Leitsatz (amtlich)
Der Schienenersatzverkehr des gewerblichen Güternahverkehrs ist umsatzsteuerpflichtig.
Normenkette
UStG § 1 Ziff. 1, § 2 Abs. 1 S. 1, § 4 Ziff. 9; UStDB 1934 § 27 a Abs. 2-3; UStDB 1938 § 34 Abs. 2; UStDB 1951 § 35 Abs. 2; BefStG 1926 § 1 Abs. 2 Ziff. 3, § 5 Abs. 1, § 8 Abs. 1-2, §§ 9, 10 Abs. 1; Gesetz über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen § 29; Eisenbahn-Verkehrsordnung § 3 Abs. 4
Tatbestand
Die Bfin. ist Eigentümer und Halter eines Lastkraftwagens mit Anhänger (Lkw). Sie hat der Deutschen Bundesbahn (DB) auf Grund eines schriftlichen Vertrages ihren Lkw mit Fahrer und Beifahrer, also bemannt, zur Durchführung eines fahrplanmäßigen Schienenersatzverkehrs im Güternahverkehr zur Verfügung gestellt. Das Finanzamt hat die Einnahmen der Bfin. aus dem Schienenersatzverkehr für II/1948 und 1949 zur Umsatzsteuer herangezogen, weil es sich um Beförderungen im Güternahverkehr gehandelt habe, die nicht unter das Beförderungsteuergesetz (BefStG) fielen und daher nicht gemäß § 4 Ziff. 9 UStG, § 34 Abs. 2 UStDB 1938 (= § 35 Abs. 2 UStDB 1951) umsatzsteuerfrei seien. Einspruch und Berufung der Bfin. blieben erfolglos.
Entscheidungsgründe
Auch die Rb. kann keinen Erfolg haben.
Rechtsgrundlage für den sogenannten Schienenersatzverkehr, auf den die DB zur Beschleunigung der Beförderung, zur Vermeidung von Umladungen, zur Ersparung von Verpackung, zur Entlastung der Schiene oder zur Ausnutzung freien Laderaums zurückgreift, ist § 3 Abs. 4 der Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO) vom 8. September 1938 (RGBl II S. 663). Danach kann die Eisenbahn Güter oder Expreßgüter, die ihr nach den Bestimmungen der EVO, d. h. zur Eisenbahnbeförderung mit Eisenbahnfrachtbrief übergeben worden sind, ganz oder teilweise mit eigenen Kraftwagen oder durch von ihr bestellte Kraftwagenunternehmer befördern lassen, sofern der Absender im Frachtbrief nichts anderes bestimmt hat. Die DB schließt auch in diesen Fällen den Frachtvertrag über die ganze Schienenstrecke von der Abgangsstation bis zur Endstation ab. Ihr Beförderungsentgelt bemißt sich nach der Länge der ganzen Schienenstrecke ohne (zusätzliche oder abzügliche) Berücksichtigung der Schienenersatzverkehrstrecke.
Umsatzsteuerrechtlich findet, wenn die DB einen fremden Kraftwagenunternehmer einschaltet, ein doppelter Leistungsaustausch statt, nämlich zwischen der DB und dem Absender des Frachtguts einerseits und zwischen dem Kraftwagenunternehmer und der DB andererseits. Beide Umsätze sind getrennt darauf zu prüfen, ob sie umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig sind. Die Leistung der Bfin. an die DB, die entgeltliche Zurverfügungstellung eines bemannten Lkw zur Durchführung eines Schienenersatzverkehrs im Güternahverkehr, unterliegt der Umsatzsteuer, weil die Voraussetzungen des § 1 Ziff. 1 UStG erfüllt sind. Die Bfin. übt insoweit eine selbständige gewerbliche Tätigkeit aus und ist daher Unternehmer (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG). Ihre Selbständigkeit ist im Vertrage zwischer ihr und der DB ausdrücklich festgelegt. Sie ergibt sich auch aus der praktischen Durchführung des Schienenersatzverkehrs, bei der die Bfin. nicht wie ein Angestellter in den Betrieb der DB eingegliedert ist, sondern ihre Leistung als selbständiger Erfüllungsgehilfe der DB erbringt. Die zur Güterbeförderung im Schienenersatzverkehr der Nahzone herangezogenen Kraftfahrzeugunternehmer müssen die Erlaubnis für den Güternahverkehr besitzen, brauchen die Beförderungsleistungen nicht persönlich zu erbringen, beziehen kein festes Gehalt und tragen das volle Risiko für ihre Beförderungsleistungen.
