Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 22. Februar 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 62.790,– DM nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit – auch zur Entscheidung über die Kosten der Revision – zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien befassen sich mit der Entwicklung und dem Vertrieb von Computersoftware. Die Beklagte vertreibt unter der Bezeichnung Z. ein Kanzleiverwaltungsprogramm, das für verschiedene Betriebssysteme insbesondere Rechtsanwälten angeboten werden sollte.
Mit Vertrag vom 12. Juli 1993 betraute die Beklagte die Rechtsvorgängerin der Klägerin damit, das von der Beklagten entwickelte und in diesem Zusammenhang der Klägerin überlassene Programm in die im jeweiligen Angebot/Auftrag/Pflichtenheft genannten Programmiersprachen und Zielsysteme zu portieren. Dabei ging es in erster Linie darum, das seinerzeit als reines Basicprogramm vorliegende Z. 7.0 in die Programmiersprache „C” und nach Microsoft Windows zu übertragen. In einem weiteren Vertrag vom 17. Mai 1995 wurde dieser Auftrag auf eine Portierung auf das Betriebssystem IBM OS/2 erweitert, wobei ebenfalls eine Version in „C” erstellt werden sollte. Ein Zusatzvertrag der Parteien vom 27. November 1995 betraf die Korrektur von Fehlern der Windows-Version, die Nachportierung der OS/2-Version einschließlich der Anpassung der Quellen, Bibliotheken und Batchfiles sowie die Portierung auf Windows 95 und die Herbeiführung der Lauffähigkeit der vorliegenden Version für Windows 3.1 und Windows 95. Nach einem weiteren Abkommen vom 29. November 1995 sollte ferner Gegenstand sowohl des OS/2- als auch des Windowsprojektes die Erstellung eines durch die Beklagte verwendbaren Konvertierungstools sein, deren Überlassung mit den Projektpreisen abgegolten sein sollte. Vorgesehen war ferner der gesonderte Erwerb eines weiteren Tools. Für die Leistungen der Beklagten vereinbarten die Parteien die folgenden Zahlungsmodalitäten:
- 14.000,– DM + MwSt für die Nacharbeiten OS/2
- 40.000,– DM + MwSt für die Erstellung des Produkts Windows 95
- 6.990,– DM + MwSt für das Konvertierungstool.
Die OS/2- und die Windows-95-Version sollten als lauffähige Vollversionen spätestens am 1. März 1996 am Sitz der Beklagten zur Verfügung gestellt werden, um rechtzeitig für die kurze Zeit darauf stattfindende CeBit 96 auf Vorführrechnern installiert werden zu können.
Abgenommen und verkehrsfähig sollte die Windows-95-Version am 31. März 1996, die OS/2-Version am 1. Mai 1996 zur Verfügung stehen. Außerdem wurde vereinbart, daß die abgelieferten Versionen die portierten Basicquellen Stand 29. November 1995 umfassen oder die Klägerin der Beklagten ein Konvertierungstool zur Konvertierung dieser Quellen für Windows 95 und OS/2 aushändigt, damit die Basicquellen von der Beklagten selbst portiert werden konnten.
Nachdem sie zuvor für ihre Konvertierungs- und Reparaturarbeiten der Klägerin und für das Pflichtenheft vom 12. Juli 1993 insgesamt 96.700,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer bezahlt hatte, vergütete die Beklagte der Klägerin im November 1995 das Honorar für die Überlassung des Konvertierungstools mit weiteren 6.990,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer.
An der Ende Februar 1996 gelieferten Vorführversion beanstandete die Beklagte, daß der übersandte Datenträger nicht alle erforderlichen Dateien enthalte. Im Rahmen des anschließenden Schriftwechsels rügte sie weiter, das gelieferte Konvertierungstool erfülle bezüglich der Portierung von Z. nach Windows 95 nicht die vertraglichen Voraussetzungen – Quellenstand mit der Basis 29. November 1995. Außerdem forderten die Windows-95- und OS/2-Versionen beim Start der installierten Programme ein Modul an, das nicht geliefert worden sei. Wegen dieser Beanstandungen setzte sie der Klägerin eine Nachfrist unter Androhung der Ablehnung und Geltendmachung von Schadensersatz wegen Nichterfüllung auf den 12. März 1996, 10.00 Uhr. Dem hielt die Klägerin mit Schreiben vom gleichen Tag entgegen, daß das gelieferte Tool den vertraglichen Anforderungen genüge und die als fehlend gerügten Module zu den jeweiligen Compilern gehörten, die von der Beklagten anzuschaffen und nicht Bestandteil des vereinbarten Lieferumfangs seien.
