Leitsatz (amtlich)
Die Rücknahme einer Forderungsanmeldung ist im Insolvenzverfahren jedenfalls bis zur Feststellung der angemeldeten Forderung möglich. Sie ist nach Durchführung des Prüftermins gegenüber dem Insolvenzgericht zu erklären.
Die nach Durchführung des Prüftermins an den Insolvenzverwalter adressierte Rücknahme der Anmeldung einer nicht zur Tabelle festgestellten Forderung wird wirksam, wenn die Rücknahmeerklärung nach Weiterleitung durch den Insolvenzverwalter beim Insolvenzgericht eingeht.
Der Rückgabeanspruch des Vermieters nach Beendigung des Mietverhältnisses umfasst bei Mietgrundstücken neben der Besitzverschaffung die Entfernung der vom Mieter eingebrachten oder vom Vormieter übernommenen Gegenstände und Einrichtungen, über deren Verbleib keine abweichende Vereinbarung getroffen worden ist. Die Beseitigung von Verschlechterungen oder Veränderungen der Mietsache gehört nicht dazu (Anschluss an BGH NJW 2018, 1746 Rz. 23 ff.; NZM 2018, 717 Rz. 20, 23).
Endet ein Grundstücksmietvertrag nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mieters, hat wegen der Räumungspflicht des Mieters die Abgrenzung zwischen Masseverbindlichkeit und Insolvenzforderung grundsätzlich danach zu erfolgen, wann das Räumungsgut auf das Mietgrundstück verbracht worden ist. Soweit die zu räumenden Gegenstände und Einrichtungen bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf dem Mietgrundstück vorhanden waren, begründet der Räumungsanspruch eine Insolvenzforderung, die im Forderungsfeststellungsverfahren mit ihrem Schätzwert für die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltend zu machen ist.
Normenkette
InsO §§ 38, 45, 55 Abs. 1, §§ 87, 174; BGB § 546 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des OLG Brandenburg vom 13.3.2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der Beklagte ist Verwalter in dem am 7.3.2008 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der J. GmbH (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin hatte bei der Klägerin ein etwa 98.000 m2 großes Gelände in A. gemietet (fortan: Mietgrundstück). Die Parteien beendeten das Mietverhältnis durch Aufhebungsvertrag vom 31.3.2008. Darin heißt es, soweit für die Revision von Interesse:
"§ 1 Der Mietvertrag wird zum 31. März 2008 aufgehoben. § 2 (1) Die Mieterin beräumt die Mietfläche von allen Gegenständen, Baulichkeiten und Anlagen, soweit diese nicht wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind. [...] Die Vermieterin gewährt der Mieterin eine Räumungsfrist bis zum 30. April 2008. (2) Von der Räumungsverpflichtung gemäß Absatz 1 nicht erfasst werden die auf der Mietfläche vorhandenen Ablagerungen von Sanden, Kompost, Baureststoffen und Ähnlichem. Insoweit verbleibt es bei den Ansprüchen der Vermieterin nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften. Dies gilt auch für Ansprüche wegen etwaiger Bodenkontaminationen oder sonstiger Altlasten, insbesondere der fachgerechten Entsorgung der vorhandenen Ablagerungen. [...]"
Rz. 2
Der Beklagte übergab das Grundstück der Klägerin am 31.3.2008. Am 24.4.2008 meldete die Klägerin beim Beklagten eine Forderung i.H.v. 4.359.484,67 EUR an und bezeichnete den Forderungsgrund mit "Geschätzte Beseitigungskosten Ablagerungen auf dem Mietgelände wg. Räumungsverpflichtung aus Mietverhältnis i.S.d. § 45 InsO". Zum Nachweis war der Anmeldung ein Kostenvoranschlag über entsprechende Kosten der Entsorgung verschiedener Materialien beigefügt. Im Prüfungstermin vom 29.5.2008 erklärte der Beklagte, die Forderung vorläufig zu bestreiten.
Rz. 3
In einem an den Beklagten adressierten Schreiben vom 15.6.2010 erklärte die Klägerin, zur Vermeidung einer Feststellungsklage auf die vom Beklagten aufgeworfenen Bedenken einzugehen. Vorab mindere sie die angemeldete Forderung vor dem Hintergrund aktueller Erkenntnisse auf 1.685.825,70 EUR. Nachdem nunmehr der Abschluss des ersten Werkvertrages zur Entsorgung der auf dem Grundstück lagernden Abfallhaufwerke unmittelbar bevorstehe, sei es möglich, die Schätzung des Schadensersatzanspruchs zu konkretisieren und den Anspruch entsprechend zu mindern. Der geminderte Betrag setze sich zusammen aus Entsorgungskosten (brutto 1.559.197,50 EUR) und Kosten für ein Plausibilitätsgutachten, Ingenieurs- sowie Anwaltskosten (zusammen brutto 126.628,20 EUR). Auf die anschließende Bitte des Beklagten um "Konkretisierung der Schadenspositionen" machte die Klägerin mit einem nicht zu den Akten gereichten Schreiben vom 22.12.2012 erneut einen über 1.685.825,70 EUR hinausgehenden Betrag geltend.
