Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleichsanspruch eines Versicherungsvertreters. Provisionszahlung für vermittlungsfremde Tätigkeit. Darlegungs- und Beweislast für die Zweckbestimmung der Folgeprovision
Leitsatz (amtlich)
Ein Versicherungsunternehmen, das einem Versicherungsvertreter Provisionen zahlt, deren Zweckbestimmung der vertraglichen Provisionsregelung nicht zweifelsfrei zu entnehmen ist, trägt im Ausgleichsprozess die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass und zu welchem Anteil die Provisionen dazu bestimmt sind, vermittlungsfremde Tätigkeiten des Vertreters abzugelten (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 22.12.2003 - VIII ZR 117/03, BGHReport 2004, 527 = MDR 2004, 402 = VersR 2004, 376).
Normenkette
HGB § 89b
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 35. Zivilsenats des OLG Hamm v. 1.10.2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe eines Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB.
Der Kläger war von Oktober 1990 bis Januar 1995 für den beklagten Versicherungsverein in der Funktion eines sog. Vertrauensmannes als hauptberuflicher Versicherungsvertreter tätig. Er erhielt für seine Tätigkeit von dem Beklagten Provisionen nach Maßgabe einer in den Versicherungsvertretervertrag einbezogenen Provisionsvereinbarung, die für den Großteil der versicherten Risiken zwischen "Abschlussprovisionen" und "Folgeprovisionen ab 1. Jahr" unterscheidet. Für eine Reihe von Risiken sind keine Abschluss-, sondern allein "Folgeprovisionen ab 1. Jahr", für Kraftfahrtversicherungen nicht näher bezeichnete "Provisionen" vorgesehen. In einem mit "Provisionsbestimmungen" überschriebenen Abschnitt der Provisionsvereinbarung heißt es:
1. Abschlussprovisionen werden nur zu Versicherungen gezahlt, mit deren Abschluss die L. -Versicherungen (= Beklagter) ein Neues, bei ihnen innerhalb des letzten Jahres seit Vertragsbeginn nicht versichertes Risiko (Neuversicherung) in Deckung nehmen. Dem Abschluss einer Neuversicherung wird eine mit einer Beitragserhöhung verbundene Vertragsneuordnung oder -ergänzung gleichgestellt. Die Abschlussprovision errechnet sich aus dem Jahresnettobeitrag bzw. dem -nettomehrbetrag. ...
2. Folgeprovisionen werden bereits für das erste Versicherungsjahr vergütet. Sie werden aus dem jeweils fälligen Nettobeitrag errechnet. Die Folgeprovision ist verdient, sobald der Beitrag bezahlt ist, aus dem sich die Provision errechnet. Diese Regelung gilt analog für Verträge mit einer Laufzeit von weniger als einem Jahr.
In Abschnitt IX des Versicherungsvertretervertrages ist geregelt:
1. Mit Beendigung des Vertragsverhältnisses erlischt jeder Anspruch des VM gegen den L. auf jegliche Provisionen und Vergütungen mit Ausnahme der noch fällig werdenden Abschlussprovisionen aus eingereichten, aber noch nicht dokumentierten Anträgen.
2. Ein dem VM nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gem. § 89b HGB zustehender Ausgleichsanspruch wird durch die vorstehende Bestimmung nicht berührt. Die vertragsschließenden Parteien sind sich darüber einig, dass der Ausgleichsanspruch in der Höhe entsteht, wie er sich auf Grund der ... "Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs" (§ 89b HGB) ergibt.
Nach Beendigung des Versicherungsvertreterverhältnisses zahlte der Beklagte an den Kläger einen nach diesen Grundsätzen berechneten Ausgleich i.H.v. 20.296,11 DM. Der Kläger ist demgegenüber der Auffassung, ihm stehe ein Ausgleichsbetrag zu, der über dem Höchstbetrag nach § 89b Abs. 5 S. 2 HGB, nach seiner Berechnung 323.601,31 DM, liege, so dass er die Differenz zwischen diesem und dem von dem Beklagten gezahlten Ausgleich, die er mit 144.154,21 EUR (281.941,13 DM) beziffert, beanspruchen könne.