Eine Windows-95-Version hat die Klägerin der Beklagten jedenfalls am 1. April 1996, die OS/2-Version am 1. Mai 1996 ausgeliefert. In der Folge berechnete sie mit Datum vom 2. Mai 1996 für ihre Arbeiten insgesamt weitere 62.790,– DM zuzüglich Mehrwertsteuer, deren Begleichung die Beklagte unter Hinweis unter anderem auf die Mängel der Programme und Konvertierungstools verweigerte.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe des offenen Rechnungsbetrages von 62.790,– DM entsprochen, während es die Widerklage der Beklagten auf Rückzahlung der bereits geleisteten Zahlungen in Höhe von 96.700,– DM abgewiesen hat. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten, mit der sie ihre Widerklage zugleich um 8.038,50 DM erhöht hat, blieb ohne Erfolg. Mit der Revision hat die Beklagte zunächst ihre Anträge aus der Berufungsinstanz weiterverfolgt. Der Senat hat diese Revision nur im Kostenpunkt und insoweit angenommen, wie sich die Berufung gegen die erstinstanzliche Verurteilung der Beklagten auf die Klageforderung richtet. Insoweit verfolgt die Beklagte ihr Rechtsmittel weiter; die Klägerin tritt ihm entgegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten hat Erfolg, soweit der Senat das Rechtsmittel angenommen hat. In diesem Umfang ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
I. Das Berufungsgericht sieht die Beklagte als nach den §§ 651, 640, 641 BGB zur Zahlung des mit der Klage verfolgten Betrages zuzüglich Mehrwertsteuer verpflichtet an. Zwischen den Parteien sei ein Werklieferungsvertrag zustande gekommen. Die Vereinbarungen vom 12. Juli 1993, 27. November 1995 und 29. November 1995 hätten die Herstellung und Lieferung von Computersoftware in Form von nach den individuellen Bedürfnissen des Bestellers zu erarbeitenden Programmen zum Gegenstand. Mithin handele es sich bei ihnen um Werklieferungsverträge über aus vom Unternehmer zu beschaffenden Stoffen herzustellende, nicht vertretbare bewegliche Sachen im Sinne des § 651 Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. BGB, auf die die Vorschriften des Werkvertragsrechts Anwendung fänden. Der daraus resultierende Vergütungsanspruch der Klägerin sei nach den §§ 640, 641 BGB begründet und fällig. Die in Rechnung gestellten Leistungen der Klägerin seien zumindest abnahmefähig, weil die Beklagte die ihr möglicherweise zustehenden Rechte wegen mangelhafter Werkleistung verloren habe. Das ergebe sich aus den §§ 381 Abs. 2, 377 HGB, die auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien Anwendung fänden, weil es sich bei beiden um Kaufleute handele. Es könne nicht festgestellt werden, daß die Beklagte der danach für sie geltenden Untersuchungs- und Rügepflicht unverzüglich nachgekommen sei. Fehle es daran, gelte die erbrachte Werkleistung mit der Folge als genehmigt, daß der Besteller wegen der verspätet gerügten Mängel die Abnahme nicht mehr verweigern könne.
