Entscheidungsstichwort (Thema)
Simultaninsolvenz von Kommanditgesellschaft und Komplementärin. Gesellschaftsvertragliche Ausscheidensklausel. Anwendung der frachtrechtlichen Verjährungsvorschrift bei unwirksamem Beförderungsvertrag. Schmiergeldabrede
Leitsatz (amtlich)
a) Eine Bestimmung in einem Gesellschaftsvertrag einer Kommanditgesellschaft, nach der ein Gesellschafter, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird, aus der Gesellschaft ausscheidet, findet auch im Fall der Simultaninsolvenz von Kommanditgesellschaft und Komplementärgesellschaft jedenfalls dann Anwendung, wenn noch weitere Gesellschafter verbleiben.
b) Die Anwendung der speziellen frachtrechtlichen Verjährungsvorschrift des § 439 Abs. 1 HGB setzt das Zustandekommen eines wirksamen Beförderungsvertrags voraus. Sie ist deshalb nicht einschlägig, wenn der Frachtvertrag wegen einer Schmiergeldabrede unwirksam ist.
Normenkette
HGB § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, § 439 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG Hamburg (Beschluss vom 19.10.2012; Aktenzeichen 6 U 203/11) |
LG Hamburg (Entscheidung vom 21.11.2011; Aktenzeichen 328 O 525/10) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des OLG Hamburg - 6. Zivilsenat - vom 19.10.2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur Verhandlung und neuen Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin, ein Möbelhandelsunternehmen, begehrt von dem beklagten Speditionsunternehmen Schadensersatz wegen ihrer Ansicht nach zu viel in Rechnung gestellter Frachtvergütungen.
Rz. 2
Die Klägerin beauftragte die Beklagte in den Jahren 1994 bis 2000 mit dem Transport der von ihr vertriebenen Möbel von Asien nach Europa. Sie hat behauptet, ihr in diesem Zeitraum für das Asiengeschäft zuständiger Mitarbeiter Dr. K. habe ohne ihr Wissen und ohne ihre Zustimmung mit der Beklagten eine Erhöhung der eigentlich geschuldeten Frachtvergütung (Nettofrachtrate) um einen bestimmten Aufschlag (Bruttofrachtrate) vereinbart. Die an sich nicht geschuldeten Beträge habe die Beklagte an Dr. K. gezahlt. Dafür habe dieser der Beklagten weiterhin Frachtaufträge erteilt. Anlässlich einer bei der Beklagten im Jahr 2002 intern durchgeführten Revision sei festgestellt worden, dass die Beklagte der Klägerin Frachtvergütungen i.H.v. 1.886.200 EUR zu Unrecht in Rechnung gestellt habe. Diesen Betrag müsse die Beklagte ihr erstatten. Es gebe allerdings konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Schaden noch um etwa 1.678.540 EUR höher ausgefallen sei.
Rz. 3
Die Klägerin ist der Ansicht, alle zwischen den Parteien geschlossenen Frachtverträge seien wegen eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen Dr. K. und der Beklagten gem. § 138 BGB nichtig. Die frachtrechtliche Verjährungsvorschrift des § 439 HGB sei damit unanwendbar, weil sie einen wirksamen Frachtvertrag voraussetze.
Rz. 4
Über das Vermögen der Klägerin wurde am 13.2.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Sie befindet sich im Stadium der Liquidation. Über das Vermögen der Komplementärgesellschaft der Klägerin wurde am 18.4.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 26.9.2005 wurde zudem das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer der drei Kommanditistinnen der Klägerin eröffnet. Mit Schreiben vom 26.8.2010 gab der Insolvenzverwalter Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte wegen zu Unrecht gezahlter Frachtvergütungen frei. Durch Gesellschafterbeschluss vom 22.1.2011 bestellten die beiden anderen Kommanditisten A. L. zur Vertreterin der Klägerin.
Rz. 5
Mit ihrer am 23.12.2010 beim LG eingegangenen und am 8.2.2011 zugestellten Klage hat die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.886.200 EUR nebst Zinsen zu zahlen; 2. festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin alle weiteren, darüber hinausgehend entstandenen Schäden und noch entstehenden Schäden aus vorsätzlich unerlaubter Handlung zu erstatten hat.
Rz. 6
Die Beklagte hat sich u.a. auf Verjährung berufen.
Rz. 7
Das LG hat die Klage wegen Verjährung der Ansprüche abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen.
Rz. 8
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr bislang erfolglos gebliebenes Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Rz. 9
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche seien verjährt, auch wenn sie auf ein vorsätzliches deliktisches Handeln der Beklagten gestützt würden. Dazu hat es ausgeführt:
Rz. 10
Die Verjährung etwaiger vertraglicher Ansprüche folge aus §§ 463, 439 Abs. 1 und 2 HGB. Gleiches gelte für deliktische Ansprüche, selbst wenn insoweit die dreijährige Verjährungsfrist gem. § 439 Abs. 1 Satz 2 HGB zur Anwendung komme. Der Lauf der Verjährungsfrist habe nach § 439 Abs. 2 HGB spätestens mit der (letzten) Ablieferung des Gutes im Jahr 2000 begonnen, so dass sie jedenfalls am 31.12.2003 abgelaufen sei. Für die Anwendung der speziellen Verjährungsvorschrift des § 439 HGB sei entscheidend, dass die streitgegenständlichen Ansprüche einen unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit Speditions- und Frachtgeschäften hätten. Auf die Wirksamkeit der Speditions- und Frachtverträge komme es nicht an.
