Leitsatz (amtlich)
a) Das Vermögen einer Personengesellschaft des Handelsrechts kann im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in der Weise auf eine bis dahin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehende Personengesellschaft überführt werden, daß alle Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft ihre Beteiligungen gleichzeitig auf die BGB-Gesellschaft übertragen. Diese wird dadurch zur Inhaberin des Geschäftsbetriebs der übertragenden Gesellschaft und damit zur Handelsgesellschaft.
b) Wenn einem Gesellschafterbeschluß zunächst nur ein Teil der Gesellschafter zustimmt und die übrigen sich später – außerhalb der Gesellschafterversammlung – sollen erklären können, so sind die Zustimmenden jedenfalls dann bis zur letzten Stimmabgabe an ihre Zustimmung gebunden, wenn ein solcher Bindungswille ausdrücklich oder stillschweigend erklärt worden ist.
Normenkette
BGB § 705; HGB §§ 105, 119 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Stuttgart |
OLG Stuttgart |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. Januar 1989 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft, erstrebt mit der Klage die Feststellung, daß ein Vertrag, mit dem der Beklagten die Anteile an einer 100 %-igen Tochtergesellschaft der Klägerin verpfändet worden sind, unwirksam sei.
Die Klägerin war die Betriebsgesellschaft des Familienunternehmens B.. Eigentümerin des überwiegenden Teils des dem Unternehmen dienenden Vermögens war die B. Vermögensverwaltung, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Gesellschafter beider Gesellschaften waren im wesentlichen identisch; von den 22 Gesellschaftern der BGB-Gesellschaft hielten 19 die – sämtlichen – Beteiligungen an der Klägerin.
Um die Haftungsmasse zu vergrößern, sollten beide Gesellschaften miteinander vereinigt werden. Zu diesem Zweck beschlossen die Gesellschafter in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 23. April 1982 einen „Verschmelzungsvertrag” und eine Neufassung des Gesellschaftsvertrages der BGB-Gesellschaft, der sie die Firma „B. KG” gaben. Dieser Gesellschaft trat die zu diesem Zweck gegründete B. Verwaltungs-GmbH als persönlich haftende und einzige geschäftsführende Gesellschafterin bei; die persönlich haftenden Gesellschafter der Klägerin wurden auch persönlich haftende, jedoch von der Geschäftsführung ausgeschlossene Gesellschafter der B. KG. In dem Verschmelzungsvertrag übertrugen alle Gesellschafter der Klägerin ihre Anteile auf die B. KG. Die Verträge wurden von allen Gesellschaftern mit Ausnahme der beiden Gesellschaften angehörenden Gesellschafter H., W. und Dr. Ho. unterzeichnet. Für Frau W. und Dr. Ho. leistete Dr. Kurt B. aufgrund einer zwischen den Gesellschaftern umstrittenen testamentarischen Vollmacht die Unterschrift. Mit der Gesellschafterin H. waren schon vor dem 23. April 1982 Verhandlungen über ihr Ausscheiden geführt worden; ihr Abschluß wurde, wie es am Ende des Protokolls über die Gesellschafterversammlung vom 23. April 1982 heißt, „in Bälde” erwartet. Am 13. Oktober 1982 starb Frau H., ohne den Vertrag unterschrieben zu haben; statt ihrer stimmten am 3. November 1982 ihre Erben, die persönlich haftenden Gesellschafterinnen R. und B., dem Vertragswerk zu. Am 14. Februar 1984 genehmigte Frau W. die am 9. September 1983 durch Dr. K. B. in ihrem Namen unterzeichnete Anmeldung der B. KG zum Handelsregister; an der Anmeldung wirkten in den Jahren 1983 und 1984 auch alle anderen Gesellschafter außer Dr. Ho. mit. Dieser stimmte als letzter Gesellschafter am 7. Dezember 1984 den Verträgen vom 23. April 1982 zu.
Zwei Tage vorher, am 5. Dezember 1984, hatte jedoch die Gesellschafterin R., für die am 23. April 1982 Frau B. als Vertreterin unterschrieben hatte, gegenüber Dr. E., einem Mitglied der Geschäftsleitung der Klägerin, die Zustimmung zu dem Vertragswerk widerrufen. Auf Klage der Gesellschafter Erich W.-B. und Dr. Kurt B. verurteilte das Landgericht Stuttgart Frau R. zur Mitwirkung bei der Handelsregisteranmeldung. Aufgrund dieses vorläufig vollstreckbaren Urteils vom 7. Februar 1985 wurde die B.-KG am 10. Februar 1985 unter Hinweis auf das Urteil in das Handelsregister eingetragen. Von da an führte … sie die bis dahin von der Klägerin betriebenen Geschäfte in ihrem Namen. Auf die Berufung der Gesellschafterin R. wies das Oberlandesgericht Stuttgart durch Urteil vom 30. April 1986 unter Abänderung des Urteils des Landgerichts die Klage ab. Die dagegen eingelegte Revision wurde nach deren Annahme durch den erkennenden Senat (Beschl. v. 26. Januar 1987) am 10. März 1987 zurückgenommen.