Die auf Zahlung dieses Betrages gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger das Klagebegehren weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs im Wesentlichen ausgeführt:
Aus dem Klagevorbringen ergebe sich kein Ausgleichsanspruch, der über den vom Beklagten gezahlten Betrag hinausgehe. Auszugleichen seien allein die dem Kläger auf Grund der Provisionsverzichtsklausel entgehenden Abschlussprovisionen. Andere Provisionen - wie beispielsweise Inkasso- oder Verwaltungsprovisionen - seien für die Ausgleichsberechnung dagegen unbeachtlich. Dem trage die Ausgleichsberechnung des Klägers nicht hinreichend Rechnung. Ihr liege die unzutreffende Vorstellung des Klägers zu Grunde, sämtliche ihm nach dem Versicherungsvertretervertrag gezahlten Provisionen stellten sich als Entgelt für seine vermittelnde Tätigkeit dar und seien deshalb ausgleichsrelevant. Der Vertrag unterscheide jedoch zwischen Abschluss- und Folgeprovisionen und lege in den Provisionsbestimmungen im Einzelnen fest, unter welchen Voraussetzungen dem Versicherungsvertreter ein Anspruch auf die jeweilige Provision zustehe. Danach werde allein die Abschlussprovision als Entgelt für die Vermittlung neuer Versicherungsverträge gezahlt. Die Folgeprovision erhalte der Vertreter dagegen zusätzlich und bereits für das erste Versicherungsjahr, ohne dass die Provisionsbestimmungen nähere Aussagen zu den Voraussetzungen dieser Provision oder zu den Tätigkeiten enthielten, die mit ihr abgegolten werden sollten.
Auch wenn nicht allein auf die im Vertrag verwendeten Bezeichnungen der Provisionen abzustellen sei, lege doch die Differenzierung zwischen Abschluss- und Folgeprovision schon begrifflich den Schluss nahe, dass nach dem Willen des bestimmungsberechtigten Beklagten die Vermittlung neuer Versicherungsverträge und ihr gleichgestellte erfolgsbestimmte Tätigkeiten allein durch die Abschlussprovision honoriert werden sollten und dass die Folgeprovision jedenfalls vorrangig die Vergütung sonstiger, in dem Abschnitt II "Aufgaben des Vertrauensmanns" des Vertrages aufgeführter Tätigkeiten des Versicherungsvertreters bezwecke. Der Kläger hätte deshalb substantiiert und nachvollziehbar darlegen müssen, in welchem Umfang seine durch die Zahlung einer Folgeprovision (mit-) vergütete Tätigkeit gleichwohl dem Abschluss neuer Versicherungsverträge gedient oder aber bloße Verwaltungstätigkeit dargestellt habe. Daran fehle es.
Die Höhe der Folgeprovision und der Umstand, dass sie dem Versicherungsvertreter sowohl für von ihm selbst geworbene als auch für ihm übertragene Versicherungsbestände gezahlt werde, sprächen gegen die Annahme des Klägers, bei der Folgeprovision handele es sich gleichwohl um eine (weitere) Vergütung für werbende Tätigkeit. Auch der vom Kläger angeführten Bestimmung des § 87b Abs. 3 HGB könne nichts dafür entnommen werden, ob und inwieweit eine Folgeprovision Vergütungsanteile für eine vermittelnde Tätigkeit enthalte.
Die Rechtsprechung des BGH zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in Ausgleichsprozessen des Tankstellengeschäfts könne auf die hier gegebene, mit den Tankstellenfällen nicht vergleichbare Fallkonstellation keine Anwendung finden. Der wesentliche Unterschied bestehe insb. darin, dass dort anders als im vorliegenden Fall nur eine einheitliche Provision, dagegen keine gesonderte Abschlussprovision gezahlt worden sei, was dem Tankstellenhalter die Darstellung des ausgleichsrelevanten Provisionsanteils besonders erschwert habe.
Ein über die Zahlung des Beklagten hinausgehender Ausgleichsanspruch hätte sich demnach allein noch unter dem Gesichtspunkt ergeben können, dass nach dem Ausscheiden des Klägers zu Stande gekommene Abschlüsse sich als Fortsetzung oder Erweiterung von ihm vermittelter Verträge darstellten. Auch dazu fehle es indessen an substantiiertem Vortrag des Klägers.
II.
Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern.
