsäule für den nächsten Kunden auch faktisch abgeschlossen (vgl. BGH-Urteile vom 10. Juli 2002 VIII ZR 58/00, Neue Juristische Wochenschrift - Rechtsprechungs-Report Zivilrecht ―NJW-RR― 2002, 1548, und vom 12. Februar 2003 VIII ZR 130/01, NJW-RR 2003, 821, jew. m.w.N.). Auch beim Verkauf in Form der Selbstbedienung kommt es zu Vermittlungstätigkeiten der Tankstellenverwalter, weil die Kunden die Tankstelle nicht allein wegen deren Lage sowie der Marke und des Preises der Kraftstoffe auswählen, sondern ihre Wahl auch dadurch beeinflusst wird, wie der Tankstellenverwalter die Tankstelle führt und welche weiteren Leistungen er anbietet (vgl. BGH-Urteil vom 29. November 1984 I ZR 149/82, Der Betrieb ―DB― 1985, 748).
Bei den Direktgeschäften werden die Kaufverträge mit der Mineralölgesellschaft ebenfalls erst in der Tankstelle und durch die Mitwirkung der Tankstellenverwalter geschlossen. Die Tankstellenverwalter üben nach der Rechtsprechung des BGH auch insoweit eine werbende Tätigkeit aus, weil sie sich zum Abschluss von Kaufverträgen mit dem Kunden bereithalten (BGH-Urteil in NJW 1998, 66).
Die vertraglichen Regelungen im Streitfall geben keinen Anlass, die Tankstellenverwalter abweichend von der Rechtsprechung des BGH nicht als selbständige Handelsvertreter zu beurteilen. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse waren die Tankstellenverwalter nicht derart von der Klägerin rechtlich abhängig, dass ihre Tätigkeit in den Tankstellen (auch) als eigene gewerbliche Tätigkeit der Klägerin beurteilt werden könnte.
Die Tätigkeit der Tankstellenverwalter war zwar durch den GTV-SB bzw. den TV-SB weitgehend reglementiert (Festsetzung der Preise für Kraft- und Schmierstoffe durch die Klägerin, vorgeschriebene Dienstkleidung, Einsatz der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Werbemittel). Außerdem behielt sich die Klägerin umfassende Prüfungsrechte vor.
Im Übrigen gestalteten die Tankstellenverwalter ihre Tätigkeit und ihre Arbeitszeit aber selbst. Sie beschäftigten ausschließlich eigenes Personal und trugen auch ein durch Haftpflichtversicherungen abzudeckendes eigenes Risiko für sich und ihre Erfüllungsgehilfen. Sie bestimmten die Öffnungszeiten selbst, auch wenn die Klägerin sie insoweit beriet. Sie übernahmen die laufende Instandhaltung und -setzung sowie die Wiederbeschaffung der Verkaufs-, Werbe- und Betriebseinrichtungen sowie alle übrigen mit Besitz und Benutzung des Tankstellengrundstücks und mit dem Tankstellenbetrieb verbundenen Kosten, Gebühren und laufenden öffentlich-rechtlichen Abgaben. Ihnen oblag die Verkehrssicherungspflicht.
c) Entgegen der Ansicht der Klägerin sind die Tankstellen keine ihr als Betriebsstätten zuzuordnenden vollautomatischen, ohne ständiges Personal arbeitenden Anlagen. Dadurch, dass die Klägerin von der Zentrale aus durch Datenfernübertragung die Preise in die Zapfsäulen, die Kassen und die Werbetafeln eingibt, wird sie nicht eigengewerblich tätig. Denn der Verkauf der Kraft- und Schmierstoffe kann trotz der Selbstbedienung nur von den Tankstellenverwaltern und ihrem Personal abgewickelt werden. Die Zapfsäulen sind den Tankstellenverwaltern zudem vertraglich in vollem Umfang zur Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit überlassen.
d) Die von der Klägerin im Fördergebiet eingesetzten Gebiets- und Vertriebsleiter, die vertraglich berechtigt waren, die Bestände sowie die Abrechnungsunterlagen zu prüfen und Auskünfte von den Tankstellenverwaltern zu verlangen, waren zwar rechtlich befugt, die Tankstelle zu diesem Zweck zu betreten. Eine rechtlich abgesicherte (Mit-)Verfügungsmacht zur Ausübung einer eigenen gewerblichen Tätigkeit war der Klägerin damit aber nicht eingeräumt. Allein mit der Überprüfung der gewerblichen Tätigkeit der Tankstellenverwalter übte sie keine eigene gewerbliche Tätigkeit auf der Tankstelle aus.