II. Diese Würdigung hält den Angriffen der Revision nicht in vollem Umfang stand.
1. Frei von Rechtsfehlern ist das Berufungsgericht allerdings zunächst davon ausgegangen, daß die Leistung der Klägerin nicht bereits mit Blick auf die in § 7 des Vertrages der Parteien als gebilligt und mängelfrei zu behandeln ist. In § 7 des Vertrages ist geregelt, daß Nachbesserungswünsche, die sich auf die Funktionsfähigkeit nach dem Pflichtenheft beziehen, vom Auftraggeber innerhalb von vier Wochen nach Lieferung der Endversion geltend gemacht werden müssen (Nr. 1); eine darüber hinausgehende Gewährleistung jeglicher Art ist nach Nr. 2 der gleichen Bestimmung ausgeschlossen. Beide Bestimmungen, die im Zusammenhang gelesen werden müssen, reduzieren die Gewährleistungsansprüche nicht nur dadurch, daß sie diese an eine rechtzeitige Beanstandung und Geltendmachung durch den Auftraggeber binden; die Gewährleistung wird darüber hinaus auf Nachbesserungswünsche beschränkt, die sich auf die Funktionsfähigkeit und das Pflichtenheft beziehen und läßt die Geltendmachung weitergehender Gewährleistungsansprüche nicht zu. Jedenfalls in dieser weiteren Begrenzung liegt eine Einschränkung der dem Besteller im Falle der Mangelhaftigkeit des Werkes zustehenden Rechte, die, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, mit den Grundprinzipien des vertraglichen Gewährleistungsrechtes nicht zu vereinbaren und damit nach der auch im Verhältnis von Kaufleuten untereinander geltenden Vorschrift des § 9 AGBG unwirksam ist. Die weiteren Voraussetzungen für die Anwendung dieser Vorschrift sind nach den tatrichterlichen Feststellungen gegeben, da es sich bei dieser Bestimmung um eine von der Klägerin in einer Vielzahl von Fällen verwendete Klausel handelt (vgl. § 1 Abs. 1 AGBG).
2. Nicht beigetreten werden kann jedoch der weiteren Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe das ihr im Falle der Mängelgewährleistung zustehende Rügerecht verloren, da eine solche Rüge jedenfalls nicht rechtzeitig im Sinne des § 377 HGB vorgebracht worden sei und das über § 381 Abs. 2 HGB zu einem Verlust des Rügerechtes führe. Das Berufungsgericht ist insbesondere zu Unrecht davon ausgegangen, daß im Vertragsverhältnis der Parteien § 377 HGB Anwendung findet. Die Absprachen der Parteien betreffen keinen Werklieferungsvertrag im Sinne des § 651 BGB, sondern stellen sich rechtlich als Werkvertrag dar. Auf diesen ist die handelsrechtliche Rügepflicht nicht anzuwenden, wie sich aus § 381 Abs. 2 HGB ergibt, der die Anwendung des § 377 HGB auf Vereinbarungen beschränkt, die die Herstellung einer nicht vertretbaren Sache aus vom Unternehmer zu beschaffenden Stoffen zum Gegenstand haben.
Diese Voraussetzungen erfüllen die Vereinbarungen zwischen den Parteien nicht. Insoweit kann dahinstehen, ob das Ergebnis der von der Klägerin geschuldeten Programmierleistungen eine Sache im Sinne des § 381 Abs. 2 HGB betrifft (vgl. dazu BGHZ 102, 135, 144; s. a. BGHZ 109, 97, 100 f. sowie BGH, Urt. v. 14.7.1993 – VIII ZR 147/92, NJW 1993, 2436, 2437 u. v. 22.12.1999 – VIII ZR 299/98, NJW 2000, 1415, 1416 = MDR 2000, 442, 443). Auch wenn von einer Sacheigenschaft ausgegangen wird, ist Gegenstand der Leistungspflicht der Klägerin hier nicht die Herstellung eines Werkes aus von ihr zu beschaffenden Programmen und Programmteilen; geschuldet werden vielmehr Arbeiten an einem von der Beklagten zur Verfügung gestellten Programm und dessen Umgestaltung in Form der Portierung auf andere Betriebssysteme und auf der Basis anderer als der ursprünglich verwendeten Programmiersprachen. Die Vereinbarung der Parteien betraf damit nur noch individuelle Programmierleistungen. Daß das Ergebnis dieser Arbeiten eine Standardsoftware sein sollte, die die Beklagte ohne konkrete Anpassungen an die Bedürfnisse ihrer Kunden vertreiben wollte, berührt diese Einordnung nicht. Diese Standardsoftware sollte das Ergebnis der Arbeiten der Klägerin sein, bezeichnete aber nicht den Gegenstand der von ihr zu erbringenden Leistung.