1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass der Ausgleichsberechnung allein die Provisionen und Provisionsanteile zu Grunde zu legen sind, die dem Versicherungsvertreter für seine vermittelnde, auf den Neuabschluss von Versicherungsverträgen oder deren Erweiterung gerichtete Tätigkeit gezahlt werden, und dass Vergütungen und Vergütungsanteile für die Verwaltung des Versicherungsbestands bei der Berechnung der Provisionsverluste (§ 89b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HGB) unberücksichtigt bleiben (st.Rspr. seit BGHZ 30, 98; zuletzt BGH, Urt. v. 22.12.2003 - VIII ZR 117/03, BGHReport 2004, 527 = MDR 2004, 402 = VersR 2004, 376, unter II 1 m.w.N.). Auch die Revision zieht dies nicht in Zweifel.
2. Nicht zu beanstanden ist des Weiteren, dass das Berufungsgericht sich nicht der Auffassung des Klägers angeschlossen hat, auch die ihm übertragenen Aufgaben der Bestandspflege, der Stornoabwehr, der Bearbeitung von Schadensfällen, der Kontaktpflege und der Kundenbetreuung seien im Hinblick auf die Erhaltung und Erweiterung des Versicherungsbestands "erfolgsbezogen" und damit seiner werbenden Tätigkeit zuzurechnen mit der Folge, dass der Ausgleichsberechnung auch die als Gegenleistung für die Erfüllung dieser Aufgaben bestimmten Folgeprovisionen zu Grunde gelegt werden müssten (BGH, Urt. v. 22.12.2003 - VIII ZR 117/03, BGHReport 2004, 527 = MDR 2004, 402 = VersR 2004, 376, unter II 2 b).
3. Ferner ergeben sich entgegen der Auffassung der Revision aus der steuerlichen Behandlung von Bestandspflegeprovisionen keine Rückschlüsse auf deren Qualifizierung als Vermittlungsprovisionen oder als Entgelte für vermittlungsfremde Aufgaben des Versicherungsvertreters. Die Revision führt dazu aus, nach § 4 Nr. 11 UStG seien die Umsätze der Versicherungsvertreter nur insoweit steuerfrei, als sie tätigkeitsbezogen und für den Beruf charakteristisch, also berufstypisch seien, während bloße Hilfsgeschäfte von der Steuerbefreiung ausgeschlossen seien. Dieser Argumentation liegt die unzutreffende Auffassung der Revision zu Grunde, allein die vermittelnde Tätigkeit sei für den Versicherungsvertreter berufstypisch. Tatsächlich sind im Versicherungsvertrieb neben dem Abschluss oder der Vermittlung neuer Versicherungsverträge gerade auch Verwaltungs- und Bestandspflegeleistungen des Vertreters berufstypisch, die durch Verwaltungs- oder Bestandspflegeprovisionen vergütet werden.
In den von der Revision angeführten finanzgerichtlichen Entscheidungen ging es um die Frage, ob Entgelte, die ein Versicherungsvertreter für Bestandspflegemaßnahmen bezieht, seiner selbstständigen gewerblichen Vertretertätigkeit zuzurechnen sind und deshalb der Gewerbesteuer unterliegen oder ob der Versicherungsvertreter insoweit als Angestellter des Versicherungsunternehmens oder zwar selbstständig, aber nicht gewerblich tätig wird. Allein unter diesem Blickwinkel ist die Pflege des vorhandenen Versicherungsbestands der "werbenden" - und damit gewerbesteuerpflichtigen - Tätigkeit des Versicherungsvertreters zugerechnet worden (BFH DB 1961, 1603; HFR 1963, 68; FG Nds. v. 28.5.1998 - XV 478/96, DStR/E 1999, 219). Diese Abgrenzung gibt für die ausgleichsrechtlich notwendige Differenzierung zwischen Abschluss- oder Vermittlungsprovisionen und anderen Entgelten, die der Vertreter für vermittlungsfremde Tätigkeiten erhält, nichts her.
