Leitsatz (amtlich)
Verträge über die Weiterveräußerung, den Rückkauf oder die Aufhebung laufender unverbriefter Aktienoptionen sind Börsentermingeschäfte im Sinne der §§ 50 ff. BörsG.
Gutschriften zum Ausgleich unklagbarer Ansprüche aus Börsentermingeschäften sowie Verfügungen über Salden, die aus solchen Gutschriften auf Kontokorrentkonten resultieren, sind keine Leistungen im Sinne des § 55 BörsG. Gleiches gilt für Verrechnungen und Aufrechnungen aufgrund einer antizipierten Aufrechnungs- oder Vorauserfüllungsvereinbarung, die ohne Bezug auf ein oder mehrere bestimmte Börsentermingeschäfte getroffen worden ist.
Ein Kreditinstitut ist bei der Veräußerung unverbriefter Aktienoptionen grundsätzlich nicht verpflichtet, ungefragt den Erwerber von Kaufoptionen auf die Absicht der Aktiengesellschaft zur Ausgabe von Gratisaktien hinzuweisen.
Normenkette
BörsG §§ 50, 52-53, 55; HGB § 355; BGB § 276
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Urteil vom 28.12.1990) |
LG Freiburg i. Br. |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe – 13. Zivilsenat in Freiburg – vom 28. Dezember 1990 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die klagende Bank räumte dem Beklagten, einem Major a.D., auf seinem Girokonto einen Effektenlombardkredit über 300.000 DM in laufender Rechnung ein. Der Beklagte finanzierte damit u.a. Geschäfte mit unverbrieften Aktienoptionen. Seine Optionskauf- und -verkaufsaufträge führte die Klägerin als Eigenhändlerin aus. Die Abwicklung erfolgte zunächst über das Girokonto, dann ein Unterkonto und ab Ende April 1986 über ein nicht im Kontokorrent geführtes Optionssonderkonto des Beklagten.
Ein Teil der Geschäfte brachte dem Beklagten Gewinne über insgesamt 1.191.118,80 DM aus der Veräußerung erworbener Optionen, ein anderer Teil Verluste über 761.816,62 DM aus Prämien für verfallene Optionen. Von den Prämienverlusten entfiel an 321.204,50 DM auf Anfang Mai 1986 erworbene Kaufoptionen auf D.-B.-Aktien.
Ausgehend von der Verbindlichkeit aller Optionsgeschäfte hat die Klägerin den Effektenlombardkredit nach Fälligkeit im Jahrs 1988 abgerechnet und einen Teilbetrag von 50.000 DM nebst Zinsen eingeklagt; der Beklagte begehrt widerklagend den Ersatz seiner Prämienverluste über 761.816,62 DM zuzüglich Zinsen. Er ist der Ansicht: Die – verlustreichen – Verträge über später verfallene Optionen unterlägen anders als die – gewinnbringenden – Veräußerungsgeschäfte dem Termineinwand. Im übrigen seien die letztgenannten Geschäfte durch vorbehaltlos erteilte Gutschriften der Klägerin erfüllt worden (§ 55 BörsG). Zumindest stehe ihm ein Schadensersatzanspruch über 321.204,50 DM zu. Die Klägerin habe ihn bei Erwerb der Optionen auf D.-B.-Aktien nicht darüber aufgeklärt, daß die D.-B. AG Gratisaktien im Verhältnis 7: 1 auszugeben beabsichtigte. Deren Ausgabe habe zum Wertverfall der Kaufoptionen geführt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage zum Teil stattgegeben. Das Oberlandesgericht (WM 1991, 936 ff. mit Arm. Nassall WuB I G 5.–7.91 und Schwintowski EWiR § 53 BörsG 2/91 S. 979) hat, nachdem der Beklagte den von der Klägerin errechneten Debetsaldo des Lombardkreditkontos ausgeglichen hatte, die Erledigung der Klage in der Hauptsache festgestellt und die Widerklage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Widerklage- und sein Klagabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Mit beiden Begehren könne der Beklagte nicht durchdringen, da nicht nur die Belastungen seiner Konten mit Prämien für später verfallene Optionen, sondern auch die per Saldo höheren Gewinngutschriften aus dem Verkauf laufender Optionen unwirksam seien. Mangels Termingeschäftsfähigkeit des Beklagten seien alle in Rede stehenden Optionsgeschäfte unverbindlich (§ 53 BörsG a.F.), Auch die Veräußerung einer laufenden Option stelle ein Börsentermingeschäft dar. Das gelte auch dann, wenn die Option, wie hier, von der Stillhalterin zurückgekauft werde. Die unklagbaren Veräußerungsgewinne des Beklagten seien von der Klägerin nicht endgültig erfüllt worden (§ 55 BörsG). Die darüber erteilten Gutschriften stellten abstrakte Schuldanerkenntnisse der Klägerin dar, die ebenfalls dem Termineinwand unterlägen (§ 59 BörsG). Auch der vom Beklagten hilfsweise geltend gemachte Schadensersatzanspruch bestehe nicht. Die Ausgabe von Gratisaktien durch die D.-B. AG habe auf den Wert der von ihm erworbenen Kaufoptionen keinen negativen Einfluß gehabt.