Rz. 11
Der geltend gemachte Anspruch sei aber auch bei Zugrundelegung der §§ 194 ff. BGB verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB sei ebenfalls abgelaufen. Der Beginn des Laufs der Verjährungsfrist richte sich nach § 199 Abs. 1 BGB. Der Klägerin hätten bereits im Jahr 2006 alle für die Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche erforderlichen Informationen vorgelegen. Ihr seien sowohl der Anspruchsgrund als auch der Anspruchsgegner bekannt gewesen. Die Anspruchshöhe habe sie ohne Weiteres aufgrund der von ihr selbst zu erstellenden Buchführung ermitteln können. Die dreijährige Verjährungsfrist gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB sei daher spätestens am 31.12.2009 abgelaufen. Nach dem Vortrag der Klägerin habe auch der Insolvenzverwalter Kenntnis davon gehabt, dass Speditionsabrechnungen der Beklagten manipuliert worden seien, da er sich an die Beklagte gewandt und dort nach Einzelheiten gefragt habe.
Rz. 12
II. Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die ordnungsgemäße Vertretung der Klägerin durch die Gesellschafterin A. L. wird von der Revisionserwiderung ohne Erfolg in Frage gestellt (dazu II. 1.). Der mit der Klage geltend gemachte Feststellungsantrag ist zwar nicht hinreichend bestimmt. Dies führt aber nicht zur Abweisung des Antrags als unzulässig. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist vielmehr auch insoweit aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die Klägerin Gelegenheit hat, einen Antrag zu formulieren, der dem Bestimmtheitserfordernis genügt (dazu II. 2.). Auf der Grundlage der bislang von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen kann nicht angenommen werden, dass die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche verjährt sind (dazu II. 3. und 4.).
Rz. 13
1. Ohne Erfolg rügt die Revisionserwiderung, die Klägerin sei durch die Kommanditistin A. L. nicht ordnungsgemäß vertreten. Die frühere Komplementärgesellschaft der Klägerin, die C. Verwaltungsgesellschaft mbH, hat mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen ihre Vertretungsbefugnis für die Klägerin verloren. Stattdessen ist nunmehr die Kommanditistin A. L. zur alleinigen Vertretung der Klägerin berechtigt. Das kann der Senat im Revisionsverfahren selbständig feststellen. Die Frage, durch wen die Klägerin im Prozess ordnungsgemäß vertreten wird, betrifft eine Prozessvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist. Das Revisionsgericht ist dabei an die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht gebunden, sondern kann die Tatsachen und Beweismittel, die dem Berufungsgericht vorgelegen haben und die im Revisionsverfahren vorgelegt werden, selbständig daraufhin beurteilen, ob die Prozessvoraussetzung vorliegt (vgl. BGH, Urt. v. 19.3.1987 - III ZR 2/86, BGHZ 100, 217 [219]).
Rz. 14
a) Über das Vermögen der Komplementärgesellschaft der Klägerin ist mit Beschluss des AG Coburg vom 18.4.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. In § 21 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin ist bestimmt, dass in einem solchen Fall der betroffene Gesellschafter mit Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses aus der Gesellschaft ausscheidet. Diese vertragliche Regelung entspricht im Grundsatz der gesetzlichen Regelung. Gemäß §§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters zu dessen Ausscheiden aus der Kommanditgesellschaft.
Rz. 15
Einem Ausscheiden der Komplementärgesellschaft aus dem Gesellschafterbestand der Klägerin steht nicht entgegen, dass zuvor mit Beschluss des AG Coburg vom 13.2.2002 zeitnah auch über das Vermögen der Klägerin selbst das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin sieht für diesen Fall keine Einschränkung der Regelung in § 21 Satz 1 vor. Ebenso wenig erfordert die Vorschrift des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB im Falle einer Simultaninsolvenz von Kommanditgesellschaft und Komplementärgesellschaft eine einschränkende Auslegung der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung. Zwar wird teilweise angenommen, die Vorschrift des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB sei im Falle der Simultaninsolvenz von Kommanditgesellschaft und persönlich haftender Gesellschafterin einschränkend auszulegen, sofern die Gesellschafterinsolvenz eine Folge der Gesellschaftsinsolvenz sei. Dabei bestehen unterschiedliche Meinungen, in welchen Fällen eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB im Falle der Simultaninsolvenz vorzunehmen ist.
Rz. 16
Nach einer Ansicht soll eine einschränkende Auslegung nur dann Platz greifen, wenn über das Vermögen sämtlicher Gesellschafter und der Gesellschaft Insolvenzverfahren eröffnet werden (Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 131 Rz. 46; Oetker/Kamanabrou, HGB, 3. Aufl., § 131 Rz. 32; Bork/Jacoby, ZGR 2005, 611 [650 ff.]).
Rz. 17
Nach anderer Ansicht soll nur bei einer zweigliedrigen GmbH & Co. KG die insolvente Komplementärin in der Kommanditgesellschaft verbleiben, weil sonst die Gesellschaft liquidationslos voll beendet wäre (Liebs, ZIP 2002, 1716 [1717]).
Rz. 18
Nach einer dritten Ansicht soll § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB im Fall einer Simultaninsolvenz von Kommanditgesellschaft und Komplementärin allgemein keine Anwendung finden (K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl., § 131 Rz. 76 f.; C. Schäfer in Großkomm/HGB, 5. Aufl., § 131 Rz. 92 und 95).
