Entscheidungsstichwort (Thema)
Abtretung einer Auseinandersetzungsforderung
Leitsatz (amtlich)
a) Die Vorausabtretung der Auseinandersetzungsforderung eines stillen Gesellschafters wird hinfällig, wenn dieser seine Beteiligung auf einen Dritten überträgt, bevor der Auseinandersetzungsanspruch in seiner Person entstanden ist.
b) Die Vorausabtretung bleibt hingegen bestehen, wenn die Beteiligung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben eines stillen Gesellschafters übergeht, der im voraus über den künftigen Auseinandersetzungsanspruch verfügt hat.
Normenkette
BGB § 398; HGB § 235 analog
Verfahrensgang
OLG Koblenz (Urteil vom 19.04.1996) |
LG Koblenz |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 19. April 1996 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Am 1. Januar 1987 schlossen der Beklagte und sein Bruder H. B., der Ehemann der Klägerin, einen Gesellschaftsvertrag ab, nach dem sich H. B. als stiller Gesellschafter mit einer Einlage von 200.000,– DM an dem Verpächterbetrieb E. B. beteiligte. Die Gesellschaft konnte von beiden Seiten mit einer Frist von sechs Monaten auf den Schluß eines Kalenderjahres gekündigt werden. Sie wurde durch den Tod des stillen Gesellschafters nicht aufgelöst. Durch schriftlichen Vertrag vom 18. Oktober 1989 trat H. B. der Klägerin den aus seiner stillen Beteiligung folgenden Auseinandersetzungsanspruch in Höhe eines Teilbetrages von 100.000,– DM unter der Bedingung ab, daß ihre Ehe bei Fälligkeit dieses Anspruchs durch seinen Tod aufgelöst sei. H. B. verstarb am 3. Mai 1993. Er wurde von seinen Kindern beerbt. Am 25. Juni 1993 kündigte der Beklagte im Namen einer S. GmbH & Co. KG den Gesellschaftsvertrag vom 1. Januar 1987 gegenüber der Klägerin und den Erben seines Bruders zum 31. Dezember 1993. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens (vgl. § 8 des Gesellschaftsvertrages) in Höhe von 100.000,– DM in Anspruch.
Die Klage blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin den geltend gemachten Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht verneint die Passivlegitimation des Beklagten, weil die Klägerin nicht dargetan habe, daß der Beklagte und nicht etwa eine von ihm vertretene Gesellschaft Vertragspartner des H. B. geworden sei. Hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Der Vertrag vom 1. Januar 1987 wurde nach seinem ausdrücklichen Wortlaut zwischen den Brüdern E. und H. B. geschlossen und von dem Beklagten ohne einen Vertretungszusatz unterzeichnet. Entsprechend § 164 Abs. 1 und 2 BGB wäre es daher Sache des Beklagten gewesen, vorzutragen und im Fall des Bestreitens zu beweisen, daß er den Vertrag tatsächlich in fremdem Namen schließen wollte und dieser Wille auch erkennbar hervorgetreten ist (BGHZ 85, 252, 258 f.; BGH, Urt. v. 15. Mai 1991 – VIII ZR 212/90, NJW 1991, 2958).
Aus dem Berufungsurteil wird nicht hinreichend deutlich, ob das Berufungsgericht unabhängig davon, daß es die Darlegungs- und Beweislast verkannt hat, auch aufgrund der Würdigung der von ihm im einzelnen dargelegten Umstände zu dem Fehlen der Passivlegitimation des Beklagten gelangt ist. Sollte das der Fall sein, wäre auch das fehlerhaft. Zutreffend rügt die Revision insoweit, daß das Berufungsgericht den Vortrag der Parteien nur unzureichend gewürdigt hat. So hat es sich nicht damit befaßt, daß die Parteien in ihren Schriftsätzen übereinstimmend von einer vertraglichen Verpflichtung des Beklagten ausgehen. Ferner setzt es sich nicht damit auseinander, daß der Vertrag vom 1. Januar 1987 nach seinem Wortlaut ausdrücklich von den Brüdern E. und H. B. abgeschlossen worden ist. Soweit es ausführt, die näheren „Umstände und Verhältnisse” seien beiden Parteien bekannt gewesen, trifft es zudem keine Feststellungen dazu, welche einzelnen Umstände und Verhältnisse damit gemeint sind.