II.
Diese Beurteilung, die hinsichtlich der Prämienbelastungen für nicht ausgeübte Optionen von der Revision gebilligt wird, hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Mit Recht hat das Berufungsgericht die Gutschriften über Gewinne aus dem Verkauf laufender Optionen als nicht verbindliche Schuldanerkenntnisse angesehen.
a) Die Frage, ob die Veräußerung laufender unverbriefter Aktienoptionen durch eine nicht termingeschäftsfähige Partei wie den Beklagten dem Termineinwand nach § 53 BörsG a.F. unterliegt, ist allerdings streitig und höchstrichterlich bisher nicht entschieden. Mehrere Instanzgerichte (OLG Düsseldorf WM 1988, 1404, 1406; LG Mönchengladbach WM 1987, 681, 682; s. auch OLG Köln WM 1988, 116, 119) und ein Teil der Literatur (Häuser/Welter in Handbuch des Kapitalanlagerechts § 16 Rdn. 128, 130; Tilp DB 1989, 2365, 2367; Nassall WuB I G 5.-7.91; Schwintowski EWiR § 53 BörsG 2/91 S. 979; s. auch MünchKomm/Pecher, BGB 2. Aufl. § 764 Rdn. 22 für den Differenzeninwand) sehen den Verkauf einer solchen Option in gleicher Weise als Termingeschäft an wie den originären Erwerb einer Option vom Stillhalter. Kümpel (WuB I G 5.-5.87, WM 1987, 669, 673–675 und WM 1989, 81, 82 f.) und Schwark (WuB I G 5.-1.89) wollen die Veräußerung einer laufenden Option dagegen als Kassageschäft behandeln und in der Übertragung der Option hilfsweise eine effektive Leistungsbewirkung im Sinne des § 57 BörsG sehen. Der Senat teilt mit dem Berufungsgericht im Ergebnis die erstgenannte Ansicht. Der von § 53 BörsG a.F. bezweckte effektive Schutz Nichttermingeschäftsfähiger macht es erforderlich, sowohl Verträge über die prämienpflichtige Einräumung unverbriefter Aktienoptionen (Primärgeschäfte) als auch Verträge über die Veräußerung solcher Optionen (Sekundärgeschäfte) als Börsentermingeschäfte anzusehen.
aa) Für Primärgeschäfte ist dies anerkannt. Sie sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur verbindlich, wenn beide Vertragspartner termingeschäftsfähig sind (BGHZ 92, 317, 321; 93, 307, 309; 94, 262, 264; 102, 204, 206; 107, 192, 193; Senatsurteile vom 19. Dezember 1989 – XI ZR 121/88, WM 1990, 94, 95, vom 16. April 1991 – XI ZR 88/90, WM 1991, 982 (zur Veröffentlichung in BGHZ 114, 177 bestimmt) und vom 25. Juni 1991 – XI ZR 178/90, WM 1991, 1367).
