Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage an das BVerfG wegen Verfassungswidrigkeit des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG: Auslegung des Gleichheitssatzes, weder verfassungskonforme Auslegung noch analoge Anwendung, gleiche Beurteilung von Zuwendungen an Abgeordnete und Beamte, Aufwandsentschädigungen für Tätigkeiten im Beitrittsgebiet, Zulässigkeit der Vorlage
Leitsatz (amtlich)
Der VI.Senat hält § 3 Nr.12 Satz 1 EStG insoweit für nicht vereinbar mit Art.3 Abs.1 GG, als danach an Beschäftigte im Bundes- oder Landesdienst gezahlte Bezüge endgültig steuerfrei bleiben, während Zuwendungen im übrigen öffentlichen oder privaten Dienst, die eine vergleichbare Zweckbestimmung haben, endgültig einkommensteuerpflichtig sind.
Orientierungssatz
1. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Die Abstufung der Anforderungen folgt aus Wortlaut und Sinn des Art. 3 Abs. 1 GG sowie aus seinem Zusammenhang mit anderen Verfassungsnormen (vgl. Beschluß des BVerfG vom 8.6.1993 1 BvL 20/85).
2. Der Wortlaut des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG erlaubt es nicht, die Vorschrift einschränkend und verfassungskonform dahin auszulegen, daß nur solche "Aufwandsentschädigungen" steuerfrei sind, die Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgelten sollen. Die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenzen am Wortlaut und am Zweck, den der Gesetzgeber mit der Rechtsvorschrift objektiv erkennbar verfolgt. Ist der Normtext klar und eindeutig, fehlt es bereits an der Auslegungsfähigkeit der Norm; mangels verschiedener Deutungsmöglichkeiten scheidet eine verfassungskonforme Auslegung aus (vgl. Rechtsprechung des BVerfG).
3. Der gleichheitswidrige Begünstigungsausschluß der Empfänger von Zahlungen aus anderen als Bundeskassen oder Landeskassen nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG läßt sich nicht durch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf den gleichheitswidrig ausgeschlossenen Personenkreis beseitigen. Eine vom Gesetzgeber bewußt herbeigeführte Privilegierung läßt keinen Raum für die Annahme einer Regelungslücke; eine solche ist aber Voraussetzung für eine Analogie.
4. Was das BVerfG zutreffend für Zuwendungen an Abgeordnete entschieden hat (vgl. sog. Diäten-Urteil vom 5.11.1975 2 BvR 193/74, wonach nur die Entschädigung für wirklich entstandenen, mit dem Mandat verbundenen besonderen Aufwand noch eine echte Aufwandsentschädigung sei, die auch künftig steuerfrei bleiben könne), kann für Gehaltszulagen bei Beamten und sonstigen Arbeitnehmern des Bundes und der Länder grundsätzlich nicht anders beurteilt werden.
5. Bei den pauschalierten, der Höhe nach von der Besoldungsstufe abhängigen Aufwandsentschädigungen i.S.d. Richtlinien des Bundesministers des Innern vom 10.10.1990 D I 1 - 210 032/1 und vom 17.4.1991 D II 4 - 221 170/36 (Aufwandsentschädigungen für Besoldungsempfänger des Bundes für Tätigkeiten im Beitrittsgebiet) handelt es sich primär um Erschwerniszulagen und nicht um echte Aufwandsentschädigungen.
6. Zur Zulässigkeit der Vorlage an das BVerfG: Nach Ansicht des VI. Senats kommt es i.S.d. Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG für die Entscheidung des Streitfalls auf die Gültigkeit des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG an, da bei Unvereinbarkeit dieser Vorschrift mit dem Grundgesetz eine Heilung des Gleichheitsverstoßes durch Einbeziehung aus privaten Kassen gezahlter Zulagen in die Begünstigung möglich wäre. Sollte das BVerfG jedoch zu der Auffassung gelangen, allein der ersatzlose Wegfall dieser Vorschrift sei verfassungskonform mit der Folge, daß es nach der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG für den Streitfall auf die Gültigkeit der Norm nicht ankommt --die Sache wäre dann entscheidungsreif i.S. einer Klageabweisung und Zurückweisung der Revisio
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; EStG 1990 § 3 Nr. 12 S. 1, § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 S. 1, §§ 9a, 12; GG Art. 100 Abs. 1 S. 1, Art. 48 Abs. 3
Tatbestand
I. Gegenstand der Vorlage
Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 3 Nr.12 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) deshalb mit Art.3 Abs.1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) unvereinbar ist, weil die Beschränkung der Steuerbefreiung auf Aufwandsentschädigungen, die aus Bundeskassen oder Landeskassen gezahlt werden, die Empfänger von Zuwendungen aus sonstigen --privaten oder öffentlichen-- Kassen gleichheitswidrig von einer Begünstigung ausschließt.
§ 3 Nr.12 EStG gilt seit dem Veranlagungszeitraum 1957 unverändert bis heute in der folgenden Fassung:
"§ 3
Steuerfrei sind
...
12. aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte
Bezüge, die in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz oder
einer auf bundesgesetzlicher oder landesgesetzlicher
Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder von der
Bundesregierung oder einer Landesregierung als
Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als
Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden.
Das gleiche gilt für andere Bezüge, die als
Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an
öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden,
soweit nicht festgestellt wird, daß sie für
Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den
Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar
übersteigen;"
1. Entstehungsgeschichte des § 3 Nr.12 Satz 1 EStG
Vorläufer der Vorschrift waren § 34 EStG 1920 (RGBl 1920, 359)
und § 36 Abs.2 EStG 1926 (RGBl I 1925, 189).
Nach § 34 Abs.1 EStG 1920 blieb bei der Ermittlung des
steuerbaren Einkommens der Reichs-, Staats- und
Gemeindebeamten, Geistlichen, Kirchenbeamten, Lehrer an
öffentlichen Unterrichtsanstalten und Militärpersonen die zur
Bestreitung des Dienstaufwands gewährte Entschädigung oder der
hierzu nach ausdrücklicher Anordnung bestimmte Teil des
Gehalts oder einer etwaigen Zulage außer Ansatz. Nach Abs.3
dieser Vorschrift blieben die den im privaten Dienst
angestellten Personen gezahlten Entschädigungen, die nach
ausdrücklicher Vereinbarung zur Bestreitung des durch den
Dienst veranschlagten Aufwands gezahlt wurden, insoweit außer
Ansatz, als ihr Betrag den erforderlichen Aufwand nicht
überstieg.
Gemäß § 36 Abs.2 Nr.1 EStG 1926 gehörten nicht zum Arbeitslohn
die aus öffentlichen Kassen gewährten Aufwandsentschädigungen,
Tagegelder und Reisekosten. Zu den Aufwandsentschädigungen der
im öffentlichen Dienst angestellten Personen gehörten auch der
nach ausdrücklicher Anordnung zur Bestreitung des
Dienstaufwands bestimmte Teil des Gehalts oder einer etwaigen
Zulage. Nach Nr.2 der Vorschrift gehörten nicht zum
Arbeitslohn die Entschädigungen, die den im privaten Dienst
angestellten Personen nach ausdrücklicher Vereinbarung zur
Bestreitung des durch den Dienst veranlaßten Aufwandes gezahlt
wurden, wenn sie nur in Höhe des nachgewiesenen Dienstaufwands
gewährt wurden oder die tatsächlichen Aufwendungen offenbar
nicht überstiegen; dazu gehörte auch die Entschädigung für vom
Arbeitnehmer gestellte Arbeitsmittel.
