Leitsatz (amtlich)
1. Wiederkehrende Zahlungen aufgrund eines Vermögensübertragungvertrages sind beim Übernehmer eine dauernde Last nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1971, wenn der Übertragungsvertrag eine ausdrückliche Bezugnahme auf den Rechtsgedanken des § 323 ZPO enthält (Anschluß an BFH-Urteil vom 19. September 1980 VI R 161/77, BFHE 131, 384, BStBl II 1981, 26 ).
2. Der Übernehmer des Vermögens kann den Nutzungswert einer dem Übertragenden aufgrund des Übertragungsvertrages unentgeltlich überlassenen Wohnung nicht als dauernde Last abziehen, wenn der Nutzungswert der überlassenen Wohnung nicht bei ihm steuerlich zu erfassen, sondern nach § 21 Abs. 2 Alternative 2 EStG unmittelbar dem Übertragenden aufgrund einer gesicherten Rechtsposition zuzurechnen ist. Eine dauernde Last stellen beim Übernehmer in diesem Falle jedoch die Erhaltungskosten dar, die er für die überlassene Wohnung aufgrund vertraglicher Verpflichtung gegenüber dem unentgeltlich Nutzenden aufgewendet und im Rahmen seiner gewerblichen Einkünfte als Entnahme anzusetzen hat.
Normenkette
EStG 1971 § 4 Abs. 1 S. 2, § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 21 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erhielt durch Vertrag vom 9. Mai 1973 von seinem Vater dessen gesamtes Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen (§ 1 des Vertrages). Zu dem übertragenen Vermögen gehörten insbesondere ein Hausgrundstück und eine in diesem Haus betriebene Eisenwarenhandlung. Das Hausgrundstück gehörte zum Betriebsvermögen der Eisenwarenhandlung. Der Vater behielt sich das unentgeltliche Wohnrecht an der im ersten Obergeschoß des Gebäudes liegenden Wohnung bis zu seinem Lebensende vor (§ 3 des Vertrages). Dieses Recht wurde nicht ins Grundbuch eingetragen, obwohl der Vater dies aufgrund des Vertrages hätte verlangen können. Der Kläger verpflichtete sich außerdem, seinem Vater unter anderem lebenslänglich "einen monatlichen Unterhalt" von 400 DM zu zahlen. Eine Anpassung dieser Unterhaltszahlungen sollte verlangt werden können, wenn sich der vom Statistischen Bundesamt für einen 4-Personen-Arbeitnehmerhaushalt von mittlerem Einkommen ermittelte Lebenshaltungskostenindex um 5 Punkte verändert (§ 4 des Vertrages). Der Kläger verpflichtete sich außerdem, den monatlichen Krankenkassenbeitrag für seinen Vater in der jeweiligen Höhe zu zahlen (§ 4 des Vertrages). Schließlich verpflichtete sich der Kläger, die Wohnung seines Vaters instand zu halten sowie die Beheizung und den elektrischen Strom zu bezahlen (§ 6 des Vertrages).
Der Kläger gewährte seinem Vater die Leistungen mit Beginn vom 1. Juli 1973 an. Er behandelte den Nutzungswert der von seinem Vater genutzten Wohnung im 1. Stock als Entnahme bei seiner betrieblichen Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). In seiner Einkommensteuererklärung 1973 machte der Kläger bei den Sonderausgaben 3 720 DM als dauernde Last geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) behandelte den Betrag von 3 720 DM als Leibrentenzahlung und erkannte nur einen Ertragsanteil von 13 v. H. (483 DM) als Sonderausgaben an. Das FA setzte in seinem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1973 vom 14. August 1975, mit dem es den Kläger zusammen mit seiner Ehefrau veranlagte, die Einkommensteuer nach einem zu versteuernden Einkommen von 12 971 DM auf 1 824 DM fest.