bb) Für Sekundärgeschäfte kann entgegen der Ansicht der Revision nichts anderes gelten. Ein Optionsersterwerber, der nicht termingeschäftsfähig ist, schuldet dem Stillhalter keine Prämie erwirbt von ihm aber auch kein klagbares Optionsrecht (§ 53 BörsG a.F.). Er ist deshalb nicht in der Lage, ein von ihm geschlossenes Sekundärgeschäft durch Übertragung des verkauften Optionsrechts nach §§ 413, 398 BGB auf den Käufer zu erfüllen. Wollte man das Sekundärgeschäft gleichwohl als verbindliches Kassageschäft ansehen, hätte der Ersterwerber dem Zweiterwerber Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu leisten (Garantiehaftung aus §§ 437 Abs. 1, 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 BGB; vgl. BGHZ 110, 196, 199). Dessen Anspruch würde auch einen etwaigen Gewinn umfassen (§ 252 BGB), den er aus der Ausübung der gekauften Option gezogen hätte. Der nicht termingeschäftsfähige Ersterwerber hätte im Ergebnis daher, was die Revision sowie Kümpel (a.a.O.) und Schwark (a.a.O.) außer acht lassen, das unbegrenzte Risiko des Stillhalters zu tragen. Das ist mit dem Schutzzweck ces § 53 BörsG a.F. nicht vereinbar (vgl. BGHZ 92, 317, 321). Daß in der Praxis häufig Banken die Position des Stillhalters einnehmen und sich auf die Unverbindlichkeit einer eingeräumten Option nicht zu berufen pflegen, ändert nichts. Ein effektiver Schutz des nicht termingeschäftsfähigen Ersterwerbers ist nicht gewährleistet, wenn dieser zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen im Falle der Optionsveräußerung auf das Wohlwollen des rechtlich nicht gebundenen Stillhalters angewiesen ist.
Überdies erfordert auch der Schutz nicht termingeschäftsfähiger Zweiterwerber, Sekundärgeschäfte als Börsentermingeschäfte zu gualifizieren. Aus ihrer Sicht macht es keinen nennenswerten Unterschied, ob das termingeschäftsspezifische Risiko in Form einer Option in ihrer Person erst begründet oder aber in Form einer bestehenden Option auf sie übertragen wird (Häuser/Welter a.a.O. Rdn. 128; Nassall a.a.O.). Zweiterwerber laufen ähnlich wie Ersterwerber Gefahr, den Optionspreis ganz oder teilweise zu verlieren. Wollte man Sekundärgeschäfte gleichwohl nicht dem Termineinwand unterwerfen, könnte § 53 BörsG a.F. bei Optionsgeschäften überdies von Banken durch ausschließliche Veräußerung bestehender Optionen unterlaufen werden (Häuser/Welter a.a.O. Rdn. 130).
An der Unverbindlichkeit von Sekundärgeschäften unter Beteiligung eines Nichttermingeschäftsfähigen ändert sich auch dann nichts, wenn die Optionen, wie hier, vom Stillhalter selbst zurückgekauft werden. Zwar ist Kümpel (WM 1989, 81, 83) einzuräumen, daß durch einen solchen Rückerwerb keine neuen Risiken geschaffen, sondern im Gegenteil eingegangene Risiken beiderseits beendet werden sollen. Gleichwohl sind auch Sekundärgeschäfte in Form der Rückübertragung oder der Aufhebung von Optionen als Börsentermingeschäfte anzusehen. Andernfalls wäre der Stillhalter einem klagbaren Anspruch auf Zahlung des Rückkaufpreises ausgesetzt, ohne seinerseits die Optionsprämie, den Einstandspreis des Optionserwerbers, beanspruchen zu können (Tilp a.a.O. S. 2367). Dieses Ergebnis, vor dem der Stillhalter durch § 56 BörsG nicht geschützt würde, wäre umso befremdlicher, als der Stillhalter durch die Rückübertragung oder die Aufhebung einer nach § 53 BörsG a.F. unverbindlichen Option nichts Substantielles erhält.
