Leitsatz (amtlich)
a) Auch bei einer Partnerschaftsgesellschaft können die Partner durch einstimmigen Beschluss anstelle der Liquidation nach §§ 145 ff. HGB eine andere Art der Auseinandersetzung wählen. Diese kann in einer Naturalteilung bestehen.
b) Nach Beendigung der Liquidation findet der interne Ausgleich der Partner/Gesellschafter zwischen diesen statt. Zur Geltendmachung eines Ausgleichsanspruchs genügt eine sog. einfache Auseinandersetzungsrechnung.
c) Geht eine BGB-Gesellschaft mit Eintritt eines neuen Gesellschafters, der ab Eintritt prozentual am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist, von der bilanziellen Gewinnermittlung zur Gewinnermittlung in Form der Einnahme-/Überschussrechnung über, können die bilanziellen Kapitalkonten der Altgesellschafter nicht fortgeschrieben und als Anfangsbestand ihrer Kapitalkonten einer Auseinandersetzungsrechnung mit dem Ziel des Ausgleichs von positiven und negativen Kapitalkonten zugrunde gelegt werden.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; PartGG § 10
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird das Urteil des 23. Zivilsenats des KG vom 14.8.2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an den 14. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Wert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens: 277.378,69 EUR
Gründe
[1] Die Beschwerde ist begründet und führt gem. § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 ZPO Gebrauch gemacht hat. Das Berufungsgericht hat bei seiner Annahme, die Klägerin könne aus der Auseinandersetzungsrechnung keinen Ausgleichsanspruch ableiten, den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
[2] I. 1. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die Parteien am 1.7.1999 eine neue Anwaltssozietät in Form einer GbR gegründet haben. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sei die Auseinandersetzung der ebenfalls seit dem 1.7.1999 existierenden Partnerschaftsgesellschaft i.L., bestehend aus der Klägerin und dem Beklagten. Davon ist zugunsten der Klägerin im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auszugehen.
[3] a) Unstreitig ist das Gesellschaftsvermögen der Partnerschaftsgesellschaft gemäß der Auseinandersetzungsvereinbarung der ehemaligen Partner vom August 1999 verteilt. Diese Art der Liquidation, d.h. die Abwicklung entsprechend einer einstimmig zwischen den Partnern getroffenen Vereinbarung, ist entgegen der Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung eine gem. § 10 PartGG i.V.m. § 145 Abs. 1 HGB auch bei der Partnerschaftsgesellschaft zulässige Form der Abwicklung der Gesellschaft (Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 10 PartGG Rz. 4). Ebenso unstreitig bestehen keinerlei Verbindlichkeiten der ehemaligen Partnerschaftsgesellschaft mehr gegenüber außenstehenden Dritten. Damit ist die Liquidation beendet, und es geht nur noch um den internen Ausgleich der in der Liquidationsgesellschaft verbliebenen Gesellschafter.
[4] b) Der interne Ausgleich findet nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zwischen den Gesellschaftern statt. Jeder Gesellschafter kann und muss seine etwaige Ausgleichsforderung persönlich geltend machen, und zwar in Form einer sog. einfachen Auseinandersetzungsrechnung ggü. den übrigen Gesellschaftern (BGHZ 26, 126, 128 f.; BGH, Urt. v. 14.4.1966 - II ZR 34/64, WM 1966, 706 f.; v. 5.6.1993 - II ZR 234/92, ZIP 1993, 1307, 1309; v. 21.11.2005 - II ZR 17/04, ZIP 2006, 232 f.; s. zu einem vergleichbaren Fall der Abrechnung nach Kapitalkonten insb. auch BGH, Urt. v. 3.5.1999 - II ZR 32/98, ZIP 1999, 1003 f.). Derjenige Gesellschafter, der z.B. durch das Stehenlassen der auf ihn entfallenden Gewinne über ein sog. positives Kapitalkonto verfügt, hat nach Beendigung der Liquidation einen Ausgleichsanspruch gegen den oder diejenigen Gesellschafter, die etwa infolge von Überentnahmen ein negatives Kapitalkonto ausweisen.
[5] c) Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin könne aus der vorgelegten Auseinandersetzungsrechnung, die grundsätzlich in Einklang mit der oben dargestellten Rechtsprechung des Senats steht, keinen Ausgleichsanspruch herleiten, beruht auf einem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Das Berufungsgericht meint, die von der Klägerin nicht entnommenen Gewinne wären am 30.6.1999 noch im Vermögen der Liquidationsgesellschaft vorhanden gewesen, in die neue GbR eingebracht worden und dort als Einlage auf dem Kapitalkonto der Klägerin gutzuschreiben. Dabei übergeht das Berufungsgericht, wie die Klägerin zu Recht rügt, den - im Übrigen mit dem Vortrag des Beklagten übereinstimmenden - Vortrag der Klägerin zu den in die GbR eingebrachten Aktiva und Passiva. Danach haben zwar beide Parteien in die neue Gesellschaft u.a. das Anlagevermögen und ihre Mandate sowie die daraus resultierenden Forderungen eingebracht. Keine der Parteien, insb. aber nicht die Klägerin, hat das vorgetragen, was das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde legt, nämlich dass der von der Klägerin behauptete positive Stand ihres Kapitalkontos, d.h. die nicht entnommenen Gewinne, von ihr als Einlage in die neue Gesellschaft eingebracht und ihrem dortigen Kapitalkonto gutgeschrieben worden seien. Vielmehr haben sich die Parteien in Nr. 9 der Auseinandersetzungsvereinbarung ausdrücklich ihren internen Ausgleich in der zwischen ihnen bestehenden Liquidationsgesellschaft vorbehalten.