Rz. 4
Der Beklagte stellte eine Forderung der Klägerin i.H.v. 1.559.197,50 EUR zur Tabelle fest. Wegen des darüber hinaus gehenden Forderungsbetrages hat er die Einrede der Verjährung erhoben.
Rz. 5
Das LG hat die auf Feststellung einer weiteren Teilforderung i.H.v. 2.800.287,17 EUR zur Tabelle gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG die Forderung in Höhe weiterer 2.761.104,93 EUR zur Tabelle festgestellt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Rz. 6
Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
Rz. 7
Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - zur Begründung seiner Entscheidung, die u.a. in ZInsO 2018, 2026 abgedruckt ist, ausgeführt:
Rz. 8
Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Feststellungsklage nach § 181 InsO seien gegeben. Die Forderungsanmeldung der Klägerin vom 24.4.2008 enthalte eine schlüssige Darlegung des Lebenssachverhaltes, aus dem die Forderung hergeleitet werde, und einen durch Kostenvoranschläge konkretisierten Schätzbetrag.
Rz. 9
Die Klägerin habe als Vermieterin gegen die Schuldnerin einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Verschlechterung des Mietgrundstücks aufgrund der Kontaminierung der Böden. Hierbei handele es sich gem. § 2 Abs. 2 des Aufhebungsvertrages um eine Insolvenzforderung. Dies entspreche der Rechtsprechung des BGH. Danach sei der Vermieter darauf angewiesen, den vertragsgerechten Zustand selbst herzustellen, soweit ein Bedarf für Rückbaumaßnahmen oder Wiederherstellung des vertragsgerechten Zustandes, wie hier, bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sei. Einen daraus erwachsenen Schadensersatzanspruch könne er nur als Insolvenzforderung zur Tabelle anmelden.
Rz. 10
Soweit er die reinen technischen Entsorgungskosten betreffe, sei der Anspruch nicht verjährt. Die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 BGB sei gem. § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB durch die Forderungsanmeldung bis zur Klageerhebung gehemmt worden. Das Schreiben der Klägerin vom 15.6.2010 habe zwar eine teilweise Rücknahme der Forderungsanmeldung enthalten. Es habe jedoch keine die Hemmung der Verjährung beendende Wirkung entfalten können, weil die Rücknahme der Forderung nach Durchführung des Prüfungstermins und Niederlegung der Tabelle bei dem Insolvenzgericht nicht mehr wirksam gegenüber dem Insolvenzverwalter erklärt werden könne. Der Senat schließe sich der überwiegenden Auffassung in der Literatur an, wonach die (Teil-)Rücknahme einer Forderung gegenüber dem Insolvenzgericht zu erfolgen habe.
Rz. 11
Nicht von der ursprünglichen Anmeldung erfasst und deshalb verjährt seien dagegen Ansprüche wegen der geltend gemachten Ingenieur- und Rechtsanwaltskosten. Die Klägerin habe zunächst nur die tatsächlichen Kosten der Entsorgung angemeldet. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden Ansprüche sei eine Anmeldung allenfalls mit dem Schreiben der Klägerin vom 15.6.2010 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt sei insoweit aber bereits Verjährung eingetreten.
Rz. 12
Aus den von der Klägerin geltend zu machenden Entsorgungskosten ergebe sich eine Gesamtforderung i.H.v. 4.320.302,43 EUR. Abzüglich des bereits festgestellten Betrages sei damit eine weitere Teilforderung i.H.v. 2.761.104,93 EUR zur Tabelle festzustellen.
II.
Rz. 13
Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Rz. 14
1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen, soweit die Klägerin die Feststellung von mehr als weiteren 126.628,20 EUR zur Tabelle betreibt. Zu Unrecht hat es ohne weitere Sachaufklärung hinsichtlich dieses Teils der Klage die Sachurteilsvoraussetzung einer ordnungsgemäßen Forderungsanmeldung angenommen.