Aus den Gesetzesmaterialien zum EStG 1920 (vgl. Verhandlungen
der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung, Bd.340
Nr.1624, S.61) und zum EStG 1926 (RTDrucks III. WP, Nr.795,
S.58) ergibt sich, daß als selbstverständliche Voraussetzung
für die Steuerfreiheit der im öffentlichen Dienst gezahlten
Bezüge angesehen worden war, daß es sich um wirkliche
Entschädigungen für Dienstaufwand handelte. Für den Fall, daß
den Beamten unter der unzutreffenden Bezeichnung
"Dienstaufwandsentschädigung" zugleich eine Vergütung für
Arbeitsleistung gezahlt werde, sei die Voraussetzung, von der
§ 36 Abs.2 Nr.1 EStG 1926 ausgehe, nicht mehr gegeben.
Derjenige Teil der Gesamtbezüge, der in Wahrheit Entgelt für
Arbeitsleistung darstelle, dürfe der Besteuerung nicht
entzogen werden (vgl. RTDrucks III. WP, Nr.795, S.58).
Abweichend von der bisherigen Gesetzessystematik wurde in § 3 EStG 1934 (RGBl I 1934, 1005) unter der Überschrift "Steuerfreie Einkünfte" geregelt, welche Einnahmen steuerfrei sind. Nach Nr.13 waren steuerfrei die aus öffentlichen Kassen gezahlten Aufwandsentschädigungen und Reisekosten. In § 3 Nr.13 Satz 2 EStG 1934 wurde ausdrücklich angeordnet, daß Entschädigungen, die für Verdienstausfall und Zeitverlust gezahlt werden, steuerpflichtig sind. Eine den § 34 Abs.3 EStG 1920 und § 36 Abs.2 Nr.2 EStG 1926 vergleichbare, Entschädigungen im privaten Dienst betreffende Vorschrift fehlt im EStG 1934. Eine Begründung dafür ist nicht gegeben worden.
§ 3 Nr.13 EStG 1934 wurde unverändert als § 3 Nr.11 in das EStG 1950 (BGBl I 1950, 95) übernommen.
Durch Art.1 Nr.2 des Steueränderungsgesetzes vom 26. Juli 1957 (BGBl I 1957, 848) wurde mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1957 der bisherige § 3 Nr.11 EStG in Nr.12 (Aufwandsentschädigungen) und Nr.13 (Reisekostenvergütungen) aufgeteilt. Seitdem hat § 3 Nr.12 EStG die oben wiedergegebene Fassung, in der unterschieden wird, ob die Aufwandsentschädigungen aus einer Bundes-/Landeskasse oder einer sonstigen öffentlichen Kasse gezahlt werden.
2. Rechtlicher Hintergrund der Neufassung durch das EStG 1957
Die Änderung durch das EStG 1957 wurde in den Gesetzesmaterialien ausschließlich damit begründet, daß die bisherigen Regelungen über die aus öffentlichen Kassen gezahlten Aufwandsentschädigungen und Reisekosten klarer gefaßt werden müßten bzw. daß diese Vorschriften der rechtlichen Klarstellung einiger jetzt bestehender Zweifelsfälle gelten (vgl. BTDrucks 2. WP, Nr.3510, S.8). Die bestehenden Zweifelsfälle sind in den Materialien nicht weiter erläutert worden.
Tatsächlich ist die Änderung vor dem Hintergrund zu sehen, daß in einem Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 2. Dezember 1937 A 4502 - 18271 IV die Steuerfreiheit der bis zu diesem Zeitpunkt als steuerpflichtig angesehenen Ministerialzulage angeordnet und diese seitdem steuerfrei gewährt worden war. Demgegenüber hatte der Bundesfinanzhof (BFH) in zwei Urteilen, die zu § 3 Nr.11 EStG 1950 ergangen waren, die Auffassung vertreten, die Anwendung der Befreiungsvorschrift setze voraus, daß im jeweiligen Falle tatsächlich ein der Entschädigung entsprechender Aufwand in Betracht komme. Aus dem Sinn und Zweck des § 3 Nr.11 EStG folge das Erfordernis der sachlichen Nachprüfung durch das mit der Bearbeitung des einzelnen Falles befaßte Finanzamt. Nicht anerkannt werden könne ein den Finanzämtern im Wege der Verwaltungsanweisung erteiltes generelles Verbot, die bei den obersten Behörden gewährten und von diesen selbst als steuerfrei behandelten Stellenzulagen auf das sachliche Vorliegen der Steuerfreiheit hin zu prüfen (Urteile vom 22. September 1955 IV 47/54 S, BFHE 62, 488, BStBl III 1956, 181; vom 24. Juli 1956 IV 382/55 S, BFHE 64, 291, BStBl III 1957, 111). Dementsprechend wird im Betriebs-Berater (BB) 1957, 773 (unter E I 3 der Ausführungen) die Bedeutung der Neuregelung des bisherigen § 3 Nr.11 EStG durch § 3 Nr.12 EStG 1957 darin gesehen, daß sie in erster Linie die Steuerfreiheit der Ministerialzulagen zur Folge habe, die, wie der BFH in mehreren Entscheidungen festgestellt habe, nach der bisherigen Fassung des EStG rechtlich nicht haltbar gewesen sei. Ebenso hat der BFH den Zweck der Neuregelung in seinem Urteil vom 18. Dezember 1964 VI 298/60 U (BFHE 81, 401, BStBl III 1965, 144, 146, rechte Spalte, 2.Absatz) beurteilt.
II. Haushaltsrechtliche Bestimmungen und Verwaltungsregelungen über die "Aufwandsentschädigungen" für Tätigkeiten im Beitrittsgebiet
1. Haushaltsjahr 1990
a) Bundeshaushaltsplan
Im Nachtrag zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1990, der durch das Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1990 (Nachtragshaushaltsgesetz 1990) vom 23. Mai 1990 (BGBl I 1990, 944) festgestellt wurde, sind bei Kapitel 60 04 Titel 547 01 Kosten für die gegenseitige Entsendung von Verwaltungsangehörigen des Bundes und der DDR sowie von Experten im Rahmen der Entwicklung zur deutschen Einheit ausgewiesen. Der Titel enthält u.a. die folgende Erläuterungen:
"... Bundesbedienstete, denen eine dienstliche Tätigkeit in der DDR übertragen wird, erhalten eine Aufwandsentschädigung in Höhe von bis zu zwei Dritteln der Zulage nach § 45 BBesG; das Nähere regelt der Bundesminister des Innern im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen."
b) Verwaltungsregelungen
Eine mit Schreiben vom 10. Oktober 1990 des Bundesministers des Innern (D I 1 - 210 032/1) bekanntgegebene Richtlinie vom 10. Oktober 1990, durch die eine Richtlinie vom 4. Juli 1990 neugefaßt wurde, hat u.a. folgenden Inhalt:
"I. Besoldungsempfänger des Bundes
1. Besoldungsempfänger des Bundes, denen für mindestens vier Wochen im Bundesinteresse eine dienstliche Tätigkeit von vorübergehender Dauer bei einer Dienststelle im Beitrittsgebiet übertragen ist und die einer Dienststelle des Bundes im übrigen Bundesgebiet angehören, erhalten wegen der mit dem Aufenthalt im Beitrittsgebiet verbundenen besonderen Aufwendungen im Rahmen der Zweckbestimmung der bei Kap. 60 04 Titel 547 01 veranschlagten Mittel eine pauschalierte monatliche Aufwandsentschädigung. Die Aufwandsentschädigung wird nicht gewährt bei Tätigkeiten, die im Rahmen einer Dienstreise ausgeübt werden.
