Leitsatz (amtlich)
Wandelt sich während einer ständigen Geschäftsverbindung eine Kommanditgesellschaft durch Aufgabe ihrer gewerblichen Tätigkeit in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts um, so kann der Geschäftspartner, solange er nicht auf eine abweichende Regelung hingewiesen wird, darauf vertrauen, daß die Umwandlung die bisherige Kreditbasis nicht vermindert hat, daß vielmehr der Geschäftsführer die Gesellschafter in demselben Umfange vertraglich verpflichten kann, wie sie bisher als Gesellschafter der Kommanditgesellschaft akzessorisch hafteten.
Normenkette
BGB § 714
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main |
LG Frankfurt am Main |
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden Urteil und Ergänzungsurteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27. Februar und 22. Mai 1986 aufgehoben sowie das Teilurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 12. November 1984 und das Schlußurteil vom 25. März 1985 geändert, soweit darin – mit Ausnahme der Kostenentscheidung zugunsten der Beklagten zu 5 und 6 – über die Kosten erkannt und die Klage gegen die Beklagten zu 2 und 3 in Höhe von jeweils 2 Millionen DM nebst Zinsen abgewiesen worden ist. Soweit beantragt wird, die Beklagten zu 2 und 3 zur Zahlung weiterer 65.973/38 DM nebst Zinsen zu verurteilen, wird die Revision zurückgewiesen.
Die Beklagten zu 2 und 3 werden als Gesamtschuldner neben dem Beklagten zu 1 verurteilt, der Klägerin weitere 2 Millionen DM nebst 10,5 % Kontokorrentzinsen und 1,5 % Überziehungsprovision seit dem 16. November 1983 zu zahlen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits des Beklagten zu 4, soweit sie diesen persönlich in Anspruch genommen hat; im übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlußurteil vorbehalten.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin macht Forderungen geltend, die ihr das Bankhaus Sal. O. Jr. + Cie abgetreten hat. Dieses Bankhaus räumte der Friedrich H. & Co. mit Schreiben vom 27. Dezember 1971 einen Festkredit von 6 Mio DM für die Dauer eines Monats und mit Schreiben vom 18. Januar 1972 einen Überziehungskredit von 3 Mio DM für die Dauer eines Jahres ein. An die Stelle des Überziehungskredits trat mit Schreiben der Bank vom 20. Oktober 1972 ein Kontokorrentkredit von 5 Mio DM, dessen Laufzeit am 31. Dezember 1973 enden sollte, gemäß Schreiben der Bank vom 27. Dezember 1973 aber bis zum 31. Oktober 1974 verlängert wurde.
Persönlich haftende Gesellschafter der Friedrich H. & Co. waren damals Friedrich H., der Beklagte zu 1, die A. GmbH Co. und (bis April 1972) Karl G.; Kommanditistin war neben der (im September 1973 ausgeschiedenen) deutschen Effekten- und Wechselbank die Friedrich H. Verwaltungs-GmbH, die den Kommanditanteil treuhänderisch u. a. für die Beklagten zu 2 bis 4 hielt. Die Kommanditgesellschaft war am 1. Januar 1969 Kommanditistin der neu gegründeten S., M., H. & Co. (SMH-Bank) geworden und hatte ihre Privatbank, die sie bis dahin betrieben hatte, in diese Gesellschaft eingebracht. Am 30. November 1974 wandelte sich die Kommanditgesellschaft in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts um, weil die A. GmbH & Co. unter Mitnahme des Versicherungsgeschäfts ausschied und die gewerbliche Tätigkeit damit ein Ende fand. Die bis dahin über die Treuhandkommanditistin mittelbar Beteiligten wurden Gesellschafter. Am 19. Dezember 1974 wurde im Handelsregister vermerkt, daß die Kommanditgesellschaft erloschen sei.