Rz. 15
a) Die Feststellung einer Forderung nach Grund, Betrag und Rang kann gem. § 181 InsO nur in der Weise begehrt werden, wie die Forderung in der Anmeldung oder im Prüftermin bezeichnet worden ist. Die Anmeldung zur Tabelle ist eine Sachurteilsvoraussetzung (BGH, Urt. v. 5.7.2007 - IX ZR 221/05, BGHZ 173, 103 Rz. 12; v. 11.10.2018 - IX ZR 217/17, WM 2018, 2099 Rz. 14 m.w.N.). Sie ist deshalb auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (BGH, Urt. v. 5.7.2007, a.a.O., Rz. 9).
Rz. 16
b) Ursprünglich hatte die Klägerin zwar eine Forderung i.H.v. 4.359.484,67 EUR zur Tabelle angemeldet, die auch Gegenstand des Prüftermins gewesen ist. Anhand der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin auf der Grundlage dieser Forderungsanmeldung nur noch die Feststellung einer weiteren Teilforderung i.H.v. 126.628,20 EUR betreiben kann, nachdem sie mit Schreiben vom 15.6.2010 erklärt hat, die angemeldete Forderung auf 1.685.825,70 EUR zu mindern, und der Beklagte hiervon eine Teilforderung i.H.v. 1.559.197,50 EUR nicht bestritten hat.
Rz. 17
aa) Die Rücknahme einer Forderungsanmeldung ist im Insolvenzverfahren jedenfalls bis zur Feststellung der angemeldeten Forderung möglich (vgl. RGZ 112, 297, 299; Pape/Schaltke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2018, § 174 InsO Rz. 71; Riedel in MünchKomm/InsO, 3. Aufl., § 174 Rz. 43; Schmidt/Jungmann, InsO, 19. Aufl., § 174 Rz. 45; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 15. Aufl., § 174 Rz. 49). Sie hat zur Folge, dass die Forderung nicht mehr am Insolvenzverfahren teilnimmt (vgl. Jaeger/Gerhardt, InsO, 2010, § 174 Rz. 99; Pape/Schaltke, a.a.O.; Schmidt/Jungmann, a.a.O.; Gottwald/Eickmann, Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 63 Rz. 40). Einer ohne vorherige Wiederanmeldung gleichwohl erhobenen Feststellungsklage ist damit die Grundlage entzogen. Sie ist mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig (vgl. BGH, Urt. v. 21.2.2013 - IX ZR 92/12, WM 2013, 574 Rz. 21). Diese Grundsätze finden auch auf eine Teilrücknahme der Forderungsanmeldung Anwendung. Ein Betreiben der angemeldeten Forderung ist nach der Teilrücknahme nur noch in dem Umfang zulässig, in dem die Anmeldung nicht zurückgenommen worden ist.
Rz. 18
bb) Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht in dem Schreiben der Klägerin an den Beklagten vom 15.6.2010 die Erklärung einer Teilrücknahme ihrer Forderungsanmeldung auf einen Betrag von 1.685.825,70 EUR gesehen. Rechtsfehlerhaft hat es hingegen angenommen, der Wirksamkeit der Teilrücknahme stehe entgegen, dass die Klägerin diese Erklärung gegenüber dem Beklagten abgegeben habe. Nach Durchführung des Prüftermins kann die Rücknahme einer Forderungsanmeldung zwar grundsätzlich nur noch gegenüber dem Insolvenzgericht erklärt werden. Hat der Anmelder die Erklärung an den Insolvenzverwalter adressiert, kann aber ausreichend sein, dass dieser die Erklärung an das Insolvenzgericht weitergeleitet hat. Hierzu bedarf es weiterer Sachaufklärung.
Rz. 19
(1) Die Vorschriften in §§ 174 ff. InsO zum Forderungsfeststellungsverfahren enthalten keine ausdrückliche Regelung dazu, wem gegenüber die Rücknahme einer Forderungsanmeldung zu erklären ist. Der Gesetzgeber hat in § 174 Abs. 1 Satz 1 InsO nur vorgegeben, dass die Anmeldung der Forderung gegenüber dem Insolvenzverwalter zu erfolgen hat. Die Vorschrift ist entgegen der Auffassung der Revision auf die Rücknahme einer Anmeldung nicht anwendbar. Erforderlich ist vielmehr eine Differenzierung nach Verfahrensabschnitten.
