Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifierung von ,,Skianzügen"

 

Leitsatz (NV)

Ski-Overalls für Kinder (ausgenommen Kleinkinder) sind zolltariflich ,,Skianzüge", auch wenn sie ausschließlich als Wetterschutz gebraucht werden.

 

Normenkette

KN Pos. 6211, 6209

 

Tatbestand

Die beklagte Oberfinanzdirektion (OFD) erteilte der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) - Nr. . . ., durch die ein ,,Knaben-Spielanzug, gewebt, einteilig" - Ski- Overall der Größe 98 - der Code- Nr. 6211 2000 der Kombinierten Nomenklatur (KN) - Skianzüge - zugewiesen wurde (Anm. 6 a zu Kapitel 62 KN). Gegen diese vZTA erhob die Klägerin nach erfolglos gebliebenem Einspruch Klage, zu deren Begründung sie ausführt, es liege kein Kleidungsstück vor, das auf Grund seines allgemeinen Aussehens und seiner Beschaffenheit erkennen lasse, daß es hauptsächlich beim Skisport (Alpinskilauf oder Skilanglauf) getragen werde. Dies treffe nämlich bei Knaben-Spielanzügen der Größe 98 - für Kinder bis zum Alter von ca. fünf Jahren - nicht zu. Diese Anzüge würden als Winterbekleidung verwendet, ohne daß ein Bezug zum Skilauf bestehe. Es spiele zolltariflich keine Rolle, daß dasselbe Kleidungsstück in anderen Größen von Erwachsenen zum Skilaufen verwendet würde. Das Erfordernis der hauptsächlichen Nutzung für den Skisport müsse gerade für das konkret zur Beurteilung vorgelegte Kleidungsstück erfüllt sein. Sei die Entscheidung aber einheitlich für alle Größen des Anzuges zu treffen, so müsse die einheitliche Einordnung als Spielanzug erfolgen, weil ungleich mehr Exemplare als Kinder- Spielanzüge denn als Erwachsenen-Skianzüge hergestellt und vertrieben würden.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Die OFD hat die Ware in der angefochtenen vZTA richtig, nämlich als Skianzug, tarifiert.

Nach Anm. 6 a zu Kapitel 62 KN gelten als Skianzüge im Sinne der Position 6211 u. a. einteilige Kleidungsstücke - ,,Ski-Overalls", die auf Grund ihres allgemeinen Aussehens und ihrer Beschaffenheit erkennen lassen, daß sie hauptsächlich bei Skisport (Alpinskisport oder Skilanglauf) getragen werden. Diese Anforderungen, die für die Tarifierung maßgebend sind (Allgemeine Vorschrift 1 und 6 KN), sind im Streitfall erfüllt. Das ist unstreitig, soweit es sich um entsprechende Kleidungsstücke für Erwachsene handelt. Die Klägerin meint jedoch, daß dies nicht mehr bei Kleidungsstücken für kleinere Kinder zutreffe, weil derlei Bekleidung, wiewohl ,,ursprünglich für den Skilauf von Erwachsenen entwickelt", ausschließlich als Wetterschutz getragen werde. Das ist nach Auffassung des Senats nicht richtig.

Zwar kann auch der OFD nicht darin zugestimmt werden, daß der Begriff ,,Skisport" i. S. von Anm. 6 zu Kapitel 62 KN ,,auch das Vorfeld (Anfangsphase) des Skilaufs" einschließe: Skisport in diesem Sinne ist vielmehr nur der Alpinskisport und der Skilanglauf. Ob Kleidungsstücke nach Aussehen und (sonstiger) Beschaffenheit erkennen lassen, daß sie hauptsächlich beim Skisport getragen werden, muß jedoch ohne Rücksicht auf ihre Größe, gemäß ihrer arttypischen Beschaffenheit (allgemeines Aussehen) entschieden werden. Kinderkleidung - für Knaben oder Mädchen - ist in den entsprechenden Unterpositionen für Erwachsenenkleidung großenteils mitgenannt (z. B. 6211 1100 und 6211 1200 - Badeanzüge /Badehosen -; vgl. auch die entsprechenden Unterteilungen in Position 6112 - Badeanzüge . . . aus Gewirken oder Gestricken - und den Wortlaut der Tarifnr. 61.01 des früheren Gemeinsamen Zolltarifs: ,,Oberbekleidung für Männer und Knaben . . ."); soweit nicht nach Bekleidung für das männliche und das weibliche Geschlecht unterschieden wird (z. B. Skianzüge), umfaßt die betreffende Position Erwachsenen- und Kinderkleidung. Aus der Definition des zolltariflichen Begriffs ,,Skianzüge" (Anm. 6 zu Kapitel 62 KN) ergibt sich keine Einschränkung. Erforderlich ist danach nur, daß das in Frage kommende Kleidungsstück seiner Art nach - auf Grund seiner Beschaffenheit, insbesondere seines allgemeinen Aussehens - erkennbar werden läßt, daß es hauptsächlich beim Skisport getragen wird. Nur Skianzüge für Kleinkinder fallen - wie in der Einspruchsentscheidung zutreffend herausgestellt - nicht unter die Position 6211, sondern unter Position 6209 (Anm. 4 b zu Kapitel 62 KN). Diese Ausnahmeregelung gilt jedoch nur für Bekleidung für Kleinkinder mit einer Körpergröße von höchstens 86 cm (Anm. 4 a zu Kapitel 62 KN), nicht für Größen darüber, also auch nicht für die hier vorliegende Größe. Für diese Größen, auch wenn sie für Kinder bestimmt sind, verbleibt es bei dem durch die Ausnahmeregelung bestätigten Grundsatz, daß sie wie die entsprechende Erwachsenenkleidung tarifiert werden. Kleidungsstücke mit dem hier festgestellten Erscheinungsbild und der sonstigen hier vorliegenden Beschaffenheit sind Skianzüge im zolltariflichen Sinne, selbst wenn sie auf Grund ihrer vergleichsweise geringen Größe oder aus sonstigen Gründen nicht als solche verwendet werden. Auf die konkrete Verwendung ist bei der Tarifierung grundsätzlich nicht abzustellen (ständige Rechtsprechung, vgl. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften - EuGH -, Urteil vom 10. Juli 1986 Rs. 222/85, EuGHE 1986, 2449, 2456), maßgebend sind vielmehr die objektiven Merkmale und Eigenschaften der Ware, die allein eine sichere zolltarifliche Einordnung ermöglichen. Wäre die konkrete Verwendung tarifierungsentscheidend, so müßte die gleiche Ware unterschiedlich tarifiert werden, je nachdem, von welcher Altersgruppe das Kleidungsstück getragen wird. Diese Entscheidung würde zudem durch das Fehlen von Merkmalen zur Bestimmung, ab welchem Alter in der Kleidung tatsächlich überwiegend Skisport betrieben wird, wesentlich erschwert.

Da die Tarifierung nach Ansicht des Senats zweifelsfrei ist, erübrigt es sich, zu ihr eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs. 283/81, EuGHE 1982, 3415, 3430 f.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 416242

BFH/NV 1989, 677

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