Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Steuerbarkeit von Ablöseentschädigungen beim Vereinswechsel von Vertrags-Fußballspielern.
Normenkette
UStG § 1 Ziff. 1
Tatbestand
Der beschwerdeführende Verein (Beschwerdeführer - Bf. -) hat unter anderem eine Fußballabteilung. In der ersten Männermannschaft spielen auch sogenannte "Vertragsspieler". Das sind Spieler, die von ihrem Verein Sondervergütungen als Ausgleich für ihre besondere sportliche Inanspruchnahme erhalten. Der Bf. hat nach eigener Mitteilung im Jahr 1952 von anderen Fußballvereinen 3.800 DM als Ablösesummen für die Abgabe von Vertragsspielern vereinnahmt, die der Bf. als Schadensersatz ansieht und daher nicht für umsatzsteuerbar hält. Das Finanzamt hat dagegen die 3.800 DM als Leistungsentgelte zur Umsatzsteuer herangezogen. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung des Bf. als unbegründet zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde, die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen worden ist, hat keinen Erfolg.
... Beim Vereinswechsel eines Vertragsspielers (im Inlande) unterliegt dieser grundsätzlich einer Spielsperre von 18 Monaten. Diese Spielsperre tritt jedoch nicht ein,
wenn der frühere Verein den Vertrag gekündigt hat, oder
wenn der frühere Verein, bei Kündigung seitens des Spielers, diesen "freigibt" (ß 10 Ziff. 1 a und b). ...
"Die Spielerlaubnis darf dem Spieler für den neuen Verein erst nach Zahlung einer Ablöseentschädigung an den früheren Verein erteilt werden, sofern dieser nicht auf Zahlung der Ablöseentschädigung verzichtet (ß 10 Ziff. 5). Bei rechtswirksamer fristloser Kündigung durch den Spieler hat der frühere Verein keinen Anspruch auf eine Ablöseentschädigung (ß 10 Ziff. 6 d). Kommt zwischen dem alten und dem neuen Verein über die Höhe der Ablöseentschädigung keine Einigung zustande, entscheidet je nach Lage der Regionalverband oder der Kontrollausschuß des Deutschen Fußball-Bundes - DFB - (ß 10 Ziff. 6 e). Die Pflicht zur Zahlung der Ablöseentschädigung besteht grundsätzlich auch bei Eintritt der Spielsperre von 18 Monaten und tritt sofort in Kraft (Ausführungsbestimmungen Ziff. 2 zu § 10). Ein Verein kann auch die Freigabe eines Spielers, der zwar noch nicht Vertragsspieler ist, aber Vertragsspieler werden will, von der Leistung einer Entschädigung abhängig machen (ß 11 Ziff. 2 a). War ein Spieler vor Vertragsabschluß nicht ein volles Jahr Spieler des letzten Vereins, so ist die Entschädigung unter dem letzten und dem vorletzten Verein entsprechend zu teilen. Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich solchenfalls nach der Dauer der Mitgliedschaft in dem vorletzten Verein (ß 10 Ziff. 2 c). Wird die Freigabe eines Spielers von der Zahlung einer Entschädigung abhängig gemacht, so darf die Spielerlaubnis erst nach Zahlung der Entschädigung erteilt werden (ß 11 Ziff. 3).
Die Annahme der Rechtsbeschwerde, daß die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf unrichtiger Anwendung des bestehenden Rechts beruhe, trifft nicht zu. Wie das Verwaltungsgericht richtig ausgeführt hat, unterliegen der Umsatzsteuer gegen Entgelt ausgeführte Leistungen, ohne daß ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen den beiden Partnern vorzuliegen braucht. Es war also nur zu prüfen, ob der Bf. den übernehmenden Vereinen gegenüber Leistungen bewirkt hat und ob die 3.800 DM als Entgelt dafür anzusprechen sind. Das ist mit der Vorentscheidung zu bejahen.