Rz. 20
Jedenfalls bis zur Aufnahme in die Tabelle kann die Forderungsanmeldung noch durch Erklärung gegenüber dem Insolvenzverwalter zurückgenommen werden (vgl. Jungmann, EWiR 2018, 405 f.; Jaeger/Gerhardt, InsO, 2010, § 174 Rz. 98; Riedel in MünchKomm/InsO, 3. Aufl., § 174 Rz. 43). Spätestens der Prüftermin führt jedoch zu einer relevanten Zäsur im Feststellungsverfahren, der dadurch Rechnung zu tragen ist, dass die Rücknahme einer geprüften Forderungsanmeldung gegenüber dem Insolvenzgericht zu erklären ist (vgl. Jungmann, a.a.O.; Jaeger/Gerhardt, a.a.O.; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 15. Aufl., § 174 Rz. 49; Riedel in MünchKomm/InsO, a.a.O.; Gottwald/Eickmann, Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 63 Rz. 40). Der Grund für die Zäsur besteht darin, dass nach dem Prüftermin nicht mehr dem Insolvenzverwalter, sondern dem Insolvenzgericht die weitere Führung der Tabelle obliegt (vgl. Jungmann, a.a.O., S. 406). Soweit der Verwalter die Tabelle weiter pflegt und Änderungen dem Gericht übermittelt, handelt es sich nur um Vorbereitungshandlungen (vgl. Pape/Schaltke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2018, § 175 InsO Rz. 28; Uhlenbruck/Sinz, a.a.O., § 175 Rz. 20).
Rz. 21
Die Notwendigkeit einer zeitlichen Differenzierung folgt aus Sinn und Zweck der Regelungen zum Forderungsfeststellungsverfahren. Vorbild der Regelungen zur Verlagerung der Forderungsanmeldung auf den Insolvenzverwalter bei Einführung der Insolvenzordnung war § 5 Nr. 3 der Gesamtvollstreckungsordnung (BT-Drucks. 12/7302, 159, 178). Hiernach war mit dem Beschluss auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens allen Gläubigern des Schuldners aufzugeben, innerhalb einer vom Gericht festgelegten Frist (Anmeldefrist) ihre Forderungen beim Verwalter anzumelden. Die Übernahme dieser Regelung sollte zu einer Entlastung der Gerichte führen (BT-Drucks. 12/7302, 151). Dieser Zweck hat sich spätestens mit der Durchführung des Prüftermins erledigt. Das Anmeldeverfahren vor dem Insolvenzverwalter findet damit grundsätzlich seinen Abschluss. Zugleich führt es zu keiner Entlastung des die Tabelle führenden Insolvenzgerichts, wenn die Rücknahme einer bereits geprüften Forderung gegenüber dem Insolvenzverwalter zu erklären ist.
Rz. 22
Zudem hat sich der Gesetzgeber bewusst dafür entschieden, es für das weitere Forderungsfeststellungsverfahren bei der Zuständigkeit des Insolvenzgerichts für die Tabellenführung zu belassen. Nach der Gesamtvollstreckungsordnung oblag dem Verwalter die Führung der Tabelle über den Prüftermin hinaus (vgl. Eckardt, Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., S. 761 Rz. 35; Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO, 4. Aufl., § 11 Rz. 79 ff.; Mohrbutter/Mohrbutter/Pape, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 7. Aufl., Kap. XVI. Rz. 136). Von einer entsprechenden Regelung hat der Gesetzgeber bei Einführung der Insolvenzordnung abgesehen.
Rz. 23
Aus der Zuständigkeit des Insolvenzverwalters für die Entgegennahme von nachträglichen Änderungen von Anmeldungen i.S.v. § 177 Abs. 1 Satz 3 InsO ergibt sich nichts Anderes. Die bloße Minderung oder Rücknahme einer geprüften Forderungsanmeldung fällt nicht darunter, weil es sich nicht um eine wesentliche nachträgliche Änderung handelt (vgl. Jungmann, a.a.O.; Jaeger/Gerhardt, a.a.O., § 177 Rz. 11; Uhlenbruck/Sinz, a.a.O., § 177 Rz. 17 m.w.N.). Soweit hingegen eine nachträgliche Änderung gegenüber dem Insolvenzverwalter zu erklären ist, wird die damit verbundene Teilrücknahme der bisherigen Anmeldung nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze erst wirksam, wenn eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Insolvenzgericht abgegeben wird.
Rz. 24
(2) Allerdings kann auch eine Rücknahmeerklärung, die an den Insolvenzverwalter adressiert ist, zur Rücknahme einer geprüften Forderungsanmeldung führen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Insolvenzverwalter die Erklärung an das Insolvenzgericht weitergeleitet hat.