Die Aufwandsentschädigung wird nur gewährt, wenn der Besoldungsempfänger nicht täglich zu seinem bisherigen Wohnort außerhalb des Beitrittsgebietes zurückkehrt oder ihm die tägliche Rückkehr nicht zuzumuten ist (s. § 3 Abs. 1 Satz 2 der Trennungsgeldverordnung -TGV-). Soweit dabei die Voraussetzungen für die Gewährung von Trennungsgeld (s. § 3 TGV) erfüllt sind, ergeben sich die Beträge aus Spalte 1 der Anlage 1, in den anderen Fällen aus Spalte 2.
Die Aufwandsentschädigung ist nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei.
2. Der Anspruch auf die Aufwandsentschädigung entsteht mit dem Tag, an dem der Besoldungsempfänger seine Tätigkeit im Beitrittsgebiet aufnimmt; er endet mit dem Tag, an dem er die Tätigkeit im Beitrittsgebiet beendet. Beginnt oder endet der Anspruch auf die Aufwandsentschädigung im Laufe eines Monats, so ist die Aufwandsentschädigung tageweise - je Tag mit einem Dreißigstel des Monatsbetrages - zu gewähren.
3. Bei Unterbrechung der Tätigkeit durch Urlaub oder vorübergehende Erkrankung wird die Aufwandsentschädigung weitergezahlt.
4. ...
5. Reisekostenrechtliche Leistungen bleiben durch die Aufwandsentschädigung unberührt.
...
II. Arbeitnehmer des Bundes
Diese Richtlinie ist auf Arbeitnehmer des Bundes, denen für mindestens vier Wochen eine dienstliche Tätigkeit von vorübergehender Dauer bei einer Dienststelle im Beitrittsgebiet übertragen ist und die einer Dienststelle des Bundes im übrigen Bundesgebiet angehören, entsprechend anzuwenden; Nr. 4 Abs. 3 SR 2 z 3 BAT gilt sinngemäß.
...
III.
...
Die Neufassung der Richtlinie ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen, sie gilt vom 3. Oktober 1990 bis zum 31. Januar 1991. Die aufgrund der bisherigen Fassung überzahlten Beträge sind zu verrechnen, ggf. zurückzufordern."
Anlage 1 der Richtlinie lautet:
"Höhe der monatlichen pauschalierten Aufwandsentschädigung in DM bei einer vorübergehenden dienstlichen Tätigkeit im Beitrittsgebiet
Besoldungsgruppen
1 2 A 1 - A 9 1217 457 A 10 1349 506 A 11 1462 549 A 12 1609 604 A 13 u. höher sowie B, C u. R 1748 658." 2. Haushaltsjahr 1991 a) Bundeshaushaltsplan Im Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1991, der durch das Haushaltsgesetz 1991 vom 27. Juni 1991 (BGBl 1991, 1354) festgestellt wurde, sind bei Kapitel 60 03 Titel 547 01 die Kosten für die Entsendung von Bundesbediensteten und Bundesbediensteten im Ruhestand in das in Art.3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet (Beitrittsgebiet) ausgewiesen. Der Titel enthält die folgende Erläuterung: "Im Interesse einer schnellen Harmonisierung der Verwaltungen in den neuen Bundesländern mit den Verwaltungen im bisherigen Bundesgebiet ist es erforderlich, Bundesbedienstete und Bundesbedienstete im Ruhestand in das in Art. 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet zu entsenden. Die entsandten Bundesbediensteten und Bundesbediensteten im Ruhestand erhalten Leistungen entsprechend dem Schreiben des Bundesministers des Innern vom 17. April 1991, einschließlich einer Aufwandsentschädigung entsprechend den Richtlinien vom 17. April 1991. Die Regelungen gelten für Zuwendungsempfänger entsprechend." b) Verwaltungsregelungen Die Richtlinie vom 17. April 1991 (D II 4 - 221 170/36), die nach ihrer unter III. getroffenen Regelung vom 1. April 1991 an gilt, lautet u.a.: "I. Besoldungsempfänger des Bundes 1. Besoldungsempfänger des Bundes, denen für mindestens vier Wochen (...) eine dienstliche Tätigkeit bei einer Dienststelle des Bundes oder im Wege der Abordnung bei einer Dienststelle des Bundes oder im Wege der Abordnung bei einer Dienststelle eines Landes im Beitrittsgebiet übertragen ist und die einer Dienststelle des Bundes, die ihren Sitz außerhalb des Beitrittsgebiets hat, angehören oder angehörten, erhalten wegen der mit dem Aufenthalt im Beitrittsgebiet verbundenen besonderen Aufwendungen im Rahmen der Zweckbestimmung der bei Kap. 60 03 Titel 547 01 veranschlagten Mittel eine pauschalierte monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe des sich aus der Anlage 1 ergebenden Betrages. Die Aufwandsentschädigung wird nicht gewährt ... Soweit der Besoldungsempfänger zum in Gemeinschaftsunterkunft verpflichtet ist, erhält er ein Drittel des oben genannten Betrages. Die Aufwandsentschädigung ist nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei. ...
5. Reise- und umzugskostenrechtliche Leistungen bleiben durch die Aufwandsentschädigung unberührt. ..."
....
Die übrigen Regelungen entsprechen weitgehend denjenigen der Richtlinie vom 10. Oktober 1990. Die Höhe der nach § 3 Nr.12 EStG steuerfrei gewährten pauschalierten Aufwandsentschädigung wurde in der Anlage 1 wie folgt festgelegt:
"Besoldungsgruppen DM
A 1 - A 8 1.500 A 9 1.700 A 10 1.900 A 11 2.100 A 12 2.300 A 13 u. höher sowie B, C u. R 2.500"
III. Sachverhalt des Streitfalles
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Angestellter einer
Bank. Er war im Streitjahr 1991 von seiner Arbeitgeberin im
Beitrittsgebiet eingesetzt. Er erhielt aus diesem Anlaß neben
steuerfrei gezahlten Reisekostenerstattungen eine
Gehaltszulage. Seine Arbeitgeberin unterwarf diese dem
Lohnsteuerabzug. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt --FA--) erfaßte die Gehaltszulage als
steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Der Kläger begehrte die Steuerfreiheit der Zulage und machte
geltend, die Staatsdiener von Bund und Ländern seien für ihren
Einsatz im Beitrittsgebiet durch eine steuerfreie Prämie
honoriert worden. Es liege ein Mißbrauch des EStG durch den
öffentlichen Arbeitgeber vor. Da verfassungsrechtlich gleiche
Tatbestände auch steuerlich gleich behandelt werden müßten,
sei die ihm gezahlte Zulage wegen seines Einsatzes im
Beitrittsgebiet ebenfalls steuerfrei zu belassen.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies sie
unter Hinweis auf einen BFH-Beschluß vom 23. August 1991 VI B
44/91 (BFHE 165, 172, BStBl II 1991, 885) als unbegründet ab.
