Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufgeld bei Optionsanleihe als Einlage
Leitsatz (amtlich)
Der Zufluss eines Aufgeldes bei der Ausgabe von Optionsanleihen begründet steuerrechtlich eine Einlage.
Normenkette
EStG 1999 § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 6; HGB § 272 Abs. 2 Nr. 2; AktG § 186 Abs. 1, §§ 187, 192 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 256 Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin einer AG, der A. Diese hatte 1989 Schuldverschreibungen in Form von Optionsanleihen mit einem Gesamtnennbetrag von 100 Mio. DM ausgegeben. Laut beigefügtem Optionsschein berechtigten sie innerhalb der Laufzeit von 10 Jahren zu einem Bezug von Aktien der A zu einem bestimmten Kurs. Dafür waren die Anleihen mit einem Aufgeld von 20 v.H. ausgestattet. Das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre wurde nicht ausgeschlossen.
Die A stellte das bezogene Aufgeld gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) in die Kapitalrücklage ein. Im Zuge einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, steuerrechtlich liege keine Einlage vor; allerdings ließ er einen Passivposten "Rücklage wegen noch nicht ausgeübter Optionsrechte" zu. Im Rahmen der Verschmelzung der A auf die Klägerin zum 1. April 1997 gewährte die Klägerin den Inhabern der Schuldverschreibungen gleichwertige Rechte zum Erwerb eigener Aktien. Die von der A gebildete "Rücklage" führte sie in ihrer Steuerbilanz fort.
Am Ende der Optionsfrist im Streitjahr 1999 waren die Optionsrechte von den Optionsinhabern ganz überwiegend nicht ausgeübt worden, sodass ein Aufgeld in Höhe von 19 994 002 DM keiner Ausgabe von Aktien zuzuordnen war. Die Auflösung des entsprechenden Teiles der "Rücklage wegen noch nicht ausgeübter Optionsrechte" behandelte die Klägerin in ihrer Steuererklärung für das Streitjahr als steuerfreie Einnahme. Hingegen erfasste der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) die Auflösung der Rücklage insoweit als Betriebseinnahme und setzte die Körperschaftsteuer entsprechend fest.
Die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf entschied mit Urteil vom 28. Oktober 2003 6 K 5326/01, zu Recht habe das FA das zu versteuernde Einkommen der Klägerin um den streitigen Betrag der aufgelösten Rücklage erhöht. Im Einzelnen wird auf die in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 288 abgedruckten Entscheidungsgründe verwiesen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts (§ 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB). Sie beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Körperschaftsteuer für das Streitjahr wie von ihr erklärt festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Zu Unrecht hat das FG entschieden, dass das von der Klägerin für die Ausgabe nicht ausgeübter Optionen auf Aktienerwerb erzielte Aufgeld im Streitjahr erfolgswirksam zu vereinnahmen sei. Es bildet vielmehr auch mit steuerlicher Wirkung ―bereits mit seinem Zufluss― Eigenkapital.
1. Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) bestimmt sich das Einkommen der Klägerin nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) und "dieses" Gesetzes. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Das jeweilige Betriebsvermögen richtet sich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB). Diese ergeben sich vornehmlich aus den "Vorschriften für alle Kaufleute" der §§ 238 ff. HGB. Für Kapitalgesellschaften sind zusätzlich die einschlägigen "Ergänzenden Vorschriften für Kapitalgesellschaften" der §§ 264 ff. HGB heranzuziehen. Darunter fallen, soweit ihnen materielle Bedeutung zukommt, auch die Vorschriften über die Gliederung der Bilanz (§§ 266 ff. HGB) und der Gewinn- und Verlustrechnung (§§ 275 ff. HGB).
2. Unter das bei Kapitalgesellschaften auszuweisende Eigenkapital fallen gemäß § 266 Abs. 3 A.II. HGB auch Kapitalrücklagen. Diese umfassen nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB u.a. den ―vorliegend streitigen― Betrag, der durch die Gesellschaft bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt wird.