Am 31. Oktober 1974 hatten die Gesellschafter nicht nur das Ausscheiden der A. GmbH & Co. und die Überführung bestimmter Vermögenswerte aus dem Gesellschafts- in das Privatvermögen vereinbart; sie hatten auch das Gesellschaftsverhältnis der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geregelt und in § 2 Abs. 2 als Gesellschaftsgegenstand besonders herausgestellt, daß die Gesellschaft Kredite unter Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen aufnehmen könne; in § 8 Abs. 3 hieß es ferner, daß die Geschäftsführer, wenn sie Verbindlichkeiten für die Gesellschaft eingingen, jeden Zweifel darüber auszuschließen hätten, daß die Haftung der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt sei. Von der Umwandlung der Kommanditgesellschaft in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts erhielt das Bankhaus O. Ende 1974, vom Inhalt des Gesellschaftsvertrages und damit vom Umfang der Vertretungsmacht der Geschäftsführer dagegen erst am 4. November 1983 Kenntnis.
Der Kredit, den das Bankhaus der Kommanditgesellschaft eingeräumt hatte, wurde nach der Umwandlung zunächst verlängert und später erweitert, wobei die Kreditverhandlungen für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts jeweils der Beklagte zu 1 führte. Als im Herbst 1983 die SMH-Bank in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet und damit der Kommanditanteil an dieser Gesellschaft seinen Wert verlor, kündigte am 7. November 1983 das Bankhaus O. den Kredit fristlos, der sich nach Abschlußrechnung vom 15. November 1983 auf 7.065.973,38 DM belief. Hierauf brachte die Bank ein bei ihr unterhaltenes Guthaben in Höhe von 1.069.239,18 DM gut; die verbleibende Forderung in Höhe von 5.996.734,20 DM hat sie an die Klägerin abgetreten, die sie mit der Klage geltend macht.
Am 13. Juli 1982 ist Friedrich H. verstorben und von den Beklagten zu 2 und 3 beerbt worden; Testamentsvollstrecker ist der Beklagte zu 4.
Das Landgericht hat der Klage gegen den Beklagten zu 1 stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zu 1 zurückgewiesen und die Beklagten zu 2 und 3 sowie den Beklagten zu 4 als Testamentsvollstrecker verurteilt, an die Klägerin gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 1 3.930.760,82 DM zu zahlen; im übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Der Senat hat die Revisionen der Beklagten zu 1 bis 4 insgesamt und die der Klägerin insoweit nicht angenommen, als der Beklagte zu 4 persönlich verurteilt werden soll, 5.996.734,20 DM an die Klägerin zu zahlen. Die Klägerin verfolgt mit der Revision ihren Klagantrag weiter, die Beklagten zu 2 und 3 sowie den Beklagten zu 4 als Testamentsvollstrecker zu verurteilen, an sie weitere 2.065.973,38 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat bis auf einen Teilbetrag von 65.973,38 DM Erfolg, soweit sie sich gegen die Beklagten zu 2 und 3 richtet. Das Verfahren gegen den Beklagten zu 4 als Testamentsvollstrecker ist ausgesetzt.
1. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts sind weder die Beklagten zu 2 bis 4 noch Friedrich H. als Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts persönlich verpflichtet worden. Soweit das Berufungsgericht die Beklagten zu 2 und 3 als Erben Friedrich H. und den Beklagten zu 4 als den mit der Verwaltung des Nachlasses betrauten Testamentsvollstrecker für Nachlaßverbindlichkeiten hat einstehen lassen, handelte es sich um die Darlehensschuld, für die Friedrich H. als Komplementär der ehemaligen Kommanditgesellschaft akzessorisch unbeschränkt haftete; das war nur in Höhe von 5 Mio DM der Fall, von denen nach Verrechnung mit 1.069.239,18 DM als Schuld noch 3.930.760,82 DM verblieben. Soweit nicht die Kommanditgesellschaft, sondern erst die Gesellschaft bürgerlichen Rechts den Kredit aufgenommen hat, nämlich in Höhe weiterer 2.065.973/38 DM, hat das Berufungsgericht eine persönliche Haftung Friedrich H. verneint, weil der Beklagte zu 1, der die Kreditvereinbarungen traf, nicht bevollmächtigt gewesen sei, außer der Gesellschaft auch die Gesellschafter zu verpflichten. Dieser Umstand sei dem Bankhaus O. – zumindest nach einer Prüfung – erkennbar gewesen. Das Bankhaus habe nicht erwarten können, daß die ehemaligen Kommanditisten, die bis dahin für die Verbindlichkeiten der Kommanditgesellschaft nur beschränkt mit ihrer Haftsumme gehaftet hätten, den Geschäftsführer der Gesellschaft bürgerlichen Rechts bevollmächtigt hätten, sie neben dieser unbeschränkt zu verpflichten; das Bankhaus hätte deshalb der Frage nach dem Umfange der von den ehemaligen Kommanditisten erteilten Vollmacht nachgehen müssen und dann erfahren, daß der Beklagte zu 1 als Geschäftsführer nicht nur die Kommanditisten, sondern auch den ehemaligen Komplementär Friedrich H. persönlich nicht verpflichten konnte. Diese Ausführungen greift die Revision mit Erfolg an.
2. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht der Meinung, daß der Beklagte zu 1, als er Kredite für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufnahm, neben dieser nicht auch Friedrich H. persönlich verpflichtet hat. Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß nämlich die Geschäftsführer nur die Gesamthand verpflichten durften und nicht zugleich bevollmächtigt waren, neben der Haftung der Gesellschaft noch eine persönliche der Gesellschafter zu begründen. Nach § 2 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages durften Kredite nur aufgenommen werden, wenn die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt wurde, und nach § 8 Abs. 3 des Vertrages hatten die Geschäftsführer jeden Zweifel der Gläubiger über den Umfang der Vertretungsmacht auszuräumen. Gleichwohl können die Beklagten zu 2 und 3 aus dem Fehlen der Vollmacht nichts zu ihren Gunsten herleiten, weil es für den Ausschluß der persönlichen Haftung nicht ausreicht, daß die Gesellschafter den Geschäftsführer nicht bevollmächtigt haben; hinzu kommen mußte, daß die bisher in der Kommanditgesellschaft unbeschränkt haftenden Gesellschafter die Partner der auch nach der Umwandlung fortbestehenden Geschäftsverbindungen darauf hinwiesen, daß sie neben den neuen Verbindlichkeiten der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht auch persönlich haften. Das ist unstreitig nicht geschehen.
3. Voraussetzung einer Haftung der Beklagten zu 2 und 3 ist allerdings, daß Friedrich H. auch der Gesellschaft bürgerlichen Rechts angehörte, als der Beklagte zu 1 für diese den zusätzlichen Kredit aufnahm. Das Berufungsgericht hat davon abgesehen, den Vertrag vom 31. Oktober 1974 auszulegen, und deshalb offengelassen, ob Friedrich H. nach Umwandlung der Kommanditgesellschaft in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts deren Gesellschafter geblieben oder ob er – wie die Beklagten behaupten – ausgeschieden ist. Da somit eine das Revisionsgericht bindende tatrichterliche Vertragsauslegung nicht vorliegt, andererseits aber der Sachverhalt hinreichend geklärt ist und weitere für die Auslegung des Vertrages erhebliche Feststellungen nicht in Betracht kommen, kann der Senat den Vertrag selbst auslegen (vgl. BGHZ 65, 107, 112). Diese Auslegung führt zu dem Ergebnis, daß Friedrich H. Ende 1974 nicht als Gesellschafter ausgeschieden ist.
