Leitsatz (amtlich)
a) Ein selbständiger Handelsvertreter, dem verboten ist, für Konkurrenzunternehmer tätig zu sein, und der eine anderweitige Tätigkeit frühestens 21 Tage nach Eingang seiner Anzeige und Vorlage von Unterlagen über diese Tätigkeit aufnehmen darf, ist kein Einfirmenvertreter kraft Vertrags i.S.d. § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB.
b) Für Rechtsstreitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis ist daher der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet.
Normenkette
GVG § 13; ArbGG § 5 Abs. 3 S. 1; HGB § 92a Abs. 1 S. 1 Alt. 1
Verfahrensgang
OLG Dresden (Beschluss vom 27.02.2012; Aktenzeichen 17 U 1750/11) |
LG Leipzig (Urteil vom 29.09.2011; Aktenzeichen 7 O 2820/10) |
Tenor
Dem Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 17. Zivilsenats des OLG Dresden vom 27.2.2012 gewährt.
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des 17. Zivilsenats des OLG Dresden vom 27.2.2012 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.360,36 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Klägerin betreibt ein Finanzdienstleistungsunternehmen, das insb. Vermögensanlagen, Versicherungen und Bausparverträge vermittelt. Der Beklagte war für sie aufgrund eines unter dem 25.5./3.7.2007 abgeschlossenen, vom Beklagten gekündigten Vermögensberater-Vertrags als Handelsvertreter tätig. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung angeblich überzahlter Provisionsvorschüsse i.H.v. 16.801,78 EUR nebst Zinsen und Mahnauslagen sowie die Rückzahlung eines dem Beklagten gewährten Darlehens i.H.v. 3.052,47 EUR nebst Zinsen.
Rz. 2
Ziff. I. Abs. 5 des genannten Vermögensberater-Vertrags lautet wie folgt:
"Die Ausübung einer anderweitigen Erwerbstätigkeit hat der Vermögensberater vor der Aufnahme einer solchen Tätigkeit schriftlich anzuzeigen. Mit dieser Anzeige sind der Gesellschaft sämtliche für die beabsichtigte Tätigkeit maßgebenden Umstände offenzulegen und vertraglichen Vereinbarungen und sonstigen Unterlagen, die sich bestimmend auf den Inhalt dieser beabsichtigten Tätigkeit auswirken, zugänglich zu machen. Die beabsichtigte Tätigkeit darf frühestens 21 Tage nach Eingang der Anzeige und aller notwendigen Unterlagen aufgenommen werden. Ein Verstoß hiergegen stellt einen schwerwiegenden Vertrauensbruch dar."
Rz. 3
Ziffer V. Abs. 1 dieses Vertrags bestimmt:
"Der Vermögensberater ist verpflichtet, die Interessen der Gesellschaft zu wahren, wie es ihm durch § 86 I HGB aufgegeben ist. Er hat ferner jede Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen oder die Vermittlung von Vermögensanlagen, die nicht zur Produktpalette der Gesellschaft gehören, ebenso zu unterlassen wie das Abwerben von Vermögensberatern oder anderen Mitarbeitern oder Kunden der Gesellschaft oder dies alles auch nur zu versuchen."
Rz. 4
Der Beklagte hat in erster Instanz die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs gerügt und geltend gemacht, dass nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 5 Abs. 3 ArbGG die Zuständigkeit der ArbG gegeben sei.
Rz. 5
Das LG hat der Klage nahezu vollständig stattgegeben. In den Entscheidungsgründen seines Urteils hat das LG ausgeführt, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist.
Rz. 6
Der Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, die sich nicht gegen die Verurteilung zur Darlehensrückzahlung richtet, und in der Berufungsbegründung erneut die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs gerügt. Das Berufungsgericht ist in ein Vorabverfahren nach § 17a GVG eingetreten und hat durch Beschluss ausgesprochen, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist. Die Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht zugelassen.
Rz. 7
Der Senat hat dem Beklagten auf dessen Antrag Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren gegen den genannten Beschluss bewilligt. Ferner hat der Senat dem Beklagten nach Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Rz. 8
Der Beklagte beantragt, ihm auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde zu gewähren. In der Sache verfolgt der Beklagte sein Begehren weiter, die Beschreitung des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig zu erklären und den Rechtsstreit an das ArbG zu verweisen.