Bereits der Wortlaut des § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB lässt erkennen, dass ein bei der Ausgabe derartiger Optionsanleihen erzieltes Aufgeld bei späterer Nichtausübung der Option seine Zugehörigkeit zur Kapitalrücklage nicht verliert. Es ist allein auf den "bei der Ausgabe erzielten" Betrag abzustellen. Die Gewinn- und Verlustrechnung wird durch die Vereinnahmung des Aufgeldes somit zu keinem Zeitpunkt berührt (vgl. dazu insbesondere Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., HGB § 272 Tz. 113, 129; mit ausführlicher Begründung und weiteren Nachweisen Kropff, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht ―ZGR― 1987, 285, 287 ff.; vgl. auch Berger/M.Ring in Beck'scher Bilanz-Kommentar, Handels- und Steuerrecht, 5. Aufl., § 253 HGB Anm. 92 f.).
3. Für die steuerliche Gewinnermittlung gilt im Ergebnis nichts Abweichendes. Zwar sind dabei gemäß § 5 Abs. 6 EStG u.a. die (steuerlichen) Vorschriften über die Einlagen zu befolgen; insoweit besteht daher keine Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz. Das erzielte Aufgeld stellt jedoch auch steuerlich eine Zuführung zum Eigenkapital und damit Einlage i.S. des § 4 Abs. 1 EStG dar. Daher braucht nicht abschließend auf die Frage eingegangen zu werden, ob das Steuerrecht eine Definition der Einlage enthält, die bereits systematisch über den handelsrechtlichen Einlagebegriff hinausreicht (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 29. Mai 1996 I R 118/93, BFHE 180, 405, BStBl II 1997, 92; Wassermeyer, Steuerberater-Jahrbuch ―StbJb― 1985/1986, 213, 221; Döllerer, Die Aktiengesellschaft ―AG― 1986, 237, 242; Knobbe-Keuk, ZGR 1987, 312, 313); dies hätte zur Folge, dass im Falle einer Einlage im handelsrechtlichen Sinne jedenfalls auch eine solche im Sinne des Steuerrechts zu bejahen wäre.
Einlagen im steuerlichen Sinne sind gemäß § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb zuführt (zum Begriff der "sonstigen Wirtschaftsgüter" unter entsprechender Heranziehung des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG vgl. Wassermeyer, StbJb 1985/1986, 213, 220). Es handelt sich um Vermögensmehrungen, die dem Betrieb aus dem außerbetrieblichen Bereich des Unternehmers zufließen. Da Kapitalgesellschaften keinen außerbetrieblichen Bereich aufweisen und zudem zwischen den Anteilseignern und den Gesellschaftern als verschiedenen Steuerrechtssubjekten zu unterscheiden ist, ist diese Formel i.S. des § 8 Abs. 1 KStG auf die Besonderheiten der Kapitalgesellschaften zu übertragen (vgl. dazu auch § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a.F.). Aus dieser Sicht dienen Einlagen der Korrektur des Ergebnisses des Betriebsvermögensvergleichs um betriebsfremde Vorgänge, umgekehrt der Erfassung lediglich betrieblich bedingter Geschäftsvorfälle (vgl. Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 24. Aufl., § 4 Rz. 300; Plückebaum, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 4 Rdnr. B 220; Crezelius in Kirchhof, a.a.O., 5. Aufl. § 4 Rn. 87; Hein, Finanz-Rundschau ―FR― 1986, 421, 422; Arndt/Muhler, Der Betrieb ―DB― 1988, 2167, 2168); sie bilden daher ein Instrument der "Binnenkorrektur" des Betriebsvermögensvergleichs (Blümich/Wacker, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 4 EStG Rz. 171, 201). Im Hinblick auf die Besonderheiten von Kapitalgesellschaften sind als Einlagen somit Mehrungen des Betriebsvermögens zu behandeln, die der Gesellschaft nicht aus betrieblichen Gründen, sondern im Hinblick auf ein Gesellschaftsverhältnis gewährt worden sind (vgl. dazu allgemein BFH-Beschluss vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307, m.w.N.). Entscheidend ist insoweit die jeweilige Ursächlichkeit (Döllerer, AG 1986, 237, 241).