Abschnitt II Nr. 1 des Vertrages vom 31. Oktober 1974 sah vor, daß die Gesellschaft nach dem Ausscheiden der A. GmbH & Co. am 30. November 1974 von den übrigen aufgeführten Gesellschaftern als Gesellschaft bürgerlichen Rechts fortgesetzt werden sollte. Zu den eingangs des Vertrages aufgeführten Gesellschaftern gehörte auch Friedrich H.. Gleichzeitig haben die Gesellschafter festgelegt, nach welcher Verfassung die Gesellschaft bürgerlichen Rechts leben sollte, die am 30. November 1974 durch Umwandlung entstehen würde, wenn die A. GmbH & Co. KG ausschied und die gewerbliche Tätigkeit damit ihr Ende fand. Dem Vertragswerk ist kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß sich diese gesellschaftsvertragliche Regelung – wie die Beklagten behaupten – auf eine andere Gesellschaft bürgerlichen Rechts bezogen haben könnte, die der Beklagte zu 1 am 31. Oktober 1974 mit den übrigen Gesellschaftern schon für den Fall neu gegründet haben soll, daß irgendwann nach dem 30. November 1974 aus der durch Umwandlung entstandenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts Friedrich H. und die Friedrich H. Verwaltungs GmbH ausscheiden würden, der Beklagte zu 1 alleiniger Träger des Vermögens werden und die Gesellschaft damit ihre Ende finden würde. Vielmehr ist nur von einer einzigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Rede, als deren Gesellschafter Friedrich H. – wie unter Abschnitt II vorgesehen – in § 4 des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich aufgeführt worden ist. Die übrigen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages stehen zu dieser Gesellschafterstellung nicht in Widerspruch. Danach war Friedrich H. nicht am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt, hatte er als Geschäftsführer nur einen Anspruch auf Tätigkeitsvergütung in Höhe von 100.000 DM sowie mangels Beteiligung am Gesellschaftsvermögen in der Gesellschafterversammlung kein Stimmrecht. Dieser Befund schließt eine Gesellschafterstellung nicht aus. Mit einer solchen ist ohne weiteres vereinbar, daß der Gesellschafter am Verlust nicht teilnimmt und am Vermögen der Gesellschaft nicht beteiligt ist; ferner kann sich sein Beitrag auf die Geschäftsführung (§ 706 Abs. 3 BGB) und seine Beteiligung am Geschäftsergebnis auf einen bestimmten Betrag beschränken (vgl. MünchKomm-Ulmer, 2. Aufl., § 705 Rdnr. 116 ff.; § 722 Rdnr. 4). Auch ein Stimmrechtsausschluß kann innerhalb zwingender Schranken vereinbart werden (vgl. BGHZ 20, 363). Sollte der Stimmrechtsausschluß auch für Beschlüsse gelten, die in den Kernbereich der gesellschaftsrechtlichen Position eingriffen, wäre er insoweit unwirksam, Friedrich H. aber deshalb nicht als Gesellschafter ausgeschlossen. Die Behauptung der Beklagten, Friedrich H. sei im Gesellschaftsvertrage als Gesellschafter aufgeführt und zum Geschäftsführer bestellt worden, weil er im, damaligen Alter von 84 Jahren aus Pietätsgründen nicht habe „ausgebootet” werden sollen, spricht nicht gegen, sondern für die Gesellschafterstellung. Denn sie belegt, daß Friedrich H. Gesellschafter bleiben wollte und deshalb außerhalb des schriftlichen Vertragswerkes sich auch mündlich nicht mit seinen Mitgesellschaftern über sein Ausscheiden geeinigt hat. Gegen seinen Willen konnten ihn jedenfalls seine Mitgesellschafter, ohne daß in seiner Person ein wichtiger Grund vorlag, nicht ausschließen. Ob Friedrich H. seine Rechte nutzte und sein Amt als Geschäftsführer ausübte, ist für die Frage, ob er Gesellschafter war, unerheblich.
4. Als Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist Friedrich H. persönlich zur Rückzahlung des Kredits verpflichtet worden, obwohl er seinen Mitgeschäftsführer, den Beklagten zu 1, hierzu nicht bevollmächtigt hatte. Die Verpflichtung ergibt sich aus dem Gesichtspunkt der Rechtsscheinhaftung. Wie das Berufungsgericht in Anlehnung an das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Oktober 1984 (VII ZR 2/84, WM 1985, 56) zutreffend ausgeführt hat, schließen die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ihre persönliche Haftung nicht schon dadurch aus, daß sie die Geschäftsführer hierzu nicht bevollmächtigen; hinzukommen muß bei einer Gesellschaft, die – wie in diesem Falle – durch die Aufnahme von Millionenkrediten am Wirtschaftsleben teilnimmt, daß der Vertragspartner entweder darauf hingewiesen wird oder ihm zumindest erkennbar ist, daß die Vertretungsmacht der Geschäftsführer auf die Gesamthand beschränkt ist. Solange dieser Hinweis nicht erfolgt oder die Beschränkung nicht erkennbar ist, kann der Geschäftspartner ohne weiteres davon ausgehen, daß ihm außer der Gesamthand auch die Gesellschafter persönlich haften.