Entgegen der Hilfsargumentation von Kümpel (WM 1987, 679, 674 f.) und Schwark (WuB I G 5.-1.89) wird die Unverbindlichkeit von Sekundärgeschäften unter Beteiligung eines Nichttermingeschäftsfähigen auch nicht durch die Übertragung der Option auf den Zweiterwerber gemäß § 57 BörsG geheilt. Eine solche Übertragung stellt keine effektive Leistungsbewirkung im Sinne dieser Vorschrift dar. Wirksam werden solche Geschäfte auch nicht mit der Bezahlung des Optionspreises, sondern erst mit der effektiven Lieferung der den Gegenstand des Geschäfts bildenden Aktien oder der Bezahlung des Aktienkaufpreises (vgl. BGHZ 92, 317, 324).
b) Die danach unklagbaren Gewinne des Beklagten aus der Veräußerung von Optionen sind, anders als die Revision meint, von der Klägerin auch nicht endgültig erfüllt worden. Auf § 55 BörsG kann der Beklagte sich nicht berufen.
aa) Mit Recht hat das Berufungsgericht die Gutschriften, die die Klägerin dem Beklagten zum Ausgleich der Erlöse aus den Sekundärgeschäften auf seinen Kontokorrentkonten oder dem Optionssonderkonto erteilt hat, nicht als Leistungen im Sinne dieser Vorschrift angesehen. Die Klägerin hat insoweit lediglich eine Ersatzerfüllung bewirkt, indem sie zum Zwecke der Erfüllung unklagbarer Schulden neue Verbindlichkeiten in Form abstrakter Schuldanerkenntnisse eingegangen ist. Auch bei diesen neuen Verbindlichkeiten handelt es sich, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, gemäß § 59 BörsG um Naturalobligationen, durch die unklagbare Schulden nicht endgültig getilgt werden (BGHZ 93, 307, 311 f.; 105, 263, 269 jeweils m.w.Nachw.).
bb) Entgegen der Ansicht der Revision kann eine endgültige Erfüllung der unklagbaren Ansprüche des Beklagten auch nicht darin gesehen werden, daß die Klägerin nach Vornahme der Gutschriften eine „effektive” Verfügung über das im Kontokorrent geführte Konto insbesondere durch Barabhebungen zugelassen hat. Die Abhebungen und sonstigen Verfügungen des Beklagten können nicht bestimmten Gutschriften und den dadurch dokumentierten unklagbaren Ansprüchen als Tilgungsleistungen der Klägerin zugeordnet werden. Dies scheitert an der getroffenen Kontokorrentabrede. Durch sie werden alle von ihr erfaßten Ansprüche der Parteien regelmäßig schon während der Rechnungsperiode gebunden, insbesondere der selbständigen Erfüllung entzogen (Schlegelberger/Hefermehl, HGB 5. Aufl. § 355 Rdn. 31; Baumbach/Duden/Hopt, HGB 28. Aufl. § 355 Anm. 3 A). Zahlungen einer Kontokorrentpartei erfolgen nicht zur Tilgung bestimmter kontokorrentgebundener Forderungen oder Forderungsteile, sondern bilden Rechnungsposten, die erst bei der nächsten Saldierung und Abrechnung des Kontokorrents ihre Wirkung ausüben. § 366 BGB gilt im Rahmen eines Kontokorrentverhältnisses nicht (st.Rspr., vgl. RGZ 87, 434, 438; BGHZ 77, 256, 261; BGH, Urteil vom 13. Dezember 1990 – IX ZR 33/90, WM 1991, 495, 497 m.w.Nachw.). Dies schließt eine endgültige Erfüllung der unklagbaren Ansprüche des Beklagten durch von der Klägerin zugelassene Barabhebungen oder sonstige Verfügungen aus.