4. a) Die Leistung des vom jeweiligen Erwerber einer Optionsanleihe zu erbringenden Aufgeldes findet ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis (vgl. Knobbe-Keuk, ZGR 1987, 312; Berger/ M.Ring in Beck Bil-Komm., § 253 Anm. 92 f.; Döllerer, AG 1986, 237; Arndt/Muhler, DB 1988, 2167, m.w.N.; Muhler, Optionsanleihen im Ertragsteuerrecht, Dissertation Mannheim 1988, 116, 137 f.; Berger/Klotz, DB 1993, 953, 955; Hein, FR 1986, 421, 423; a.A. Häuselmann, Betriebs-Berater ―BB― 2000, 139, 143).
Die Inhaber von Optionsanleihen haben neben und unabhängig von der Schuldverschreibung, die weiterbestehende Gläubigerrechte begründet, jeweils das Recht erworben, durch einseitige Erklärung eine Aktie dieser Gesellschaft zum bestimmten Optionspreis zu erwerben. Diese Rechtsposition begründet ein Bezugsrecht für neue Anteile an der Gesellschaft, das grundsätzlich den Gesellschaftern selbst zusteht (§ 186 Abs. 1, § 187 des Aktiengesetzes ―AktG―). Mit dem Beschluss über die Einräumung von Bezugsrechten spalten die Gesellschafter somit eine Teilsubstanz ihrer eigenen Mitgliedschaftsrechte ab (vgl. auch BFH-Urteile vom 21. Januar 1999 IV R 27/97, BFHE 188, 27, BStBl II 1999, 638; vom 22. Mai 2003 IX R 9/00, BFHE 202, 309, BStBl II 2003, 712; laut Döllerer, AG 1986, 237, und Beater in Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 1991, § 272 Rz. 44, eine "Vorstufe für den Erwerb von Aktien"), um sie auf die Erwerber zu übertragen. Diese erwerben damit eine eigene unentziehbare mitgliedschaftsrechtliche Position (vgl. dazu im Einzelnen Kropff, ZGR 1987, 285, 296 f., 299).
Diesem Ergebnis steht nicht das Senatsurteil vom 21. Februar 1973 I R 106/71 (BFHE 109, 22, BStBl II 1973, 460) entgegen, da in dieser Entscheidung nicht Optionsanleihen zu beurteilen waren, sondern die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen mit Umtauschrecht auf Aktien, die ―bis zur Geltendmachung dieses Umtauschrechts durch die Gläubiger (d.h. Aufgabe ihrer Rechte aus der Schuldverschreibung)― dem Bereich der Fremdkapitalbeschaffung zugeordnet wurde.
b) Aufgrund der vorstehenden Grundsätze setzt eine Einlage nicht zwingend eine Zuführung zum Betriebsvermögen durch einen Gesellschafter, also durch eine Person voraus, die bereits Anteile an der Gesellschaft hält (a.A. Verfügung der Oberfinanzdirektion ―OFD― Düsseldorf vom 23. März 2001, DB 2001, 1337, 1338; Uelner, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht ―JbFSt― 1986/1987, 11, 17 ff.). Vielmehr können Einlagen auch Zuführungen sein, die von einem (Noch-)Nichtgesellschafter zur Erlangung einer unentziehbaren Anwartschaft auf eine Gesellschafterstellung erfolgen. Deren Ursächlichkeit im gesellschaftsrechtlichen Bereich könnte nur eine Ursächlichkeit des Zuflusses im betrieblichen Bereich der Gesellschaft entgegenstehen. Letzteres würde indessen ein Austauschverhältnis ("do ut des") in deren eigenem geschäftlichen Bereich voraussetzen, das bei Einräumung einer ―ausschließlich von den Altgesellschaftern, nicht hingegen von der Gesellschaft oder dem für sie handelnden Vorstand abgeleiteten― Anwartschaft auf den Erwerb neuer Aktien dieser Gesellschaft ausscheidet. Der Gesellschaft fließt zwar das Optionsentgelt zu; eine Leistung zu Lasten ihres eigenen Betriebsvermögens erbringt sie jedoch nicht (vgl. Griemla, FR 2005, 565, 568, 575).