Rz. 25
Gemäß § 87 InsO können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur noch nach den Vorschriften des Insolvenzrechts, also durch Anmeldung zur Insolvenztabelle gem. §§ 174 ff. InsO verfolgen. Mit Rücksicht auf die Notwendigkeit dieser Form der Rechtsverfolgung ist die Zulässigkeit einer insolvenzrechtlichen Feststellungsklage an die Sachurteilsvoraussetzung einer ordnungsgemäßen Anmeldung und Prüfung der geltend gemachten Forderung gekoppelt (vgl. BGH, Urt. v. 21.2.2013 - IX ZR 92/12, WM 2013, 574 Rz. 21). Demnach handelt es sich sowohl bei der Anmeldung einer Forderung als auch bei deren Rücknahme um eine Prozesshandlung (vgl. Eckardt, Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., S. 743 Rz. 13; Jaeger/Gerhardt, InsO, 2010, § 174 Rz. 97; Pape/Schaltke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2018, § 174 InsO Rz. 43; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 15. Aufl., § 174 InsO Rz. 18). Auf sie finden gem. § 4 InsO die allgemeinen zivilprozessualen Grundsätze zur Prozesshandlung entsprechende Anwendung (vgl. BGH, Beschl. v. 13.7.2006 - IX ZB 117/04, VuR 2007, 31, 32 f.; Ahrens, NJW-Spezial 2019, 85). Hierzu gehört, dass die Erklärung einer Partei als Prozesshandlung dem zuständigen Gericht auch dann zugeht, wenn ein zunächst angegangenes unzuständiges Gericht die Erklärung an das zuständige Gericht weitergeleitet hat.
Rz. 26
Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH gehen eine Rechtsmittelschrift und die Begründung eines Rechtsmittels trotz Adressierung an ein unzuständiges Gericht beim zuständigen Gericht ein, wenn der Schriftsatz nach der gebotenen Weiterleitung durch das zunächst angegangene Gericht in die Verfügungsgewalt des zuständigen Gerichts gelangt (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.1995 - VII ZR 8/95, NJW-RR 1996, 443; Beschl. v. 2.3.2010 - IV ZB 15/09, juris Rz. 6; v. 20.4.2011 - VII ZB 78/09, NJW 2011, 2053 Rz. 12 ff.; v. 12.5.2016 - IX ZB 75/15, juris Rz. 12; v. 21.2.2018 - IV ZB 18/17, juris Rz. 11). In gleicher Weise hat der BGH bereits über die Rücknahme von Rechtsmitteln entschieden (vgl. BGH, Urt. v. 21.3.1977 - II ZB 5/77, VersR 1977, 574; Beschl. v. 19.2.1991 - X ZR 14/91, MDR 1991, 668). Die gegenüber einem für die Entscheidung über das Rechtsmittel nicht (mehr) zuständigen Gericht erklärte Rücknahme wird jedenfalls dann mit Eingang des Schriftsatzes, der die Rücknahmeerklärung enthält, bei dem zuständigen Gericht wirksam, wenn Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die Rücknahme nur gegenüber dem unzuständigen Gericht ausgesprochen werden sollte (BGH, Beschl. v. 19.2.1991, a.a.O.).
Rz. 27
Diese Grundsätze sind auf die Rücknahme einer Forderungsanmeldung im Verhältnis zwischen Insolvenzgericht und Insolvenzverwalter gem. § 4 InsO entsprechend anzuwenden. Die Weiterleitung der Rücknahmeerklärung durch den Insolvenzverwalter an das Insolvenzgericht steht im Forderungsfeststellungsverfahren der Weiterleitung durch ein unzuständiges Gericht gleich, weil der Insolvenzverwalter in diesem Verfahren richtiger Adressat einer Prozesshandlung sein kann.
Rz. 28
(3) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hätte das Berufungsgericht aufklären müssen, ob der Beklagte das Schreiben der Klägerin vom 15.6.2010 an das Insolvenzgericht weitergeleitet hat. Denn bislang liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin die Teilrücknahme ihrer Forderungsanmeldung nur gegenüber dem Insolvenzverwalter erklären wollte.
Rz. 29
2. Überdies kann mit der Begründung des Berufungsgerichts die von der Klägerin angemeldete Forderung nicht zur Tabelle festgestellt werden. Die getroffenen Feststellungen tragen keinen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Schuldnerin wegen einer Verschlechterung des Mietgrundstücks aufgrund einer Kontaminierung der Böden.