Zur Begründung seiner vom FG zugelassenen Revision macht der
Kläger geltend:
1. Die "besonderen Umstände im Beitrittsgebiet" hätten die Finanzverwaltung veranlaßt, für Abordnungen in das Beitrittsgebiet von der Besoldungsgruppe abhängige, pauschalierte Aufwandsentschädigungen gemäß § 3 Nr.12 EStG steuerfrei zu zahlen (vgl. Neufassung der Richtlinie vom 4. Juli 1990 durch den Bundesminister des Innern vom 10. Oktober 1990, BB 1991, 674). Durch ein Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 28. Januar 1991 (IV B 6 - S 2337 - 26/90 III, BB 1991, 675) sei diese zu § 3 Nr.12 Satz 1 EStG ergangene Regelung auf Aufwandsentschädigungen ausgedehnt worden, die aus öffentlichen Kassen außerhalb einer Bundes- oder Landeskasse gezahlt würden. Im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse im Beitrittsgebiet sei nicht zu prüfen, ob die Aufwandsentschädigungen die steuerlich anzuerkennenden Aufwendungen überstiegen, wenn entsprechende Aufwandsentschädigungen bei gleichem Sachverhalt nach § 3 Nr.12 Satz 1 EStG steuerfrei gezahlt würden.
Die anerkannten "besonderen Umstände im Beitrittsgebiet" belasteten dienstlich abgeordnete Mitarbeiter privater Unternehmen ebenso --und zwar identisch-- wie Bedienstete öffentlicher Körperschaften, die nicht mit dem Bund und den Ländern identisch seien. Es werde begehrt, § 3 Nr.12 Satz 1 EStG nicht nur --wie durch das BMF-Schreiben geschehen-- auf öffentlich Bedienstete auszudehnen, die unter § 3 Nr.12 Satz 2 EStG fielen, sondern auch auf private Arbeitnehmer.
Er, der Kläger, gehe nicht davon aus, daß die Finanz- und Innenminister das Gesetz gebrochen und den Kommunalbediensteten einen ungesetzlichen Steuervorteil "zugeschanzt" hätten. Vielmehr habe wegen der Wiedervereinigung eine besondere, dem Gesetzgeber bis dahin nicht bekannte Auslegungssituation bestanden. Die einfachgesetzliche Auslegung erstrecke sich daher auch auf private Arbeitnehmer privater Arbeitgeber.
2. Hilfsweise werde mit der Revision auch eine Verfassungswidrigkeit des § 3 Nr.12 EStG geltend gemacht. Die Verfassungswidrigkeit beruhe darauf, daß die Vorschrift auf Tatbestände des öffentlichen Rechts abstelle. Nach dem neuen Verständnis des Gleichheitssatzes, den das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nunmehr enger und differenzierter anwende, liege in der Beschränkung auf den öffentlichen Dienst ein glatter Gleichheitsverstoß. Zwar dürfe das BVerfG grundsätzlich nicht steuergesetzliche Vergünstigungen auf übergangene Personengruppen ausdehnen. Dieser Grundsatz gelte jedoch nicht, wenn mit Rücksicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalles nur diese Möglichkeit der Ausdehnung der Vergünstigung zur Beseitigung des Verfassungsverstoßes in Betracht komme. Es widerspreche der fundamentalen Rechtsidee, wenn die Exekutive ihre Angehörigen in Mißbrauch ihrer Machtstellung steuerlich entlaste, diese Entlastung jedoch privaten Arbeitnehmern vorenthalte. In dieser außergewöhnlichen Rechtslage bleibe nur eine einzige Lösung übrig: Gleichbehandlung der benachteiligten Privaten, auch wenn dieser Rechtsakt zu einem Umdenken in der Art und Weise der Rechtsgeltung der Steuergleichheit zwinge.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Gehaltszulage für 1991 einkommensteuerfrei zu stellen.
Hilfsweise regt er an, das Normenkontrollverfahren zu § 3 Nr.12 EStG beim BVerfG einzuleiten.
Das FA beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
Es trägt vor: Hätte der BFH die vom Kläger angeregte steuermildernde Analogie für möglich gehalten, hätte er wohl bereits in dem Beschluß in BFHE 165, 172, BStBl II 1991, 885 die Revision zugelassen. Zwar sei dem Kläger einzuräumen, daß gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 3 Nr.12 EStG Bedenken bestehen. Jedoch würde eine etwaige Verfassungswidrigkeit nicht zu einer Begünstigung des Klägers, sondern lediglich zum Wegfall der Privilegierung des nach § 3 Nr.12 EStG begünstigten Personenkreises führen. Hinzu komme, daß sich der durch § 3 Nr.12 EStG begünstigte Personenkreis die steuerfrei gewährte Aufwandsentschädigung auf seine Aufwendungen anrechnen lassen müsse. Dies führe im Ergebnis, wenn auch nicht immer zu einer Angleichung, so doch zu einer Annäherung der Steuerbelastung beider Gruppen mit der Folge, daß aufgrund des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers die in Rechtsprechung und Literatur geäußerten Bedenken wohl relativiert werden müßten.
Entscheidungsgründe
IV. Verfassungsrechtliche Beurteilung des § 3 Nr.12 Satz 1 EStG
§ 3 Nr.12 Satz 1 EStG ist nach Ansicht des Senats mit Art.3 Abs.1 GG unvereinbar. Es können danach Bezüge aus Bundes- oder Landeskassen selbst dann steuerfrei gewährt werden, wenn sie nicht dazu dienen, gemäß § 4 Abs.4 bzw. § 9 EStG als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbare Aufwendungen abzugelten. Dies führt zu einer endgültigen Bevorzugung der Empfänger von Bezügen aus Bundes- oder Landeskassen gegenüber den Empfängern von Bezügen aus anderen --öffentlichen oder privaten-- Kassen. Diese Ungleichheit im Belastungserfolg bei Bezügen, die einer vergleichbaren Zweckbestimmung dienen, ist nach der Überzeugung des Senats nicht durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt.
1. Auslegung des Gleichheitssatzes (Art.3 Abs.1 GG) durch das BVerfG
Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich nach der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. Beschluß vom 8. Juni 1993 1 BvL 20/85, BVerfGE 89, 15, BStBl II 1994, 59) je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Die Abstufung der Anforderungen folgt aus Wortlaut und Sinn des Art.3 Abs.1 GG sowie aus seinem Zusammenhang mit anderen Verfassungsnormen.
Da der Grundsatz, daß alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung (vgl. BVerfG-Beschluß vom 7. Oktober 1980 1 BvL 50,89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, 88). Das gilt auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. Bei lediglich verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt das Maß der Bindung vor allem davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (vgl. BVerfGE 55, 72, 89). Überdies sind dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers um so engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfG-Beschluß vom 26. Januar 1993 1 BvL 38,40,43/92, BVerfGE 88, 87, 96; BVerfGE 89, 15, 22 f.).