Die Leistung der Bfin. an die DB, die -- wie bereits erwähnt -- umsatzsteuerrechtlich von der Leistung der DB an den Absender getrennt zu betrachten ist, ist auch umsatzsteuer pflichtig. Die Voraussetzung der allein in Betracht kommenden Befreiungsvorschriften, nämlich des § 4 Ziff. 9 UStG und des § 34 Abs. 2 UStDB 1938, daß die Leistung der Bfin. gegenuber der DB unter das BefStG fällt, ist nicht gegeben. Gemäß § 1 Abs. 2 Ziff. 3 BefStG i. d. F. vom 2. Juli 1936 (RGBl I S. 531) unterliegt der Beförderungsteuer unter anderem die Beförderung von Gütern, soweit sie im Gesetz über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 26. Juni 1935 (RGBl I S. 788) geregelt ist (vgl. auch § 1 der Vorläufigen Durchführungsbestimmungen zum Gesetz zur Änderung des Beförderungsteuergesetzes vom 21. September 1936, RGBl I S. 738, und § 2 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. März 1936, RGBl I S. 320). Man kann nicht sagen, die Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen in der Nahzone sei im Güterfernverkehrsgesetz "geregelt", weil § 29 Abs. 1 Satz 2 daselbst bestimmt, im Bedarfsfalle könnten zwischen der Deutschen Reichsbahn und dem Reichs-Kraftwagen-Betriebsverband Vereinbarungen über die Beschäftigung der Unternehmer von Güterfernverkehr im Reichsbahn-Güterfern- und Nahverkehr getroffen werden. Diese kurze Erwähnung des Reichsbahn-Güternahverkehrs in einem sonst den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen behandelnden Gesetz kann nicht als "Regelung" der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen in der Nahzone angesehen werden. § 1 Abs. 1 Ziff. 1 b BefStG i. d. F. vom 13. Juni 1955 (BGBl I S. 366) unterwirft der Beförderungsteuer unter anderem die Beförderung von Gütern im Kraftfahrzeugverkehr mit der ausdrücklichen Ausnahme: "Dies gilt nicht für die Beförderung von Gütern in der Nahzone im Sinne des Güterkraftverkehrsgesetzes" (vgl. § 2 des Güterkraftverkehrsgesetzes -- GüKG -- vom 17. Oktober 1952, BGBl I S. 697). Eine sachliche Änderung ist durch die Neufassung insoweit nicht eingetreten. Die Leistung der Bfin. gegenüber der DB vollzieht sich mit Lkw im Güternahverkehr. Sie ist daher sowohl nach dem BefStG 1936 als auch nach dem BefStG 1955 (BGBl I S. 366) von der Beförderungsteuer ausgenommen, mit anderen Worten nicht beförderungsteuerbar, und daher umsatzsteuerpflichtig.
