Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für die Erlangung des Grades "Master of Business Administration" (MBA) als Werbungskosten

 

Leitsatz (NV)

1. Die Aufwendungen eines Dipl.-Physikers für die Teilnahme an einem Lehrgang mit dem Abschluß "Master of Business Administration" können als Werbungskosten abziehbare Fortbildungskosten sein.

2. Zwischen Aufwendungen für die berufliche Fortbildung und angestrebten Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit besteht dann ein -- für die Anerkennung von vorab entstandenen Werbungskosten erforderlicher -- hinreichend klarer Zusammenhang, wenn feststeht, daß der Steuerpflichtige für die Zeit nach Beendigung der konkreten Fortbildungsmaßnahme eine Anstellung anstrebt und dem inländischen Arbeitsmarkt tatsächlich zur Verfügung steht.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Dipl.-Physiker. Er war im Anschluß an sein Examen im Jahre 1990 als Unternehmensberater nichtselbständig tätig. In der Zeit bis Juli 1993 promovierte er aufgrund eines Stipendiums. Von August 1993 bis Juli 1994 nahm er an einem MBA (Master of Business Administration-)Lehrgang am Europäischen Institut für Unternehmensführung (INSEAD) in X teil. Im Mai 1994 schloß der Kläger einen Arbeitsvertrag mit einem im Inland anässigen Unternehmen ab. Er begann seine Tätigkeit dort am 1. August 1994.

Der Kläger machte die Aufwendungen für den Besuch des MBA-Lehrgangs in X als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) und das Finanzgericht (FG) lehnten dies ab. Das FA erkannte lediglich Weiterbildungskosten in einem nicht ausgeübten Beruf gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) von 1 200 DM als Sonderausgaben an. Das FG wertete das Studium des Klägers nicht als ein auf dem Erststudium aufbauendes Zweitstudium, das zur Anerkennung von Fortbildungskosten (Werbungskosten) geführt hätte (vgl. dazu die Grundsatzurteile des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 14. Februar 1992 VI R 26/90, BFHE 167, 127, BStBl II 1992, 556; VI R 106/90, BFHE 167, 505, BStBl II 1992, 962), weil das Physikstudium und die Lehrinhalte des 8 monatigen MBA-Lehrgangs nicht vergleichbar seien. Außerdem seien vorab entstandene Werbungskosten nicht anzuerkennen, weil die künftige Berufstätigkeit des Klägers bei Beginn des Lehrgangs noch offen und in keiner Weise konkretisiert gewesen sei. Der Lehrgang habe die Berufschancen bei der Suche einer neuen Anstellung verbessern sollen; es habe aber noch kein Zusammenhang mit einer konkret beabsichtigten Anstellung bestanden.

Der Kläger rügt mit seiner Revision eine Abweichung der Vorentscheidung von der Rechtsprechung des BFH, insbesondere von dem Urteil vom 19. April 1996 VI R 24/95 (BFHE 180, 360, BStBl II 1996, 452).

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 1994 dahin zu ändern, daß an Stelle des als Sonderausgaben berücksichtigten Betrags von 1 200 DM Aufwendungen in Höhe von 27 837,56 DM als Werbungskosten abgezogen werden.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Entgegen der Auffassung des FG handelt es sich bei den Aufwendungen des Klägers für den Lehrgang zur Erlangung des MBA dem Grunde nach um Fortbildungskosten. Das FG hat jedoch noch keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen zur Höhe der geltend gemachten Aufwendungen getroffen.

1. Der Senat hat nach Ergehen der Vorentscheidung mit Urteil in BFHE 180, 360, BStBl II 1996, 452 entschieden, daß die Aufwendungen für ein Studium mit dem Abschluß als MBA zu den als Werbungskosten abziehbaren Fortbildungskosten zählen können. Er hat in diesem Fall eine berufliche Fortbildung angenommen, weil der Steuerpflichtige zuvor ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an einer Fachhochschule abgeschlossen hatte und mithin ein auf dem Erststudium aufbauendes Zweitstudium vorlag, das als Fortbildung und nicht als Berufsausbildung zu beurteilen ist. Im Urteil VI R 19/95 vom selben Tage (BFH/NV 1996, 879) hat der Senat Fortbildungskosten auch für den Fall bejaht, daß ein Informatiker mit abgeschlossenem Hochschulstudium (Diplom) ein zweijähriges Auslandsstudium zur Erlangung des MBA durchführt. Er hat als ausschlag gebend angesehen, daß es Ziel des MBA- Studiums gewesen sei, den Angehörigen verschiedenster Berufe mit Hochschulabschluß ergänzende betriebswirtschaftliche Kenntnisse zu vermitteln. Den Erwerb ergänzender betriebswirtschaftlicher Kenntnisse mit dem Ziel eines beruflichen Aufstiegs habe der Senat aber bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung als berufliche Fortbildung gewertet. Er habe die Aufwendungen eines Diplom-Ingenieurs für ein Zweitstudium, durch das er wirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Kenntnisse erworben habe, um die Berufsbezeichnung "Diplom-Wirtschaftsingenieur" zu erlangen, als Werbungskosten anerkannt (Urteil vom 10. Juli 1992 VI R 19/91, BFHE 168, 341, BStBl II 1992, 966).

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall sind die Aufwendungen des Klägers für das Zweitstudium zur Erlangung des MBA als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 EStG) zu berücksichtigen. Denn es liegen keine Gründe vor, den Erwerb betriebswirtschaftlicher Kenntnisse durch ein Zweitstudium bei einem Diplom-Physiker anders zu beurteilen als bei einem Diplom-Informatiker. In beiden Fällen sollen die durch das Zweitstudium erworbenen kaufmännischen Kenntnisse dazu befähigen, die durch das Hauptstudium eröffneten künftigen Berufs chancen zu erweitern und zu verbessern.

2. Entgegen der Auffassung des FG ist es für die Anerkennung von Werbungskosten unerheblich, daß die künftige Berufstätigkeit des Klägers noch offen und in keiner Weise konkretisiert war und daß der Lehrgang in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit einer konkret beabsichtigten Anstellung gestanden hat. Der Senat hat mit dem ebenfalls nach Ergehen der Vorentscheidung erlassenen Urteil vom 18. April 1996 VI R 5/95 (BFHE 180, 357, BStBl II 1996, 482) entschieden, daß Aufwendungen für die berufliche Fortbildung dann mit den angestrebten Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in einem hinreichend klaren Zusammenhang stehen und als vorab entstandene Werbungskosten zu berücksichtigen sind, wenn feststeht, daß der Steuerpflichtige für die Zeit nach Beendigung der konkreten Fortbildungsmaßnahme eine Anstellung anstrebt und dem inländischen Arbeitsmarkt tatsächlich zur Verfügung steht. Diese Voraussetzungen sind unter Berücksichtigung der tatsächlichen Feststellung des FG, daß der Kläger seit dem 1. August des Streitjahres im Inland nichtselbständig tätig ist, erfüllt.

3. Die Vorentscheidung ist von anderen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen und deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Denn das FG hat -- von seinem Standpunkt aus zu Recht -- bisher keine eigenen Feststellungen zur Höhe der Werbungskosten getroffen. Es wird dies im zweiten Rechtsgang nachzuholen und insbesondere aufzuklären haben, ob hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anerkennung von Mehraufwendungen wegen einer doppelten Haushaltsführung vorgelegen haben.

 

Fundstellen

BFH/NV 1997, 648

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