Das Gleiche gilt für die Befugnis der Klägerin, das Tanklager unabhängig von den Öffnungszeiten aufzufüllen. Denn diese Tätigkeit betraf lediglich die Bereitstellung ihrer Produkte, nicht hingegen die die maßgebende gewerbliche Tätigkeit charakterisierende Verkaufsabwicklung. Die Klägerin hätte im Rahmen der geschlossenen Verträge nicht selbst durch eigenes Personal die Tankstelle ―auch nicht teilweise― eigengewerblich betreiben können.
e) Die Klägerin unterhielt in den Tankstellen auch keine Betriebsstätten in Form von Warenlagern (§ 12 Satz 2 Nr. 5 AO 1977) oder von Verkaufsstellen (§ 12 Satz 2 Nr. 6 AO 1977).
Die in § 12 Satz 2 AO 1977 aufgezählten Einrichtungen und Tätigkeiten sind nur dann eine Betriebsstätte, wenn sie die Voraussetzungen des § 12 Satz 1 AO 1977 erfüllen. Warenlager und Verkaufsstellen müssen daher ebenfalls dem Unternehmen unmittelbar im Sinne einer eigengewerblichen Tätigkeit dienen und der Unternehmer muss an den Warenlagern oder Verkaufsstellen eine nicht nur vorübergehende, rechtlich abgesicherte (Mit-)Verfügungsmacht haben. Streit besteht nur, ob in allen Beispielsfällen auch eine feste Geschäftseinrichtung i.S. des § 12 Satz 1 AO 1977 erforderlich ist. Für Verkaufsstellen hat der BFH inzwischen geklärt, dass diese nur bei Vorhandensein einer festen Geschäftseinrichtung oder Anlage als Betriebsstätten zu beurteilen sind (BFH-Urteil vom 17. September 2003 I R 12/02, BFHE 203, 400, BStBl II 2004, 396).
Die Kraft- und Schmierstoffe wurden in den Tankstellen nicht für den Verkauf durch die Klägerin gelagert, sondern den Tankstellenverwaltern als selbständigen Handelsvertretern zur Veräußerung im Namen und für Rechnung der Klägerin überlassen. Die Tankstellenverwalter üben daher ―wie oben ausgeführt― mit den ihnen zur Ausübung ihres Gewerbes überlassenen Tanklagern ihre eigene gewerbliche Tätigkeit aus. Auch wenn die Klägerin, die vertraglich berechtigt ist, die Tanklager in Abwesenheit des Tankstellenverwalters zu füllen, und deshalb technisch in der Lage ist, ohne Mitwirkung des Tankstellenverwalters die Kraftstoffe abzupumpen, so handelt es sich hierbei nur um eine tatsächliche, rechtlich nicht abgesicherte Verfügungsmacht.
f) Ob die Tankstellenverwalter ständige Vertreter i.S. des § 13 AO 1977 sind, kann im Streitfall unentschieden bleiben. Denn im deutschen innerstaatlichen Recht begründet ein ständiger Vertreter keine inländische Betriebsstätte (Birk in HHSp, § 13 AO Rz. 3; Buciek in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 12 AO Rz. 5, § 13 AO Rz. 3; Wassermeyer in Festschrift für Kruse, Köln 2001, S. 589, 601). Maßgebend für die Annahme einer Betriebsstätte sind allein die Tatbestandsmerkmale des § 12 AO 1977. Der Begriff des ständigen Vertreters ist nur von Bedeutung für inländische Einkünfte i.S. der beschränkten Steuerpflicht (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) und für ausländische Einkünfte (§ 34d Nr. 2 Buchst. a EStG). Insoweit kommt dem ständigen Vertreter eine vergleichbare Wirkung wie einer Betriebsstätte zu. Die BFH-Entscheidungen, die sich damit auseinander setzen, inwieweit ein ständiger Vertreter eine Betriebsstätte des Unternehmers unterhält (vgl. BFH-Beschluss vom 12. Oktober 1965 I B 282/62 U, BFHE 83, 526, BStBl III 1965, 690, und BFH-Urteil vom 28. Juni 1972 I R 35/70, BFHE 106, 206, BStBl II 1972, 785), sind überholt, da sie zu § 16 Abs. 2 Nr. 2 des Steueranpassungsgesetzes ergangen sind. Danach war die Betriebsstätte ―anders als in § 12 AO 1977― definiert als Geschäftseinrichtung, die dem Unternehmer oder seinem ständigen Vertreter zur Ausübung des Gewerbes dient.
Fundstellen
Haufe-Index 1436566 |
BFH/NV 2005, 2092 |
BStBl II 2006, 84 |
BFHE 2006, 551 |
BFHE 210, 551 |
BB 2005, 2343 |
DB 2006, 198 |
DStRE 2005, 1469 |
DStZ 2005, 729 |
HFR 2005, 1188 |