Mit seiner Klage hatte der Kläger zunächst den Abzug eines Betrages von 8 631 DM als dauernde Last begehrt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) beantragte er sodann, 4 417 DM als dauernde Last zu berücksichtigen. Die Klage hatte in dieser Höhe Erfolg. Das FG beurteilte in seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1978, 224 veröffentlichten Urteil folgende Aufwendungen des Klägers als dauernde Lasten:
Unterhaltszahlungen 6 400 DM 2 400 DM
Krankenkassenbeiträge 6 220 DM 1 320 DM
Nutzungswert der Wohnung von Juli bis Dezember 1973 420 DM
Strom und Heizung (Juli bis Dezember 1973) 277 DM
4 417 DM.
Das FA rügt mit der vom FG zugelassenen Revision die Verletzung von § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1971. Das FG habe die monatlichen Unterhaltszahlungen und die Einräumung des Wohnrechts rechtsirrtümlich als dauernde Lasten behandelt. Die monatlichen Zahlungen von 400 DM stellten eine Leibrente dar, bei der nur der Ertragsanteil (13 v. H. von 6 400 DM = 312 DM) als Sonderausgabe abziehbar sei.
Aufgrund des seinem Vater eingeräumten Wohnrechts habe der Kläger seinem Vater keine wiederkehrenden Leistungen entsprechend einer dauernden Last erbracht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat das FA noch vorgetragen, es habe schon im Klageverfahren vorgebracht, daß der Kläger seinem Vater überhaupt nicht die den Gegenstand des Wohnrechts bildende Wohnung im 1. Stock, sondern statt dessen freiwillig eine Wohnung im Dachgeschoß überlassen habe. Unabhängig davon habe der Kläger auch deswegen keine wiederkehrenden Aufwendungen gehabt, weil seinem Vater der Nutzungswert der von ihm genutzten Wohnung originär zuzurechnen sei. Der Kläger habe nicht zunächst den Nutzungswert dieser Wohnung als Entnahme zu versteuern gehabt. Denn der von seinem Vater genutzte Gebäudeteil stelle notwendiges Privatvermögen dar. Dieser Gebäudeteil könne ungeachtet dessen auch nicht deswegen zum Betriebsvermögen des Klägers gerechnet werden, weil das Grundstück zu mehr als der Hälfte betrieblichen Zwecken diene. Der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (Urteil vom 21. Juli 1982 I R 97/78, BFHE 136, 393, BStBl II 1983, 288 ) und der Regelung in Abschn. 14 Abs. 4 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1981, wonach es unter bestimmten - hier vorliegenden - Voraussetzungen zulässig sei, das gesamte Gebäude als Betriebsvermögen zu behandeln, könne nicht gefolgt werden. Infolgedessen könne der Kläger die anteiligen Kosten für die Wohnung seines Vaters weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten absetzen.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuer 1973 nach einem zu versteuernden Einkommen von 11 545 DM auf 1 550 DM festzusetzen.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Vorentscheidung verletzt § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1971.
1. Wiederkehrende Leistungen, die anläßlich der Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen oder eines gewerblichen Betriebes von Eltern auf ihre Kinder in vorweggenommener Erbfolge aufgrund eines Übertragungsvertrages in Form von Geld, Sachwerten oder Nutzungsüberlassungen vereinbart werden, sind nicht als betriebliche, sondern als private, zu den Sonderausgaben i. S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1971 gehörende Aufwendungen zu beurteilen, wenn sie der Verpflichtete nicht als angemessene Gegenleistung für den erworbenen Betrieb, sondern zur Versorgung des Übertragenden übernommen hat (BFH-Urteile vom 22. September 1982 IV R 154/79, BFHE 136, 527, BStBl II 1983, 99 ; vom 28. Juli 1983 IV R 174/80, BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97 ; vom 20. März 1984 IX R 8/80, BFHE 140, 566, BStBl II 1985, 43 ). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH spricht eine nur in Ausnahmefällen zu widerlegende Vermutung für den familiären, außerbetrieblichen Charakter der Betriebsübertragung und damit für die außerbetriebliche Natur der im Zusammenhang mit dieser Übertragung zugesagten Leistungen der Kinder an ihre Eltern (BFHE 136, 527, BStBl II 1983, 99 ).