Infolge Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens war es am 22. Januar 1986 zwischen den kreditgebenden Banken zu einer „Sicherheitenpoolvereinbarung” unter Führung der Beklagten gekommen. Die B. KG, die an diesem Vertrag mitwirkte, verpflichtete sich darin unter anderem, der Beklagten die Anteile an der B. U. GmbH zu verpfänden; diese Gesellschaft war von der Klägerin als 100 %-ige Tochtergesellschaft gegründet worden. Durch notariellen Verpfändungsvertrag vom 20. März 1986 kam die B. KG dieser Verpflichtung nach.
Durch Beschluß des Landgerichts Stuttgart vom 30. März 1987 wurde über das Vermögen der B. KG das (Anschluß-) Konkursverfahren eröffnet.
Die Klägerin ist der Ansicht, die am 23. April 1982 beschlossenen Maßnahmen seien wegen des durch die Gesellschafterin R. am 5. Dezember 1984 erklärten Widerrufs unwirksam; die B. KG habe deshalb der Beklagten die Anteile nicht wirksam verpfänden können.
Die Vorinstanzen haben die Feststellungsklage abgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Feststellungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist im Ergebnis nicht begründet.
1. Das Berufungsgericht hält die Klägerin für parteifähig, obwohl sie durch die nach seiner Ansicht letztlich als wirksam zu behandelnden Verträge vom 23. April 1982 ihren Geschäftsbetrieb endgültig aufgegeben und ihr Vermögen verloren habe. Die Klägerin, so meint es, müsse die Möglichkeit haben, ihren gegenteiligen Standpunkt im Prozeß geltend zu machen; deshalb sei für die Beurteilung der Parteifähigkeit die Richtigkeit ihrer Ansicht zu unterstellen.
Dem ist zuzustimmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt es für den Fortbestand der Rechts- und Parteifähigkeit einer Kapitalgesellschaft, daß sie ein Recht ernstlich für sich in Anspruch nimmt; besteht dieses nicht, ist der Rechtsstreit nicht durch Prozeß-, sondern durch Sachurteil zu erledigen; auch bei einer Genossenschaft ist es so (Sen. Urt. v. 23. Oktober 1958 – II ZR 127/57, WM 1959, 81, 83 m.w.N.). Für eine Personengesellschaft des Handelsrechts, die die Feststellung erreichen möchte, daß sie nicht durch Gesamtrechtsnachfolge einer anderen Gesellschaft in ihr Vermögen untergegangen sei, gilt nichts anderes.
2. In der Sache ist das Berufungsurteil im Ergebnis richtig.
Das Berufungsgericht hält die Maßnahmen vom 23. April 1982 für nicht wirksam zustande gekommen, meint aber, sie seien nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft als gültig zu behandeln. Unabhängig davon sei, so meint es, die Verpfändung der Gesellschaftsanteile durch die B. KG auch deswegen wirksam, weil die Klägerin ihr im voraus stillschweigend zugestimmt habe; denn in ihrem Verhalten sei zum Ausdruck gekommen, daß sie die Maßnahmen vom 23. April 1982 für wirksam und damit die B. KG als berechtigt angesehen habe, über das Gesellschaftsvermögen einschließlich der später verpfändeten Anteile zu verfügen. Die Revision hält beide Begründungen für unzutreffend. Darauf kommt es indessen nicht an, weil, wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht, die am 23. April 1982 getroffenen Vereinbarungen unabhängig von den Erwägungen des Berufungsgerichts zur fehlerhaften Gesellschaft und zur Zustimmung wirksam geworden sind.
a) Durch die am 23. April 1982 eingeleiteten Maßnahmen sollte das Vermögen der Klägerin in der Weise auf die an diesem Tag in „B. KG” umbenannte ursprüngliche Gesellschaft bürgerlichen Rechts übergehen, daß alle Gesellschafter der Klägerin ihre Beteiligungen auf jene Gesellschaft übertrugen und diese als Kommanditgesellschaft das Unternehmen der Klägerin fortführte. Eine solche Vereinigung zweier Personengesellschaften durch Übertragung ist grundsätzlich möglich. Durch das Zusammenfallen der Anteile an der übertragenden in der Hand der übernehmenden Gesellschaft wird diese alleinige Gesellschafterin der ersteren, die damit als solche wegen Fehlens eines weiteren Gesellschafters erlischt; ihr Vermögen geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft über (vgl. Barz, Beiträge zum Zivil- und Wirtschaftsrecht [Festschrift Ballerstedt], 1975, S. 143, 146; Staub/Ulmer, HGB 4. Aufl. vor § 105 Rdn. 22).