Gegen diese Beurteilung spricht nicht das Senatsurteil vom 14. November 1984 I R 50/80 (BFHE 142, 453, BStBl II 1985, 227), in dem für die Annahme einer verdeckten Einlage gefordert wurde, dass die Zuwendung ihre Ursache in einem ―schon bestehenden― Gesellschaftsverhältnis findet. Zum einen können Aufgelder für Optionen auf Anteilserwerb nicht Gegenstand verdeckter Einlagen sein (vgl. etwa Wassermeyer, StbJb 1985/1986, 213). Zum Anderen wird in der genannten Entscheidung auf das Urteil vom 14. August 1974 I R 168/72 (BFHE 114, 41, BStBl II 1975, 123) verwiesen, wo ―auch hinsichtlich einer verdeckten Einlage― allein auf die Ursächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses abgestellt wird. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung auch für verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) als ausreichend angesehen worden, dass die Leistung der Gesellschaft zwar vor Begründung des Gesellschaftsverhältnisses erbracht worden ist, ihren Grund aber dennoch in diesem Gesellschaftsverhältnis fand (BFH-Urteil vom 24. Januar 1989 VIII R 74/84, BFHE 156, 126, BStBl II 1989, 419).
c) Die Gleichsetzung von Anwartschaften auf Anteile an Kapitalgesellschaften mit den Beteiligungen selbst ist dem Einkommensteuerrecht nicht fremd. Die Klägerin weist zu Recht auf § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG hin, wo (im Hinblick auf deren Veräußerung) Anwartschaften auf Beteiligungen (damit auch Optionsrechte; vgl. z.B. Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 17 Rz. 29) der Inhaberschaft an den Beteiligungen gleichgestellt werden. Auch wenn insoweit nicht von einem "generellen Spiegelbild-Prinzip" auszugehen ist (vgl. Häuselmann, BB 2000, 139), ist eine Gleichbehandlung von Anwartschaften auf Anteile aus der Sicht der Anteilseigner als auch der emittierenden Gesellschaft jedenfalls systemgerecht.
d) Schließlich ist der Streitfall nicht mit dem vom Senat mit Urteil vom 18. Dezember 2002 I R 17/02 (BFHE 201, 234, BStBl II 2004, 126) entschiedenen Fall vergleichbar (so aber FG München, Urteil vom 4. Februar 2004 7 K 4666/01, EFG 2004, 846). Dort war über die Verpflichtung des Veräußerers einer Option (Stillhalter) zu entscheiden, auf Verlangen des Optionsberechtigten innerhalb der Optionsfrist den Optionsgegenstand, der in durch Dritte emittierten Wertpapieren bestand, zu vorbestimmten Konditionen zu verkaufen oder zu kaufen (Call/Put-Option). Diese Verpflichtung ist in Höhe der dafür vereinnahmten Prämie auszuweisen; die Verbindlichkeit ist bei Ausübung oder Verfall der Option auszubuchen.
Im Streitfall bestand zwar ebenfalls ein "Bezugsrechtsverhältnis" (vgl. Urteil des FG München in EFG 2004, 846). Gegenstand der Option waren aber nicht wie im Falle des BFH-Urteils in BFHE 201, 234, BStBl II 2004, 126 fremde Aktien, deren Verkauf oder Ankauf aus dem Betriebsvermögen der Gesellschaft zu leisten war; vielmehr waren im Falle der Ausübung der Option Gesellschaftsrechte in Form neuer Aktien der Gesellschaft selbst, wenn auch zu vorbestimmten Konditionen einzuräumen. Dieses Rechtsverhältnis folgte zudem lediglich als Reflex aus der bereits bestehenden mitgliedschaftsrechtlichen Rechtsposition des Optionsinhabers, die nach Inhalt und Entstehung dem Bereich der gesellschaftsrechtlichen, nicht hingegen der betrieblichen Verursachung zuzuordnen ist. Entscheidend für die Klassifizierung der aus der Option fließenden Verpflichtung kann nur die Verursachung des zugrunde liegenden Bezugsrechts im gesellschaftsrechtlichen oder betrieblichen Bereich sein (vgl. Döllerer, AG 1986, 237).