Der unterschiedlichen Weite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums entspricht eine abgestufte Dichte bei der verfassungsgerichtlichen Prüfung. Bei Regelungen, die Personengruppen verschieden behandeln oder sich auf die Wahrnehmung von Grundrechten nachteilig auswirken, prüft das BVerfG im einzelnen nach, ob für die vorgesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (BVerfGE 88, 87, 97; 89, 15, 23). Diesen Regelungsgehalt des Art.3 Abs.1 GG hat das BVerfG namentlich im Zusammenhang mit Versuchen hervorgehoben, aus einem Gesetzeswerk eine den Gesetzgeber bindende Sachgesetzlichkeit herzuleiten und eine Systemwidrigkeit als Verletzung des Gleichheitssatzes zu beanstanden (vgl. BVerfG-Beschluß vom 7. November 1972 1 BvR 338/68, BVerfGE 34, 103, 115; 55, 72, 88). Liegt keine der vorgenannten Voraussetzungen vor und kommt deshalb als Maßstab nur das Willkürverbot in Betracht, so kann ein Verstoß gegen Art.3 Abs.1 GG nur festgestellt werden, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist (vgl. BVerfGE 55, 72, 90).
2. Anwendung auf § 3 Nr.12 Satz 1 EStG
a) Mittelbare Verschiedenbehandlung von Personengruppen
Durch § 3 Nr.12 Satz 1 EStG werden mittelbar Personengruppen unterschiedlich behandelt. Die Empfänger von Bezügen werden in solche aufgeteilt, die Bezüge aus einer Bundes- oder Landeskasse erhalten, und solche, die sie aus anderen Kassen bekommen.
Bei der erstgenannten Gruppe sind und bleiben die zusätzlich zum normalen Gehalt gezahlten Zuwendungen steuerfrei, wenn die dafür im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen, d.h. die Festsetzung als Aufwandsentschädigung und Ausweisung als solche im Haushaltsplan, erfüllt sind.
Bei der zweiten Gruppe von Empfängern können Zulagen zum normalen Gehalt in derselben Höhe und mit vergleichbarer Zweckbestimmung erfolgen, ohne daß eine Freistellung von der Einkommensteuer eintritt. Denn sie müssen mangels einer entsprechenden Befreiungsvorschrift Zulagen, die mit einer vergleichbaren Zweckbestimmung wie die Aufwandsentschädigung i.S. des § 3 Nr.12 Satz 1 EStG gezahlt werden, gemäß §§ 8, 19 EStG als steuerpflichtige Einnahmen erfassen. Sie können nur dann und nur insoweit einen steuermindernden Werbungskostenabzug geltend machen, als die Voraussetzungen des § 9 EStG erfüllt sind und § 12 Nr.1 EStG dem Abzug nicht entgegensteht. Außerdem wirken sich die Werbungskosten erst dann steuermindernd aus, wenn der Arbeitnehmer-Pauschbetrag gemäß § 9a Abs.1 Satz 1 EStG in Höhe von 2 000 DM überschritten ist. Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, insbesondere sogenannte Repräsentationsaufwendungen, sind nach § 12 Nr.1 Satz 2 EStG selbst dann nicht als Werbungskosten abziehbar, wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
b) Endgültige materielle und nicht nur vorübergehende verfahrensrechtliche Verschiedenbehandlung
Zwar ist für die verfassungsrechtliche Beurteilung, ob eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vorliegt, nicht ausschlaggebend, ob Zuwendungen zunächst als steuerpflichtige Einnahmen zu erfassen sind oder nicht. Vielmehr kommt es nach der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. Beschluß vom 19. Februar 1991 1 BvR 1231/85, BVerfGE 83, 395, 402) unter dem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen entscheidend auf die finanzielle Endbelastung, d.h. den Belastungserfolg, an. Anders als im Fall des § 3 Nr.11 EStG, den das BVerfG für mit dem Grundgesetz vereinbar gehalten hat (BVerfGE 83, 395), ist die Ungleichbehandlung durch § 3 Nr.12 Satz 1 EStG nicht allein darin zu sehen, daß Zuwendungen aus einer Bundes- oder Landeskasse von vornherein steuerfrei sind, während es bei vergleichbaren Leistungen privater Arbeitgeber der Überprüfung im Einzelfall im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer bedarf. Die Ungleichbehandlung ist vielmehr vor allem darin begründet, daß durch § 3 Nr.12 Satz 1 EStG auch solche Zulagen endgültig von der Einkommensteuer freigestellt werden, die für Zwecke der allgemeinen Lebensführung und der Repräsentation i.S. des § 12 EStG, also der Alimentation, und mithin nicht für solche Zwecke gezahlt werden, die einen Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten (§ 4 Abs.4, § 9 EStG) rechtfertigen.
Denn die Steuerfreiheit der Aufwandsentschädigung nach § 3 Nr.12 Satz 1 EStG setzt nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht voraus, daß damit Betriebsausgaben oder Werbungskosten i.S. der § 4 Abs.4 bzw. § 9 EStG abgegolten werden müssen. Für die Steuerbefreiung reicht es nach dem Tatbestand vielmehr aus, daß die Bezüge formal "als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind" und "als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden". Aufwandsentschädigungen im haushaltsrechtlichen Sinne müssen aber nicht deckungsgleich mit dem steuerrechtlichen Betriebsausgaben- oder Werbungskostenbegriff sein. Es mangelt an einer Bestimmung --im EStG oder einem sonstigen Gesetz-- die vorschreibt, daß "als Aufwandsentschädigung" i.S. des § 3 Nr.12 Satz 1 EStG ausschließlich solche Bezüge festgesetzt und anerkannt werden dürfen, die dazu bestimmt und geeignet sind, als Betriebsausgaben oder Werbungskosten i.S. der § 4 Abs.4 bzw. § 9 EStG abziehbare Aufwendungen abzugelten. Das hat zur Folge, daß --anders als bei der Steuerbefreiung nach § 3 Nr.11 EStG-- für zusätzlich gezahlte Bezüge (Zulagen) mit vergleichbarer Zweckbestimmung eine endgültige unterschiedliche Steuerbelastung in Abhängigkeit davon eintreten kann, ob sie aus Bundes- oder Landeskassen oder aus sonstigen Kassen gezahlt werden. Es werden im wirtschaftlichen Ergebnis bei Zulagen, die aus vergleichbaren Gründen gezahlt werden, die Arbeitnehmer des Bundes oder eines Landes steuerlich gegenüber den übrigen Arbeitnehmern privilegiert. Es werden mithin mittelbar Personengruppen endgültig unterschiedlich behandelt.
Für diese Privilegierung, die eine Ungleichheit im Belastungserfolg bewirkt, fehlt es an einem hinreichend gewichtigen Grund.
c) Keine Möglichkeit zur verfassungskonformen Auslegung
Der Wortlaut des § 3 Nr.12 Satz 1 EStG erlaubt es nicht, die Vorschrift einschränkend und verfassungskonform dahin auszulegen, daß nur solche "Aufwandsentschädigungen" steuerfrei sind, die Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgelten sollen. Auch wenn die Grenzen zulässiger verfassungskonformer Auslegung nicht abschließend geklärt sind (vgl. Klein in Umbach/Clemens, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Mitarbeiterkommentar und Handbuch, 1992, § 80 Rdnr.53), so ist doch anerkannt, daß die verfassungskonforme Auslegung ihre Grenzen am Wortlaut und an dem Zweck findet, den der Gesetzgeber mit der Rechtsvorschrift objektiv erkennbar verfolgt. Ist der Normtext klar und eindeutig, fehlt es bereits an der Auslegungsfähigkeit der Norm; mangels verschiedener Deutungsmöglichkeiten scheidet eine verfassungskonforme Auslegung aus (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 11. Juni 1980 1 PBvU 1/79, BVerfGE 54, 277, 299 f.; vom 1. Oktober 1987 2 BvR 1434/86, BVerfGE 77, 65, 73 f.).