Wie der Senat bereits in seinem Urteil in BFHE 140, 566, BStBl II 1985, 43 ausgeführt hat, ist bei den privaten Versorgungsleistungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1971 zu unterscheiden, ob es sich um mit dem Ertragsanteil abziehbare Leibrenten, vollen Umfangs abziehbare dauernde Lasten oder nicht als Sonderausgaben berücksichtigungsfähige einmalige Vermögenszuwendungen handelt. Eine einheitliche Beurteilung der Zuwendung kommt allenfalls wegen Geringfügigkeit einer von mehreren oder aufgrund eines besonders engen Zusammenhangs der verschiedenartigen Versorgungsleistungen in Betracht (BFH-Urteil vom 30. Mai 1980 VI R 153/77, BFHE 130, 524, BStBl II 1980, 575 ).
Die Voraussetzungen einer Leibrente sind erfüllt, wenn regelmäßig wiederkehrende Leistungen in Geld oder vertretbaren Sachen in bestimmter Höhe zu erbringen sind. Dauernden Lasten fehlt hingegen das Merkmal der Gleichmäßigkeit. Sie bestehen in wiederkehrenden Aufwendungen, die ein Steuerpflichtiger für längere Zeit einem anderen gegenüber in Geld- oder Sachwerten von unterschiedlicher Höhe aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung zu leisten hat und die nicht zu bestimmten Einkünften nach § 2 Abs. 3 Nrn. 1 bis 7 EStG 1971 (jetzt § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 7 EStG 1981) gehören (BFH-Urteil vom 17. April 1980 IV R 207/75, BFHE 130, 491, BStBl II 1980, 639 ).
2. Die Rentenzahlungen des Klägers an seinen Vater von 400 DM monatlich sind nach den vorstehenden Grundsätzen - entgegen der Auffassung des FG - als Leibrente i. S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1971 nur mit dem Ertragsanteil als Sonderausgaben abziehbar.
Der Kläger hat nichts zur Widerlegung der Vermutung für das Vorliegen einer außerbetrieblichen Versorgungsrente vorgetragen. Die monatlichen Zahlungen beruhen - entsprechend den Voraussetzungen für eine Leibrente - auf einem einheitlichen Stammrecht und sind in bestimmten, regelmäßig wiederkehrenden - auf Lebenszeit gewährten - gleichmäßigen Beträgen zu leisten. Dies ergibt sich aus § 4 des Vertrages vom 9. Mai 1973, in dem sich der Kläger gegenüber seinem Vater verpflichtete, ihm u. a. lebenslänglich einen monatlichen Unterhalt von 400 DM zu zahlen.
Der Gleichmäßigkeit der vom Kläger übernommenen monatlichen Geldzahlungen und damit der Annahme einer Leibrente steht nicht eine Abänderbarkeit der Höhe dieser Leistungen entgegen.
Die Gleichmäßigkeit der Rentenleistungen wird nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 23. Mai 1973 VI R 375/69, BFHE 109, 446, BStBl II 1973, 680 ; vom 5. Dezember 1980 VI R 118/79, BFHE 132, 84, BStBl II 1981, 265 ; in BFHE 136, 527, BStBl II 1983, 99 ) nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß die Vertragsparteien in dem Übertragungsvertrag eine Wertsicherungsklausel vereinbart haben. Dadurch bleibt die Vorausbestimmbarkeit der Rentenleistungen erhalten; die Gleichmäßigkeit des inneren Werts der Rente wird verstärkt.