Man kann nicht dadurch zu einer Bejahung der Umsatzsteuerfreiheit gemäß § 4 Ziff. 9 UStG, § 34 Abs. 2 UStDB 1938 (= § 35 Abs. 2 UStDB 1951) kommen, daß man die Beförderungsleistung der Bfin. gegenüber der DB im Hinblick darauf, daß sie den Schienenverkehr ersetzt, als Schienenbahnverkehr betrachtet, der nach § 1 Abs. 1 BefStG 1936 und § 1 Abs. 1 Ziff. 1 a BefStG 1955 in vollem Umfange, also auch in der Nahzone, der Beförderungsteuer unterliegt (anderer Ansicht Klein, Die Erhebung von Beförderung- und Umsatzsteuer im Schienenersatzverkehr der Deutschen Bundesbahn, Deutsche Steuer-Zeitung Ausgabe A 1958 S. 206). Es widerspricht einer natürlichen Betrachtungsweise, die Unterbeförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen auf der Straße vom Standpunkt des Kraftfahrzeugunternehmers aus als Schienen bahnverkehr anzusehen. Nach dem GüKG vom 17. Oktober 1952 (BGBl I S. 697) rechnet der Schienenersatzverkehr zum Güterliniennahverkehr (§ 97 Abs. 4 GüKG). § 3 Abs. 4 EVO gibt der Bahn nur das Recht, die ihr zur Beförderung auf der Schiene übergebenen Güter nach ihrer Wahl auch im Kraftfahrzeugverkehr auf der Straße zu befördern. In einem solchen Falle gelten zwar im Verhältnis zwischen dem Absender und der Bahn grundsätzlich die Bestimmungen der EVO. Da jedoch die Beförderungsteuer nicht Beförderungs verträge, sondern ausschließlich Beförderungs vorgänge erfaßt, kann die Beförderung mit Lkw auf der Straße, was die Leistung des Lkw-Unternehmers anbelangt, nicht als Beförderung auf der Schiene gewertet werden. Auch würden andernfalls diejenigen Kraftfahrzeugunternehmer ungerechtfertigt benachteiligt, die als Unterfrachtführer die Güterbeförderung in der Nahzone außerhalb des Schienenersatzverkehrs von einem Hauptfrachtführer übernehmen.
Der Senat stimmt mit der Rb. darin überein, daß die DB für die ganze Beförderunsstrecke von der Abgangsbis zur Endstation (einschließlich der Schienenersatzstrecke) beförderungsteuerpflichtig ist. Das folgt daraus, daß die DB auch im Falle des Schienenersatzverkehrs die Beförderung des Gutes für die ganze Strecke übernimmt und der Lkw-Unternehmer nur als ihr Erfüllungsgehilfe tätig wird, der zum Absender in keine Rechtsbeziehungen tritt. Die Beförderungsteuer wird von dem Preise berechnet, der für die Beförderung an den Betriebsunternehmer, hier also an die DB, zu entrichten ist (§ 5 Abs. 1 BefStG 1936 = § 4 Abs. 1 BefStG 1955). Im Verhältnis zwischen dem Betriebsunternehmer und dem Steuerschuldner -- das ist derjenige, der den Beförderungspreis zu zahlen hat (§ 8 Abs. 1 BefStG 1936 = § 7 Abs. 1 BefStG 1955) -- gilt die Beförderungsteuer als Teil des Beförderungspreises (§ 10 Abs. 1 BefStG 1936 = § 9 Abs. 1 BefStG 1955), wobei sie in etwa veröffentlichte Tarife einzurechnen (§ 9 BefStG 1936 = § 8 BefStG 1955) und vom Betriebsunternehmer zu entrichten ist (§ 8 Abs. 2 BefStG 1936 = § 7 Abs. 2 BefStG 1955). Führen mehrere Unternehmer die Beförderung aus, wird aber mit dem Auftraggeber nur ein Vertrag abgeschlossen, so ist nur eine Beförderung gegeben (vgl. § 4 Abs. 3 der Beförderungsteuer-Durchführungsverordnung -- BefStDV -- 1955 vom 8. Oktober 1955, BGBl I S. 659). Läßt ein Unternehmer, der den Beförderungsvertrag im eigenen Namen abgeschlossen hat (Hauptfrachtführer), die Beförderung durch einen anderen (Unterfrachtführer) ausführen, so ist die Beförderungsteuer vom ersten Unternehmer (Hauptfrachtführer) zu entrichten (vgl. § 22 Abs. 2 Ziff. 2 BefStDV 1955; bezüglich der Verpflichtung der Deutschen Reichsbahn, jetzt Deutsche Bundesbahn, als Verkehrsträger zur Entrichtung der Beförderungsteuer für den Steuerschuldner, auch wenn sie sich zur Durchführung von Beförderungen im Einzelfalle anderer Unternehmer bedient, vgl. Abschn. 2 des Erlasses des Reichsministers der Finanzen vom 11. März 1939 -- S 6610 -- 100 III, RStBl S. 529).
