Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansatz eines Wassernutzungsrechtes als Teil des Betriebsvermögens durch einen Bescheid, der einen unanfechtbaren endgültigen Feststellungsbescheid ändert
Leitsatz (NV)
1. Im finanzgerichtlichen Verfahren wegen eines Bescheides, mit dem ein unanfechtbarer endgültiger Feststellungsbescheid gemäß § 222 AO a. F. geändert worden ist (Ansatz eines Wassernutzungsrechtes als Teil des Rohvermögens), kann nicht mehr entschieden werden, ob ein Gewerbebetrieb unterhalten wird und ob deshalb ein Einheitswert des Betriebsvermögens festzustellen ist.
2. Zugehörigkeit eines Wassernutzungsrechtes zum Betriebsvermögen und selbständige Bewertbarkeit des Wassernutzungsrechtes.
3. Die Aufhebung des einen Feststellungsbescheid ändernden Bescheides wegen Verjährung der abhängigen Steuern kommt nur in Betracht, wenn der Eintritt der Verjährung eindeutig feststeht.
Normenkette
AO § 216 Abs. 1, § 232 Abs. 1; AO 1977 § 351 Abs. 1; BewG §§ 95, 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 5; FGO § 42
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kl`in., die als KG im Handelsregister eingetragen ist, betreibt die Verpachtung eines auf eigenem Grundbesitz eingerichteten Gewerbebetriebes. 1959 hatte die Kl`in. das Anwesen A-Straße mit Grund und Boden erworben. Mit diesem erworbenen Grundbesitz war ein Wassernutzungsrecht verbunden. Gleichzeitig hatte die Kl`in. eine gegenüber der Stadt X eingegangene Verpflichtung zur kostenlosen Abtretung bestimmter Grundstücksteile für Straßenbauzwecke übernommen.
Durch notarielle Urkunde vom 23. Juli 1965 trat die Kl`in. eine Grundstücksteilfläche sowie das auf dieser Grundstücksteilfläche beruhende Wassernutzungsrecht an die Stadt X mit Wirkung vom 15. Januar 1966 ab. Von dieser Fläche wurden . . . qm unentgeltlich abgetreten, während die Restfläche von . . . qm an die Stadt X veräußert wurde. In diesem Zusammenhang erwarb die Kl`in. von der Stadt X eine Grundstücksteilfläche von . . . qm. Als Entschädigung für die veräußerte Restfläche und für das Wassernutzungsrecht erhielt die Kl`in. von der Stadt X einen Betrag in Höhe von . . . DM. Eine Aufteilung dieser Summe auf den Grund und Boden und das Wassernutzungsrecht ist im Vertrag nicht vorgenommen worden. Die Stadt X bestätigte jedoch gegenüber dem FA und gegenüber dem Notar, daß auf die Übertragung des Wassernutzungsrechtes ein Teilbetrag von . . . DM entfiele. Im Rahmen der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1966 hatte das FA das Wassernutzungsrecht ursprünglich nicht angesetzt. Auf Grund einer 1972/1973 durchgeführten Betriebsprüfung berichtigte das FA jedoch durch Bescheid vom 26. April 1974 den unanfechtbaren Feststellungsbescheid gemäß § 222 AO a. F. Es setzte nunmehr das Wassernutzungsrecht mit einem Betrag von . . . DM als Teil des Rohvermögens an.
Nach erfolglosem Einspruch hat die Kl`in. Klage erhoben und beantragt, den angefochtenen Einheitswertbescheid vom 26. April 1974 aufzuheben, darüber hinaus festzustellen, daß das Wassernutzungsrecht nicht zu bewerten und somit in dem neu festzustellenden Einheitswert nicht anzusetzen sei. Das FG hat die Klage abgewiesen. Die Kl`in. hat Revision eingelegt und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und das Wassernutzungsrecht nicht als selbständigen Vermögensbestandteil im Sinne des BewG zu behandeln. Ein Wassernutzungsrecht sei deshalb nicht anzusetzen, weil die Befugnis zur Wassernutzung weder ausgenutzt worden ist noch ausgenutzt werden sollte.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kl`in. ist unbegründet.
1. In diesem Verfahren kann nicht entschieden werden, ob die Kl`in. einen Gewerbebetrieb i. S. des § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 95 BewG unterhält und ob deshalb ein Einheitswert des Betriebsvermögen festzustellen ist. Denn dem angefochtenen Änderungsbescheid ging ein nicht angefochtener endgültiger Feststellungsbescheid voran, durch den unter anderem auch bestandskräftig festgestellt wurde, daß am Bewertungsstichtag ein Gewerbebetrieb vorhanden war (vgl. § 216 Abs. 1 AO a. F.). Dies ist im vorliegenden Verfahren zu beachten.
Wie sich aus § 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 1 AO 1977 bzw. § 232 Abs. 1 AO a. F. ergibt, dürfen Änderungsbescheide nur insoweit angefochten werden, als die Änderung reicht. Das bedeutet, daß im vorliegenden Verfahren nur die Änderung in der Höhe des Einheitswertes des Betriebsvermögens angefochten werden darf, nicht aber die aufgrund des unanfechtbaren endgültigen Feststellungsbescheids bestandskräftige Feststellung, daß ein Gewerbebetrieb vorliegt (vgl. in diesem Zusammenhang das Urteil des BFH vom 13. November 1981 III R 116/78, BFHE 135, 85, BStBl II 1983, 88).
Unter diesen Umständen ist nicht (mehr) auf die Frage einzugehen, wie die Verpachtung eines eingerichteten Gewerbebetriebes bewertungsrechtlich zu behandeln ist, wenn - wie im vorliegenden Falle - hinsichtlich der ESt eine Betriebsaufgabe nicht erklärt worden ist (vgl. in diesem Zusammenhang die BFH-Urteile vom 8. Dezember 1972 III R 36/72, BFHE 108, 383, BStBl II 1973, 357, und vom 19. Januar 1973 III R 27/71, BFHE 108, 551, BStBl II 1973, 438 m.w.N.).