Der Gesetzgeber wollte --wie oben dargestellt-- mit der Neuregelung des bisherigen § 3 Nr.11 EStG durch § 3 Nr.12 EStG 1957 gerade verhindern, daß die Finanzbehörden nachprüfen konnten, ob eine als Aufwandsentschädigung bezeichnete Zuwendung auch tatsächlich dazu diente, Aufwendungen i.S. des § 9 EStG abzugelten. Dieser vom Gesetzgeber beabsichtigte Zweck der Neuregelung ist in dem Wortlaut der Norm durch die auf formale Kriterien abstellenden Tatbestandsmerkmale "als Aufwandsentschädigung festgesetzt" und "als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen" auch unmißverständlich zum Ausdruck gekommen. Außerdem läßt die in § 3 Nr.12 EStG vorgenommene Gegenüberstellung von Bezügen aus Bundes- oder Landeskassen einerseits (Satz 1) und den sonstigen öffentlichen Kassen andererseits (Satz 2) klar die gesetzgeberische Absicht erkennen, daß allein die Entscheidung, einen Bezug als Aufwandsentschädigung festzusetzen und im Haushaltsplan auszuweisen, die Steuerfreiheit bewirken und eine Überprüfung des Charakters der Aufwendungen durch die Steuerverwaltung im Falle des § 3 Nr.12 Satz 1 EStG nicht zulässig sein sollte. Es sollte durch § 3 Nr.12 Satz 1 EStG gerade die Möglichkeit eröffnet werden, durch Ausweisung der Mittel im Haushaltsplan als "Aufwandsentschädigung" --auch system- und gleichheitswidrige-- Steuerbefreiungen zugunsten einer bestimmten Personengruppe --der Empfänger von Bezügen aus Bundes- oder Landeskassen-- zu bewilligen. Angesichts der eindeutigen Fassung und des erkennbaren Zwecks des § 3 Nr.12 Satz 1 EStG, der durch die Entstehungsgeschichte bestätigt wird, besteht --anders als bei § 3 Nr.12 Satz 2 EStG, der die Bezüge aus den übrigen öffentlichen Kassen betrifft (vgl. dazu BFH-Urteile vom 9. Juli 1992 IV R 7/91, BFHE 169, 144, BStBl II 1993, 50; vom 8. Oktober 1993 VI R 9/93, BFH/NV 1994, 312)-- keine Möglichkeit, die Vorschrift einschränkend und verfassungskonform dahin auszulegen, daß nur als Werbungskosten- oder Betriebsausgabenersatz gezahlte pauschalierte "Aufwandsentschädigungen" steuerfrei sind.
d) Keine Möglichkeit der analogen Anwendung
Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zwangsläufig, daß der gleichheitswidrige Begünstigungsausschluß der Empfänger von Zahlungen aus anderen als Bundes- oder Landeskassen sich nicht durch eine analoge Anwendung des § 3 Nr.12 Satz 1 EStG auf den gleichheitswidrig ausgeschlossenen Personenkreis beseitigen läßt. Eine vom Gesetzgeber bewußt herbeigeführte Privilegierung läßt keinen Raum für die Annahme einer Regelungslücke. Eine solche wäre aber Voraussetzung für eine Analogie. Außerdem scheitert eine analoge Anwendung des § 3 Nr.12 Satz 1 EStG auch an den spezifisch auf die Zahlung aus öffentlichen Kassen zugeschnittenen Tatbestandsmerkmalen der Vorschrift, die nicht entsprechend auf den privaten Bereich übertragen werden können. Eine Ausweisung als Aufwandsentschädigung in einem Haushaltsplan ist für Zuwendungen im privaten Bereich nicht vorstellbar.
3. Bisherige Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit des § 3 Nr.12 EStG
a) BFH
Der BFH hat bereits in dem Urteil in BFHE 81, 401, BStBl III 1965, 144 die Auffassung vertreten, § 3 Nr.12 Satz 1 EStG 1957 sei eine echte sachliche Befreiung für einen Teil des sonst steuerpflichtigen Arbeitslohns, den der Gesetzgeber bewußt von der Einkommensteuer freigestellt habe. Er hat diese Steuerbefreiung damals aber verfassungsrechtlich nicht beanstandet. Er hat einen sachlichen Grund für eine endgültig unterschiedliche Besteuerung vergleichbarer Lebenssachverhalte darin gesehen, daß für die Steuerbefreiung der Zuwendungen aus Bundes- oder Landeskassen vor allem wahrscheinlich der haushaltsrechtliche Gesichtspunkt maßgebend gewesen sei, daß, wenn die streitigen Zulagen der Einkommensteuer unterworfen würden, ihre Bruttobeträge entsprechend erhöht werden müßten. Solange für den Gesetzgeber dieser oder andere sachlich vertretbare Gesichtspunkte für die Sonderregelung des § 3 Nr.12 Satz 1 EStG maßgebend gewesen seien, könne von einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durch willkürliche Steuerbefreiung nicht die Rede sein. Es sei auch darauf hinzuweisen, daß der wirtschaftliche Erfolg für die Empfänger der streitigen Zulagen derselbe sei, gleichviel, ob nun die streitigen Zulagen wie bisher steuerfrei blieben oder ob die Zulagen erhöht und der Einkommensteuer unterworfen würden, sofern sie nur netto nicht niedriger seien als die bisherigen Zulagen.
Derartigen Gedankengängen hat sich das BVerfG in seinem sog. Diäten-Urteil aus dem Jahre 1975 (vom 5. November 1975 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296, 328) mit überzeugender Begründung nicht angeschlossen. Es hat vielmehr entschieden, die Alimentation der Abgeordneten mit dem Charakter von Einkommen müsse nach Grundsätzen, die für alle gleich seien, der Besteuerung unterworfen werden. Ein willkürliches Steuerprivileg hinsichtlich bestimmter Einkommen sei mit Art.3 Abs.1 GG unvereinbar. Nur die Entschädigung für wirklich entstandenen, sachlich angemessenen, mit dem Mandat verbundenen besonderen Aufwand sei daneben noch echte Aufwandsentschädigung, die auch künftig steuerfrei bleiben könne. Es komme nicht darauf an, ob eine Einnahme nach dem Steuergesetz formal als steuerfreie Aufwandsentschädigung anzusehen sei; die einkommensteuerrechtliche Regelung wäre ihrerseits verfassungswidrig, wenn sie Abgeordneten in größerem Umfang als dargelegt steuerfreie Entschädigungen einräumte (BVerfGE 40, 296, 328).