cc) Auch die Verrechnung der unklagbaren Ansprüche des Beklagten mit Gegenforderungen der Klägerin bei der Saldierung und Abrechnung des Giro- und des Unterkontos des Beklagten kann nicht als Leistung im Sinne von § 55 BörsG angesehen worden, da sich eine antizipierte kontokorrentrechtliche Aufrechnungsvereinbarung nicht auf ein bestimmtes Börsentermingeschäft bezieht (st.Rspr., vgl. BGHZ 101, 296, 305; 107, 192, 197 f.; Senatsurteil vom 25. Juni 1991 – XI ZR 178/90, WM 1991, 1367). Aus dem gleichen Grund ist auch die pauschale Vorauserfüllungs- und Abrechnungsvereinbarung, die die Parteien bei der Einrichtung des nicht im Kontokorrent geführten Optionssonderkontos getroffen haben, insoweit ohne Belang. Auch diese Vereinbarung bezieht sich nicht, wie erforderlich (BGHZ 101, 296, 305 f.; Senatsurteil vom 25. Juni 1991, a.a.O.), auf ein oder mehrere bestimmte Geschäfte. Für eine nachträgliche, ausdrückliche, in dem Bewußtsein getroffene Verrechnungsvereinbarung, dadurch eigene Vermögenspositionen zur Tilgung von Verbindlichkeiten aus bestimmten Börsentermingeschäften aufzugeben (vgl. dazu BGHZ 107, 192, 198; Senatsurteil vom 25. Juni 1991 a.a.O. S. 1368), hat das Berufungsgericht unbeanstandet keine Feststellungen getroffen.
2. Die vorsorgliche Rüge der Revision, ausgehend von der Unverbindlichkeit aller in Rede stehenden Optionsgeschäfte sei die Klage abzuweisen und der Widerklage in Höhe des vom Beklagten ausgeglichenen Debetsaldos seines Lombardkreditkontos stattzugeben gewesen, ist unbegründet. Die Revision läßt außer acht, daß die Klägerin bei der Abrechnung des vorgenannten Kontos von der Verbindlichkeit aller Optionsgeschäfte ausgegangen ist und der Beklagte daraus keine Verluste erlitten, sondern Gewinne über insgesamt 429.302,18 DM (1.191.118,80 DM – 761.816,62 DM) erzielt hat. Der vom Beklagten ausgeglichene Debetsaldo resultierte also nicht aus unverbindlichen Optionsgeschäften, sondern wäre ohne sie um die vorgenannte Gewinnsumme höher gewesen.
3. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht auch einen Schadensersatzanspruch des Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluß oder positiver Vertragsverletzung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Kaufoptionen auf D.-B.-Aktien für nicht gegeben erachtet.
a) Soweit das Berufungsurteil eine Pflicht der Klägerin, den Beklagten auf das generelle Verlustrisiko bei sinkenden Aktienkursen hinzuweisen, verneint, ist nichts zu erinnern. Die im Schrifttum geäußerte Kritik, das Berufungsurteil sei mit dem Urteil des erkennenden Senats vom 27. November 1990 – XI ZR 115/89 (WM 1991, 127, 128) zur Aufklärungspflicht bei der Vermittlung von Aktienoptionen nicht vereinbar (Schwintowski EWiR § 53 BörsG 2/91 S. 979, 980), ist unbegründet. Sie verkennt, daß der Beklagte nicht aufklärungsbedürftig war. Er war bei Erwerb der in Rede stehenden Kaufoptionen am 2. Mai 1986 ein erfahrener Anleger, der bereits seit längerer Zeit in erheblichem Umfang erfolgreich Aktienoptionsgeschäfte getätigt hatte. Das Verlustrisiko war für ihn offensichtlich, zumal der Erwerb von Kaufoptionen auf 4.500 D.-B.-Aktien für eine Prämie von 321.204,50 DM hochspekulativ war. Die von ihm gewählten Basispreise von 1.600–1.800 DM lagen erheblich über dem Tageskurs der D.-B.-Aktie von 1.460 DM am 2. Mai 1986.
b) Soweit das Berufungsgericht eine Schadensersatzpflicht der Klägerin aus unterlassener Beratung bei der Einräumung von Kaufoptionen auf D.-B.-Aktien verneint, erhebt die Revision vor allem Verfahrensrügen gegen die Feststellung, der Wert der Kaufoptionen sei durch die Ausgabe von Gratisaktien im Verhältnis 7: 1 nicht beeinträchtigt worden. Ob diese Rügen begründet sind, kann dahingestellt bleiben. Für eine Schadensersatzpflicht fehlt es schon an einer Beratungs- oder Aufklärungspflichtverletzung der Klägerin.
