Entscheidungsstichwort (Thema)
pflichtwidriges Handeln des Vorstands einer Aktiengesellschaft. Bevorzugung eines einzelnen Aktionärs. Anspruch auf Ungleichbehandlung
Leitsatz (amtlich)
Auf ein pflichtwidriges Handeln des Vorstands einer Aktiengesellschaft zugunsten eines einzelnen Aktionärs kann ein anderer Aktionär nicht einen Anspruch auf - ebenso pflichtwidrige - "Gleichbehandlung" stützen.
Normenkette
AktG § 53a
Verfahrensgang
Tenor
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers durch Beschluss gem. § 552a ZPO zurückzuweisen.
Gründe
[1] Das angefochtene Urteil hat einen ungewöhnlichen Einzelfall zum Gegenstand, dem eine grundsätzliche Bedeutung nicht zukommt, zumal sich die Lösung des Berufungsgerichts von selbst ergibt.
[2] 1. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, hat die Beklagte pflichtwidrig gehandelt, indem sie auf das ihren Minderheitsaktionären unterbreitete Kaufangebot ihres Großaktionärs Dr. M. mit einem von ihr vermittelten und an die Minderheitsaktionäre übersandten Konkurrenzangebot der Familie ihres Alleinvorstandes reagierte. Ein schutzwürdiges Eigeninteresse der Beklagten an dieser Parteinahme zugunsten ihres Vorstandes auf dem Gebiet des Handels mit ihren nicht börsennotierten Namensaktien hat das Berufungsgericht - von den Parteien in der Revisionsinstanz unbeanstandet - nicht für glaubhaft dargetan erachtet. Unabhängig von der im Schrifttum umstrittenen Frage, ob eine allgemeine aktienrechtliche Neutralitätspflicht des Vorstands bei Übernahmeangeboten anzuerkennen ist (zum Streitstand vgl. Hüffer, 7. Aufl. 2006, § 76 AktG Rz. 15d m.N.) oder diese unter dem Vorbehalt anderweitiger schutzwürdiger Gesellschaftsinteressen steht (vgl. Hüffer, a.a.O., m.Hinw. auf § 33 Abs. 1 Satz 2 WpÜG), ist dem Vorstand nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG jedenfalls eine einseitige Parteinahme zu seinen Gunsten oder zugunsten eines anderen Aktionärs ohne sachlich gerechtfertigten Grund untersagt (weitergehend Großkomm/AktG/Hopt 4. Aufl., § 93 Rz. 122).
[3] Auf eine entsprechende Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber anderen Aktionären (unter Einschluss des Aktionärs Dr. M.) läuft es hinaus, soweit der Kläger von der Beklagten "Gleichbehandlung" gem. § 53a AktG dahingehend verlangt, dass die Beklagte ein im Kern der Rundbriefaktion vom Mai 2005 entsprechendes Schreiben an ihre Aktionäre mit Hinweis darauf zu versenden habe, dass er das bisherige Kaufangebot der Aktionärsgruppe D. um 1 EUR je Aktie überbiete. Eine derartige "Gleichbehandlung im Unrecht", die auf eine erneute Verletzung der Neutralitätspflicht der Beklagten und auf weitere von der Beklagten zu vermittelnde Reaktionsangebote anderer Aktionäre hinausliefe, kann der Kläger nicht fordern. Einen Antrag, der dies vermeidet, hat der Kläger nicht gestellt. Seine in der Revisionsinstanz gemachten Einschränkungen zu dem Text des von ihm verlangten Schreibens der Beklagten lassen den Kern seines unbegründeten Begehrens unberührt. Zu Recht hat das Berufungsgericht das in der mündlichen Verhandlung gestellte Ansinnen des Klägers, seinen Hauptantrag in beliebiger Weise zugunsten eines Prozesserfolgs auszudeuten, als nicht prozessordnungsgemäß zurückgewiesen. Damit würde die richterliche Hinweispflicht gem. § 139 ZPO überspannt. Die genannte Problematik des Klagebegehrens war Gegenstand des Rechtsstreits in beiden Vorinstanzen; auf dagegen bestehende Bedenken hat das Berufungsgericht ersichtlich auch in der mündlichen Verhandlung hingewiesen, wie das daraufhin gestellte "Ansinnen" des Klägers zeigt. Auf die Erforderlichkeit eines Hilfsantrags mit nicht nur eingeschränktem, sondern andersartigem Klagebegehren, das den - dem Kläger bekannten - Bedenken Rechnung trägt, brauchte das Berufungsgericht den anwaltlich vertretenen Kläger - entgegen der Ansicht der Revision - nicht eigens hinzuweisen. Im Übrigen sind auch die von dem Kläger in der Revisionsinstanz gestellten und mit einer Verfahrensrüge gem. § 139 Abs. 1 ZPO verbundenen Hilfsanträge nach wie vor unbegründet, weil der Kläger darin im Kern an der von ihm verlangten "Rundbriefaktion" zu seinen Gunsten festhält.
[4] 2. Zu den vorinstanzlichen Hilfsanträgen auf Auskunft der Beklagten über Namen und Adressen der bei der Rundbriefaktion im Mai 2005 angeschriebenen Aktionäre und der daraufhin bei der Beklagten gemeldeten Verkaufsinteressenten enthält die Revisionsbegründung keine Ausführungen. Das Auskunftsbegehren ist jedenfalls unbegründet, weil ihm die in § 67 Abs. 6 Satz 3 AktG berücksichtigten Geheimhaltungsinteressen der Aktionäre entgegenstehen, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt.
Fundstellen
Haufe-Index 1874895 |
BB 2008, 173 |
DStR 2008, 571 |