Die Tatsache, daß die DB für die ganze im Eisenbahnfrachtbrief bezeichnete Beförderungsstrecke Beförderungsteuer zu entrichten hat, kann an der Umsatzsteuerpflicht der Bfin. nichts ändern. Nach § 4 Ziff. 9 UStG, § 34 Abs. 2 UStDB 1938 (§ 35 Abs. 2 UStDB 1951) genügt es nicht, daß ein anderer Unternehmer beförderungsteuerpflichtig ist und daß dessen Beförderungsleistung der Beförderungsteuer unterliegt. Es muß vielmehr die Leistung des Unternehmers selbst unter das BefStG fallen. Das folgt aus den Einleitungsworten des § 4 UStG: "Von den unter § 1 fallenden Umsätzen (d. h. von den steuerbaren Umsätzen des betreffenden Unternehmers) sind steuerfrei: ..." Nach der Sprachregelung im UStG sind, wo von Umsätzen die Rede ist, sofern sich nicht aus dem Wortlaut der Vorschrift etwas anderes ergibt, die Umsätze des betreffenden Unternehmers gemeint. § 34 (§ 35) Abs. 2 UStDB hat zwar den Fall im Auge, daß an der Durchführung einer Beförderung neben dem Hauptunternehmer ein Subunternehmer beteiligt ist; diese Vorschrift setzt aber ebenso wie § 4 Ziff. 9 UStG für die Steuerfreiheit des Subunternehmers voraus, daß seine Leistung der Beförderungsteuer unterliegt.
Die Bfin. hat in der mündlichen Verhandlung eine Reihe von Gründen vorgetragen, die ihrer Meinung nach die Auffassung rechtfertigen, es genüge für die Anwendung der strittigen Befreiungsvorschriften, wenn die Beförderung überhaupt, wenn auch bei einem anderen Unternehmer, der Beförderungsteuer unterliege. Sie hat vor allem auf die Entstehungsgeschichte des § 4 Ziff. 9 UStG hingewiesen. Es ist hieraus aber nur zu ersehen, daß der Gesetzgeber im Laufe der Jahre den Umfang der Befreiung von der Umsatzsteuer im Falle der Erhebung einer Beförderungsteuer unterschiedlich geregelt hat. Unter der Herrschaft des § 2 Ziff. 5 UStG 1919, der sachlich dem § 4 Ziff. 9 UStG 1934 und 1951 entsprach, und auch noch späterhin vertrat der Reichsfinanzhof den Standpunkt, daß bei Beteiligung mehrerer Unternehmer an einer Güterbeförderung die Umsatzsteuerbefreiung nur einem von ihnen zugebilligt werden könne, und zwar demjenigen, der mit dem Absender den Frachtvertrag abgeschlossen hatte (Urteile des Reichsfinanzhofs V A 74/23 vom 23. März 1923 und V A 217/23 vom 22. Juni 1923, Slg. Bd. 12 S. 40 und S. 287; V A 108/25 vom 11. Dezember 1925, Slg. Bd. 18 S. 55, und V A 31/27 vom 24. Juni 1927, Slg. Bd. 21 S. 252; vgl. auch Popitz, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 3. Aufl. S. 556 unter Ziff. 2; Plückebaum, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 3. Aufl. S. 238). Diese Einschränkung wurde erst mit Wirkung ab 1. Oktober 1936, dem Zeitpunkt der Ausdehnung der Beförderungsteuer auf den Kraftfahrzeugverkehr, durch Einfügung des § 27 a in die UStDB 1934 beseitigt, der für den Kraftfahrzeugverkehr