Leitsatz (amtlich)

Gemeinden und Ämter (rechtsfähige Gebietskörperschaften in Nordrhein-Westfalen) gehören nicht zu dem Kreis der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStGemG NW vom 14. Juli 1964 begünstigten Erwerber.

 

Normenkette

GrEStGemG NW vom 14. Juli 1964 (GVBl NW S. 258) § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarben durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 23. August 1967 Grundstücke von insgesamt 36 076 qm zu Miteigentum, um darauf einen Müllabladeplatz zu errichten. Die Anträge auf Grunderwerbsteuerbefreiung lehnte das FA (Beklagter und Revisionsbeklagter) ab, da es sich bei den Grundstücken nicht um öffentliche Plätze im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a GrEStG handele. Die Einsprüche wies das FA mit der Begründung zurück, weder die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a GrEStG noch die des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Befreiung des Grunderwerbs zu gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecken von der Grunderwerbsteuer des Landes Nordrhein-Westfalen (NW) vom 14. Juli 1964 - GrEStGemG - (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1964 S. 258 - GVBlNW 1964, 258 -) seien erfüllt.

Die Klagen hat das FG abgewiesen. Es hat im wesentlichen ausgeführt, die Kläger seien keine inländischen Körperschaften der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStGemG genannten Art, da sie wegen ihrer hoheitlichen Betätigung und der Möglichkeit der Unterhaltung wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe nicht ausschließlich gemeinnützigen Zwecken im Sinne des § 17 StAnpG und der Vorschriften der Verordnung zur Durchführung der §§ 17 bis 19 StAnpG (Gemeinnützigkeitsverordnung) dienten.

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revisionen sind unbegründet.

Zutreffend geht das FG davon aus, daß die Befreiungsvorschriften des § 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a GrEStG und des § 1 Abs. 2 GrEStGemG im Streitfall nicht anzuwenden sind, da die Kläger mit dem Erwerb der Grundstükke zum Zwecke der Errichtung eines Müllplatzes die in diesen Vorschriften genannten Voraussetzungen nicht erfüllen. Die Kläger können aber auch nicht die Grunderwerbsteuerfreiheit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStGemG für sich in Anspruch nehmen, denn sie gehören nicht zu den in dieser Vorschrift genannten inländischen Körperschaften. Damit liegen schon in subjektiver Hinsicht die erforderlichen Voraussetzungen nicht vor. Gegen die Auffassung der Kläger, sie seien wegen ihrer dem allgemeinen Wohl dienenden Aufgaben zu den inländischen Körperschaften im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStGemG zu rechnen, sprechen der Wortlaut und der Sinnzusammenhang dieser Vorschrift. Das GrEStGemG schränkt den Kreis der begünstigten Personen auf inländische Körperschaften ein, die nach Satzung, Stiftung oder sonstiger Verfassung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienen. Gemeinden (bzw. Städte, Ämter) erfüllen öffentliche Aufgaben im Sinne des allgemeinen Wohls und sind im Rahmen ihrer Selbstverwaltungsaufgaben und der ihnen übertragenen Aufgaben mit allgemeinen Hoheitsrechten und Hoheitsgewalt ausgestattet. Der Begriff der Gemeinnützigkeit im Sinne des Steuerrechts (§ 17 StAnpG) ist jedoch enger als der des allgemeinen Wohls. Die Wahrnehmung dieser öffentlichen Aufgaben kann deshalb steuerrechtlich nicht zwangsläufig der Erfüllung gemeinnütziger Zwecke gleichgeachtet werden, insbesondere insoweit nicht, als sie steuerrechtlich nicht als gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannt sind (vgl. Urteil des BFH vom 5. Juli 1972 II R 133/68, BFHE 107, 49, BStBl II 1972, 911, mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Auch die vernünftige privatwirtschaftliche Betätigung dient letztlich dem allgemeinen Wohl, ohne daß sich hieraus ein Anspruch auf Steuerbegünstigung wegen Gemeinnützigkeit ableiten ließe (Urteil des RFH vom 26. November 1935 I A 92/34, RFHE 38, 317, RStBl 1936, 203). Körperschaften des öffentlichen Rechts erfüllen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 GrEStGemG nur dann, wenn sie - ebenso wie Vereinigungen des privaten Rechts - für einen eng begrenzten, als gemeinnützig anerkannten Zweck errichtet werden. Jenseits dieses Rahmens werden sie nur durch besondere sachliche Steuerbefreiungen begünstigt, die abschließend in § 1 Abs. 2 GrEStGemG aufgezählt sind.

Wegen der Unterschiede nach Art und Aufgabe zwischen den in § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStGemG genannten Körperschaften und den Gebietskörperschaften liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vor, wenn den Gebietskörperschaften die Steuerbefreiung versagt wird. Es ist dem Gesetzgeber nicht verwehrt, nur solche Körperschaften zu begünstigen, die ausschließlich gemeinnützig tätig sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413341

BStBl II 1973, 690

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