Rz. 9
Die Klägerin beantragt, die Rechtsbeschwerde des Beklagten zurückzuweisen.
II.
Rz. 10
1. Dem Beklagten ist auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde zu bewilligen. Der Beklagte war aufgrund seiner zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe führenden Mittellosigkeit ohne Verschulden daran gehindert, die Rechtsbeschwerde innerhalb der Frist des § 575 Abs. 2 ZPO zu begründen, § 233 ZPO; er hat die Wiedereinsetzung auch fristgerecht nach Behebung des Hindernisses beantragt und die versäumte Prozesshandlung nachgeholt (§§ 234 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
Rz. 11
2. Die gem. § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und - nach Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 12
a) Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 13
Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten sei gem. § 13 GVG eröffnet. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG seien die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Um eine solche bürgerliche Rechtsstreitigkeit gehe es im Streitfall nicht, da der Beklagte nicht Angestellter i.S.d. § 84 Abs. 2 HGB und damit nicht Arbeitnehmer i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG gewesen sei. Eine Zuständigkeit der ArbG ergebe sich auch nicht aus § 5 Abs. 3 ArbGG. Es fehle bereits an der von § 5 Abs. 3 ArbGG aufgestellten ersten Voraussetzung, denn der Beklagte gehöre nicht zu dem Personenkreis, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden könne. Keine der von § 92a HGB vorgesehenen Varianten sei einschlägig; weder sei der Beklagte ein Handelsvertreter, der vertraglich nicht für weitere Unternehmer habe tätig werden dürfen, noch sei es ihm nach Art und Umfang der von ihm verlangten Tätigkeit nicht möglich gewesen, für weitere Unternehmer tätig zu werden.
Rz. 14
Die Regelungen des Vermögensberater-Vertrags vom 25.5./3.7.2007 ergäben nicht, dass es dem Beklagten versagt gewesen sei, für weitere Unternehmer tätig zu werden. Ziff. I. Abs. 5 dieses Vertrags enthalte ein solches Tätigkeitsverbot nicht. Mit der Klausel werde dem Handelsvertreter zunächst lediglich eine Anzeige- und Offenlegungspflicht auferlegt. Diese Pflichten erschwerten zwar die Aufnahme anderweitiger Tätigkeiten. Entscheidend sei aber, dass die Aufnahme der anderweitigen Tätigkeit nicht von einer Einwilligung der Klägerin abhängig gemacht werde. Einfirmenvertreter kraft Vertrags werde der Handelsvertreter nicht bereits dadurch, dass er lediglich für die Frist von 21 Tagen an der Ausübung einer anderweitigen Tätigkeit gehindert sei.
Rz. 15
Ein Tätigkeitsverbot ergebe sich ebenso wenig aus der unter Ziffer V. Abs. 1 des Vertrags enthaltenen Regelung. Diese statuiere ein bloßes Konkurrenzverbot, das über die sich aus § 86 Abs. 1 HGB ergebenden Pflichten zur Interessenwahrung nicht hinausgehe.
Rz. 16
Der Beklagte sei für die Klägerin auch nicht als Einfirmenvertreter kraft Weisung gem. § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 HGB tätig gewesen. Die vorliegenden vertraglichen Regelungen ließen weder auf eine organisatorische noch auf eine zeitliche Einbindung des Beklagten schließen, die ihm ein Tätigwerden für andere Unternehmer faktisch unmöglich gemacht habe. Dass die Vertragsdurchführung dazu geführt hätte, dass der Beklagte allein für die Klägerin habe tätig werden können, sei nicht ersichtlich.
Rz. 17
b) Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Überprüfung stand.