Rz. 19
Nach einer weiteren Auffassung kommt § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB auch in der Simultaninsolvenz uneingeschränkt zur Anwendung, weil die Personengesellschaft und die anderen Gesellschafter davor geschützt werden sollen, sich in Angelegenheiten der Gesellschaft mit dem Insolvenzverwalter des insolventen Mitgesellschafters auseinandersetzen zu müssen. Die Notwendigkeit dieses Schutzes entfalle nicht dadurch, dass zeitnah über das Vermögen sowohl der Kommanditgesellschaft als auch der Komplementärgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet werde. Der Insolvenzverwalter der insolventen Komplementärin habe andere Aufgaben und Pflichten als der Insolvenzverwalter der Kommanditgesellschaft und die übrigen Gesellschafter (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.7.2011 - 8 C 10/10, BVerwGE 140, 142 Rz. 15 ff.; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., Anh. § 177a Rz. 45a; vgl. auch BGH, Urt. v. 15.3.2004 - II ZR 247/01, TranspR 2004, 326 = ZIP 2004, 1047). Dieser Auffassung schließt sich der Senat jedenfalls für die vorliegende Fallkonstellation an, in der nach der Simultaninsolvenz der Klägerin und ihrer Komplementärgesellschaft zwei weitere Kommanditisten als Gesellschafter verbleiben. Dadurch werden hier Interessenkonflikte zwischen der Klägerin und ihren verbliebenen Gesellschaftern einerseits und den Insolvenzverwaltern der übrigen Gesellschafter andererseits - vorliegend der Komplementärgesellschaft und der weiteren Kommanditistin, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren ebenfalls eröffnet worden ist - verhindert.
Rz. 20
b) Ist danach die Komplementärgesellschaft als Gesellschafterin der Klägerin ausgeschieden, ist die Kommanditistin A. L. wirksam zur Vertreterin der Klägerin bestellt worden und deshalb berechtigt, die Klägerin im Prozess zu vertreten (§ 51 Abs. 1 ZPO).
Rz. 21
aa) Die Klägerin ist aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen aufgelöst worden (§§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB) und befindet sich im Stadium der Liquidation. Die Kommanditisten A. L. und Ch.M. der Klägerin haben in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 22.1.2011 einstimmig beschlossen, dass die Mehrheitsgesellschafterin A. L. zur alleinigen Vertretung der Gesellschaft berechtigt ist. Sie ist mithin befugt, die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit zu vertreten.
Rz. 22
bb) Der Wirksamkeit des Beschlusses steht nicht entgegen, dass die Komplementärgesellschaft und die weitere (frühere) Kommanditistin Chr. O. der Klägerin nicht zu der außerordentlichen Gesellschafterversammlung geladen worden sind und deshalb nicht an der Versammlung teilgenommen haben. Zum Zeitpunkt der Abhaltung der außerordentlichen Gesellschafterversammlung gehörten die Komplementärgesellschaft und die Kommanditistin O. nicht mehr zu den Gesellschaftern der Klägerin, weil sie infolge der Eröffnung von Insolvenzverfahren über ihre Vermögen (Beschlüsse vom 18.4.2002 und 26.9.2005) gem. § 21 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags mit Rechtskraft der Eröffnungsbeschlüsse aus der Kommanditgesellschaft ausgeschieden waren. Sie mussten daher nicht gem. § 5 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags zu der außerordentlichen Gesellschafterversammlung im Januar 2011 geladen werden.
Rz. 23
2. Der mit der Klage geltend gemachte Feststellungsantrag ist nicht hinreichend bestimmt.
Rz. 24
a) Ein Feststellungsantrag nach § 256 ZPO muss dem Bestimmtheitserfordernis gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügen. Er muss das Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden soll, so genau bezeichnen, dass über dessen Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft der Feststellung keine Ungewissheit bestehen kann (BGH, Urt. v. 22.11.2007 - I ZR 12/05, GRUR 2008, 357 Rz. 21 = WRP 2008, 499 - Planfreigabesystem; Urt. v. 26.6.2008 - I ZR 190/05, GRUR 2008, 917 Rz. 31 = WRP 2008, 1319 - EROS). Genügt die wörtliche Fassung eines Antrags nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, ist er unter Heranziehung der Klagebegründung auszulegen. Im Zweifel gilt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage der Parteien entspricht (vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 16.9.2008 - VI ZR 244/07, GRUR 2009, 83 Rz. 11 = WRP 2009, 71; Urt. v. 7.3.2013 - VII ZR 223/11, NJW 2013, 1744 Rz. 23). Der Mangel der Bestimmtheit des Klageantrags ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 17.8.2011 - I ZR 108/09, GRUR 2011, 1043 Rz. 36 = WRP 2011, 1454 - TÜV II; Urt. v. 28.11.2013 - I ZR 7/13, GRUR 2014, 398 Rz. 14 = WRP 2014, 431 - Online-Versicherungsvermittlung, m.w.N.).
Rz. 25
b) Der Feststellungsantrag genügt in seiner weitreichenden allgemeinen Fassung nicht den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin begehrt neben der Zahlung eines konkret bezifferten Betrags die Feststellung, "dass die Beklagte ihr alle weiteren, darüber hinausgehenden entstandenen Schäden und noch entstehenden Schäden aus vorsätzlich unerlaubter Handlung zu erstatten hat". Ein derart weit und allgemein gefasster Antrag genügt selbst unter Heranziehung der Klagebegründung nicht dem Bestimmtheitsgebot nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Unter den Begriff der "vorsätzlich unerlaubten Handlung" kann eine nicht mehr überschaubare Vielzahl verschiedener Sachverhalte gefasst werden. Soweit die Klägerin zur Begründung des Feststellungsantrags auf mögliche weitere, vom Zahlungsantrag nicht erfasste Frachtaufschläge und überhöhte Rechnungen der Beklagten verweist, hat sie weder inhaltlich konkretisiert noch zeitlich eingegrenzt, welche Geschäftsvorgänge sie hiervon erfasst wissen möchte.