Die Gleichmäßigkeit der Rentenleistungen entfiele nur dann, wenn der Kläger mit seinem Vater in dem Übertragungsvertrag ausdrücklich die Abänderbarkeit der Rentenhöhe vereinbart hätte. Dabei hat die Rechtsprechung die "bloße" Bezugnahme auf § 323 der Zivilprozeßordnung (ZPO) in dem Sinne, daß eine Abänderung nicht ausgeschlossen sein solle, schon als ausreichend angesehen, um das Merkmal der Gleichmäßigkeit der Rentenleistungen und damit eine nur mit dem Ertragsanteil abziehbare Leibrente als nicht gegeben zu erachten. Hingegen genügt es bei Vermögensübertragungen - im Gegensatz zu reinen Unterhaltsverträgen - nicht, daß die Vertragsparteien im Vertragswerk zur Abänderbarkeit entsprechend § 323 ZPO nichts vereinbart haben. Denn in Vermögensübergabeverträgen stehen sich Leistungen in einem, wenn auch nicht notwendig kongruenten Abhängigkeitsverhältnis gegenüber. Nur bei einer reinen Unterhaltszusage wird eine Abänderbarkeit schon durch den aus § 323 ZPO zu entnehmenden allgemeinen Rechtsgedanken begründet, daß die Unterhaltsleistungen bei einer Änderung der bei Vertragsschluß maßgeblichen Verhältnisse entsprechend der Leistungsfähigkeit und der Unterhaltsbedürftigkeit der Parteien anzupassen sind (BFH-Urteile vom 27. September 1973 VIII R 77/69, BFHE 111, 37, BStBl II 1974, 103 ; vom 20. Mai 1980 VI R 108/77, BFHE 130, 520, BStBl II 1980, 573 ; vom 19. September 1980 VI R 161/77, BFHE 131, 384, BStBl II 1981, 26 ; vom 22. September 1982 IV R 154/79, BFHE 136, 527, BStBl II 1983, 99 ).
Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Trotz dieses formellen Abgrenzungsmerkmals läßt sich allein mit Hilfe der Maßgeblichkeit einer Abänderungsklausel - wie etwa eine Bezugnahme auf § 323 ZPO - in Fällen der vorliegenden Art zwischen einer Leibrente und einer dauernden Last unterscheiden.
Bei dem zwischen dem Kläger und seinem Vater am 9. Mai 1973 geschlossenen Vertrag handelt es sich um einen Vermögensübertragungs- und nicht um einen reinen Unterhaltsvertrag. Denn in § 1 dieses Vertrages übertrug der Vater dem Kläger im Wege der vorweggenommenen Erbfolge sein gesamtes Vermögen. Der Kläger verpflichtete sich in den §§ 3, 4 und 6 gegenüber seinem Vater, ihm monatlich 400 DM zu zahlen und ihm weitere Geld- und Sachleistungen zu erbringen.
Angesichts dessen kann der Übertragungsvertrag nicht allein aufgrund der Worte "monatlicher Unterhalt von 400 DM" als ein reiner Unterhaltsvertrag beurteilt werden. Das Wort "Unterhalt" muß im Sinne einer Versorgung des Vaters verstanden werden, der die Geldzahlungen ebenso wie die Sachleistungen dienen und die der Kläger für die Übertragung des väterlichen Vermögens übernommen hat. Im übrigen würde die Annahme, daß die monatlichen Zahlungen von 400 DM auf einem reinen Unterhaltsvertrag beruhen, zum Ausschluß ihres Abzuges nach § 12 Nr. 2 EStG führen.
Trotz ihres Charakters als Leibrente können die Versorgungsleistungen von 400 DM monatlich auch nicht wegen Geringfügigkeit gegenüber den übrigen Leistungen oder infolge eines besonders engen Zusammenhangs mit diesen Leistungen als Teil einer dauernden Last beurteilt werden. Im zweiten Halbjahr 1973 betrugen die laufenden monatlichen Barleistungen insgesamt 2 400 DM, während sich demgegenüber der Wert der übrigen Leistungen nur auf insgesamt 2 017 DM belief (Krankenkassenbeiträge 1 320 DM, Wohnrecht 420 DM, Strom und Heizung 277 DM). Umstände für einen besonders engen Zusammenhang der Geldund Sachleistungen sind nicht ersichtlich (vgl. BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97 , m. w. N.).