Rz. 30
a) Die angefochtene Entscheidung enthält keine Angaben zur Anspruchsgrundlage des festgestellten Schadensersatzanspruchs. In Betracht kommen bei einer Verschlechterung der Mietsache ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung einer in § 241 Abs. 2 BGB geregelten vertraglichen Nebenpflicht oder ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung aus §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB. Für die Abgrenzung maßgeblich ist die Art der in Rede stehenden Pflichtverletzung (vgl. BGH, Urt. v. 28.2.2018 - VIII ZR 157/17, NJW 2018, 1746 Rz. 19 ff.; v. 27.6.2018 - XII ZR 79/17, NZM 2018, 717 Rz. 17 ff.).
Rz. 31
b) Für einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB fehlt es an der Feststellung einer für die Verschlechterung des Mietgrundstücks kausalen Pflichtverletzung durch die Schuldnerin. Dies gilt ungeachtet der vom Berufungsgericht angenommenen Kontamination der Böden des Mietgrundstücks.
Rz. 32
Der Mieter verletzt durch ein Tun oder Unterlassen die ihn nach § 241 Abs. 2 BGB treffende Nebenpflicht zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Vermieters, wenn sein Verhalten nicht mehr von dem ihm zustehenden vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gedeckt ist und zu deren Verschlechterung führen kann (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.2016 - VIII ZR 49/16, NZM 2017, 144 Rz. 14). Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Mieter gem. § 538 BGB nicht zu vertreten.
Rz. 33
Das Berufungsgericht hat die hiernach erforderlichen Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Schuldnerin aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB nur unzureichend festgestellt. Den Gründen der angefochtenen Entscheidung kann weder ein pflichtwidriges Verhalten der Schuldnerin noch dessen Ursächlichkeit für die Bodenkontamination des Mietgrundstücks entnommen werden. Im Übrigen ist bei einer Vielzahl der zur Berechnung der Schadenshöhe herangezogenen Positionen nicht ersichtlich, dass sie im Zusammenhang mit der Bodenkontamination stehen. Sie betreffen zumeist nicht die Dekontamination des Bodens, sondern die Entfernung und Entsorgung von Haufwerken (Ablagerungen).
Rz. 34
c) Die Feststellungen des Berufungsgerichts begründen auch keinen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Schuldnerin aus §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der angefochtenen Entscheidung lässt sich nicht entnehmen, dass sich die Schuldnerin gegenüber der Klägerin im Sinne einer mietvertraglichen (Haupt-)Leistungspflicht dazu verpflichtet hat, Veränderungen der Mietsache unabhängig von ihrer Ursache zu beseitigen (vgl. BGH, Urt. v. 28.2.2018 - VIII ZR 157/17, NJW 2018, 1746 Rz. 14 ff.).
III.
Rz. 35
Die Entscheidung erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig. Dies gilt auch, soweit die Klägerin in Höhe weiterer 126.628,20 EUR Feststellung zur Tabelle begehrt. Nach dem revisionsrechtlich maßgeblichen Sachverhalt steht nicht fest, dass die Feststellungsklage zumindest insoweit begründet ist. Ob eine gem. § 45 Satz 1 Fall 1 InsO in Geld umzurechnende Insolvenzforderung der Klägerin auf Räumung des Mietgrundstücks gem. § 546 Abs. 1 BGB besteht, bedarf ebenfalls weiterer Feststellungen.
Rz. 36
1. Der Mieter ist gem. § 546 Abs. 1 BGB verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. In der Insolvenz des Mieters verschafft diese Vorschrift dem Vermieter einen Aussonderungsanspruch, der auf die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes an der Mietsache gerichtet ist (BGH, Urt. v. 2.2.2006 - IX ZR 46/05, ZIP 2006, 583 Rz. 8). Davon ist die mietvertragliche Räumungspflicht zu unterscheiden. Diese Pflicht, deren Erfüllung neben der Besitzverschaffung zur Rückgabe von Mietgrundstücken gehört (BGH, Urt. v. 11.5.1988 - VIII ZR 96/87, BGHZ 104, 285, 288 m.w.N.), wird allein unter den Voraussetzungen des § 55 InsO zur Masseverbindlichkeit (BGH, Urt. v. 5.7.2001 - IX ZR 327/99, BGHZ 148, 252, 255 f.; v. 2.2.2006 - IX ZR 46/05, ZIP 2006, 583 Rz. 8). Soweit die Voraussetzungen des § 55 InsO nicht erfüllt sind, stellt der Räumungsanspruch des Vermieters eine Insolvenzforderung i.S.v. § 38 InsO dar, die gem. § 87 InsO nur nach den Vorschriften des Insolvenzverfahrens verfolgt werden kann. Als Forderung, die nicht auf einen Geldbetrag gerichtet ist, ist sie gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 InsO im Forderungsfeststellungsverfahren nach §§ 174 ff. InsO mit ihrem Schätzwert für die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltend zu machen (OLG Brandenburg ZIP 2015, 1790, 1791; vgl. zu § 34 VerglO: BGH, Urt. v. 10.3.1994 - IX ZR 236/93, BGHZ 125, 270, 277; zu § 69 KO: BGH, Urt. v. 4.10.1984 - IX ZR 159/83, NJW 1985, 271, 272).