4. Der Bestimmung des § 87b Abs. 3 HGB lässt sich entgegen der Auffassung der Revision nichts dafür entnehmen, ob und ggf. zu welchem Anteil die nach dem Versicherungsvertretervertrag der Parteien zu zahlenden "Folgeprovisionen ab 1. Jahr" ein weiteres Entgelt für die Vermittlung eines Versicherungsvertrages oder eine Vergütung für die Pflege des Bestands der vermittelten Verträge darstellen sollen. Dabei mag dahinstehen, ob die Bestimmung, wie von einem Teil des Schrifttums (Hopt, Handelsvertreterrecht, 3. Aufl., § 87b Rz. 13; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, HGB, 2. Aufl., § 87b Rz. 12) angenommen wird, über ihren klaren Wortlaut hinaus nicht nur für Gebrauchsüberlassungs- und Nutzungsverträge gilt, sondern auch auf Versicherungsverträge Anwendung findet. Die Vorschrift ist abdingbar und lässt daher Raum für abweichende Vereinbarungen, die auch vorsehen können, dass die Vermittlung eines auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Dauerschuldverhältnisses mit einer sog. Einmalprovision abgegolten sein soll (Hopt, Handelsvertreterrecht, 3. Aufl., § 87b Rz. 19) und dass weitere Provisionen allein für Betreuung und Bestandspflege, also für vermittlungsfremde Aufgaben des Vertreters, gezahlt werden (BGHZ 30, 98 [106 f.]; BGH, Urt. v. 22.12.2003 - VIII ZR 117/03, BGHReport 2004, 527 = MDR 2004, 402 = VersR 2004, 376, unter II 2a dd). Für die hiernach entscheidende Frage, ob die von den Parteien getroffene Provisionsvereinbarung in diesem Sinne zu verstehen ist oder ob die dort vorgesehenen Folgeprovisionen ganz oder teilweise ein weiteres Entgelt für die Vermittlung eines Versicherungsvertrages darstellen sollen, sind der dispositiven gesetzlichen Regelung keine Anhaltspunkte zu entnehmen.
5. Der Revision kann schließlich nicht gefolgt werden, soweit sie unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH zum Ausgleichsanspruch des Tankstellenhalters die Auffassung vertritt, die Folgeprovisionen seien der Ausgleichsberechnung deswegen in vollem Umfang zu Grunde zu legen, weil den Tätigkeiten, die mit dieser Provision vergütet werden sollten, zumindest auch eine werbende Funktion zukomme und nur Provisionen und Provisionsanteile für solche Tätigkeiten unberücksichtigt bleiben dürften, die ausschließlich verwaltenden Zwecken dienten.
Provisionen für werbende, d.h. auf die Schaffung und Erhaltung eines Kundenstamms gerichtete (BGH, Urt. v. 6.8.1997 - VIII ZR 150/96, WM 1998, 31, unter B I 3a aa) Tätigkeiten des Tankstellenhalters sind deswegen ausgleichsrelevant, weil diese Tätigkeiten geeignet sind, Kundenbindungen zu erzeugen, die sich nach dem Ausscheiden des Tankstellenhalters in Folgegeschäften des Mineralölunternehmens mit von dem früheren Tankstellenhalter geworbenen Kunden niederschlagen können. Denn Grundlage der Ausgleichsberechnung sind insoweit - wie generell bei Warenvertretern - die Unternehmervorteile und Provisionsverluste aus Folgegeschäften, die der Unternehmer während eines bestimmten Zeitraums nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses voraussichtlich mit solchen Kunden abschließen wird, die der frühere Handelsvertreter für ihn als Stammkunden geworben hat.
Demgegenüber hat der Versicherungsvertreter Anspruch auf Ausgleich nach § 89b Abs. 5 HGB nicht für Folgegeschäfte - ausgenommen Verlängerungen oder Summenerhöhungen (BGHZ 34, 310 [317 ff.]; BGHZ 55, 45 [52]) -, die nach seinem Ausscheiden mit von ihm geworbenen Versicherungskunden voraussichtlich zu Stande kommen werden, sondern allein für noch nicht (vollständig) ausgezahlte Provisionen aus bestehenden, von ihm vermittelten Versicherungsverträgen, soweit Provisionsansprüche - wie hier vereinbart - infolge der Beendigung des Versicherungsvertretervertrages entfallen (BGH, Urt. v. 22.12.2003 - VIII ZR 117/03, BGHReport 2004, 527 = MDR 2004, 402 = VersR 2004, 376, unter II 2 b). Werbende Tätigkeiten des Versicherungsvertreters im Hinblick auf das Zustandekommen künftiger Folgeverträge mit von ihm geworbenen Kunden sind für den ihm zustehenden Ausgleichsanspruch daher grundsätzlich ohne Bedeutung (BGH, Urt. v. 22.12.2003 - VIII ZR 117/03, BGHReport 2004, 527 = MDR 2004, 402 = VersR 2004, 376, unter II 2 b).