Rz. 18
aa) Nach § 13 GVG gehören vor die ordentlichen Gerichte alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder VG begründet ist oder aufgrund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG sind die ArbG ausschließlich zuständig für näher bezeichnete bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Als Angestellter - und damit gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG als Arbeitnehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG - gilt gem. § 84 Abs. 2 HGB derjenige, der, ohne selbständig i.S.d. § 84 Abs. 1 HGB zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Handelsvertreter i.S.d. § 84 Abs. 1 HGB gelten nach § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG nur dann als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 EUR aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben. § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG ist im Verhältnis zu § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG die vorgreifliche Sonderregelung; § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG enthält eine in sich geschlossene Zuständigkeitsregelung, die es verbietet, Handelsvertreter i.S.d. § 84 Abs. 1 HGB unter anderen als den in § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG genannten Voraussetzungen als Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Personen i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 ArbGG zu behandeln (vgl. BGH, Beschl. v. 27.10.2009 - VIII ZB 42/08, BGHZ 183, 49 Rz. 23; Beschl. v. 25.10.2000 - VIII ZB 30/00, NJOZ 2001, 42, 44 m.w.N.).
Rz. 19
bb) Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, der Beklagte sei nicht Angestellter i.S.d. § 84 Abs. 2 HGB und damit nicht Arbeitnehmer i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG gewesen, wird dies von der Rechtsbeschwerde hingenommen. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
Rz. 20
cc) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, der Beklagte sei als Einfirmenvertreter i.S.d. § 92a Abs. 1 Satz 1 HGB einzustufen.
Rz. 21
(1) Zu dem Personenkreis, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, gehören Handelsvertreter, die vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden dürfen (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB; sog. Einfirmenvertreter kraft Vertrags, vgl. BT-Drucks. 1/3856, 40), und Handelsvertreter, denen dies nach Art und Umfang der verlangten Tätigkeit nicht möglich ist (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 HGB; sog. Einfirmenvertreter kraft Weisung, vgl. BT-Drucks. 1/3856, 40). Ein vertragliches Verbot i.S.v. § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB besteht nicht nur in den Fällen, in denen dem Handelsvertreter vertraglich untersagt ist, für weitere Unternehmer tätig zu werden, sondern auch in den Fällen, in denen die Ausübung einer solchen Tätigkeit nach dem Vertrag von der Einwilligung bzw. Genehmigung des Unternehmers abhängig ist und eine derartige Einwilligung bzw. Genehmigung nicht vorliegt (vgl. BAGE 113, 308, 310 f. m.w.N.). Für die Annahme eines vertraglichen Tätigkeitsverbots i.S.d. § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB reicht hingegen ein vereinbartes Konkurrenzverbot nicht aus, weil dadurch nicht die Möglichkeit ausgeschlossen wird, für Unternehmer eines anderen Wirtschaftszweigs tätig zu werden (vgl. BGH, Beschl. v. 27.10.2009 - VIII ZB 45/08, NJOZ 2010, 2116 Rz. 22, m.w.N.). Auch die Vereinbarung einer bloßen Anzeigepflicht reicht für die Annahme eines vertraglichen Tätigkeitsverbots i.S.d. § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB regelmäßig nicht aus, weil dadurch nicht die Möglichkeit ausgeschlossen wird, für weitere Unternehmer tätig zu werden (vgl. Emde, Vertriebsrecht, 2. Aufl., § 92a Rz. 9). Für Versicherungsvertreter gilt, vorbehaltlich der Sonderregelung gem. § 92a Abs. 2 HGB, Entsprechendes.
Rz. 22
(2) Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Beklagte aufgrund der Klauseln des Vermögensberater-Vertrags vom 25.5./3.7.2007 nicht als Einfirmenvertreter kraft Vertrags (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB) einzustufen, weshalb hieraus keine Einstufung des Beklagten als Arbeitnehmer gem. § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 92a HGB resultiert.