3. Bei der Entscheidung der Frage, ob der Kläger den Nutzungswert der seinem Vater überlassenen Wohnung als dauernde Last bei seinen Sonderausgaben abziehen darf, geht der Senat entsprechend den tatsächlichen Feststellungen des FG, gegen die das FA keine zulässigen Revisionsangriffe erhoben hat, davon aus, daß der Vater die von ihm bereits früher genutzte Wohnung im 1. Stock des Hauses auch nach der Vermögensübertragung genutzt hat, wie es in § 3 des Vertrages vom 9. Mai 1973 vorgesehen war. Der Vortrag des Vertreters des FA in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, das FA habe schon in der Vorinstanz vorgebracht, daß der Vater überhaupt nicht die ihm vertraglich zugewiesene Wohnung im 1. Stock genutzt habe, vielmehr freiwillig in das Dachgeschoß gezogen sei, kann zwar als Rüge mangelnder Sachaufklärung gewertet werden. Diese Rüge ist jedoch unzulässig, weil das FA sie nicht innerhalb der Revisionsbegründungsfrist erhoben hat (§ 120 Abs. 1 und 2 FGO).
a) Der Abzug des Nutzungswerts der dem Vater überlassenen Wohnung als dauernde Last beim Kläger scheitert daran, daß es insoweit an für die Anerkennung einer dauernden Last nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1971 erforderlichen Aufwendungen des Klägers fehlt. Eine Zuwendung seitens des Verpflichteten kommt nicht in Betracht, wenn die Zuwendung einkommensteuerrechtlich nicht zunächst beim Verpflichteten zu erfassen, sondern unmittelbar und allein dem Berechtigten zuzurechnen ist (vgl. zum generellen Grundsatz der Belastung des Steuerpflichtigen bei Sonderausgaben BFH-Urteil vom 20. Februar 1976 VI R 131/74, BFHE 118, 331).
Die Überlassung der Wohnung konnte einkommensteuerrechtlich schon deshalb nicht Inhalt einer Sachleistung des Klägers an seinen Vater als dauernde Last sein, weil der Nutzungswert unmittelbar beim Vater als obligatorisch Nutzungsberechtigtem nach § 21 Abs. 2 Alternative 2 EStG und nicht zunächst beim Kläger - z. B. als Entnahme - steuerlich zu erfassen ist. Nach der Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH (Urteil vom 29. November 1983 VIII R 215/79, BFHE 140, 199, BStBl II 1984, 366 ), der sich der erkennende Senat anschließt, hat der Nutzende den Nutzungswert nach § 21 Abs. 2 Alternative 2 EStG zu versteuern, wenn der Eigentümer ihm die Wohnung ganz oder teilweise unentgeltlich in der Weise überläßt, daß der Nutzende sie aufgrund einer gesicherten Rechtsposition innehat. Eine gesicherte Rechtsposition ist gegeben, wenn der Eigentümer dem Nutzenden den Gebrauch der Wohnung für eine festgelegte Zeit nicht entziehen kann.
Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 Alternative 2 EStG sind beim Vater des Klägers bezüglich der ihm unentgeltlich überlassenen Wohnung in dem dem Kläger gehörenden Hause erfüllt. Der Vater hatte die Wohnung aufgrund einer gesicherten Rechtsposition inne, die sich für ihn aus § 3 des Vertrages vom 9. Mai 1973 ergab. Danach war er aufgrund eines Leihverhältnisses (§§ 598 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) berechtigt, diese Wohnung unentgeltlich bis zu seinem Lebensende zu bewohnen.
b) Der Nutzungswert der seinem Vater überlassenen Wohnung ist nicht zunächst beim Kläger - entgegen der Beurteilung in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1973 - im Rahmen seiner gewerblichen Einkünfte zu erfassen.
