OFD Frankfurt, Verfügung v. 23.1.2017, S 2706 A - 82 - St 55

 

1. Eigenbetriebe – Buchführungspflicht nach § 140 AO

 

1.1 Gemeinden

Einrichtungen, die als wirtschaftliche Unternehmen einer Gemeinde ohne eigene Rechtspersönlichkeit zu den Eigenbetrieben i.S. des § 1 Abs. 1 Eigenbetriebsgesetz (EigBGes) rechnen, sind nach § 20 Abs. 1 Satz 1 EigBGes verpflichtet, ihr Rechnungswesen nach den Regeln der kaufmännischen doppelten Buchführung oder einer entsprechenden Verwaltungsbuchführung zu führen. Die Buchführung muss zusammen mit der Bestandsaufnahme die Aufstellung von Jahresabschlüssen gestatten, die aus der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung und dem Anhang bestehen (§ 20 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 22 Satz 1 EigBGes). Die allgemeinen Vorschriften, die Ansatzvorschriften, die Vorschriften über die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung, die Bewertungsvorschriften und die Vorschriften über den Anhang für den Jahresabschluss der großen Kapitalgesellschaften im Dritten Buch des Handelsgesetzbuchs finden sinngemäß Anwendung, soweit sich aus dem EigBGes nichts anderes ergibt (§ 22 Satz 2 EigBGes).

Gem. § 140 AO ist diese Buchführungspflicht auch für die Besteuerung zu erfüllen.

 

1.2 Entsprechende Anwendung bei anderen jPöR

Eine entsprechende Buchführungspflicht nach § 140 AO ergibt sich auch für die Tätigkeiten der nachfolgend genannten juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR).

 

1.2.1 Landkreise, Landeswohlfahrtsverband Hessen, Regionalverband FrankfurtRheinMain

Die Vorschriften des EigBGes sind gem. § 30 EigBGes auf wirtschaftliche Unternehmen ohne Rechtspersönlichkeit eines Landkreises, des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen und des Regionalverbandes FrankfurtRheinMain mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Organe der Gemeinde (Gemeindevertretung, Gemeindevorstand, Bürgermeister) die entsprechenden Organe dieser Gemeindeverbände treten.

 

1.2.2 Zweckverbände

Ist die Hauptaufgabe eines Zweckverbandes der Betrieb eines wirtschaftlichen Unternehmens, kann die Verbandssatzung bestimmen, dass auf die Wirtschafts- und Haushaltsführung des Zweckverbandes die Vorschriften über die Eigenbetriebe sinngemäß anzuwenden sind (§ 18 Abs. 2 Satz 1 des hessischen Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit – KGG). Dies gilt auch für Gemeindeverwaltungsverbände (§ 30 Abs. 2 KGG).

 

1.2.3 Wasser- und Bodenverbände

Ist die Hauptaufgabe eines Wasser- und Bodenverbandes der Betrieb eines wirtschaftlichen Unternehmens oder die Beschaffung und Bereitstellung von Wasser für mehr als 10.000 Einwohner, sind für die Wirtschafts- und Haushaltsführung die Vorschriften über Eigenbetriebe sinngemäß anzuwenden (§ 2 Abs. 2 Satz 1 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Wasserverbandsgesetz – HWVG). In den übrigen Fällen kann die Verbandssatzung bestimmen, dass für die Wirtschafts- und Haushaltsführung des Verbandes die Vorschriften über Eigenbetriebe sinngemäß anzuwenden sind (§ 2 Abs. 3 Satz 1 HWVG).

Hinweis: § 2 Abs. 2 HWVG ist zum 1.1.2017 geändert worden. Die sinngemäße Anwendung bestimmter Vorschriften des EigBGes kann danach nur noch erfolgen, wenn dies in der Verbandssatzung bestimmt ist. Die Maßgeblichkeit der Vorschriften über Eigenbetriebe für Fälle des Betriebes eines wirtschaftlichen Unternehmens oder der Beschaffung und Bereitstellung von Wasser für mehr als 10.000 Einwohner ist damit entfallen.

 

2. Einrichtungen, die nicht unter das EigBGes fallen

Gem. § 121 Abs. 2 Satz 1 der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) gelten folgende Tätigkeiten nicht als wirtschaftliche Betätigung:

  1. Tätigkeiten, zu denen die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist,
  2. Tätigkeiten auf den Gebieten des Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesens, der Kultur, des Sports, der Erholung, der Abfall- und Abwasserbeseitigung und der Breitbandversorgung sowie
  3. Tätigkeiten zur Deckung des Eigenbedarfs.

Diese Einrichtungen können entsprechend den Vorschriften über die Eigenbetriebe geführt werden (§ 121 Abs. 2 Satz 2 HGO); eine Verpflichtung hierzu besteht jedoch nur dann, wenn es der Minister des Innern durch Rechtsverordnung bestimmt (§ 121 Abs. 3 HGO) oder eine entsprechende spezialgesetzliche Regelung existiert (z.B. § 13 Abs. 1 des Hessischen Krankenhausgesetzes – HKHG 2011 – i.V.m. § 7 Abs. 1 der hierzu ergangenen Verordnung zur Regelung von Angelegenheiten im Bereich des Krankenhauswesens – Krankenhausverordnung –).

Wird eine Einrichtung i.S. des § 121 Abs. 2 HGO nicht entsprechend den Vorschriften über die Eigenbetriebe geführt, unterliegt sie den Vorschriften des Gemeindewirtschaftsrechts (§§ 92 ff. HGO). Gem. § 95 HGO und der – aufgrund der Ermächtigung in § 154 Abs. 3 und 4 HGO erlassenen – Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO) ist sie in dem Haushaltsplan der betreffenden Gemeinde zu erfassen und findet damit auch Berücksichtigung in deren Jahresabschluss. Dies gilt auch dann, wenn die Einrichtung einen eigenen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb i.S. des § 1 Abs. 2 HGB darstellt. Landesrechtliche Vorschriften, die von den Buchführungsvorschrift...

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