Rz. 26
c) Die erstmals in der Revisionsinstanz festgestellte fehlende Bestimmtheit des Feststellungsantrags hat indes nicht zur Folge, dass dieser Antrag als unzulässig abzuweisen ist. Vielmehr ist auch insoweit die Entscheidung des Berufungsgerichts aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um der Klägerin aus Gründen der prozessualen Fairness Gelegenheit zu geben, das mit dem Feststellungsantrag verfolgte Begehren in einen Antrag zu fassen, der dem Bestimmtheitsgebot genügt (vgl. BGH, Urt. v. 8.3.2012 - I ZR 85/10, GRUR 2012, 1153 Rz. 16 = WRP 2012, 1390 - Unfallersatzgeschäft; Urt. v. 20.6.2013 - I ZR 55/12, GRUR 2013, 1235 Rz. 14 = WRP 2014, 75 - Restwertbörse II).
Rz. 27
3. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche seien gem. §§ 463, 439 Abs. 1 und 2 HGB verjährt. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann nicht von einer Verjährung der streitgegenständlichen Ansprüche aufgrund der speziellen frachtrechtlichen Verjährungsvorschrift des § 439 HGB ausgegangen werden.
Rz. 28
a) Die in § 439 Abs. 1 HGB geregelte Verjährungsfrist von einem Jahr (Satz 1) oder - bei Vorsatz oder dem Vorsatz gleichstehendem Verschulden - drei Jahren (Satz 2) seit der Ablieferung des Transportgutes (Abs. 2 Satz 1) gilt für alle Ansprüche aus einer Beförderung, die "den Vorschriften dieses Unterabschnitts", also den §§ 407 bis 450 HGB, unterliegt. Die Bestimmung des § 439 Abs. 1 HGB knüpft für die Anwendung der eigenständigen frachtrechtlichen Verjährungsregelung allein daran an, dass sich der geltend gemachte Anspruch aus einer den Vorschriften der §§ 407 bis 450 HGB unterliegenden Beförderung ergibt. Ist das der Fall, so unterfallen alle Ansprüche, die mit dieser Beförderung in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen, der Verjährungsregelung des § 439 HGB, und zwar unabhängig davon, von welcher Seite sie geltend gemacht werden und auf welchem Rechtsgrund sie beruhen (BGH, Urt. v. 10.1.2008 - I ZR 13/05, TranspR 2008, 84 Rz. 12 f. = VersR 2008, 1236; vgl. auch die Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 13/8445, 77). Der speziellen Verjährungsvorschrift des § 439 HGB unterfallen daher grundsätzlich auch außervertragliche Ansprüche, insb. solche aus Delikt (BGH, TranspR 2008, 84 Rz. 13) und ungerechtfertigter Bereicherung wegen zuviel gezahlter Fracht (vgl. Koller, Transportrecht, 8. Aufl., § 439 HGB Rz. 3; Schaffert in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 439 Rz. 3).
Rz. 29
b) Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht im Ansatz ausgegangen. Entgegen seiner Ansicht erfordert die Anwendung des § 439 HGB jedoch das Zustandekommen eines wirksamen Speditions- oder Frachtvertrags (vgl. BGH, TranspR 2008, 84 Rz. 13; Koller, a.a.O., § 439 HGB Rz. 3; Schaffert in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 439 Rz. 3; Herber in MünchKomm/HGB/Eckardt, 2. Aufl., § 439 Rz. 4; MünchKomm/HGB/Bydlinski, a.a.O., § 463 Rz. 6; Heymann/Schlüter, HGB, 2. Aufl., § 439 Rz. 2). Die Notwendigkeit eines wirksamen Vertragsschlusses ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 439 Abs. 1 HGB. Die Vorschrift gilt für Ansprüche aus einer Beförderung, die "den Vorschriften dieses Unterabschnitts", also den §§ 407 bis 450 HGB, unterliegt. Die Regelung knüpft mithin nicht an die nur tatsächliche Beförderung von Gütern an, sondern erfordert vielmehr, dass die speziellen frachtrechtlichen Vorschriften anwendbar sind. Diese Voraussetzung ist nur beim Abschluss eines wirksamen Frachtvertrags erfüllt (vgl. BGH, TranspR 2008, 84 Rz. 12 f.; Koller, a.a.O., § 439 HGB Rz. 3; Schaffert in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., § 439 Rz. 3; MünchKomm/HGB/Bydlinski, a.a.O., § 463 Rz. 6; Thume, TranspR 2009, 233, 235).