2. Zu dem Betriebsvermögen des gewerblichen Betriebes der Kl`in. gehört nicht nur das Grundstück, dessen Bestandteil das Wassernutzungsrecht war, sondern auch das Wassernutzungsrecht selbst. Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG bilden einen gewerblichen Betrieb alle Wirtschaftsgüter, die einer OHG, KG oder ähnlichen Gesellschaft gehören, bei denen die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen sind. Hieraus folgt, daß regelmäßig alle Wirtschaftsgüter, die einer derartigen Personengesellschaft gehören, ihr Betriebsvermögen bilden (vgl. zur ESt das BFH-Urteil vom 16. März 1983 IV R 36/79, BFHE 138, 223, BStBl II 1983, 459, m.w.N.). Für den sog. Verpachtungsbetrieb gilt nichts anderes (vgl. in diesem Zusammenhang auch das gegen die Kl`in ergangene Urteil vom 20. Januar 1983 IV R 52/80, NV).
Hierbei kann es nicht darauf ankommen, ob die Kl`in beim Erwerb des Grundstücks wußte, daß mit diesem ein Wassernutzungsrecht verbunden war. Etwas anderes hätte allenfalls dann gelten können, wenn der Erwerb des Grundstücks (mit dem Wassernutzungsrecht) zum Gesellschaftsvermögen außerbetrieblich veranlaßt war (vgl. z. B. die Fälle der BFHUrteile vom 22. Mai 1975 IV R 193/71, BFHE 116, 328, BStBl II 1975, 804, und vom 15. November 1978 I R 57/76, BFHE 126, 530, 532, BStBl II 1979, 257). Wie bereits der IV. Senat in seinem Urteil vom 20. Januar 1983 IV R 52/80, NV festgestellt hat, liegt ein solcher Ausnahmefall nicht vor.
3. Es bestehen auch keine rechtlichen Bedenken gegen die Annahme, daß das Wassernutzungsrecht im Streitfall selbständig zu bewerten ist. Auch das nicht mehr ausgenutzte Wassernutzungsrecht ist selbständiger Bewertung fähig, wie bereits der RFH durch sein Urteil vom 23. Februar 1933 III A 497/31 (RStBl 1933, 698) unter Hinweis auf Ott (StuW 1931 Sp. 1342 ff.) entschieden hat. Hieran hält der Senat fest.
Bereits am 20. März 1930 hatte der RFH durch sein Urteil III A 217/29 (RStBl 1930, 393) dahin entschieden, daß die ausgebaute Wasserkraft einheitlich als besonderes Wirtschaftsgut zu bewerten sei und nicht in die Wasserkraft, das Wassernutzungsrecht und die technischen Elemente zerlegt werden dürfe (so auch das Urteil des BFH vom 14. Februar 1969 III 60/65, BFHE 95, 330, BStBl II 1969, 394). Aus dieser Rechtsprechung folgt, daß das Wassernutzungsrecht nicht als Teil des Grundstücks, sondern als Teil der Wasserkraftanlage zu bewerten ist. Es ist folgerichtig, an der besonderen Bewertung, die dazu führt, daß die Wasserkraftanlage einschließlich des Wassernutzungsrechts nicht der GrSt, sondern der GewSt unterliegt, auch für die Zeit nach Einstellung einer Wasserkraftanlage hinsichtlich des Wassernutzungsrechts festzuhalten.
4. Ist das Wassernutzungsrecht als besonderes Wirtschaftsgut im Rahmen der Bewertung des Betriebsvermögens anzusetzen, so erfolgt sein Ansatz mit dem Teilwert (§ 109 Abs. 1 BewG). Dieser ist auf den Abschlußtag (31. Dezember 1965) zu ermitteln. Da an diesem Tage der Vertrag vom 23. Juli 1965, durch den die Kl`in. zusammen mit Grundstücksflächen das Wassernutzungsrecht auf die Stadt X mit Wirkung vom 15. Januar 1966 übertrug, bereits abgeschlossen war, bestehen keine Bedenken dagegen, daß das FG den Wert des Wassernutzungsrechts auf . . . DM geschätzt hat. Mit diesem Wert war das Wassernutzungsrecht in dem Gesamtentschädigungsbetrag von . . . DM enthalten, worüber zwischen den Beteiligten kein Streit besteht. Auf die Frage, ob ohne den Vertrag vom 23. Juli 1965 ein Wert des Wassernutzungsrechtes zu ermitteln gewesen wäre, kommt es nicht an.
5. Ob sich der angefochtene Feststellungsbescheid möglicherweise deshalb nicht auswirken kann, weil die von der Feststellung abhängigen Steuern bereits verjährt sein könnten, läßt sich nicht übersehen. Da somit nicht auszuschließen ist, daß der Einheitswert für die Besteuerung von Bedeutung ist, muß der Feststellungsbescheid bestätigt werden. Eine Aufhebung des angefochtenen Änderungsbescheides wegen Verjährung der abhängigen Steuern (vgl. das Urteil vom 12. Juli 1974 III R 88/73, BFHE 113, 55, BStBl II 1974, 666) käme nur dann in Betracht, wenn der Eintritt der Verjährung eindeutig feststünde. Dies ist aber nicht der Fall. Ggf. kann der Eintritt der Verjährung der von der Feststellung abhängigen Steuern noch in den entsprechenden Verfahren geltend gemacht werden.
Fundstellen
Haufe-Index 414085 |
BFH/NV 1986, 388 |