Zwar gehört nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG das gesamte Hausgrundstück einschließlich der vom Vater des Klägers genutzten Wohnung zum Betriebsvermögen des Klägers. Der Vertreter des FA hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst bestätigt, daß das Grundstück zu mehr als zur Hälfte betrieblichen Zwecken diente. Der Kläger durfte daher unter dieser Voraussetzung das gesamte Grundstück als Betriebsvermögen bilanzieren (BFHE 136, 393, BStBl II 1983, 288 ). Soweit das FA sich gegen diese Rechtsprechung wendet und eine Entscheidung entgegen Abschn. 14 Abs. 4 EStR 1981 begehrt, kann sich der erkennende Senat dem nicht anschließen.
Nach § 21 Abs. 3 EStG können jedoch den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb Einkünfte der in den Absätzen 1 und 2 des § 21 EStG bezeichneten Art nur zugerechnet werden, wenn der Kläger einen der Tatbestände des § 21 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG verwirklicht hätte. Dies trifft schon deshalb bezüglich der von seinem Vater genutzten Wohnung nicht zu, weil ihr Nutzungswert nach den vorstehenden Ausführungen nach § 21 Abs. 2 Alternative 2 EStG nicht beim Kläger, sondern bei seinem Vater unmittelbar zu erfassen ist.
Bei der Ermittlung der gewerblichen Einkünfte des Klägers durch Betriebsvermögensvergleich ist die private Nutzung der dem Vater des Klägers überlassenen Wohnung in dem zum Betriebsvermögen gehörenden Gebäude nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG als Entnahme mit dem Teilwert zu berücksichtigen. Dabei ist der Teilwert nach der mit der privaten Nutzung verbundenen Wertabgabe des Betriebs, d. h. mit den tatsächlichen Selbstkosten zu bemessen (BFH-Urteil vom 26. Juli 1979 IV R 170/74, BFHE 129, 315, BStBl II 1980, 176 ). Zu diesem Zwecke sind die Grundstückskosten im Verhältnis der anteiligen betrieblichen und privaten Nutzung aufzuteilen.
Der erkennende Senat weicht mit dieser Beurteilung nicht von der die Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs betreffenden Entscheidung des IV. Senats in BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97 ab. Wenn der IV. Senat dort den Nutzungswert der Altenteilerwohnung beim Übernehmer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs als dauernde Last zum Abzug zugelassen hatte, so erklärt sich dies aus der bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft geltenden Regelung, daß der Nutzungswert der Altenteilerwohnung nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 und § 13 a Abs. 2 Nr. 5 EStG 1975 (jetzt § 13 a Abs. 3 Nr. 4 EStG i. V. m. § 34 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes - BewG -) beim Nutzungswert der Wohnung des Inhabers des landund forstwirtschaftlichen Betriebs mitzuerfassen ist.