Im vorliegenden Falle kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats noch hinzu, daß es rechtsmißbräuchlich ist, sich auf eine Haftungsbeschränkung zu berufen, wenn sie während einer festen Geschäftsverbindung erfolgt, ohne daß der Geschäftspartner auf die Änderung hingewiesen wird (vgl. Sen. Urt. v. 8. Mai 1972 – II ZR 170/69, WM 1972, 822; v. 8. Juli 1976 – II ZR 211/74, WM 1976, 1084, 1085; v. 6. Oktober 1977 – II ZR 4/77, WM 1977, 1405, 1406; BGH, Urt. v. 28. November 1980 – I ZR 159/78, WM 1981, 238, 239). Die ständige Geschäftsverbindung bestand im vorliegenden Falle darin, daß die Gesellschaft seit 1971 einen Kredit des Bankhauses in laufender Rechnung in Anspruch nahm. Wird während des Laufs eines solchen Kredits über dessen Erweiterung verhandelt, so reicht es nicht aus, wenn lediglich darauf hingewiesen wird, daß die bisherige Kreditnehmerin aus einer Kommanditgesellschaft in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts umgewandelt worden ist. Diesem Hinweis kann der Vertragspartner lediglich entnehmen, daß eine akzessorische Haftung der Gesellschafter für künftige Kredite der Gesellschaft nicht mehr in Betracht kommt und die Gesellschafter persönlich nur verpflichtet werden, wenn und soweit sie den Geschäftsführer dazu bevollmächtigt haben. Der Geschäftspartner kann aber, solange er nicht auf eine abweichende Regelung hingewiesen wird, nach Treu und Glauben davon ausgehen, daß die Umwandlung die bisherige Kreditbasis nicht verändert hat, daß vielmehr der Geschäftsführer die Gesellschafter in demselben Umfange vertraglich verpflichten kann, wie sie als Gesellschafter der Kommanditgesellschaft bisher akzessorisch hafteten. Nach dem Wortlaut des Aktenvermerks vom 18. Januar 1972 hat das Bankhaus in Kenntnis, daß Friedrich H. und der Beklagte zu 1 die persönlich haftenden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft waren, den Kredit mit Rücksicht auf die Vermögenswerte der Gesellschaft und der persönlich haftenden Gesellschafter ohne Bilanzvorlage gewährt. Einen Hinweis, daß der nach § 128 HGB für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bis dahin unbeschränkt persönlich haftende Friedrich H. für die von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingegangenen Verbindlichkeiten persönlich nicht haftet, hat das Bankhaus unstreitig nicht erhalten. Daß es den Kredit nicht allein im Vertrauen auf das durch keine Kapitalerhaltungsvorschriften gesicherte Gesellschaftsvermögen, sondern auch im Vertrauen auf die persönliche Haftung der Gesellschafter gewährt hat, hat das Berufungsgericht festgestellt, als es sich mit der persönlichen Haftung des Beklagten zu 1 auseinandersetzte.
5. Die Berufung auf den Rechtsschein ist dem Bankhaus entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht deshalb versagt, weil es der Frage nicht nachgegangen ist, ob die ursprünglich nur beschränkt haftenden Gesellschafter den Geschäftsführer bevollmächtigt hatten, sie als Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch unbeschränkt persönlich zu verpflichten. Dem Berufungsgericht ist einzuräumen, daß in Fällen, in denen sich eine Kommanditgesellschaft in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts umwandelt, im Regelfalle die bisherige Geschäftsführungs- und Vertretungsregelung im Rahmen der neuen Zweckbestimmung weitergilt, daß sie also regelmäßig nicht die Befugnis umfaßt, den früheren Kommanditisten in einem weiteren Umfange zu verpflichten, als es vor der Umwandlung möglich war (vgl. Sen. Urt. v. 10. Mai 1971 – II ZR 177/68, WM 1971, 1198, 1199). Etwas anderes kann auch der Geschäftspartner nicht erwarten, der die fortdauernde feste Geschäftsbeziehung schon mit der Kommanditgesellschaft geknüpft hat und – wie in diesem Falle – zumindest weiß, welche Gesellschafter damals unbeschränkt hafteten.