Was das BVerfG zutreffend für die Zuwendungen an Abgeordnete entschieden hat, kann für Gehaltszulagen bei Beamten und sonstigen Arbeitnehmern des Bundes und der Länder grundsätzlich nicht anders beurteilt werden.
b) BVerfG
Soweit das BVerfG mit Beschluß vom 26. November 1982 1 BvR 989/82 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1983, 227) eine Verfassungsbeschwerde nicht angenommen und § 3 Nr.12 Satz 2 EStG für mit Art.3 Abs.1 GG vereinbar gehalten hat, ist es dabei zum einen von großzügigeren Kriterien für die Prüfung der Einhaltung des Gleichheitssatzes durch den Gesetzgeber bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen ausgegangen, als sie in der neueren Rechtsprechung des BVerfG zugrunde gelegt werden. Zum anderen ist § 3 Nr.12 Satz 2 EStG verfassungskonform dahin ausgelegt worden, daß nur als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbare Aufwendungen zu berücksichtigen sind (vgl. BFH-Urteile in BFHE 169, 144, BStBl II 1993, 50; BFH/NV 1994, 312). Eine derartige Möglichkeit besteht --wie oben dargelegt-- für § 3 Nr.12 Satz 1 EStG nicht.
V. Zulässigkeit der Vorlage
Für die Entscheidung des Streitfalles kommt es auf die Gültigkeit des § 3 Nr.12 Satz 1 EStG an (Art.100 Abs.1 Satz 1 GG).
1. Unvereinbarkeit anstelle von Nichtigkeit der gleichheitswidrigen Norm als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Richtervorlage
Für die Entscheidung des Streitfalles kommt es nach der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. Urteil vom 27. Juni 1991 2 BvL 3/89, BVerfGE 84, 233, BStBl II 1991, 652, 653 f.) auf die Verfassungsmäßigkeit des § 3 Nr.12 Satz 1 EStG nur dann an, wenn diese Vorschrift mit dem Grundgesetz in dem Sinne unvereinbar wäre, daß dem Gesetzgeber eine Heilung des Gleichheitsverstoßes durch Einbeziehung des Klägers in die Begünstigung möglich wäre; auf die Gültigkeit der Vorschrift käme es dann nicht an, wenn sie nichtig in dem Sinne wäre, daß allein ihr ersatzloser Wegfall verfassungskonform wäre und mithin ausschließlich eine Nichtigerklärung gemäß § 78 Abs.1 Satz 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) in Betracht käme. Denn dann könnte der Kläger die erstrebte Steuerbefreiung für seine Gehaltszulage unter keinen Umständen erlangen. Die Klage wäre auf jeden Fall abzuweisen.
Ob bei einem angenommenen Verstoß gegen Art.3 Abs.1 GG eine Nichtigerklärung des § 3 Nr.12 Satz 1 EStG zu erfolgen hat oder ob verschiedene Möglichkeiten der Heilung der Gleichheitswidrigkeit durch den Gesetzgeber bestehen, hängt u.a. davon ab, ob die Steuerbefreiung von Arbeitslohn, der keinen steuerlich abziehbaren Aufwand abgelten soll, verfassungsrechtlich überhaupt erlaubt ist.
2. Voraussetzungen für die Verfassungskonformität einer Steuerbefreiung von Arbeitslohn auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG
Aus dem sog. Diäten-Urteil (BVerfGE 40, 296) könnten sich unter dem Gesichtspunkt der steuerlichen Belastungsgleichheit (vgl. dazu auch BVerfG-Urteil vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 652) verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Steuerbefreiung für solche Zulagen wegen einer Tätigkeit im Beitrittsgebiet ergeben, die keinen steuerlich anzuerkennenden Aufwand abgelten sollen.
Indes hat das BVerfG selbst bei einer mit der im Streitfall gezahlten Zulage vergleichbaren Fallgestaltung, nämlich der Steuerbefreiung der Zulagen für Nachtarbeit, derart grundsätzliche Bedenken unter dem Gesichtspunkt der steuerlichen Belastungsgleichheit nicht gehabt. Es handelt sich bei den Zulagen für Nachtarbeit ihrem Wesen nach um Erschwerniszulagen und nicht um Aufwandsentschädigungen mit dem Charakter eines Werbungskostenersatzes. Das BVerfG hat in seinem Beschluß in BVerfGE 89, 15, BStBl II 1994, 59 § 3b Abs.2 Nr.4 EStG nur insoweit mit Art.3 Abs.1 GG für unvereinbar gehalten, als es die Steuerfreiheit von Zuschlägen für regelmäßige Nachtarbeit in den Jahren 1975 bis 1977 auf höchstens 15 v.H. des Grundlohns begrenzte. Es hat die Vorschrift nicht etwa insgesamt wegen einer durch sie bewirkten Ungleichheit im steuerlichen Belastungserfolg zwischen Personen, die Nachtarbeit leisten, und solchen, die es nicht tun, für nichtig erklärt (vgl. auch BVerfG-Beschluß vom 29. November 1989 1 BvR 1402,1528/87, BVerfGE 81, 108, 119 f.). Es hat damit --konkludent-- die Nachtarbeit als einen Grund gewertet, der Unterschiede im steuerlichen Belastungserfolg und mithin eine Steuerbefreiung der wegen Nachtarbeit gezahlten Gehaltszuschläge rechtfertigen kann.
3. Unterschiedliche Heilungsmöglichkeiten des Gleichheitsverstoßes für den Gesetzgeber bei der steuerlichen Behandlung der Zulagen wegen einer Tätigkeit im Beitrittsgebiet
Ist danach die Steuerbefreiung von Erschwerniszuschlägen unter dem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt der steuerlichen Belastungsgleichheit nicht grundsätzlich untersagt, so dürfte auch eine Steuerbefreiung für Zulagen wegen einer Tätigkeit im Beitrittsgebiet verfassungsrechtlich jedenfalls nicht von vornherein unzulässig sein.
Bei den pauschalierten monatlichen Aufwandsentschädigungen im Sinne der Richtlinien des Bundesministers des Innern vom 10. Oktober 1990 und 17. April 1991 handelt es sich --ebenso wie bei der an den Kläger gezahlten Gehaltszulage-- primär um Erschwerniszulagen und nicht um echte Aufwandsentschädigungen. Denn wie beim Kläger nach § 3 Nr.16 EStG, so sind bei den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst die im Zusammenhang mit der auswärtigen Tätigkeit im Beitrittsgebiet entstandenen Aufwendungen (z.B. Fahrtkosten, Kosten der Unterkunft, Verpflegungsmehraufwand) im wesentlichen nach § 3 Nr.13 EStG steuerfrei erstattet worden (vgl. die Regelung unter I. 1 der Richtlinien vom 10. Oktober 1990 und 17. April 1991). Zwar war die "Aufwandsentschädigung" auf die Werbungskosten anzurechnen, soweit diese durch die nach § 3 Nr.13 EStG steuerfrei gezahlten Beträge nicht vollständig ersetzt worden sind. Doch ein möglicherweise trotz des steuerfreien Reisekostenersatzes bestehender Werbungskostenüberhang ändert nichts daran, daß die pauschale, der Höhe nach von der Besoldungsstufe abhängige Gehaltszulage ganz überwiegend als Erschwerniszulage wegen der Besonderheiten der Tätigkeit im Beitrittsgebiet und nicht als pauschaler Reisekostenersatz i.S. des § 3 Nr.13 EStG zu beurteilen ist. Anderenfalls hätte es auch nicht eines ausdrücklichen Hinweises in den Richtlinien des Bundesministers des Innern auf die Steuerbefreiung nach § 3 Nr.12 EStG bedurft. Denn Reisekosten, die dem Grunde und der Höhe nach als Werbungskosten hätten anerkannt werden können, hätten --ungeachtet etwaiger Ungleichbehandlungen im Verhältnis zwischen § 3 Nr.13 und § 3 Nr.16 EStG-- bereits nach § 3 Nr.13 EStG steuerfrei erstattet werden können.