Nach dem gegenwärtigen Sachstand ist daher davon auszugehen, daß der Beklagte selbst durch den Vertrag berechtigt und verpflichtet ist.
2. Die Abweisung der Klage kann auch nicht darauf gestützt werden, daß der zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann am 18. Oktober 1989 geschlossene Abtretungsvertrag den erbrechtlichen Formvorschriften nicht genügt. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen findet § 2301 Abs. 1 BGB, der Schenkungsversprechen von Todes wegen den Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen unterstellt, im vorliegenden Falle schon deswegen keine Anwendung, weil der Ehemann der Klägerin bereits zu Lebzeiten alles getan hatte, was für den Erwerb der Forderung seitens der Klägerin erforderlich war. Dementsprechend begehrt die Klägerin nicht etwa von den Erben ihres verstorbenen Ehemannes Abtretung einer ihr versprochenen Forderung, sondern sie nimmt den Beklagten als Schuldner der bereits abgetretenen Forderung in Anspruch. Das Verfügungsgeschäft, durch welches eine Handschenkung bewirkt oder ein früher erteiltes Schenkungsversprechen erfüllt wird, muß nur den allgemeinen für ein solches Geschäft vorgesehenen Voraussetzungen genügen. Im Fall der Zuwendung einer Forderung wird die Form durch die Vorschrift des § 398 BGB bestimmt, die einen formlosen Vertrag ausreichen läßt. Ob der Abtretung eine wirksame Schenkungsabrede im Sinne von § 516 Abs. 1 BGB oder ein wirksames Schenkungsversprechen im Sinne der §§ 518 Abs. 1, 2301 Abs. 1 BGB zugrunde liegt, ist nur im Verhältnis zwischen dem Beschenkten und dem Schenker bzw. dessen Erben von Belang, die eine rechtsgrundlos abgetretene Forderung kondizieren könnten. Als Schuldner der abgetretenen Forderung kann der Beklagte nur geltend machen, daß die Abtretung nicht wirksam war; aus einem – im übrigen auch nicht ersichtlichen – Mangel eines sie rechtfertigenden Grundes könnte er dagegen keine Einwendung herleiten, weil eine Abtretung auch dann wirksam ist, wenn sie ohne Rechtsgrund erfolgt.
3. Die am 18. Oktober 1989 erfolgte Abtretung ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes auch nicht dadurch hinfällig geworden, daß die stille Beteiligung des H. B. mit dessen Tod auf seine Erben übergegangen ist.
a) Bei dem Anspruch eines Gesellschafters auf das Auseinandersetzungsguthaben oder auf Abfindung handelt es sich um einen künftigen Anspruch, der erst mit der Auflösung der Gesellschaft oder dem Ausscheiden des Gesellschafters entsteht (BGH, Urt. v. 11. Juli 1988 – II ZR 281/87, ZIP 1988, 1545, 1546 m.w.N.). Auch der stille Gesellschafter hat vor Auflösung der Gesellschaft ein Mitgliedschaftsrecht (BGHZ 51, 350, 353). Der künftige Auseinandersetzungsanspruch kann zwar vor seiner Entstehung abgetreten werden. Allerdings wird die Vorausabtretung nach der Rechtsprechung des Senates hinfällig, wenn der Gesellschafter seine Beteiligung später auf einen Dritten überträgt (BGHZ 88, 205; BGHZ 104, 351, 353). Einen Erwerb der Auseinandersetzungsforderung durch den Abtretungsempfänger kann die Vorausabtretung erst dann bewirken, wenn alle gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Voraussetzungen für das Entstehen dieser Forderung in der Person des Zedenten erfüllt sind. Überträgt der Zedent seine Beteiligung einem Dritten, kann der Auseinandersetzungsanspruch nur noch in dessen Person entstehen. Die Vorausabtretung ist damit ins Leere gegangen, weil der Zedent über eine Forderung verfügt hat, die im Zeitpunkt der Verfügung noch nicht entstanden war und die später in seiner Person nicht mehr entstehen konnte. Der Abtretungsempfänger erwirbt die später entstehende Forderung in diesem Falle ebensowenig wie in demjenigen, in dem ihm eine bereits entstandene Forderung von einem Nichtberechtigten abgetreten worden wäre.
b) Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Gesellschaftsbeteiligung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben eines Gesellschafters übergeht, der im voraus über den künftigen Auseinandersetzungsanspruch verfügt hat. Denn die Abtretung hatte bereits zu einer Bindung dieses Gesellschafters geführt (BGHZ 88, 205, 206). Die rechtsgeschäftliche Verfügung war mit dem Abschluß des Abtretungsvertrages beendet. Gleichgültig, ob man sich den späteren Forderungserwerb durch den Abtretungsempfänger als einen unmittelbaren vorzustellen oder einen Durchgangserwerb des Gesellschafters anzunehmen hat, bedurfte es keiner weiteren Willenserklärung, um diesen Erwerb zu bewirken, sobald die Voraussetzungen für das Entstehen der Forderung in der Person des Gesellschafters erfüllt waren. Schließlich konnte der Gesellschafter den Forderungserwerb des Abtretungsempfängers auch nicht mehr durch eine erneute Abtretung der Forderung vereiteln. Das Berufungsgericht verkennt, daß der Erbe eines solchermaßen gebundenen Gesellschafters kein „Dritter” ist, dessen Rechtsstellung von der Vorausabtretung, die der Erblasser vorgenommen hat, unberührt bleibt. Jedenfalls im Hinblick auf solche vermögensrechtlichen Ansprüche, die aus einer im Wege der Erbfolge übergegangenen Gesellschaftsbeteiligung erwachsen, ist der Erbe in gleicher Weise gebunden, wie es der Erblasser war; denn als Gesamtrechtsnachfolger ist er in alle vermögensrechtlichen Beziehungen einschließlich der noch schwebenden oder in der Entstehung begriffenen Rechtsbeziehungen des Erblassers eingetreten (BGHZ 32, 367, 369). Gemäß § 185 Abs. 2 BGB wäre sogar eine Verfügung wirksam geworden, die der Erblasser als Nichtberechtigter getroffen hätte, wenn er von dem Berechtigten beerbt worden wäre und dieser unbeschränkt für die Nachlaßverbindlichkeiten gehaftet hätte. Daher wird auch die vom Erblasser vorgenommene Verfügung über den künftigen Auseinandersetzungsanspruch ohne weiteres wirksam, sobald die Voraussetzungen für das Entstehen dieses Anspruchs in der Person des Erben erfüllt sind.
4. Scheitert die Wirksamkeit der am 18. Oktober 1989 vorgenommenen Abtretung nicht daran, daß H. B. – wie von dem Beklagten behauptet, jedoch bisher nicht in tauglicher Weise unter Beweis gestellt – geschäftsunfähig war, hat die Klägerin den geltend gemachten Auseinandersetzungsanspruch daher erworben, wenn der Gesellschaftsvertrag wirksam gekündigt worden ist. Denn ihre Ehe ist – wie in der Abtretung vorausgesetzt – durch den Tod ihres Ehemannes aufgelöst worden, bevor der Auseinandersetzungsanspruch fällig war. Die Kündigung des Gesellschaftsvertrages ist allerdings von dem Beklagten am 25. Juni 1993 im Namen der S. GmbH & Co. KG ausgesprochen worden, die nach dem gegenwärtigen Sachstand nicht an dem Gesellschaftsvertrag beteiligt war und deswegen auch kein Kündigungsrecht hat. Das Berufungsgericht wird deshalb Feststellungen darüber zu treffen haben, ob die ausgesprochene Kündigung – wie von der Klägerin geltend gemacht – als eine solche des Beklagten zu verstehen ist.
Unterschriften
Röhricht, Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Dr. Goette, Kraemer
Fundstellen
Haufe-Index 884731 |
HFR 1998, 308 |
NJW 1997, 3370 |
NZG 1998, 62 |
Nachschlagewerk BGH |
WuB 1998, 69 |
ZIP 1997, 1589 |
DNotZ 1998, 965 |
MDR 1997, 952 |