Rz. 30
Für die Annahme, dass die Anwendung des § 439 HGB den Abschluss eines wirksamen Beförderungsvertrags erfordert, spricht zudem die Entstehungsgeschichte der Bestimmung. Sie ist im Zuge der Neuregelung des Fracht-, Speditions- und Lagerrechts, die am 1.7.1998 in Kraft getreten ist, in das Handelsgesetzbuch aufgenommen worden. In ihren Grundentscheidungen orientiert sich die Vorschrift weitgehend an Art. 32 Abs. 1 CMR (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes, a.a.O., S. 77). Die Bestimmungen der CMR gelten gemäß deren Art. 1 Abs. 1 für jeden Vertrag über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen. Daraus folgt, dass nichtige Verträge nicht dem Anwendungsbereich der CMR - und damit auch nicht deren Verjährungsbestimmungen - unterfallen (vgl. Thume/Demuth, CMR, 3. Aufl., Art. 32 Rz. 4; Koller, a.a.O., Art. 1 CMR Rz. 3; Bahnsen in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a.a.O., Art. 1 CMR Rz. 2; MünchKomm/HGB/Jesser-Huß, a.a.O., Art. 1 CMR Rz. 2). Da die Neuregelung der speziellen nationalen frachtrechtlichen Verjährungsvorschriften in enger Anlehnung an die Bestimmungen der CMR erfolgt ist (vgl. neben S. 77 auch S. 1 der Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes, a.a.O.), erfordert die Anwendung des § 439 HGB - auch wenn dies im Wortlaut der Bestimmung nicht explizit zum Ausdruck kommt - ebenso wie Art. 32 CMR den Abschluss eines wirksamen Frachtvertrags.
Rz. 31
c) Die Vorinstanzen haben offen gelassen, ob die zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Verträge über die Beförderung von Gütern von Asien nach Europa wirksam waren. Auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin, der mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts im Revisionsverfahren als richtig zu unterstellen ist, ist von einer Nichtigkeit der Verträge gem. §§ 134, 138 BGB auszugehen mit der Folge, dass für eine Anwendung des § 439 HGB kein Raum gegeben ist.
Rz. 32
aa) Die Klägerin hat behauptet, ihr in den Jahren von 1994 bis 2000 für das Asiengeschäft zuständiger Mitarbeiter Dr. K. habe ohne ihr Wissen und ohne ihre Zustimmung mit der Beklagten eine Erhöhung der eigentlich geschuldeten Frachtvergütung (Nettofrachtrate) um einen bestimmten Aufschlag (Bruttofrachtrate) vereinbart. Die an sich nicht geschuldeten Beträge seien im Ergebnis an diesen Mitarbeiter geflossen, der der Beklagten dafür weiterhin Frachtaufträge erteilt habe.
Rz. 33
bb) Vereinbarungen über die Zahlung eines "Schmiergelds" für die künftige Bevorzugung bei der Vergabe von Aufträgen, die Angestellte, Bevollmächtigte oder sonstige Vertreter einer Partei heimlich mit dem anderen Vertragsteil treffen, verstoßen gegen die guten Sitten und sind gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.1972 - II ZR 141/71, NJW 1973, 363; Urt. v. 17.5.1988 - VI ZR 233/87, NJW 1989, 26 f.; Urt. v. 6.5.1999 - VII ZR 132/97, BGHZ 141, 357 [359]). Abreden über die Zahlung von Bestechungsgeld sind zudem unter den Voraussetzungen des § 299 StGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig (BGHZ 141, 357 [359]). Die Nichtigkeit einer solchen Vereinbarung erfasst auch den Hauptvertrag und die im Anschluss daran geschlossenen Folgeverträge, wenn die Schmiergeldabrede - beispielsweise aufgrund eines Aufschlags auf das ansonsten zu zahlende Entgelt - zu einer für den Geschäftsherrn nachteiligen Vertragsgestaltung geführt hat (BGH NJW 1989, 26 [27]; BGH, Urt. v. 10.1.1990 - VIII ZR 337/88, NJW-RR 1990, 442 [443]; Urt. v. 16.1.2001 - XI ZR 113/00, NJW 2001, 1065 [1067 m.w.N.]). Die Erstreckung der Nichtigkeit einer Schmiergeldvereinbarung auf den durch das Schmiergeld zustande gekommenen Hauptvertrag ist schon deshalb anzunehmen, weil der Vertreter im Zweifel ohne vorherige Information des Vertretenen nicht befugt ist, für diesen einen Vertrag mit dem Verhandlungspartner abzuschließen, der den Vertreter gerade bestochen hat (vgl. BGHZ 141, 357 [363 f.]; BGH NJW 2001, 1065 [1067]).
Rz. 34
In der Revisionsinstanz ist danach zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass die in Rede stehenden, für sie wirtschaftlich nachteiligen Frachtverträge wegen der behaupteten Schmiergeldabsprachen zwischen ihrem Mitarbeiter und der Beklagten nach §§ 134, 138 Abs. 1 BGB von vornherein nichtig waren und § 439 HGB deshalb nicht anwendbar ist.
Rz. 35
4. Der angefochtene Beschluss kann auch nicht mit der vom Berufungsgericht hilfsweise gegebenen Begründung bestehen bleiben. Für dessen Annahme, die geltend gemachten Ansprüche seien jedenfalls gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt, fehlt es ebenfalls an tragfähigen Feststellungen des Berufungsgerichts.
Rz. 36
a) Auf mögliche deliktische und bereicherungsrechtliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte wegen angeblich zuviel gezahlter Frachtraten sind seit dem 1.1.2002 die §§ 195, 199 BGB in der jetzt geltenden Fassung anwendbar, weil bei Inkrafttreten dieser Vorschriften am 1.1.2002 keiner der in den Jahren von 1994 bis 2000 möglicherweise entstandenen außervertraglichen Ansprüche der Klägerin bereits verjährt war (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Für die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche galt, soweit die Klägerin sie auf ein deliktisches Handeln der Beklagten stützt, die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 Halbs. 1 BGB a.F., die mit der Kenntnis des Verletzten von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen zu laufen begann, und ohne Rücksicht auf diese Kenntnis die dreißigjährige Verjährungsfrist gerechnet von der Begehung der Handlung an (§ 852 Abs. 1 Halbs. 2 BGB a.F.). Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Klägerin eine Kenntnis i.S.v. § 852 Abs. 1 Halbs. 1 BGB a.F. schon vor dem Jahr 2002 hatte. Auf Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen zur Erfüllung eines nichtigen Vertrags rechtsgrundlos geleisteter Zahlungen fand bis zum 31.12.2001 grundsätzlich die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. Anwendung (vgl. BGH, Urt. v. 30.5.2000 - IX ZR 121/99, BGHZ 144, 343 [347]). Diese Fristen sind gem. Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB zum 1.1.2002 von der kürzeren dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB abgelöst worden.