Rz. 23
(a) Durch die vertragliche Regelung in Ziff. I. Abs. 5 wird eine Tätigkeit des Beklagten als Handelsvertreter für weitere Unternehmer ebenso wie eine anderweitige Erwerbstätigkeit generell, von dem in Ziff. I. Abs. 5 Satz 3 genannten kurzfristigen Zeitraum abgesehen, nicht ausgeschlossen. Ein Vetorecht der Klägerin bezüglich der Aufnahme einer Tätigkeit für weitere Unternehmer ist nicht vorgesehen. Allerdings wird die Aufnahme einer solchen Tätigkeit durch die Erfordernisse einer schriftlichen Anzeige und der Vorlage näher bezeichneter Unterlagen sowie durch die vorgesehene Wartefrist von 21 Tagen nach Eingang der Anzeige und der betreffenden Unterlagen erschwert. Diese Erschwerungen reichen für die Annahme eines vertraglichen Tätigkeitsverbots i.S.d. § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB indes nicht aus, weil dadurch nicht generell die Möglichkeit ausgeschlossen wird, für andere Unternehmer tätig zu werden. Soweit der Beklagte nach der vertraglichen Regelung in Ziff. I. Abs. 5 gehindert war, für Unternehmer tätig zu werden, die auf eine kurzfristige Arbeitsaufnahme angewiesen sind und nicht den Ablauf der vorgesehenen Wartefrist abwarten können, ist diese Einschränkung nicht gewichtig genug, um ein vertragliches Tätigkeitsverbot i.S.d. § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB anzunehmen. Entsprechendes gilt für die Einschränkung, die darin liegt, dass der Beklagte möglicherweise nicht für andere Unternehmer tätig werden konnte, die mit einer Vorlage der vertraglichen Vereinbarungen bei der Klägerin nicht einverstanden sind. Die Beschränkung des besonderen Schutzes gem. § 92a HGB auf den Einfirmenvertreter findet ihre Rechtfertigung darin, dass er in seiner Stellung am stärksten einem Angestellten angenähert ist; der Einfirmenvertreter ist an einen bestimmten Unternehmer gebunden, für den er seine Arbeitskraft und -zeit einsetzen muss und von dem er dadurch wirtschaftlich völlig abhängig ist (vgl. BT-Drucks. 1/3856, 40). So liegt der Fall hier angesichts der lediglich 21-tägigen Wartefrist und des fehlenden Vetorechts der Klägerin bezüglich der Aufnahme einer Tätigkeit für weitere Unternehmer nicht.
Rz. 24
Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen, ob die Klauseln in Ziff. I. Abs. 5 des Vermögensberater-Vertrags vom 25.5./3.7.2007 wirksam sind, insb. einer etwaigen Inhaltskontrolle in jeder Hinsicht standhalten.
Rz. 25
(b) Der Beklagte ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht aufgrund der Klauseln in Ziffer V. Abs. 1 des Vermögensberater-Vertrags vom 25.5./3.7.2007 als Einfirmenvertreter kraft Vertrags (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB) einzustufen. Es kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen, ob mit dieser vertraglichen Regelung lediglich ein Konkurrenzverbot in dem Umfang statuiert wird, wie es sich bereits aus § 86 Abs. 1 HGB ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 18.6.1964 - VII ZR 254/62, BGHZ 42, 59, 61; BGH, Beschl. v. 25.9.1990 - KVR 2/89, BGHZ 112, 218, 221 - Pauschalreisen-Vermittlung; BAGE 93, 112, 127 m.w.N.), oder ob sie ein Tätigkeitsverbot enthält, das über das sich aus § 86 Abs. 1 HGB ergebende Konkurrenzverbot hinausgeht. Auch wenn Letzteres der Fall sein sollte, reicht dies für die Annahme eines vertraglichen Tätigkeitsverbots i.S.d. § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB nicht aus, weil dadurch jedenfalls nicht die Möglichkeit ausgeschlossen wird, für Unternehmer eines anderen Wirtschaftszweigs außerhalb der Vermittlung von Vermögensanlagen tätig zu werden (vgl. BGH, Beschl. v. 27.10.2009 - VIII ZB 45/08, NJOZ 2010, 2116 Rz. 22, zu einem vereinbarten Konkurrenzverbot). Insoweit kann dahinstehen, ob die Klauseln in Ziffer V. Abs. 1 des Vermögensberater-Vertrags vom 25.5./3.7.2007 wirksam sind, insb. einer etwaigen Inhaltskontrolle in jeder Hinsicht standhalten.
