Entscheidungsstichwort (Thema)
Korrektur von Verlustabzügen
Leitsatz (NV)
Vor dem 31. Dezember 1990 entstandene Verlustabzüge können bei Änderungen, die sich aufgrund anderer tatsächlicher oder rechtlicher Beurteilung ergeben, noch korrigiert werden, sofern der entsprechende Steuerbescheid noch geändert werden kann.
Normenkette
EStG § 10d Abs. 3 S. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Anschluß an eine Außenprüfung wurden die Einkommensteuerbescheide 1986 bis 1988 geändert. Zum 31. Dezember 1988 ergab sich kein Verlustvortrag. Gleichwohl erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) für 1989 einen Einkommensteuerbescheid, der in der Rubrik "Erläuterungen für die Folgejahre" einen aus 1986 stammenden Verlust in Höhe von 51 319 DM auswies. Diesen Betrag übernahm das FA unter dem Vorbehalt der Nachprüfung bei den Veranlagungen zur Einkommensteuer 1990 und 1991, die unter Berücksichtigung von Verlustabzügen in Höhe von 16 913 DM fü r 1990 und 34 406 DM für 1991 jeweils zu einer Einkommensteuer in Höhe von 0 DM führten. Zum 31. Dezember 1990 stellte das FA den vortragsfähigen Verlust mit einem Betrag von 34 406 DM gesondert fest. Bei einer Außenprüfung wurde bemerkt, daß die Verluste nicht hätten abgezogen werden dürfen. Ferner führte die Außenprüfung für das Jahr 1989 zu einer Gewinnerhöhung um 22 074,76 DM und für die Streitjahre ebenfalls zu Gewinnänderungen. Das FA änderte die Bescheide, in denen es die Ergebnisse der Außenprüfung umsetzte und die Verlustvorträge nicht mehr berücksichtigte. Außerdem erging ein geänderter Feststellungsbescheid auf den 31. Dezember 1990, in dem der verbleibende vortragsfähige Verlust auf 0 DM festgestellt wurde.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, daß der Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Verlustes nach § 10 d Abs. 3 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) habe geändert werden dürfen. Eine Bindungswirkung an die Verlustberechnung für ein Vorjahr bestehe auch hier nur dann, wenn jene Verluste förmlich festgestellt worden seien. In diesem Fall sei der Feststellungsbescheid für das Vorjahr Grundlagenbescheid für die Verlustfeststellung im Folgejahr. Abgesehen davon könne die Verlustfeststellung gemäß § 10 d Abs. 3 Satz 4 EStG uneingeschränkt an die Sachbehandlung im Einkommensteuerbescheid angeglichen werden.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts. Gemäß § 10 d Abs. 3 Satz 4 EStG sei die Änderung des Feststellungsbescheides nur zulässig, soweit sich die nach § 10 d Abs. 3 Satz 2 EStG zu berücksichtigenden Beträge änderten und deshalb der entsprechende Steuerbescheid zu ändern sei.
Die Kläger beantragen, den verbleibenden Verlustabzug zum 31. Dezember 1990 auf 15 413 DM festzustellen, die Einkommensteuer 1990 (unter Berücksichtigung eines Verlustabzugs von 35 906 DM) auf 0 DM und die Einkommensteuer 1991 (unter Berücksichtigung eines Verlustabzugs von 15 413 DM) auf 3 646 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen, und schließt sich der Beurteilung des FG an. Der Feststellungsbescheid zum 31. Dezember 1990 sei ein bindender Grundlagenbescheid für die Einkommensteuerbescheide der Folgejahre, aber nicht für die Einkommensteuer des Jahres 1990. Im übrigen könne das Inkrafttreten des neuen § 10 d EStG ab dem Veranlagungszeitraum 1990 nicht dazu führen, daß ein Steuerpflichtiger zum erstmaligen Feststellungszeitpunkt besser gestellt werde als in den Vorjahren bzw. in den Folgejahren ab 1991.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --); die Entscheidung des FG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Gemäß § 10 d Abs. 3 Satz 4 EStG sind Feststellungsbescheide zu ändern, soweit sich -- erstens -- die nach Satz 2 zu berücksichtigenden Beträge ändern und -- zweitens -- deshalb der entsprechende Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist (dazu Baum, Deutsche Steuer-Zeitung 1988, 512). Die letztgenannte Voraussetzung sichert die Bestandskraft des vorausgehenden Steuerbescheides; andernfalls könnten durch eine Änderung des Feststellungsbescheides in einem bestandskräftigen Bescheid enthaltene Fehler in späteren Veranlagungszeiträumen kompensiert werden.
a) Im Streitfall haben sich die nach Satz 2 zu berücksichtigenden Beträge geändert, da sie vom FA zu hoch angesetzt worden waren. Das gilt nicht nur für die anläßlich der Außenprüfung vorgenommene Gewinnerhöhung von 22 074 DM, sondern auch für den darüber hinausgehenden Verlustabzug aus dem Veranlagungszeitraum 1986, der -- fehlerhaft -- nachrichtlich in dem Einkommensteuerbescheid 1989 als noch offener Verlustabzug erwähnt worden war. Da der Verlustabzug nach der Gesetzesneuregelung erstmals zum 31. Dezember 1990 gesondert festgestellt worden ist (§ 52 Abs. 1 EStG 1990), sind die vor diesem Stichtag entstandenen Verlustabzüge insgesamt nicht bindend festgestellt worden und können bei Änderungen, die sich aufgrund anderer tatsächlicher oder rechtlicher Beurteilung ergeben, noch korrigiert werden (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 5. April 1995 I B 126/94, BFHE 177, 231, BStBl II 1995, 496; von Groll in Kirchhof/Söhn, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 10 d Rdnr. D 100; Schmidt/Heinicke, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 15. Aufl. 1996, § 10 d Rz. 25; zu vergleichbaren Korrekturen nach § 10 d Satz 2 EStG a. F. -- nunmehr § 10 d Abs. 1 Satz 2 EStG -- vgl. BFH-Urteil vom 11. November 1993 XI R 12/93, BFH/NV 1994, 710; BFH-Beschluß vom 15. Juni 1994 XI B 70/93, BFH/NV 1994, 868).
b) Die Einkommensteuerbescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und konnten geändert werden; damit ist auch in bezug auf den Veranlagungszeitraum 1990 der Voraussetzung des § 10 d Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 2 EStG Genüge getan.
Fundstellen
Haufe-Index 421679 |
BFH/NV 1997, 180 |