Rz. 37
b) Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsteller Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners hat oder diese Kenntnis infolge grober Fahrlässigkeit nicht hat.
Rz. 38
aa) Kenntnis i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Gläubiger die Erhebung einer Klage, sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage, erfolgversprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Es ist weder erforderlich, dass der Gläubiger alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auf eine zutreffende rechtliche Würdigung kommt es dabei grundsätzlich nicht an (vgl. BGH, Urt. v. 9.11.2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506 Rz. 15; Urt. v. 27.5.2008 - XI ZR 132/07, NJW-RR 2008, 1495 Rz. 32; Urt. v. 26.2.2013 - XI ZR 498/11, BGHZ 196, 233 Rz. 27 m.w.N.).
Rz. 39
bb) Grob fahrlässige Unkenntnis ist gegeben, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder nicht beachtet hat, die jedem hätten einleuchten müssen. Der Gläubiger muss es versäumt haben, eine gleichsam auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeit wahrzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.2008 - XI ZR 253/07, NJW-RR 2009, 544 Rz. 34; Urt. v. 14.1.2010 - VII ZR 213/07, NJW 2010, 1195 Rz. 17). Sind für den Gläubiger konkrete Anhaltspunkte für das Bestehen eines Anspruchs ersichtlich und drängt sich ihm der Verdacht einer möglichen Schädigung auf, so ist er, um eine grob fahrlässige Unkenntnis auszuschließen, zu Ermittlungen gehalten, wenn deren Unterlassen aus der Sicht eines verständigen und auf seine Interessen bedachten Geschädigten unverständlich erscheint (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.2009 - VI ZR 247/08, NJW-RR 2010, 681 Rz. 16 m.w.N.).
Rz. 40
cc) Maßgeblich sind grundsätzlich die Kenntnisse der anspruchsberechtigten Person, seines gesetzlichen Vertreters (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.2004 - IX ZR 421/00, NJW-RR 2005, 69 [70]) oder des zur Verfügung über den Anspruch Befugten (Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearb. 2009, § 199 Rz. 55). Der Anspruchsberechtigte muss sich nach dem Rechtsgedanken des § 166 BGB aber auch das Wissen derjenigen Personen zurechnen lassen, die von ihm mit der Tatsachenermittlung gerade zur Durchsetzung desjenigen Anspruchs beauftragt worden sind, um dessen Verjährung es geht (vgl. BGH, Urt. v. 23.1.2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rz. 35; Urt. v. 5.7.2011 - XI ZR 306/10, WM 2011, 2088 Rz. 33 m.w.N.; Grothe in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 199 Rz. 34). Denn derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, hat sich unabhängig von einem Vertretungsverhältnis das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen zu lassen (BGHZ 171, 1 Rz. 35 m.w.N.). Diese Rechtsprechung gilt auch für die dem § 852 Abs. 1 BGB a.F. nachgebildete Bestimmung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (BGH WM 2011, 2088 Rz. 33 m.w.N.).
Rz. 41
c) Von diesen Grundsätzen ist zwar auch das Berufungsgericht im Ansatz ausgegangen. Die von ihm getroffenen Feststellungen tragen jedoch nicht seine Beurteilung, die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche seien wegen vor im Jahre 2008 erlangter Kenntnisse ihrer verantwortlichen Mitarbeiter oder des Insolvenzverwalters zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage im Februar 2011 verjährt gewesen.
Rz. 42
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB habe bereits im Jahr 2002 zu laufen begonnen, weil die Klägerin bereits in diesem Jahr hinreichende Kenntnisse für die Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche gegen die Beklagte gehabt habe. Es hat seine Annahme darauf gestützt, dass der umfassend zur Vertretung der Klägerin berechtigte Mitarbeiter O. und weitere mit der Prüfung der in Rede stehenden Vorwürfe befasste Mitarbeiter der Klägerin schon damals Kenntnis davon erlangt hätten, dass die von der Beklagten gestellten Rechnungen unberechtigte Frachtaufschläge enthalten hätten, die letztlich an den für das Asiengeschäft zuständigen Mitarbeiter Dr. K. geflossen seien. Es hat eine hinreichende Kenntnis der Klägerin i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB aus dem Umstand hergeleitet, dass O. in einem Schreiben vom 15.5.2009 an Rechtsanwalt F. in Paderborn geäußert hat, er habe 2002 von dem für das Asiengeschäft zuständigen Mitarbeiter Dr. K. erfahren, dass es Netto- und Bruttofrachtraten gegeben habe. Eine hinreichende Kenntnis des Mitarbeiters O. der Klägerin hat das Berufungsgericht ferner daraus abgeleitet, dass dieser sich für die Klägerin wegen der angeblich überhöhten Frachtratenzahlungen an eine Prokuristin der Beklagten gewandt habe.