4. Eine dauernde Last i. S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1971 bilden beim Kläger jedoch seine anteiligen, auf die Wohnung seines Vaters entfallenden und im Rahmen seiner gewerblichen Einkünfte als Entnahme anzusetzenden Erhaltungsaufwendungen, nicht aber die Absetzungen für Abnutzung (AfA). Die Erhaltungsaufwendungen sind als Wertabgabe aus seinem Betrieb abgeflossen und auch als wiederkehrende Sachleistungen seinem Vater zugeflossen. Der Kläger war nach § 6 des Vertrages vom 9. Mai 1973 verpflichtet, nicht nur - wie im Regelfall der Leihe (§ 598 BGB) - seinem Vater den Gebrauch der Wohnung unentgeltlich zu gestatten, sondern auch zusätzlich ihm die Instandhaltung der Wohnung abzunehmen, mit der Folge, daß sein Vater diese Aufwendungen ersparte, die er ohne die Verpflichtung des Klägers nach § 601 BGB selbst zu tragen gehabt hätte. Dadurch, daß der Vater sich diese obligatorischen Rechte nicht schon vor der Eigentumsübertragung selbst bestellen konnte, sondern auf die dauernde Leistung des Klägers angewiesen ist, unterscheidet sich der vorliegende Fall einer obligatorischen Wohnungsgewährung von einem dinglichen Vorbehaltsnießbrauch, bei dem weder die Duldung der Nutzung durch den Erwerber noch dessen Instandhaltungsmaßnahmen eine Leistung an den Vorbehaltsnießbraucher darstellen (BFH-Urteil vom 7. Dezember 1982 VIII R 166/80, BFHE 139, 23, 27, BStBl II 1983, 660 , 662). Die Übernahme der Instandhaltungskosten ist damit ebenso als dauernde Last zu beurteilen wie die - nicht im Streit befindlichen - Aufwendungen des Klägers für die Beheizung und Beleuchtung der väterlichen Wohnung. Diese vertraglichen Sachleistungen beruhen auf einem besonderen Verpflichtungsgrund i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1971, nämlich dem Vertrag vom 9. Mai 1973, so daß eine Anwendbarkeit des § 12 Nr. 2 EStG ausgeschlossen ist (vgl. Urteil in BFHE 139, 367, 373, BStBl II 1984, 97 , 100).
Gegen die Beurteilung der Übernahme der Instandhaltungsaufwendungen als dauernde Last des Klägers läßt sich nicht einwenden, der Kläger sei mit diesen Sachleistungen an seinen Vater wirtschaftlich nicht belastet, weil Sachaufwendungen auf das ihm gehörende Gebäude in sein Eigentum übergehen. Die Instandhaltungsaufwendungen dienen gegenwärtig dem Vater für seine von ihm zu versteuernde lebenslängliche Nutzung der Wohnung, während der Kläger aufgrund seiner Aufwendungen erst nach dem Tode seines Vaters mit dem Rückempfang einer ordnungsgemäß erhaltenen Wohnung rechnen kann.
Einem Abzug der Instandhaltungsaufwendungen des Klägers auf die väterliche Wohnung als dauernde Last stehen schließlich auch nicht die obigen Erwägungen in Abschnitt 3. a) entgegen, nach denen der Nutzungswert der unentgeltlich überlassenen Wohnung dem nutzenden Vater unmittelbar zuzurechnen ist und daher beim überlassenden Kläger keine dauernde Last sein kann. Demgegenüber haben die Erhaltungsaufwendungen - wie bereits ausgeführt - den Kläger bei seinen gewerblichen Einkünften belastet.
Der Kläger kann jedoch nicht darüber hinaus auch die anteilige AfA als dauernde Last abziehen. Dies ist schon deshalb nicht möglich, weil die Verteilung von Aufwendungen gemäß § 7 EStG in § 10 EStG nicht vorgesehen ist (Urteil in BFHE 139, 23, BStBl II 1983, 660 ).
5. Das angefochtene Urteil war hiernach aufzuheben, weil das FG die baren Versorgungsleistungen des Klägers an seinen Vater und den Nutzungswert der seinem Vater überlassenen Wohnung unzutreffend als dauernde Lasten bei den Sonderausgaben des Klägers angesetzt hat.
Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Es fehlen tatsächliche Feststellungen hinsichtlich der auf die Wohnung des Vaters entfallenden Erhaltungsaufwendungen, die bei den gewerblichen Einkünften des Klägers als Entnahmen anzusetzen und bei den Sonderausgaben als dauernde Last abzuziehen sind. Die Sache geht an das FG zurück, damit dieses die anteiligen Selbstkosten des Klägers feststellt.
Fundstellen
Haufe-Index 426151 |
BStBl II 1985, 610 |
BFHE 1985, 318 |