5. Unabhängig von der Qualifizierung des Aufgeldes als Gegenstand einer Einlage durch den jeweiligen Erwerber der Option ist aber auch eine (zumindest mittelbare) Einlage der "Alt-" Gesellschafter zu bejahen. Diese stellen nämlich einerseits das von ihren Gesellschafterrechten abgespaltene Bezugsrecht des Erwerbers der Option bereit; daraus folgt der Tatbestand einer Veräußerung i.S. des § 17 EStG dieses Bezugsrechts durch die Altgesellschafter (vgl. BFH-Urteile vom 19. April 2005 VIII R 68/04, BFHE 209, 476, BStBl II 2005, 762, m.w.N.; vom 13. Oktober 1992 VIII R 3/89, BFHE 169, 336, BStBl II 1993, 477). Andererseits nehmen die Altgesellschafter durch die Ausgabe von Optionen und die damit verbundene bedingte Kapitalerhöhung im Hinblick auf ihre bisherigen Gesellschafterrechte einen "Verwässerungseffekt" in Kauf. Diese "Verfügungen" der Altgesellschafter über ihre Gesellschafterrechte sollen durch die Erhebung des Aufgeldes abgegolten werden. Nicht entscheidend ist dabei, ob das Aufgeld betragsmäßig dem (Markt-)Wert des Bezugsrechts entspricht. Die Tatsache, dass das Aufgeld nicht den Gesellschaftern, sondern unmittelbar der Gesellschaft zufließt, begründet eine durch das Gesellschaftsverhältnis bedingte Vermögensmehrung bei der Gesellschaft, eine erfolgswirksame Vereinnahmung durch die Gesellschaft scheidet somit aus (vgl. dazu Küting in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, Einzelabschluss, HGB § 272 Rn. 77; Loos, BB 1988, 369, 370 f.; vgl. dazu ebenfalls Kropff, ZGR 1987, 285, 299; a.A. Häuselmann, BB 2000, 139).
6. a) Da nach den vorstehenden Grundsätzen das Aufgeld zum Erwerb einer Optionsanleihe bereits mit seiner "Erzielung", nicht hingegen erst bei einer späteren positiven Ausübung der Option als Einlage zu qualifizieren ist, besteht ―entgegen der Vorentscheidung― in der Zwischenzeit kein Schwebezustand, der bis zur Verfügung über die Option erfolgsneutral zu "überbrücken wäre", um im Falle der Nichtausübung zur Erfassung einer betrieblichen Einnahme zu führen (a.A. Verfügung der OFD Düsseldorf in DB 2001, 1337; Uelner, JbFSt 1987/1988, 11, 20 f.; Häuselmann, BB 2000, 139, 144). Dem Ansatz einer Anzahlung (vgl. Verfügung der OFD Düsseldorf in DB 2001, 1337) steht bereits entgegen, dass das Aufgeld bei Nichtausübung der Option nicht zurückzugewähren ist; ein Sonderposten mit Rücklageanteil (§ 247 Abs. 3, § 273 HGB) in Form einer "Rücklage wegen noch nicht ausgeübter Optionsrechte", wie er vom FA eingestellt worden ist, ist gesetzlich nicht definiert.