[6] 2. Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör ist auch entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat sich durch seine vortragswidrige Unterstellung den Blick darauf verstellt, dass die Klägerin grundsätzlich im Hinblick auf ihre nicht entnommenen Gewinne einen Ausgleichsanspruch gegen den Beklagten haben kann. Es hat sich dementsprechend nicht in der prozessual gebotenen Weise mit dem streitigen Vortrag der Parteien zur Höhe des Auseinandersetzungsanspruchs auseinandergesetzt.
[7] II. Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
[8] Die Berechnung der Höhe der Ausgleichsforderung der Klägerin begegnet insofern Bedenken, als sie hinsichtlich des Beklagten und des ehemaligen Partners Rechtsanwalt H. zum 1.1.1992 jeweils einen Kapitalkontenstand von Null zugrunde legt. Dies wäre nur dann zutreffend, wenn im Zeitpunkt ihres Eintritts in die aus dem Beklagten und Rechtsanwalt H. bestehende Sozietät die beiden vorhandenen Sozien ihre bis dahin in der Sozietät bestehenden Kapitalkonten durch Komplettentnahme ihrer in den Jahren zuvor erzielten Gewinne sowie der Einlagen zum 31.12.1991 "auf Null gestellt" hätten. Für diesen, bei einer bis zum 31.12.1991 florierenden und umsatzstarken Sozietät ungewöhnlichen, wenn auch nicht auszuschließenden Umstand, der den Ausgangspunkt der Auseinandersetzungsrechnung der Klägerin betrifft, ist diese darlegungs- und beweispflichtig, wobei den Beklagten, sollte die Klägerin aus eigener Kenntnis zu diesen Kapitalkontenständen nichts vortragen können, insoweit eine sekundäre Darlegungslast trifft.
[9] Ebenso wenig zu folgen ist allerdings den von dem Beklagten zugrunde gelegten Anfangsbeständen zum 1.1.1992. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin ab ihrem Beitritt an dem Gesellschaftsvermögen prozentual beteiligt war und die Sozietät von da an unstreitig zur Gewinnermittlung in Form der Einnahme-/Überschussrechnung übergegangen ist, können die bilanziellen Kapitalkonten aus der Jahresbilanz zum Ende 1991 nicht als Anfangsbestand der Kapitalkonten des Beklagten und des Rechtsanwalts H. der Auseinandersetzungsrechnung in der hier vorliegenden Form zugrunde gelegt werden. In dem bilanziellen Kapitalkonto ist das bewertete Gesellschaftsvermögen abgebildet und nicht etwa, worauf es zutreffender Weise für die von der Klägerin vorgenommen Berechnung ankommt, der Stand eines Kapitalkontos gebildet aus zugewiesenen Gewinnanteilen, Einlagen und Entnahmen. Mit seiner Form der Berechnung will der Beklagte von den zum 31.12.1991 bestehenden aber noch nicht erfüllten Forderungen der Sozietät zweifach profitieren, nämlich einmal in Form der bilanziellen Bewertung als Teil des Gesellschaftsvermögens und zusätzlich durch den infolge des Übergangs zur Einnahme-/Überschussrechnung ab dem 1.1.1992 auf ihn entfallenden Gewinnanteil an den in den Folgejahren tatsächlich erfüllten Forderungen.
[10] Beide Parteien haben Gelegenheit, im wiedereröffneten Berufungsverfahren ergänzend, vor allem zum Anfangsbestand der Kapitalkonten unter Beachtung der aufgezeigten Grundsätze vorzutragen, und das Berufungsgericht wird ggf. durch richterliche Hinweise dafür sorgen, dass beide Parteien klar und sachbezogen vortragen.
Fundstellen
Haufe-Index 2179640 |
DB 2009, 1396 |
DStR 2009, 1655 |
WPg 2009, 892 |
NJW 2009, 2205 |
NWB 2009, 2046 |
BGHR 2009, 936 |
EBE/BGH 2009 |
NZG 2009, 778 |
StuB 2009, 633 |
WM 2009, 1231 |
ZIP 2009, 1376 |
AnwBl 2009, 718 |
MDR 2009, 935 |
VersR 2009, 983 |
ZInsO 2009, 1310 |
NJW-Spezial 2009, 480 |
NWB direkt 2009, 708 |
ZBB 2009, 315 |
Mitt. 2009, 423 |