3. Auf die demnach als reine Werkverträge einzuordnenden Vereinbarungen zwischen den Parteien ist, wie sich aus § 381 Abs. 2 HGB ergibt, § 377 HGB nicht anzuwenden. Diese Beurteilung steht nicht im Widerspruch zum Urteil des VIII. Zivilsenats vom 14. Juli 1993 – VIII ZR 147/92, NJW 1993, 2436, 2437. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt ging es um Standardsoftware des Unternehmers, die dieser nach den Bedürfnissen des Bestellers modifizieren und ihm dann endgültig überlassen sollte. Abweichend vom vorliegenden Sachverhalt war die dortige Vereinbarung dadurch gekennzeichnet, daß nicht nur die Arbeiten an dem Programm, sondern das zu verändernde Programm selbst von dem Unternehmer stammten bzw. von ihm zu beschaffen waren, andererseits das Programm aber bereits existierte und Gegenstand einer auf die Übertragung gerichteten Vereinbarung war. Das läßt es sachgerecht erscheinen, auf eine solche Vereinbarung entweder direkt oder über § 651 BGB Kaufvertragsrecht mit der Folge anzuwenden, daß auch die Vorschriften des § 377 HGB Geltung beanspruchen können. In ähnlicher Weise hat auch der erkennende Senat die Einordnung einer Vereinbarung, die die Überlassung einer in Einzelheiten an Bedürfnisse des Kunden angepaßten Standardsoftware betraf, als Werklieferungsvertrag durch das Berufungsgericht im Ergebnis nicht beanstandet (vgl. Sen.Urt. v. 10.3.1998 – X ZR 70/96, NJW 1998, 2132, 2133). Auf die hier vorliegende Verpflichtung zu Arbeiten an einem von dem Besteller gestellten Programm lassen sich diese Überlegungen hingegen nicht übertragen.
Insoweit stellt sich die angefochtene Entscheidung auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Die vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Genehmigungswirkung einer fehlenden oder nicht festzustellenden unverzüglichen Rüge der behaupteten Mängel läßt sich auch mit einer entsprechenden Anwendung der §§ 381 Abs. 2, 377 HGB auf den hier vorliegenden Werkvertrag nicht begründen. Entgegen einer vereinzelt vertretenen Auffassung im Schrifttum (vgl. etwa Kilian/Heussen/Moritz, Computerrechtshandbuch, Lieferung 9.8.1996, 42 Rdn. 16 f.) kann der Entscheidung des VIII. Zivilsenats vom 14. Juli 1993 nicht entnommen werden, daß die Vorschrift des § 381 Abs. 2 HGB über ihren Wortlaut hinaus auch auf Werkverträge angewendet werden soll. Von einer solchen Anwendung ist der VIII. Zivilsenat seinerzeit nur für den bereits oben angesprochenen Fall ausgegangen, daß Vereinbarungen über die Herstellung von Software deshalb als Werklieferungsvertrag im Sinne des § 651 BGB erscheint, weil Grundlage der Leistungspflicht des Unternehmers ein von diesem zu lieferndes und im weiteren an die Bedürfnisse des Kunden anzupassendes Computerprogramm war. Aussagen für den hier vorliegenden Fall, in dem es allein um die Bearbeitung eines Programms ging, das der Kunde bereitgestellt hat, lassen sich dem nicht entnehmen. Für diesen Fall muß es vielmehr entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift dabei bleiben, daß § 381 Abs. 1 HGB auf Werkverträge von vornherein nicht anwendbar ist (so auch Großkomm./Brüggemann, HGB, 4. Aufl., 1983, § 381 HGB Rdn. 14; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 381 HGB Rdn. 2; vgl. auch BGH, Urt. v. 30.9.1971 – VII ZR 20/70, NJW 1972, 99, 100).
II. Die nach allem fehlende Anwendbarkeit des § 377 HGB hat zur Folge, daß das Werk nicht – wie vom Berufungsgericht angenommen – als genehmigt gelten kann. Demnach setzt die Fälligkeit des von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruchs voraus, daß das Werk abgenommen wurde oder aber die Beklagte die Abnahme grundlos verweigert hat, weil das Werk vollständig und mangelfrei gewesen ist. Insoweit fehlt es an hinreichenden tatrichterlichen Feststellungen, so daß das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.
Unterschriften
Rogge, Melullis, Keukenschrijver, Mühlens, Meier-Beck
Fundstellen
Haufe-Index 651904 |
BGHR 2002, 221 |
CR 2002, 93 |
ITRB 2002, 26 |
LL 2002, 297 |