Auch der Ansatz einer Verbindlichkeit scheidet aus (a.A. Urteil des FG München in EFG 2004, 846), da die Verpflichtung der Gesellschaft aus einem Bezugsrecht des Optionsinhabers in Form einer Anwartschaft folgt, deren Einräumung dem gesellschaftsrechtlichen Bereich zuzuordnen ist. Auch eine aus dieser Anwartschaft folgende und ihr entsprechende Verpflichtung kann daher nicht betrieblich bedingt sein. Das sich daraus ergebende handelsrechtliche Ansatzverbot ist auch für die Steuerbilanz maßgeblich.
b) Die rechtliche Zuordnung des für den Erwerb einer Option geleisteten Aufgeldes als Einlage i.S. des § 4 Abs. 1 EStG entfällt nicht nachträglich, soweit die erworbene Option ―wie vorliegend― nicht ausgeübt wird (vgl. Berger/Klotz, DB 1993, 953, 956). Die rückwirkende Umbuchung einer Einlage in einen betrieblich bedingten Ertrag ist allenfalls als Fehlerberichtigung denkbar (vgl. BFH-Urteile vom 6. Juli 1995 IV R 84/94, BFHE 178, 189, BStBl II 1995, 833; vom 18. April 1973 I R 57/71, BFHE 109, 505B, BStBl II 1973, 700; vom 2. August 1983 VIII R 15/80, BFHE 139, 79, BStBl II 1983, 736), aufgrund des Eintritts einer vorgegebenen Sachverhaltsalternative indessen ausgeschlossen.
Für dieses Ergebnis spricht vornehmlich auch die in der Handelsbilanz erfolgte definitive Zuordnung des Aufgeldes zur Kapitalrücklage i.S. des § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB. Da das Aufgeld handelsrechtlich auch bei Nichtausübung der Option nicht als Gewinn verwendet werden darf, hat die Besteuerung eines "Gewinns" ebenfalls auszuscheiden. Andernfalls würde das Aufgeld, obwohl in voller Höhe in der Kapitalrücklage auszuweisen, durch eine Besteuerung gemindert. Diese Konsequenz würde, auch wenn eine Maßgeblichkeit der Handelsbilanz insoweit nicht besteht, zu einem unlösbaren Wertungswiderspruch zwischen Handels- und Steuerrecht führen (vgl. dazu Knobbe-Keuk, ZGR 1987, 312; Berger/Klotz, DB 1993, 953, 957; Arndt/Muhler, DB 1988, 2167; Loos, DB 1988, 369, 373; im Ergebnis auch Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, Umwandlungssteuergesetz, § 8 KStG Rz. 81, allerdings im Sinne der Auflösung einer zwischenzeitlich zu bildenden Rücklage), der mit dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung nicht zu vereinbaren wäre (vgl. auch BFH-Urteil vom 18. Juli 1973 I R 88/71, BFHE 110, 129, BStBl II 1973, 790, a.E.). Folge einer Verletzung der Vorschriften über die Einstellung und Entnahme von Beträgen u.a. der Kapitalrücklage wäre zudem die Nichtigkeit des festgestellten Jahresabschlusses der Gesellschaft (§ 256 Abs. 1 Nr. 4 AktG); weiter würden die vertretungsberechtigten Organe der Gesellschaft damit ordnungswidrig handeln (§ 341n Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c HGB).
7. Nach alledem war die Vorentscheidung aufzuheben. Der Senat konnte in der Sache entscheiden, der Klage war stattzugeben. Da sich aus der Behandlung des Aufgeldes durch das FA (infolge der Passivierung einer entsprechenden Rücklage) in den dem Streitjahr vorausgehenden Wirtschaftsjahren keine steuerlichen Auswirkungen ergeben haben, ist die vom FA eingestellte "Rücklage wegen noch nicht ausgeübter Optionsrechte" entsprechend dem Antrag der Klägerin in der der Ermittlung ihres Einkommens für das Streitjahr 1999 maßgeblichen Anfangsbilanz auszubuchen (vgl. BFH-Urteil vom 29. Oktober 1991 VIII R 51/84, BFHE 166, 431, BStBl II 1992, 512); daraus folgt die Gegenbuchung einer Einlage.
Fundstellen
Haufe-Index 1466109 |
BFH/NV 2006, 426 |
BStBl II 2008, 809 |
BFHE 2006, 339 |
BFHE 211, 339 |
BB 2006, 258 |
BB 2006, 318 |
BB 2007, 40 |
DB 2006, 130 |
DB 2007, 19 |
DStRE 2006, 259 |
DStZ 2006, 97 |
HFR 2006, 245 |