Bei dieser Sachlage ist anzunehmen, daß der Gesetzgeber den durch § 3 Nr.12 Satz 1 EStG bewirkten Gleichheitsverstoß im Rahmen seines Gestaltungsspielraums auf verschiedene Weise heilen kann. Es kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, daß der Gesetzgeber im Falle der Erkenntnis der Verfassungswidrigkeit der Steuerbefreiung der Gehaltszulagen wegen einer Tätigkeit im Beitrittsgebiet nach § 3 Nr.12 Satz 1 EStG von einer Steuerbefreiung der Zulagen überhaupt abgesehen hätte. Vielmehr ist denkbar, daß er sich entscheiden würde, zur Beseitigung des Gleichheitsverstoßes die aus privaten Kassen gezahlten Zulagen ebenso zu begünstigen wie diejenigen, die aus Bundes- oder Landeskassen erbracht worden sind. Ob das gesetzgeberische Ermessen im Hinblick auf die Bestandskraft der meisten Veranlagungen für das Streitjahr 1991 nicht sogar in diese Richtung vorgeprägt ist, kann offenbleiben. Es reicht aus, daß als eine der möglichen Entscheidungsalternativen des Gesetzgebers eine Regelung in Betracht kommt, die die Steuerbefreiung auf Gehaltszulagen der Art erstreckt, wie sie der Kläger erhalten hat.
Wegen der unterschiedlichen Heilungsmöglichkeiten des Gleichheitsverstoßes im Falle der sachlichen Begründetheit der Vorlage wäre das vorliegende Verfahren weiterhin bis zum Tätigwerden des Gesetzgebers auszusetzen (vgl. BVerfGE 84, 233, 237). Dies ist eine andere Entscheidung als die Billigung der Klageabweisung durch die Vorinstanz und die Zurückweisung der Revision des Klägers. Damit kommt es i.S. des Art.100 Abs.1 Satz 1 GG für die Entscheidung des Streitfalls auf die Gültigkeit des § 3 Nr.12 Satz 1 EStG an.
VI. Unzulässigkeit der Vorlage im Falle der Nichtigkeit des § 3 Nr.12 Satz 1 EStG
Sollte das BVerfG den Widerstreit zwischen dem Grundsatz der steuerlichen Belastungsgleichheit einerseits und der Zulässigkeit der --systemwidrigen-- Steuerbefreiung von Erschwerniszulagen andererseits generell zugunsten der steuerlichen Belastungsgleichheit und damit anders auflösen, als es der Senat in den Ausführungen unter Nr.V dieses Beschlusses angenommen hat, so wäre die vorliegende Vorlage nach der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG zu Art.100 Abs.1 Satz 1 GG unzulässig. Denn dann wäre zur Beseitigung des Gleichheitsverstoßes verfassungsrechtlich keine Regelung durch den Gesetzgeber erlaubt, durch die der Kläger gemäß seinem Klagebegehren in die steuerliche Begünstigung einbezogen werden könnte, die den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst wegen ihrer Tätigkeit im Beitrittsgebiet gewährt worden ist.
Einwände gegen die Zulässigkeit einer Steuerbefreiung von Gehaltszulagen wegen einer Tätigkeit im Beitrittsgebiet könnten sich daraus ergeben, daß die Steuerbefreiung nach § 3b EStG in der Literatur mit gewichtigen Argumenten auf verfassungsrechtliche Bedenken gestoßen ist (vgl. die detaillierte Darstellung über den Meinungsstand bei von Beckerath in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 3b, Rdnrn.A 111-136, mit umfassenden Nachweisen). Entsprechende Argumente ließen sich möglicherweise auch auf die Steuerbefreiung von Zulagen wegen einer Tätigkeit im Beitrittsgebiet übertragen, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt, daß die Höhe der Zulage und damit des Vorteils der Steuerbefreiung von der Besoldungsstufe abhängig ist. Dies könnte zur Folge haben, daß eine gesetzliche Bestimmung, die eine Steuerbefreiung für Gehaltszulagen, wie der Kläger sie erhalten hat, begründen würde, ihrerseits verfassungsrechtlich deshalb nicht erlaubt wäre, weil sie gegen den aus Art.3 Abs.1 GG ableitbaren Grundsatz der steuerlichen Belastungsgleichheit in bezug auf Arbeitnehmer ohne Gehaltszulagen oder mit steuerpflichtigen Gehaltszulagen verstoßen würde. In diesem Fall käme es nach der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG zu Art.100 Abs.1 Satz 1 GG im Streitfall auf die Gültigkeit der Steuerbefreiung der Gehaltszulagen im öffentlichen Dienst gemäß § 3 Nr.12 Satz 1 EStG nicht an. Die Sache wäre vielmehr entscheidungsreif im Sinne einer Klageabweisung und Zurückweisung der Revision. Die Vorlage an das BVerfG wäre unzulässig. Es sind --soweit ersichtlich-- seit dem BFH-Beschluß in BFHE 165, 172, BStBl II 1991, 885 keine Entscheidungen des BVerfG ergangen, die auf eine Änderung seiner Rechtsprechung in dieser Frage hindeuten könnten.
Für den Fall, daß sich die Vorlage aus den vorgenannten Gründen auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG zur Zulässigkeit von Richtervorlagen (vgl. z.B. Urteil in BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 652; Beschluß vom 11. Oktober 1983 1 BvL 73/78, BVerfGE 65, 160, BStBl II 1984, 20) als unzulässig erweisen sollte, gibt der Senat zu bedenken, daß diese Rechtsprechung nicht zu befriedigen vermag. Der Senat verkennt nicht, daß die hohe Zahl von Eingängen beim BVerfG es nahelegt, die Vorschriften über die Zugangsvoraussetzungen zum BVerfG grundsätzlich nicht extensiv auszulegen. Von diesem Grundsatz sollte jedoch für den Fall einer Richtervorlage wegen eines gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses jedenfalls im Steuerrecht eine Ausnahme gemacht werden. Die gleichheitswidrige Privilegierung einer Gruppe stellt sich als Benachteiligung der übrigen Steuerzahler dar. Solange eine Vorschrift, die eine verfassungswidrige Steuerprivilegierung einer bestimmten Gruppe bewirkt, weiterhin anzuwenden ist, verwirklicht sich die zwangsläufig aus der gleichheitswidrigen Begünstigung resultierende Benachteiligung des ausgeschlossenen Personenkreises jedes Jahr bei jeder Veranlagung erneut. Die sich regelmäßig wiederkehrend in großer Zahl realisierende Benachteiligung rechtfertigt nach Ansicht des Senates für den Fall des gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses durch eine Norm des Steuerrechts eine Auslegung des Art.100 Abs.1 Satz 1 GG dahingehend, daß es ausnahmsweise nicht nur auf den Tenor der Entscheidung des vorlegenden Gerichts, sondern auch auf die Begründung der Entscheidung ankommt.
Fundstellen
Haufe-Index 65364 |
BStBl II 1995, 142 |
BFHE 175, 368 |
BB 1994, 2329-2333 (LT) |
DStR 1994, 1769-1771 (KT) |
HFR 1995, 85-87 (LT) |
StE 1994, 681-682 (K) |