aber gleichzeitig Vorsorge traf, daß bei einer Beförderungsteuerbefreiung nicht auch noch eine Umsatzsteuerbefreiung Platz greifen konnte (§ 27 a Abs. 3 und 2 UStDB 1934). Mit Wirkung vom 1. Januar 1939 trat dann an die Stelle des § 27 a Abs. 2 und 3 UStDB 1934 der § 34 Abs. 2 UstDB 1938, dessen hier strittiger Satz 1 mit dem damaligen Wortlaut noch heute gilt, während sein Satz 2, der dem § 27 a Abs. 2 UStDB 1934 entsprach, mit Wirkung ab 1. Januar 1957 weggefallen ist. Auch § 34 Abs. 2 Satz 1 UStDB 1938 (jetzt § 35 Abs. 2 UStDB 1951) enthält gegenüber der früheren Rechtslage teils eine Einschränkung, teils eine Ausweitung der Steuerbegünstigung (näheres hierzu siehe im Urteil des Senats V 75/51 U vom 20. Februar 1953, BStBl 1953 III S. 150, Slg. Bd. 57 S. 386). Es zeigt sich also, daß der Verordnungsgeber im Laufe der Jahre die Umsatzsteuerfreiheit des § 4 Ziff. 9 UStG nach den jeweiligen Bedürfnissen nicht nur ausgedehnt, sondern auch eingeschränkt hat. Wenn auch die Grundtendenz dahin ging, die Doppelbesteuerung weitgehend auszuschließen, so ist doch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift nicht ersichtlich, daß die Umsatzsteuer unter allen Umständen entfallen soll, wenn für denselben Beförderungsvorgang ein anderer Unternehmer Beförderungsteuer zu entrichten hat.
Noch weniger läßt sich eine so weitgehende Folgerung aus dem Wortlaut des § 34 (§ 35) Abs. 2 UStDB herleiten. Die Beweisführung der Bfin., der Verordnungsgeber habe durch die unscharfe Fassung der einleitenden Worte "Bei Beförderungen, die unter das Beförderungsteuergesetz fallen, ..." die Vorschrift bewußt beweglich gehalten, um bei allen damals bekannten und späterhin auftretenden Sachverhalten dem Grundsatz, daß die Umsatzsteuer der Beförderungsteuer stets zu weichen habe, zum Durchbruch zu verhelfen, ist wenig überzeugend. Das hier streitige Problem besteht -- wie die Bfin. selbst ausführt -- schon seit langem. Hätte der Verordnungsgeber die von der Bfin. angenommene Wirkung herbeiführen wollen, so wäre es nicht schwer gewesen, das im § 34 (§ 35) Abs. 2 UStDB zum Ausdruck zu bringen. Aus der geltenden Fassung des § 34 (§ 35) Abs. 2 UStDB ist im Gegenteil zu entnehmen, daß die Umsatzsteuer keineswegs immer wegfallen soll, wenn die Beförderungsteuer erhoben wird. Übernimmt z. B. der Subunternehmer eine Beförderung mit Lkw im Güterfernverkehr, also über die 50-km-Zone hinaus, so ist er selbst zwar umsatzsteuerfrei, weil seine Beförderung unter das BefStG fällt, der Hauptunternehmer hat aber neben der Beförderungsteuer für die ganze Strecke für die dem Subunternehmer übertragene Teilstrecke Umsatzsteuer zu entrichten, die sich allerdings durch den Abzug der Unterfracht gemäß § 49 Abs. 2 UStDB 1938 (§ 54 Abs. 2 UStDB 1951) -- gegebenenfalls bis auf 0 DM -- verringert.