6. Nicht frei von Rechtsfehlern sind dagegen die Erwägungen des Berufungsgerichts - auf Grund deren es das Klagebegehren hat scheitern lassen , der Kläger habe nicht substantiiert und nachvollziehbar dargetan, dass und zu welchem Anteil die vertraglich vorgesehenen Folgeprovisionen als ein neben die Abschlussprovision tretendes weiteres Entgelt für die Vermittlung neuer Versicherungsverträge anzusehen sind.
a) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass für die Unterscheidung zwischen Vermittlungsprovisionen einerseits und Verwaltungs- oder Bestandspflegeprovisionen andererseits nicht allein auf die im Versicherungsvertretervertrag verwendeten Bezeichnungen der verschiedenen Provisionen abgestellt werden kann. Diese besitzen keinen genügenden Unterscheidungswert, da es in manchen Versicherungszweigen üblich ist, dass in der als Verwaltungs- oder Inkassoprovision bezeichneten Vergütung Teile einer Vergütung für die Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit enthalten sind (BGHZ 30, 98 [105]; BGHZ 55, 45 [51]; BGH, Urt. v. 22.12.2003 - VIII ZR 117/03, BGHReport 2004, 527 = MDR 2004, 402 = VersR 2004, 376, unter II 2 a). Ob und in welchem Umfang dies ggf. anzunehmen ist, bedarf daher jeweils im Einzelfall der tatrichterlichen Feststellung (BGHZ 30, 98 [105]; BGHZ 55, 45 [51]; BGH, Urt. v. 22.12.2003 - VIII ZR 117/03, BGHReport 2004, 527 = MDR 2004, 402 = VersR 2004, 376). Dies alles gilt erst recht für den hier verwendeten, für die Unterscheidung zwischen Vermittlungs- und Verwaltungsvergütung unergiebigen Begriff "Folgeprovision".
b) Voraussetzungen, von deren Erfüllung die Entstehung des Provisionsanspruchs abhängt und die hierdurch eine Zuordnung der Provision ermöglichen, sind in den Provisionsbestimmungen allein in Bezug auf die Abschlussprovisionen festgelegt. Hinsichtlich der Folgeprovisionen und der - in den Provisionsbestimmungen nicht erwähnten - unbenannten Provisionen für Kraftfahrtversicherungen fehlt es dagegen an einer entsprechenden Regelung. Dieser Umstand rechtfertigt zwar die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, dass die Abschlussprovision ausschließlich dazu bestimmt ist, die Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages zu vergüten. Offen bleibt dagegen, ob die Vermittlung bereits durch die Abschlussprovision vollständig abgegolten sein soll oder ob auch in den Folgeprovisionen ein weiteres Vermittlungsentgelt enthalten ist. Letzteres hält auch das Berufungsgericht für möglich, wenn es ausführt, die Folgeprovision bezwecke "jedenfalls vorrangig" die Vergütung sonstiger Tätigkeiten des Vertreters.
c) Sind somit die "Folgeprovision ab 1. Jahr" und die nicht näher bezeichnete Provision für Kraftfahrtversicherungen nach dem Vertragsinhalt nicht eindeutig und vollständig den vermittlungsfremden Aufgaben und Tätigkeiten des Versicherungsvertreters zuzuordnen, so rückt die Frage in den Mittelpunkt, wer die Darlegungs- und Beweislast für die Zweckbestimmung dieser Provisionen trägt. Das Berufungsgericht meint, der Kläger hätte durch substantiierten Sachvortrag nachvollziehbar darlegen müssen, in welchem Umfang seine durch Zahlung einer Folgeprovision (mit-)vergütete Tätigkeit gleichwohl dem Abschluss von Versicherungsverträgen gedient habe und damit vermittelnder Natur oder aber bloße Verwaltungstätigkeit gewesen sei. Hiergegen wendet sich die Revision mit Recht.