Unter diesen Voraussetzungen ist das Vertrauen des Geschäftspartners entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts aber nur insoweit nicht geschützt, als es um die persönliche Haftung der übrigen, bisher schon beschränkt haftenden Gesellschafter geht. Der Geschäftspartner ist nicht gehalten, der Frage nach deren persönlicher Verpflichtung auch im Interesse des bisher unbeschränkt haftenden Gesellschafters nachzugehen, um – gewissermaßen nebenbei – in Erfahrung zu bringen, ob auch er wie bisher verpflichtet werden kann oder ob er die persönliche Haftung ausgeschlossen hat. Der Geschäftspartner kann im Vertrauen, daß ihm zumindest die ehemaligen Komplementäre auch als Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unbeschränkt haften, von einer Nachprüfung absehen.
6. Das Vertrauen des Bankhauses ist erst ab dem Zeitpunkt nicht mehr schutzwürdig, in dem ihm mit Schreiben vom 28. September 1981 die Namen und die Quoten der fünf am Gesellschaftsvermögen beteiligten Gesellschafter mitgeteilt wurden, zu denen Friedrich H. nicht zählte, so daß er auch nicht aufgeführt war. Nach den Ausführungen der Klägerin hatte das Bankhaus diese Mitteilung angefordert, weil es im Rahmen der anstehenden Prolongation der Kreditlinie den aktuellen Kreis der Gesellschafter kennen lernen wollte, von dem die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft entscheidend mitabgehangen habe. Wenn unter diesen Voraussetzungen im mitgeteilten Kreis der Gesellschafter Friedrich H. – wenn auch fälschlich – fehlte, konnte das Bankhaus anläßlich späterer Kreditvereinbarungen nicht mehr darauf vertrauen, daß der Beklagte zu 1 bevollmächtigt war, auch Friedrich H. zu vertreten. Damit entfällt eine über die seit dem 31. Dezember 1979 bestehende Schuld von 7 Mio DM hinausgehende Haftung. Das gilt insbesondere für die Zinsen in Höhe von 65.953,98 DM aus der Zeit vom 30. September 1983 bis 5. November 1983, die auf der Prolongationsvereinbarung vom 29. September 1983 beruhen.
7. Diese Prolongationsvereinbarung hat – wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang zutreffend ausgeführt hat – die bisherige Kreditvereinbarung nicht durch eine neue mit der Folge ersetzt, daß Gesellschaft und Gesellschafter aus der alten entlassen worden wären. Wegen der weitreichenden Folgen einer Schuldumschaffung muß ein dahingehender Vertragswille deutlich erkennbar zum Ausdruck kommen; im Zweifel ist nicht von einer Schuldumschaffung, sondern regelmäßig nur von einem Abänderungsvertrag auszugehen (vgl. BGH, Urt. v. 14. November 1985 – III ZR 80/84, WM 1986, 135, 136). Nichts anderes gilt auch hier. Da das Bankhaus nach der Mitteilung vom 28. September 1981 annehmen mußte, daß Friedrich H. nicht mehr Gesellschafter war und somit für künftige Kreditverlängerungen nicht haftete, mußte es ein Interesse daran haben, daß er ihm – wenn schon nicht für die künftig entstehende Zinsschuld, so doch – für die Verpflichtung zur Rückzahlung des Kredits in der bisherigen Höhe verhaftet blieb. Sollte es dem Beklagten zu 1 um die Aufhebung dieser Schuld gegangen sein, hätte das deutlich zum Ausdruck gebracht werden müssen.
8. Nach alledem schulden die Beklagten zu 2 und 3 als Erben Friedrich H. der Klägerin weitere 2 Mio DM; in Höhe von 65.973,38 DM ist die Revision unbegründet.
Unterschriften
Dr. Kellermann, Bundschuh, Brandes, Dr. Hesselberger, Dr. Henze
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 06.04.1987 durch Spengler Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BB 1987, 1276 |
NJW 1987, 3124 |
NJW-RR 1987, 989 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1987, 909 |
JZ 1987, 683 |