Rz. 37
2. Ob und in welcher Höhe die Klägerin hiernach über eine Insolvenzforderung verfügt, kann anhand der bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden.
Rz. 38
a) Als Teil des Rückgabeanspruchs aus § 546 Abs. 1 BGB umfasst der Räumungsanspruch des Vermieters bei Mietgrundstücken die Entfernung der vom Mieter eingebrachten oder vom Vormieter übernommenen Gegenstände und Einrichtungen, über deren Verbleib keine abweichende Vereinbarung getroffen worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 10.1.1983 - VIII ZR 304/81, BGHZ 86, 204, 209 ff.; v. 11.5.1988 - VIII ZR 96/87, BGHZ 104, 285, 288 f m.w.N.; MünchKomm/BGB/Bieber, 7. Aufl., § 546 Rz. 7; Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 13. Aufl., § 546 BGB Rz. 37 ff.). Davon abgesehen ist der Zustand, in dem sich die Mietsache bei ihrer Rückgabe befindet, für die allein in der Rückgabe selbst bestehende Leistungspflicht ohne Bedeutung. § 546 Abs. 1 BGB enthält keine Regelung darüber, in welchem Zustand die Mietsache zurückzugeben ist (BGH, Urt. v. 28.2.2018 - VIII ZR 157/17, NJW 2018, 1746 Rz. 24 m.w.N.; v. 27.6.2018 - XII ZR 79/17, NZM 2018, 717 Rz. 20). Bei Verschlechterungen oder Veränderungen der Mietsache kann der Vermieter deshalb zwar Schadensersatz verlangen, ist aber nicht zur Ablehnung ihrer Rücknahme berechtigt (BGH, Urt. v. 28.2.2018, a.a.O., m.w.N.). Soweit den Urteilen des Senats vom 5.7.2001 (IX ZR 327/99, BGHZ 148, 252) und vom 29.1.2015 (IX ZR 279/13, BGHZ 204, 83) etwas anderes zu entnehmen sein könnte, wird daran mit Blick auf die Entscheidungen des VIII. Zivilsenats vom 28.2.2018 (a.a.O.) und des XII. Zivilsenats vom 27.6.2018 (a.a.O.) nicht festgehalten.
Rz. 39
Endet der Mietvertrag nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, hat wegen des Räumungsanspruchs des Vermieters die Abgrenzung zwischen Masseverbindlichkeit und Insolvenzforderung grundsätzlich danach zu erfolgen, wann das Räumungsgut auf das Mietgrundstück verbracht worden ist. Soweit die zu räumenden Gegenstände und Einrichtungen bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf dem Mietgrundstück vorhanden waren, begründet der Räumungsanspruch eine Insolvenzforderung (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.2001 - IX ZR 327/99, BGHZ 148, 252, 257 f.; v. 29.1.2015 - IX ZR 279/13, BGHZ 204, 83 Rz. 82 f.).
Rz. 40
b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze fehlt es zur Begründung eines als Insolvenzforderung geltend zu machenden Räumungsanspruchs an Feststellungen des Berufungsgerichts zum Umfang der ungeräumten Gegenstände und Einrichtungen, die sich bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf dem Mietgrundstück befanden. Gleichermaßen lassen sich die von der Klägerin geltend gemachten Beseitigungskosten keinem konkreten Räumungsanspruch aus § 546 Abs. 1 BGB zuordnen, zumal das Berufungsgericht von einer Verschlechterung des Mietgrundstücks durch eine Kontamination des Bodens ausgegangen ist und sich ein Teil der vorgelegten Kostenkalkulationen hierauf bezieht.
IV.