Rz. 26
(3) Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde des Weiteren mit einer Verfahrensrüge aus § 286 ZPO, das Berufungsgericht habe von den Parteien in den Tatsacheninstanzen vorgelegte Anlagen nicht gewürdigt, aus denen sich ergebe, dass der Beklagte als Regionalgeschäftsstellenleiter seine frühere Berufstätigkeit nach den vertraglichen Vereinbarungen nicht habe fortführen dürfen, und ihm untersagt gewesen sei, eine anderweitige Berufstätigkeit neu aufzunehmen. Der Senat hat diese Verfahrensrüge, die möglicherweise auch relevant sein könnte für die Beurteilung, ob der Beklagte als Einfirmenvertreter kraft Weisung zu beurteilen ist, geprüft und nicht für durchgreifend erachtet, §§ 577 Abs. 6 Satz 2, 564 ZPO.
Rz. 27
(4) Keinen Erfolg hat die Rechtsbeschwerde, soweit sie die von der Klägerin gegenüber der Auskunftsstelle über den Versicherungs-/Bausparkassenaußendienst und Versicherungsmakler in Deutschland e.V. AVAD am 30.6.2011 abgegebene Auskunft als Indiz dafür berücksichtigt wissen will, dass der Beklagte während der Vertragslaufzeit nicht für weitere Unternehmer tätig werden durfte. In dieser der genannten Selbsthilfeeinrichtung am Ende der Vertragslaufzeit erteilten Auskunft hat die Klägerin den Beklagten als "Ausschließlichkeitsagent gem. §§ 84/92 HGB" und nicht als "Mehrfachvertreter gem. §§ 84/92 HGB" eingestuft. Das Berufungsgericht hat diese Auskunft dahingehend gewürdigt, sie belege allenfalls, dass der Beklagte - entsprechend dem vereinbarten Konkurrenzverbot - hinsichtlich der von der Klägerin angebotenen Produkte ausschließlich für diese tätig geworden sei, nicht hingegen, dass der Beklagte generell ausschließlich als Handelsvertreter für die Klägerin tätig werden sollte. Diese tatrichterliche Würdigung ist vom Rechtsbeschwerdegericht, dem lediglich die Kontrolle auf Rechtsfehler obliegt (BGH, Beschl. v. 1.8.2012 - XII ZB 438/11, NJW 2012, 2885 Rz. 12), nur eingeschränkt zu überprüfen (vgl. BGH, Beschl. v. 23.4.2013 - II ZB 7/09, ZIP 2013, 1165 Rz. 11). Sie ist in diesem Rahmen vor dem Hintergrund der abweichenden Vereinbarungen im Vermögensberater-Vertrag vom 25.5./3.7.2007 nicht zu beanstanden.
Rz. 28
(5) Ebenfalls keinen Erfolg hat die Rechtsbeschwerde, soweit sie den Umstand, dass der Beklagte für seine Tätigkeit bei der Klägerin nach § 34d Abs. 4 GewO keiner gewerberechtlichen Erlaubnis bedurfte, als Indiz dafür berücksichtigt wissen will, dass der Beklagte während der Vertragslaufzeit nicht für weitere Unternehmer tätig werden durfte. Nach § 34d Abs. 4 GewO bedarf ein Versicherungsvermittler (Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler) keiner Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 Satz 1 GewO, wenn er (1.) seine Tätigkeit als Versicherungsvermittler ausschließlich im Auftrag eines, oder wenn die Versicherungsprodukte nicht in Konkurrenz stehen, mehrerer im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen ausübt und (2.) durch das oder die Versicherungsunternehmen für ihn die uneingeschränkte Haftung aus seiner Vermittlertätigkeit übernommen wird. Das Berufungsgericht hat der Entbehrlichkeit der gewerberechtlichen Erlaubnis keine indizielle Wirkung dahingehend beigemessen, dass der Beklagte durch den mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrag oder faktisch an einer Tätigkeit als Handelsvertreter für andere nicht konkurrierende Unternehmen gehindert gewesen sei. Diese tatrichterliche Würdigung lässt unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich § 34d GewO speziell mit der Tätigkeit als Versicherungsvermittler, nicht mit der Tätigkeit als Handelsvertreter generell befasst, keine Rechtsfehler erkennen.
Rz. 29
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 5133853 |
BB 2013, 2049 |
BB 2013, 2196 |