Rz. 43
bb) Diese Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen nicht seine Annahme, der Lauf der Verjährungsfrist habe gem. § 199 Abs. 1 BGB mit Schluss des Jahres 2002 eingesetzt. Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung außer Acht gelassen, dass über das Vermögen der Klägerin mit Beschluss des AG Coburg vom 13.2.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Ab diesem Zeitpunkt sind die streitgegenständlichen Klageansprüche bis zu ihrer Freigabe am 26.8.2010 in die Insolvenzmasse gefallen. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat die Klägerin gem. § 80 Abs. 1 InsO die materielle und verfahrensmäßige Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hinsichtlich des dem Insolvenzbeschlag unterliegenden Vermögens verloren. Während der Dauer des Insolvenzverfahrens sind Verfügungen des Schuldners über einen Gegenstand der Insolvenzmasse nach Insolvenzeröffnung gem. § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO grundsätzlich unwirksam. Erst durch die Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters vom 26.8.2010 hat die Klägerin ihre Befugnis zurückerlangt, die streitgegenständlichen Ansprüche gegen die Beklagte gerichtlich geltend zu machen (vgl. Braun/Groth, Insolvenzordnung, 5. Aufl., § 80 Rz. 6; MünchKomm.InsO/Ott/Vuia, 3. Aufl., § 80 Rz. 6 f.). Während der Zugehörigkeit der Forderung zur Insolvenzmasse war ausschließlich der Insolvenzverwalter zur Verfolgung etwaiger Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte befugt. Für den Beginn der Verjährungsfrist waren daher grundsätzlich allein seine Kenntnisse von den maßgeblichen Umständen von Bedeutung (vgl. Staudinger/Peters/Jacoby, a.a.O., § 199 Rz. 56; Grothe in MünchKomm/BGB, a.a.O., § 199 Rz. 36, jeweils zum Gläubigerwechsel durch Abtretung), während es für den Zeitraum vor Insolvenzeröffnung auf die Kenntnis der Klägerin ankommt. Hatten Mitarbeiter der Klägerin der in Abschnitt II 4b cc) näher beschriebenen Art vor dem 13.2.2002 Kenntnis von zu Unrecht von der Beklagten erhobenen Frachtraten, hat der Lauf der Verjährungsfrist vor Insolvenzeröffnung begonnen. Den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist vor Insolvenzeröffnung muss sich der Insolvenzverwalter entgegenhalten lassen (vgl. zum Gläubigerwechsel durch Abtretung oder gesetzlichen Forderungsübergang BGH, Urt. v. 2.3.1982 - VI ZR 245/79, NJW 1982, 1761 [1762]; Urt. v. 10.4.1990 - VI ZR 288/89, NJW 1990, 2808 [2809]; Urt. v. 8.5.2001 - VI ZR 208/00, NJW-RR 2001, 1168 [1169]; Staudinger/Peters/Jacoby, a.a.O., § 199 Rz. 72). Die Zurechnung der Kenntnisse des ursprünglichen Anspruchsberechtigten rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass sich der Forderungsinhalt durch einen Forderungsübergang nicht zum Nachteil des Schuldners verändern darf (§§ 398 Satz 2, 404 BGB). Der Rechtsnachfolger muss sich bereits verstrichene Verjährungszeiten daher anrechnen lassen (vgl. BGH NJW 1982, 1761 [1762]). Eine vergleichbare Interessenlage ist auch beim Übergang der Verfügungsbefugnis vom Insolvenzschuldner auf den Insolvenzverwalter gegeben.
Rz. 44
cc) Die vom Berufungsgericht herangezogenen Schriftstücke lassen nicht den Schluss darauf zu, dass Vertreter oder verantwortliche Mitarbeiter der Klägerin von der behaupteten Erhebung unberechtigter Frachtaufschläge seitens der Beklagten hinreichende Kenntnis hatten, bevor das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin eröffnet worden ist, und dass ihr Wissen die Klägerin in die Lage versetzt hat, eine erfolgversprechende Klage gegen die Beklagte zu erheben.
Rz. 45
(1) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts kann dem Schreiben des früheren Mitarbeiters O. der Klägerin vom 15.5.2009 nicht entnommen werden, dass Mitarbeiter der Importabteilung oder der Finanzprokurist der Klägerin bereits vor dem 13.2.2002 von der behaupteten Erhebung überhöhter Frachtraten seitens der Beklagten wussten. In dem genannten Schreiben wird gerade in Abrede gestellt, dass die Mitarbeiter der Importabteilung der Klägerin Kenntnisse von der Existenz sog. Netto- und Bruttofrachtlisten hatten.
Rz. 46
Im Schreiben vom 15.5.2009 ist zwar auch die Rede davon, dass O. im Jahr 2002 von den angeblich überhöhten Frachtrechnungen der Beklagten Kenntnis erlangt habe. Ob dies bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Fall war, kann dem Schreiben jedoch nicht entnommen werden. Das Berufungsgericht hat eine Kenntniserlangung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch nicht festgestellt.
Rz. 47
(2) Der vom Berufungsgericht angeführte Aktenvermerk der Kriminalpolizeiinspektion Coburg vom 1.9.2003 über die telefonische Befragung einer Prokuristin der Beklagten lässt ebenfalls nicht darauf schließen, dass die Klägerin schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinreichende Kenntnisse von der Berechnung überhöhter Frachtvergütungen seitens der Beklagten hatte. Die befragte Prokuristin der Beklagten hat keine konkreten Daten zu Telefonaten mit dem früheren Mitarbeiter O. der Klägerin, dessen Ehefrau und der jetzigen Vertreterin der Klägerin genannt.