Rz. 41
Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht selbst abschließend entscheiden. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Rz. 42
1. Nachdem das Berufungsgericht den Parteien Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vortrags gegeben hat, wird es von Amts wegen zu prüfen haben, ob und in welcher Höhe die Sachurteilsvoraussetzungen gem. § 181 InsO für die Feststellungsklage gegeben sind. Es wird zu prüfen sein, ob und wann die Rücknahmeerklärung der Klägerin vom 15.6.2010 beim Insolvenzgericht eingegangen ist. Für die Annahme einer wirksamen Teilrücknahme der Forderungsanmeldung bedarf es jedoch weiterer Feststellungen zu den näheren Umständen dieses Eingangs. In die Prüfung einzubeziehen sein wird zudem das Schreiben vom 22.12.2012, mit dem die Klägerin gegenüber dem Beklagten einen über 1.685.825,70 EUR hinausgehenden Betrag geltend gemacht hat. Hierin könnte ein Widerruf der Rücknahme liegen (vgl. § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Rz. 43
2. In der Sache wird das Berufungsgericht zur Abgrenzung mietrechtlicher Ansprüche bei Beendigung eines Mietverhältnisses zwischen dem Räumungsanspruch i.S.v. § 546 Abs. 1 BGB und möglichen Schadensersatzansprüchen zu differenzieren haben (BGH, Urt. v. 28.2.2018 - VIII ZR 157/17, NJW 2018, 1746 Rz. 24 m.w.N.; v. 27.6.2018 - XII ZR 79/17, NZM 2018, 717 Rz. 20).
Rz. 44
a) Soweit Pflichten der Schuldnerin auf Räumung des Mietgrundstücks nach Beendigung des Mietverhältnisses in Rede stehen, kommt ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB als zur Tabelle festzustellende Insolvenzforderung indes nicht in Betracht. Da das Mietverhältnis erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens endete, hätte die Klägerin einen entsprechenden Räumungsanspruch nicht mehr gegen die Schuldnerin durchsetzen können. Infolgedessen bleibt kein Raum für Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung dieses Anspruchs (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.2018 - IX ZR 217/17, WM 2018, 2099 Rz. 11).
Rz. 45
b) Ein etwaiger Räumungsanspruch kann gem. § 45 Satz 1 Fall 1 InsO nur mit seinem Wert geltend gemacht werden. Das Berufungsgericht wird ggf. zu prüfen haben, in welchem Umfang die von der Klägerin geltend gemachten Kosten wertbestimmend sind. Dies gilt auch mit Blick auf die Kosten, die nicht zu den sog. technischen Entsorgungskosten gehören. Die Teilrechtskraft des Berufungsurteils steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen, weil hiervon ein anderer Streitgegenstand betroffen ist (vgl. Zöller/G. Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., vor § 322 Rz. 35). Das Berufungsgericht hat insoweit lediglich einen eigenständigen Kostenerstattungsanspruch der Klägerin verneint.
Rz. 46
c) Ergibt die neue Verhandlung, dass der Klägerin aufgrund der Verletzung einer anderen Pflicht als der Räumungspflicht ein Schadensersatzanspruch gegen die Schuldnerin als Insolvenzforderung zusteht, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob diese Insolvenzforderung nach ihrem Grund der zur Tabelle angemeldeten Forderung entspricht. Maßgebend für diese Prüfung ist der Sachverhalt, der gem. § 174 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 InsO in der Anmeldung angegeben worden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 12.11.2015 - IX ZR 313/14, ZIP 2016, 30 Rz. 3; Urt. v. 11.10.2018 - IX ZR 217/17, WM 2018, 2099 Rz. 14 m.w.N.). Zum Anspruchsgrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden und den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtung zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger dem Gericht vorträgt. Darauf, ob alle Tatsachen des Lebenssachverhalts vorgetragen worden sind oder nicht, kommt es nicht an (BGH, Beschl. v. 12.11.2015, a.a.O., Rz. 4).
Fundstellen
Haufe-Index 13136569 |
DB 2019, 1202 |
DB 2019, 6 |
DStR 2019, 10 |
DStR 2019, 2088 |
NJW 2019, 1877 |
EWiR 2019, 339 |
KTS 2020, 84 |
NZG 2019, 997 |
NZM 2019, 853 |
WM 2019, 988 |
ZIP 2019, 1024 |
ZMR 2019, 11 |
ZMR 2019, 853 |
DZWir 2019, 441 |
JZ 2019, 484 |
JZ 2019, 489 |
MDR 2019, 764 |
NZI 2019, 536 |
NZI 2019, 7 |
NZI 2020, 30 |
Rpfleger 2019, 472 |
ZInsO 2019, 1105 |
InsbürO 2019, 387 |
KSI 2019, 281 |
MietRB 2019, 234 |
NJW-Spezial 2019, 406 |
ZVI 2019, 223 |
MK 2019, 157 |