Im Normalfalle des Vereinswechsels eines Vertragsspielers kündigt der Spieler das Vertragsverhältnis zu seinem alten Verein. Dies hat gemäß § 10 Ziff. 1 die Folge, daß der Spieler automatisch einer 18-monatigen Spielsperre unterliegt. Der neue Verein könnte also mit dem übernommenen Spieler lange Zeit nichts anfangen. Die Spielsperre tritt jedoch nach Buchst. b nicht ein, wenn der alte Verein den Spieler, der seinerseits gekündigt hat, freigibt. Für diese Freigabe, mit der der alte Verein einen für ihn wertvollen Spieler aus der Hand gibt, erhält der alte Verein von dem übernehmenden Verein eine Ablöseentschädigung. Sie ist kein Schadensersatz für eine unerlaubte Handlung des übernehmenden Vereins, sondern ein Entgelt für eine Leistung des alten Vereins, die er im Rahmen seines Unternehmens (entgeltlicher Spielbetrieb) bewirkt, und die gemäß § 1 Ziff. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) der Umsatzsteuer unterliegt. Dieses kann keinem Zweifel unterliegen in den Fällen, in denen der alte und der neue Verein, wie es nach § 10 Ziff. 6 e des Vertragsspielerstatuts die Regel ist, sich über die Höhe der Ablöseentschädigung einigen. - Dies gilt aber auch für den Fall, daß mangels Einigung der beiden beteiligten Vereine nach § 10 Ziff. 6 e a. a. O. eine Sport-Instanz (Regionalverband oder Kontrollausschuß des DFB) über die Höhe der Entschädigung entscheidet. An der Tatsache des Leistungsaustauschs zwischen den beiden Vereinen wird durch eine solche sportinstanzliche oder auch eine übergeordnete gerichtliche Entscheidung über die Höhe des Entgelts nichts geändert, wie ja auch allgemein im Wirtschaftsleben eine für eine Leistung zu bewirkende Zahlung ihren Entgeltcharakter nicht dadurch verliert, daß sie in ihrer Höhe durch ein Gericht oder ein Schiedsgericht festgesetzt wird. - Wenn der alte Verein auf eine Ablöseentschädigung verzichtet, wie es im § 10 Ziff. 5 als möglich vorgesehen ist, so findet mangels Entgelts ein steuerbarer Leistungsaustausch nicht statt. - Die Tatsache, daß nach der vorgenannten Vorschrift die Sport-Instanz (Regionalverband) dem wechselnden Vertragsspieler die Spielerlaubnis für den neuen Verein erst nach Zahlung der Ablöseentschädigung erteilen darf, spricht nicht gegen deren Entgeltcharakter; denn erste Voraussetzung für die Durchführung des Spielerwechsels und für die Spielerlaubnis im neuen Verein ist es, daß der alte Verein den Spieler freigibt. Die Freigabe ist eine Leistung des alten Vereins an den neuen Verein. Dafür erhält er von diesem die Ablöseentschädigung als Entgelt.
Der Bf. hat eine gutachtliche äußerung des DFB beigebracht. Aus ihr ergibt sich, daß der Regionalverband trotz Zahlung einer Ablöseentschädigung durch den neuen Verein und trotz Freigabe des Spielers durch den alten Verein die Spielerlaubnis (Lizenz) verweigern kann, wenn er der Auffassung ist, daß bei dem übertritt das Vertragsspielerstatut verletzt wurde, oder wenn besondere in der Person des Spielers liegende Gründe gegen die Lizenzierung sprechen. Das bedeutet zwar, daß die Erteilung der Spielerlaubnis durch den Regionalverband nicht - wie das Verwaltungsgericht irrtümlich angenommen hatte - nur formale Bedeutung hat; es folgt aber daraus - im Gegensatz zu Ziff. 1 des Gutachtens des DFB - nicht umgekehrt, daß "die Einigung über die Höhe einer Ablösesumme noch nicht einmal als Freigabe des alten Vereins anzusehen" wäre. Im Gegenteil erfolgt diese Einigung zwischen den Vereinen über die Ablösungssumme sinngemäß nur dann, wenn der alte Verein den Vertragsspieler freigibt. Diese Freigabe ist eine Voraussetzung für die Spielerlaubnis. Sie ist also eine entgeltliche Leistung des alten Vereins an den neuen Verein. Dies ist sogar der Fall, wenn (trotz erfolgter Freigabe und trotz gezahlter Ablösungssumme) der Regionalverband aus irgendwelchen Gründen die Lizenzierung des Spielers verweigert, sofern nicht aus diesem Grund der alte Verein die gezahlte Ablösungssumme an den neuen Verein zurückzahlt.
