Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschäftigungszulage nach § 4b InvZulG 1982
Leitsatz (amtlich)
Die Beschäftigungszulage nach § 4b InvZulG 1982 steht dem Pächter eines landwirtschaftlichen Betriebs für im Begünstigungszeitraum (1.Januar bis 31.Dezember 1982) errichtete Gebäude nicht zu, wenn die Bauerlaubnis noch vom Verpächter im Jahre 1980 erwirkt worden war.
Normenkette
InvZulG 1982 § 4b Abs. 2 S. 6
Tatbestand
I. Der Vater des Klägers und Revisionsklägers (Kläger), ein Landwirt (V), stellte im März 1980 einen Bauantrag zum "Neubau eines Stall- und Remisengebäudes und einer Güllengrube sowie Abbruch des bestehenden Wohn-, Stall- und Scheuergebäudes". Die Genehmigung hierfür wurde ihm mit Bescheid vom 27.Juni 1980 erteilt. V führte das Bauvorhaben jedoch nicht aus.
Im Frühjahr 1982 begann vielmehr der Kläger mit dem Abriß und dem Neubau. Er handelte dabei im eigenen Namen und auf eigene Rechnung; nach seinem Vortrag im Klageverfahren tat er dies im Hinblick auf die bereits feststehende pachtweise Übernahme des landwirtschaftlichen Anwesens. Der Pachtvertrag wurde dann am 1.Juli 1982 geschlossen. Einen erneuten Bauantrag hatte der Kläger nicht gestellt. Die Schlußabnahme fand am 7.Oktober 1983 statt.
Mit Antrag vom 20.April 1983 begehrte der Kläger u.a. auch für die von ihm im Wirtschaftsjahr 1981/1982 durchgeführten Baumaßnahmen die Gewährung einer Investitionszulage nach § 4b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1982. Er gab dabei an, er habe nach Aufgabe der Bauabsicht durch V einen neuen, eigenständigen Investitionsentschluß gefaßt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) setzte die Investitionszulage für das Wirtschaftsjahr 1981/1982 auf null DM fest. Das FA wies auch den Einspruch ab; es war unter Hinweis auf Tz.66 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 16.Juni 1982 IV B 2-InvZ 1010-16/82 (BStBl I 1982, 569) der Auffassung, der Kläger müsse sich die bereits vor Beginn des Begünstigungszeitraums getroffene Investitionsentscheidung des V zurechnen lassen.
Die Klage hatte ebenfalls keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) schloß sich der Gesetzesauslegung durch den BMF in dessen Schreiben in BStBl I 1982, 569 an. Den Einwand des Klägers, V habe seine Investitionsentscheidung wieder aufgegeben, hielt es für unbeachtlich. Dieser Vorgang sei im Streitfall wegen der Hofübernahme nicht anders zu werten, als wenn ein und derselbe Steuerpflichtige nach zwischenzeitlicher Abstandnahme von seiner Bauabsicht die genehmigten Pläne dann doch noch ―im Begünstigungszeitraum― verwirklicht hätte.
Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom FG zugelassenen Revision. Er rügt die Verletzung des § 4b Abs.2 InvZulG 1982.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidungen des FG und des FA aufzuheben und die Investitionszulage unter Abänderung des Bescheides vom 28.Februar 1984 auf … DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß die vom Kläger durchgeführten Baumaßnahmen nicht nach § 4b InvZulG 1982 begünstigt waren.
1. Eine Investitionszulage nach § 4b InvZulG 1982 (sog. Beschäftigungszulage) kann für die hier hergestellten Wirtschaftsgüter u.a. nur dann gewährt werden, wenn mit ihrer Herstellung nachweislich nach dem 31.Dezember 1981 (und vor dem 1.Januar 1983) begonnen worden ist (§ 4b Abs.2 Satz 2 InvZulG 1982). Gemäß Abs.2 Satz 3 derselben Vorschrift gilt bei Baumaßnahmen, zu deren Durchführung eine Baugenehmigung erforderlich ist, als Beginn der Herstellung der Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Baugenehmigung gestellt wird. Danach sind genehmigungspflichtige Baumaßnahmen ―von deren Vorliegen die Beteiligten übereinstimmend ausgehen― grundsätzlich nur dann zulagebegünstigt, wenn der Bauantrag innerhalb des Begünstigungszeitraums gestellt worden ist.
Eine Regelung wie in § 4b Abs.2 Satz 6 InvZulG 1975, wonach in Fällen, in denen der Antrag auf Baugenehmigung vor dem Beginn des (seinerzeitigen) Begünstigungszeitraums gestellt worden war, als Beginn der Herstellung der Beginn der Bauarbeiten galt, fehlt in § 4b InvZulG 1982. Der Gesetzgeber hat hier auf eine entsprechende Vorschrift aus haushaltspolitischen Erwägungen bewußt verzichtet (s. BTDrucks 9/1507, S.8). § 4b InvZulG 1982 hatte demnach den Zweck, Steuerpflichtige anzuregen, Investitionsentschlüsse innerhalb des Begünstigungszeitraums zu fassen und alsbald zu verwirklichen. Bereits getroffene Investitionsentscheidungen, die noch nicht zur Ausführung gekommen waren, sollten hingegen nicht gefördert werden (s. auch Urteil des Senats vom 23.Mai 1990 III R 44/87, BStBl II 1990, 1037).
2. Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger eine Beschäftigungszulage nicht zu. Daran ändert auch nichts der Umstand, daß den maßgebenden Bauantrag bereits V im Jahre 1980 gestellt hatte.
a) Es ist dem Kläger zwar zuzugeben, daß auf den Streitfall nicht in erster Linie die vom Senat zum Eintritt in einen Vertrag über die Lieferung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes entwickelten Grundsätze (s. insbesondere das Urteil vom 18.Oktober 1985 III R 160/81, BFHE 145, 476, BStBl II 1986, 80) anzuwenden sind. Denn in diesen Fällen besteht für den Bestellenden regelmäßig keine Möglichkeit mehr, vom Vertrag Abstand zu nehmen und sich so von der einmal getroffenen Investitionsentscheidung zu lösen. Deswegen liegt es nahe, diesen ursprünglichen Entschluß auch in der Person des Vertragsübernehmers fortwirken zu lassen.
b) Der Streitfall ist vielmehr mit jenem zu vergleichen, in dem ein Steuerpflichtiger ein im Bau befindliches Gebäude erwirbt und es auf eigene Kosten fertigstellt. Einen derartigen Vorgang hat der erkennende Senat im Urteil vom 21.September 1984 III R 109/78 (BFHE 142, 94, BStBl II 1985, 17) als nicht begünstigt i.S. des § 4b InvZulG 1975 angesehen, weil der Rechtsvorgänger mit den Bauarbeiten bereits vor Beginn des Begünstigungszeitraums begonnen und der Erwerber das Gebäude in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den Baumaßnahmen des Veräußerers fertiggestellt hatte. Die Anwendung der dort aufgezeigten Grundsätze führt auch hier zur Versagung der Zulage.
Der Kläger war ―wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist― bereits im Frühjahr 1982, als er mit den Bauarbeiten begann, Nutzungsberechtigter i.S. des § 4b Abs.2 Satz 6 InvZulG 1982. Als solchem standen ihm auch die Rechte aus dem noch von V durchgeführten Baugenehmigungsverfahren zu. Der Kläger hat davon auch Gebrauch gemacht, indem er die Baumaßnahmen ohne Beantragung einer neuen Baugenehmigung aufgrund der dem V erteilten Genehmigung durchführte.
Ist der Kläger mithin zulagenrechtlich dem Erwerber eines im Bau befindlichen Gebäudes gleichzustellen, sind auch die weiteren Grundsätze der Senatsentscheidung in BFHE 142, 94, BStBl II 1985, 17 anzuwenden. Die Beschäftigungszulage steht dem Kläger danach nicht zu, wenn er in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Durchführung des Baugenehmigungsverfahrens durch V, seinem späteren Verpächter, mit den genehmigten Baumaßnahmen begonnen hat.
Davon ist im Streitfall auszugehen.
Den engen sachlichen Zusammenhang sieht der Senat darin, daß der Kläger die Baumaßnahmen, wie von V beantragt und von der zuständigen Behörde genehmigt, durchgeführt hat. Er hatte keine neue Baugenehmigung beantragt und auch keine anderen Wirtschaftsgüter als die genehmigten hergestellt (vgl. hierzu das Urteil des Senats vom 30.September 1988 III R 34/87, BFH/NV 1989, 457).
Auch den unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang sieht der Senat im Streitfall als noch gewahrt an. Anders als im Fall des Urteils in BFHE 142, 94, BStBl II 1985, 17 liegen hier zwar (anstelle von nur vier Monaten) immerhin ca. zwei Jahre zwischen dem Tätigwerden des V und jenem des Klägers. Doch ist zu berücksichtigen, daß § 4b InvZulG 1982 ―im Gegensatz zu § 4b InvZulG 1975― gleichsam auf Vorrat liegende Bauvorhaben nicht begünstigen wollte. § 4b Abs.2 Satz 3 InvZulG 1982 stellt für den Beginn der Herstellung baugenehmigungspflichtiger Vorhaben grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Baugenehmigung ab; anders als bei § 4b InvZulG 1975 (s. dort Abs.2 Satz 6) ist ein vor Beginn des Begünstigungszeitraums gestellter Baugenehmigungsantrag grundsätzlich als zulageschädlich anzusehen.
Das gilt auch für den Streitfall. Dabei läßt sich der Senat von der Vorstellung leiten, daß der Gesetzgeber grundsätzlich jedenfalls noch solche Vorhaben von der Zulagengewährung ausschließen wollte, für die bereits im Laufe des Jahres 1980 der Bauantrag gestellt worden war. Denn angesichts der damals herrschenden Hochzinsphase konnte angenommen werden, daß zu jenem Zeitpunkt zahlreiche Steuerpflichtige Bauanträge auf Vorrat gestellt hatten, um dann später unter günstigeren Bedingungen unverzüglich bauen zu können. In diesen Fällen wirkte die ursprünglich getroffene Investitionsentscheidung latent weiter; die Verwirklichung derartiger Entschlüsse im Begünstigungszeitraum sollte nach dem Willen des Gesetzgebers (s. hierzu auch oben unter Nr.1) nicht durch eine Zulagengewährung gefördert werden.
Im Streitfall kommt hinzu, daß der Kläger im bisherigen Verfahren zwar stets behauptet hat, V habe seine Investitionsentscheidung aufgegeben. Dafür sprechende Gründe hat er jedoch nicht vorgetragen.
Fundstellen
Haufe-Index 63266 |
BFH/NV 1991, 28 |
BStBl II 1991, 312 |
BFHE 164, 161 |
BFHE 1992, 161 |
BB 1991, 965 |
BB 1991, 965-966 (LT) |
DB 1991, 1311 (L) |
HFR 1991, 358 (LT) |
StE 1991, 114 (K) |