Rz. 48
(3) Soweit das Berufungsgericht in seinem Hinweisbeschluss vom 7.8.2012, auf den es im angefochtenen Beschluss Bezug genommen hat, auf ein Gutachten des Insolvenzverwalters vom 29.1.2002 verwiesen hat, bietet die angeführte Textpassage keine Anhaltspunkte für Erkenntnisse der Klägerin (oder des Insolvenzverwalters) über die behauptete Manipulation der Frachtrechnungen seitens der Beklagten. In dem genannten Gutachten ist lediglich festgehalten, dass nach Mitteilung von Spediteuren ein Unternehmen unter Beteiligung des damaligen Geschäftsführers La. der Klägerin Waren eingekauft und diese mit einem Aufschlag von 60 % bis 80 % an die Klägerin weiterverkauft habe. Diese Angaben betreffen nicht den von der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit erhobenen Manipulationsvorwurf.
Rz. 49
dd) Die bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht seine Annahme, der Insolvenzverwalter habe hinreichende Kenntnisse für eine gerichtliche Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche gehabt.
Rz. 50
Das Berufungsgericht hat seine Auffassung auf Vortrag der Klägerin in den Schriftsätzen vom 6.4.2011 und vom 31.8.2011 gestützt. Dieser Vortrag enthält jedoch keine konkreten Einzelheiten zu angeblich überhöhten Frachtratenzahlungen. Im Schriftsatz vom 6.4.2011 heißt es lediglich pauschal, als der Insolvenzverwalter bei Prüfung der Unterlagen der Beklagten (richtig wohl: Klägerin) festgestellt habe, dass Speditionsabrechnungen offenbar manipuliert worden seien, habe er bei der Beklagten deshalb nachgefragt. Im Schriftsatz vom 31.8.2011 hat die Klägerin vorgetragen, als im Zuge ihrer Insolvenz aufgrund der Ermittlungen des Insolvenzverwalters "alles aufzufliegen drohte", habe die Beklagte mit Hilfe ihrer zuvor jahrelang geschmierten Verbindungsleute bei der Klägerin den Verdacht auf den früheren Geschäftsführer La. der Klägerin gelenkt. Welche konkreten Einzelheiten dem Insolvenzverwalter bekannt waren, die es ihm ermöglicht hätten, eine Klage gegen die Beklagte zu erheben, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Es kann daher nicht angenommen werden, dass es dem Insolvenzverwalter möglich war, eine Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage, erfolgversprechend gegen die Beklagte zu erheben.
Rz. 51
Die schriftliche Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters spricht vielmehr für das Gegenteil. In dem Schreiben vom 26.8.2010 wird ausgeführt, aus der Aussage der Prokuristin J. der Beklagten gegenüber der Kriminalpolizei Coburg ergäben sich keine Anhaltspunkte für überhöhte Abrechnungen der Beklagten. Diese würden dort vielmehr mit umfassender Erläuterung ausgeschlossen. Die im Insolvenzgutachten erwähnten Verdachtsmomente hätten sich nicht erhärtet. Sonstige Anhaltspunkte für justiziable Ansprüche lägen ebenfalls nicht vor. Unter diesen Umständen kann die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Insolvenzverwalter hätte die streitgegenständlichen Ansprüche erfolgversprechend geltend machen können, keinen Bestand haben.
Rz. 52
d) Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind auch nicht gem. § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB verjährt.
Rz. 53
Nach dieser Vorschrift verjähren die in § 199 Abs. 2 BGB nicht angeführten Schadensersatzansprüche ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an. Eine entsprechende Verjährungsfrist bestimmt § 199 Abs. 4 BGB für andere Ansprüche als diejenigen nach § 199 Abs. 2 bis 3a BGB. Der Lauf der zehnjährigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB und § 199 Abs. 4 BGB hat gem. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB erst am 1.1.2002 eingesetzt und war zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 8.2.2011 noch nicht abgelaufen.
Rz. 54
e) Die Erhebung der Klage hat gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht nur den Lauf der Verjährungsfrist hinsichtlich der mit dem Zahlungsantrag geltend gemachten Ansprüche, sondern auch in Bezug auf die vom Feststellungsantrag erfassten Ansprüche gehemmt. Die Unbestimmtheit des Feststellungsantrags steht der Verjährungshemmung nicht entgegen.
Rz. 55
Der Lauf der Verjährungsfrist wird auch durch die Zustellung einer zwar unzulässigen, aber dennoch wirksamen Klage gehemmt. Eine mit einem nicht hinreichend bestimmten Antrag erhobene Klage hemmt daher die Verjährung, wenn sie die Richtung und den Umfang des Klagebegehrens individualisiert und den Streitgegenstand in ausreichendem Maße erkennen lässt (BGH, Urt. v. 23.10.1997 - I ZR 123/95, GRUR 1998, 481 [483] = WRP 1998, 169 - Auto '94; Urt. v. 11.3.2004 - I ZR 81/01, GRUR 2004, 517 [519] = WRP 2004, 731 - E-Mail-Werbung). Aus dem Vortrag der Klägerin in ihrer Klagebegründung ergibt sich mit der erforderlichen Deutlichkeit, dass sie von der Beklagten die Erstattung von angeblich zuviel in Rechnung gestellten Frachtvergütungen verlangt. Das reicht zur Individualisierung des mit dem Feststellungsantrag verfolgten Klagebegehrens aus.
Rz. 56
III. Danach ist der angefochtene Beschluss aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur Verhandlung und neuen Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Fundstellen