aa) Das Berufungsgericht hat unter Verstoß gegen § 286 ZPO nicht berücksichtigt, dass die Provisionsvereinbarung der Parteien für eine Reihe von Versicherungsarten (Risiken) keine Abschlussprovision, sondern für bestimmte Rechtsschutz- und Haftpflichtversicherungen allein "Folgeprovisionen ab 1. Jahr" und für die Kraftfahrtversicherung ohne nähere Zweckbestimmung eine "Provision" vorsieht. Daraus folgt zwingend, dass diese Provisionen und "Folgeprovisionen" auch das Entgelt für die Vermittlung der betreffenden Verträge enthalten. Jedenfalls für diese Versicherungsverträge obliegt es nicht dem Kläger, darzulegen und zu beweisen, zu welchem Anteil die einheitliche Provision oder "Folgeprovision" Entgelt für die Vermittlung des Versicherungsvertrages sein soll. Insoweit gilt vielmehr nichts Anderes als für den Tankstellenvertreter, der für seine Tätigkeit eine einheitliche Provision bezieht, die nicht nach vermittelnden und vermittlungsfremden Aufgaben und Tätigkeiten differenziert (BGH, Urt. v. 28.4.1988 - I ZR 66/87, MDR 1988, 930 = WM 1988, 1204, unter II 2; Urt. v. 10.7.2002 - VIII ZR 158/01, BGHReport 2002, 1086 = MDR 2002, 1379 = VersR 2003, 767, unter II 2). Soweit der erk. Senat in seinem - gleichfalls einen Versicherungsvertreter betreffenden - Urteil v. 22.12.2003 (BGH, Urt. v. 22.12.2003 - VIII ZR 117/03, BGHReport 2004, 527 = MDR 2004, 402 = VersR 2004, 376, unter II 2 c) die Anwendung dieser Rechtsprechung auf einen Versicherungsvertretervertrag abgelehnt hat, betrifft dies eine Fallgestaltung, die sich in dem entscheidenden Punkt von dem vorliegenden Fall unterscheidet. Der in jener Entscheidung zu beurteilende Versicherungsvertretervertrag sah gesonderte Provisionen für die Vermittlung von Versicherungsverträgen, für deren Erweiterung und für die Bestandspflege vor und ordnete diese Provisionen jeweils den entsprechenden Aufgaben des Vertreters zu. Im vorliegenden Fall ist dies allein hinsichtlich der Abschlussprovision geschehen. Für die "Folgeprovisionen ab 1. Jahr" und für die unbenannten Provisionen fehlt es dagegen sowohl an der vertraglichen Festlegung einer Zweckbestimmung als auch an der Zuordnung zu bestimmten Aufgaben oder Tätigkeiten des Vertreters. Bei dieser Vertragsgestaltung steht der Versicherungsvertreter daher vor derselben Schwierigkeit wie der Tankstellenhalter, den auf die vermittelnde Tätigkeit bzw. den Vermittlungserfolg entfallenden Anteil der einheitlichen Provision zu beziffern. Dem Versicherungsunternehmen, das den Vertragsinhalt i.d.R. vorgibt und dem nach der Auffassung des Berufungsgericht ein Bestimmungsrecht zusteht, ist es dagegen - wie dem Mineralölunternehmen in den Tankstellenfällen - möglich, auf der Grundlage von Erfahrungswerten anzugeben, zu welchen Anteilen die einheitliche Provision zur Abgeltung einerseits der Vertragsvermittlung, andererseits vermittlungsfremder Tätigkeiten bestimmt sein soll. Dass der Beklagte dazu grundsätzlich im Stande ist, ergibt sich auch aus dem Umstand, dass er in erster Instanz eine "Zeitanalyse der Tätigkeit in einer L. -Agentur" vorgelegt hat, in der die einzelnen dort anfallenden Tätigkeiten zeitanteilig erfasst und mit Hilfe verschiedener "Simulationen" Provisionsanteile für vermittelnde und für vermittlungsfremde Tätigkeiten errechnet worden sind.
bb) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist nicht auszuschließen, dass die "Folgeprovision ab 1. Jahr" auch hinsichtlich der Versicherungsarten, für die in der Provisionsvereinbarung der Parteien daneben eine Abschlussprovision vorgesehen ist, ein weiteres Entgelt für die vermittelnde Tätigkeit des Vertreters darstellt. Das Berufungsgericht hält es, wie bereits ausgeführt wurde, für möglich, dass die neben der Abschlussprovision gezahlte Folgeprovision nur vorrangig - und damit nicht ausschließlich - zur Abgeltung vermittlungsfremder Tätigkeiten des Vertreters bestimmt ist. Für das Revisionsverfahren ist dies zu Gunsten des Klägers zu unterstellen. Daraus folgt, dass das Berufungsgericht die Darlegungs- und Beweislast für die Zweckbestimmung der Folgeprovision auch insoweit zu Unrecht dem Kläger auferlegt hat.
III.
Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil es hierzu weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Der Rechtsstreit ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1394869 |
DB 2005, 2131 |
BGHR 2005, 1386 |
NJW-RR 2005, 1274 |
EWiR 2005, 799 |
WM 2005, 1866 |
VersR 2005, 1283 |
r+s 2005, 487 |
ProzRB 2005, 312 |