aa) Ein Beratungsvertrag ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Der mit Aktienoptionsgeschäften vertraute Beklagte hat die Kaufoptionen auf D.-B.-Aktien nicht auf Empfehlung der Klägerin erworben, sondern seine Kaufaufträge in eigener Initiative und Verantwortung ohne Äußerung eines Beratungswunsches erteilt. Von einer Beratungspflicht der Klägerin kann daher keine Rede sein (vgl. Canaris, Bankvertragsrecht 2. Aufl. Rdn. 1881).
bb) Anders als die Revision meint, war die Klägerin auch nicht verpflichtet, ungefragt den Beklagten auf den Beschluß des Aufsichtsrats der D.-B. AG über die beabsichtigte Ausgabe von Gratisaktien hinzuweisen. Aufträge zum Erwerb von Aktienoptionen zu Spekulationszwecken begründen für die beauftragte Bank keine generelle Pflicht zu umfassender Aufklärung. Bestehen, Inhalt und Umfang von Aufklärungs- und Hinweispflichten hängen vielmehr von der Person des Optionserwerbers, insbesondere seiner Erfahrung mit solchen Geschäften, und den besonderen Umständen des Einzelfalles ab (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 1991 – XI ZR 88/90, WM 1991, 982, 984; Canaris a.a.O. Rdn. 1881; Werner/Machunsky, Rechte und Ansprüche geschädigter Kapitalanleger 3. Aufl. S. 30). Ungefragt aufzuklären ist ein in Aktienoptionsgeschäften erfahrener Anleger wie der Beklagte nur über risikoerhöhende besondere Umstände, die erkennbar für seinen Kaufentschluß von wesentlicher Bedeutung sind, etwa weil sie die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Spekulation erheblich beeinträchtigen können, und über die er nach Treu und Glauben und der Verkehrsauffassung eine Aufklärung erwarten darf (vgl. Canaris a.a.O. Rdn. 1880, 1885 f.).
Der Beschluß eines Aufsichtsrats, Gratisaktien im Verhältnis 7: 1 auszugeben, ist grundsätzlich kein solcher risikoerhöhender Umstand. Der durch die Ausgabe von Gratisaktien bedingte technische Kursrückgang der alten Aktien, der bei dem genannten Ausgabeverhältnis rechnerisch ein Achtel beträgt, wird für Inhaber von Kaufoptionen dadurch ausgeglichen, daß sie die kostenlose Mitlieferung der neuen Aktien verlangen können (§ 12 Abs. 1 der Besonderen Bedingungen für Optionsgeschäfte an deutschen Wertpapierbörsen). Die Börse bewertet die Ausgabe von Gratisaktien in der Regel sogar positiv, da Kapital- und Gewinnrücklagen durch die Umwandlung in Grundkapital zugunsten der Aktionäre gebunden werden und die technisch bedingte Ermäßigung des Aktienkurses geeignet ist, Kaufinteresse zu fördern. Negative Auswirkungen der Ausgabe von Gratisaktien auf die Kursentwicklung von Kaufoptionen sind zwar denkbar, etwa wenn die Börse die Maßnahme als unpassend ansieht oder wenn ein größerer Teil der Gratisaktien bei engen Marktverhältnissen zum Kauf angeboten wird. Solche – häufig nicht vorhersehbaren – Auswirkungen gehören jedoch grundsätzlich, für eine Ausnahme ist hier nichts ersichtlich, zu dem Risiko, das der Erwerber von Aktienoptionen eingeht und das nicht durch die Statuierung von Aufklärungs- und Hinweispflichten auf den Stillhalter verlagert werden darf.
Unterschriften
Schimansky, Dr. Schramm, RiBGH Dr. Siol ist wegen Urlaubs verhindert zu unterschreiben Schimansky, Dr. Bungeroth, Nobbe
Fundstellen