Auch die bereits oben erwähnte Ausweitung des § 4 Ziff. 9 UStG durch Einführung des § 34 Abs. 2 Satz 1 UStDB 1938, nämlich die Einbeziehung der Gestellung fahrbereiter, bemannter Kraftfahrzeuge in die Steuerfreiheit, die in Abschn. B 19 des Erlasses des Reichsministers der Finanzen S 4015 -- 1 III vom 20. Januar 1939 (RStBl 1939 S. 129, 135) hervorgehoben wird und durch das oben angegebene Urteil des Senats vom 20. Februar 1953 bestätigt und für rechtsgültig erklärt worden ist, rechtfertigt die Auffassung der Bfin. nicht. Der Senat führt in dem genannten Urteil aus, § 34 Abs. 2 Satz 1 UStDB 1938 stelle bewußt auf den rein äußerlichen Vorgang der Fahrzeugbewegung bei einer auf die Raumüberwindung gerichteten Gesamttätigkeit ab; danach werde -- auch im Hinblick auf den oben angegebenen Erlaß des Reichsministers der Finanzen -- trotz der nicht ganz zweifelsfreien Fassung der Vorschrift davon auszugehen sein, daß die Einbeziehung auch der Gestellung bemannter Fahrzeuge in die Steuerbegünstigung nach § 4 Ziff. 9 UStG selbst für den Fall bezweckt werde, daß in der Gestellung nach den Umständen des Einzelfalles keine Übertragung der Ausführung einer von einem Hauptunternehmer übernommenen Beförderung im Sinne des BefStG auf den Gestellenden erblickt werden könne. Aus dieser Formulierung ist ersichtlich, daß der Senat im Rahmen der ihm zustehenden Auslegungsbefugnis die Ausdehnung der Steuerfreiheit auf die sogenannte beförderungslose Fahrzeuggestellung gerade noch für zulässig gehalten hat. Soweit könnte auch im vorliegenden Rechtsstreit gegangen werden. Während aber im Falle des Urteils vom 20. Februar 1953 die "wirkliche Ausführung der Beförderung" gemäß § 34 (§ 35) Abs. 2 UStDB als Personen beförderung mit Kraftfahrzeugen nach § 1 Abs. 2 Ziff. 1 BefStG 1936 unter das BefStG fiel, müßte, um im Streitfalle zur Umsatzsteuerfreiheit zu gelangen, zusätzlich unterstellt werden, daß eine als gegeben angenommene Beförderung des Subunternehmers im Güter nah verkehr unter das BefStG fallen würde. Dieser weitere Schritt ist aber nicht möglich, weil die klare Vorschrift des § 1 BefStG das Gegenteil besagt.
In der mündlichen Verhandlung hat die Bfin. die Ansicht geäußert, ihre Beförderungsleistung würde, falls sie Umsatzsteuer entrichten müßte, zweimal der Umsatzsteuer unterworfen, nämlich einmal bei ihr als Subunternehmer und zum zweiten -- wenn auch gemildert durch § 49 Abs. 2 UStDB 1938 (§ 54 Abs. 2 UStDB 1951) -- bei der DB, weil diese auf der Schienenersatzverkehrstrecke die Beförderung nicht "wirklich" ausführe. Dieser -- auch in der Verwaltungspraxis und im Schrifttum (vgl. z. B. Klein, a. a. O., S. 208 rechts oben) vertretenen -- Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen. § 34 (§ 35) Abs. 2 UStDB will verhindern, daß eine Umsatzsteuerbefreiung zweimal gewährt wird. Kommt für den Subunternehmer eine Umsatzsteuerbefreiung nicht zum Zuge, weil seine Beförderung nicht unter das BefStG fällt, so bestehen keine Bedenken, dem Hauptunternehmer, dessen Beförderung der Beförderungsteuer unterliegt, die Umsatzsteuerfreiheit zuzubilligen. Richtig ist dagegen, daß beim Tätigwerden mehrerer Unternehmer im Rahmen einer Beförderung in anderen Fällen keine oder eine geringere Kumulation von Beförderungsteuer und Umsatzsteuer eintritt (letzteres z. B. wenn die Beförderungstrecke des Subunternehmers die 50-km-Grenze überschreitet) und daß ein wirtschaftlicher Grund für die unterschiedliche Regelung nicht zu erkennen ist. Diese Regelung zu ändern, falls ein Bedürfnis dazu bestehen sollte, ist aber nicht Aufgabe der Gerichte, sondern allein der dafür vorgesehenen Körperschaften.
Fundstellen
BStBl III 1960, 243 |
BFHE 1960, 657 |