Es kommt nach § 10 Ziff. 1 a des Statuts vor, daß der alte Verein den Vertrag mit dem Vertragsspieler kündigt. Geschieht dies im Einvernehmen mit einem anderen Verein, zu dem der gekündigte Spieler überwechselt, so liegt auch in diesem Falle praktisch dasselbe wie eine Freigabe des Spielers durch den alten Verein vor. Eine Ablöseentschädigung, die der alte Verein von dem neuen Verein erhält, ist also ein umsatzsteuerbares Leistungsentgelt.
Bei rechtswirksamer fristloser Kündigung durch den Vertragsspieler hat der alte Verein keinen Anspruch auf eine Ablöseentschädigung durch den neuen Verein. Dieser Fall wird dann vorkommen, wenn der alte Verein sich gegenüber dem Vertragsspieler vertrags- oder statutenwidrig verhalten hat. Würde in einem solchen Falle der neue Verein dem alten Verein trotzdem eine Entschädigung gewähren, so wäre das (nach vernünftigem Ermessen) weder als eine Schenkung noch als ein Schadensersatz anzusehen; es könnte also wiederum nur ein Entgelt für ein Verhalten (eine Leistung) des alten Vereins sein.
Die Pflicht zur Zahlung der Ablöseentschädigung besteht gemäß Ziff. 2 der Ausführungsbestimmungen zu § 10 des Vertragsspielerstatuts auch bei Eintritt der Spielsperre von 18 Monaten. Ein solcher Fall kann z. B. vorkommen, wenn ein Verein einem anderen Verein (alter Verein) einen Vertragsspieler ohne Einverständnis oder Mitwirkung des alten Vereins (hinter dessen Rücken) entführt. Die Ablöseentschädigung, die der alte Verein in einem solchen Falle erhalten würde, wäre kein Leistungsentgelt, sondern ein nichtumsatzsteuerbarer Schadensersatz. Die Tatsache, daß ein solcher Fall möglich ist, hat jedoch nicht zur Folge, daß auch in allen anderen vorerörterten Fällen die Ablöseentschädigung ein Schadensersatz wäre.
Die Spielsperre, die nur bei Verweigerung der Spielerlaubnis praktisch wird, setzt ein solches Maß unsportlicher Unkorrektheit bei dem Vertragsspieler in dem ("neuen") Verein voraus, daß es sich um Einzelfälle handelt, die für die umsatzsteuerliche Behandlung aller anderen Fälle unbeachtlich sind. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, daß der Bf. die 3.800 DM, deren Umsatzsteuerbarkeit streitig ist, auf Grund der Freigabe von Vertragsspielern erhalten hat. An diese Feststellung ist der Senat gebunden. Damit entfällt die Möglichkeit, daß ein Teil der 3.800 DM nichtsteuerbarer Schadensersatz wäre.
Die Berufung des Bf. auf die Entscheidungen des Reichsfinanzhofs V A 804/31 vom 8. Januar 1932 (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1932 S. 803), V 20/38 vom 3. Februar 1939 (RStBl. 1939 S. 470), V 386/39 vom 12. Juni 1942 (RStBl. 1942 S. 842) ist verfehlt. Der Streitfall kann mit den den genannten Entscheidungen zugrunde liegenden Tatbeständen nicht rechtlich gleichgestellt werden. Auch aus der Bestimmung des § 11 Ziff. 2 c des Vertragsspielerstatuts kann nicht gefolgert werden, daß die Ablöseentschädigung ein Schadensersatz sei. Ist der ausscheidende Spieler nicht ein volles Jahr spielberechtigter Spieler des letzten Vereins gewesen, so gibt auch in diesem Falle der letzte Verein den Spieler frei und erhält dafür von dem neuen Verein das Entgelt in Gestalt der vollen Ablöseentschädigung; der vorletzte Verein spricht keine Freigabe aus. Daß die Ablöseentschädigung in einem solchen Falle sich nach der Dauer der Mitgliedschaft im vorletzten Verein richtet, ändert daran nichts. Der Anteil, den der vorletzte Verein gemäß § 11 Ziff. 2 c von dem letzten Verein erhält, ist ein innergesellschaftlicher Ausgleich, kein steuerbares Leistungsentgelt. Der letzte Verein kann sein steuerbares Entgelt nicht um den an den vorletzten Verein abzuführenden Betrag kürzen.
Die Rechtsbeschwerde war hiernach als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 307 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
BStBl III 1955, 333 |
BFHE 1956, 350 |
BFHE 61, 350 |
StRK, UStG:1/1 R 41 |