Im vorliegenden Fall war die übernehmende Gesellschaft jedenfalls zunächst eine BGB-Gesellschaft. Es handelte sich bei ihr um eine reine Besitzgesellschaft; nicht sie, sondern die Klägerin war Trägerin des Unternehmens, für das jene lediglich einen – wenn auch offenbar den wesentlichen – Teil des Betriebsvermögens zur Verfügung stellte. Nach der Rechtsprechung des Senats betreibt eine Personengesellschaft, die sich auf die Verpachtung eines Betriebs oder einzelner Betriebsgegenstände beschränkt, kein Handelsgewerbe (BGHZ 32, 307, 310 ff.; Sen. Urt. v. 13. November 1961 – II ZR 202/60, WM 1962, 10, 12; a.A. Hopt, ZGR 1987, 145, 171; Baumbach/Duden/Hopt, HGB 28. Aufl. § 2 Anm. 1 B; ablehnend dazu K. Schmidt, DB 1990, 93, 94). Geht man hiervon aus, dann konnte im vorliegenden Fall die Gesellschaft auch dadurch nicht zu einer Handelsgesellschaft werden, daß sie in dem neuen Gesellschaftsvertrag, der am 23. April 1982 beschlossen werden sollte, als Kommanditgesellschaft bezeichnet wurde. Im Verschmelzungsvertrag heißt es zwar, die Gesellschaft habe einen vollkaufmännischen Geschäftsbetrieb aufgenommen und sei dadurch kraft Gesetzes zur Kommanditgesellschaft geworden. Es fehlt aber an jeglichem Parteivortrag dazu, inwiefern sich an der Betätigung der Gesellschaft bis dahin etwas geändert hätte. Die Klägerin hat im Gegenteil vorgetragen, die Gesellschaft habe bis zu ihrer Eintragung in das Handelsregister keinen vollkaufmännischen Geschäftsbetrieb aufgenommen.
Handelte es sich danach bei der übernehmenden Gesellschaft bis zu den Anteilsübertragungen um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, dann stellt sich die Frage, ob eine BGB-Gesellschaft die übernehmende Gesellschafterin bei einer Verschmelzung der von den Beteiligten hier vorgesehenen Art sein kann. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann nach der Rechtsprechung des Senats nicht Gesellschafterin einer handelsrechtlichen Personengesellschaft sein (BGHZ 46, 291, 296; Urt. v. 22. November 1965 – II ZR 102/63, WM 1966, 188, 190 und v. 7. Juli 1986 – II ZR 167/85, WM 1986, 1280). Ob dies richtig ist, wird in einem Teil des neueren Schrifttums in Zweifel gezogen (vgl. K. Schmidt, DB 1990, 93, 94 ff. m.w.N.). Dazu braucht hier nicht Stellung genommen zu werden, weil auch auf dem Boden der bisherigen Senatsrechtsprechung keine durchgreifenden Bedenken bestehen, eine Vertragsgestaltung, wie sie hier gewählt worden ist, zuzulassen.
Ausschlaggebend dafür, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht als Gesellschafterin einer handelsrechtlichen Personengesellschaft zuzulassen, war, daß eine solche Gesellschaft nicht geschlossen als Einheit nach außen hin auftreten kann (vgl. A. Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 4. Aufl. S. 23) und daß wegen der fehlenden Registerpublizität die persönliche Haftung der einzelnen Gesellschafter nur mit Schwierigkeiten verwirklicht werden könnte (vgl. Staub/Ulmer aaO § 105 Rdn. 96). Diese Gründe kommen in einem Fall wie dem hier zu beurteilenden nicht zum Tragen. Übertragen alle Gesellschafter einer Personengesellschaft des Handelsrechts ihre Beteiligungen gleichzeitig auf eine BGB-Gesellschaft, dann wird diese dadurch selbst zur Inhaberin des Geschäftsbetriebs der übertragenden Gesellschaft und damit zur Handelsgesellschaft. Der Übergang des Geschäftsbetriebs setzt nicht voraus, daß die übernehmende Gesellschaft schon vor den Anteilsübertragungen eine Handelsgesellschaft war. Es ist hier nicht anders als auch sonst, wenn eine offene Handelsgesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft ihre Geschäfte schon vor der Eintragung in das Handelsregister beginnt. Nach § 123 Abs. 2 HGB wird die Gesellschaft damit nach außen hin wirksam. Diese Folge tritt nicht erst ein, wenn das den Gesellschaftszweck bildende Unternehmen in vollem Umfang in Betrieb gesetzt worden ist; vielmehr macht schon die erste dem Gesellschaftszweck dienende, einem Dritten gegenüber vorgenommene Rechtshandlung, auch wenn es nur eine Vorbereitungshandlung ist, die Gesellschaft zur Handelsgesellschaft (vgl. Fischer, GroßKomm. z. HGB 3. Aufl. § 123 Anm. 12; Baumbach/Duden/Hopt aaO § 123 Anm. 4 C). Im vorliegenden Fall stellte der Erwerb der Anteile an der Klägerin eine solche Vorbereitungshandlung dar. Trotz weitgehender Identität der Gesellschafter war der Anteilserwerb kein nur innergesellschaftsrechtliches Rechtsgeschäft. Im übrigen würde, wenn man das anders sähe, nichts dagegen sprechen, die Übertragungsverträge jedenfalls im Zeitpunkt der Registereintragung als nach außen hin wirksam geworden anzusehen; die Geschäfte sind erst von da an unter der Firma der B. KG geführt worden. In keinem Fall ist durch die am 23. April 1982 eingeleiteten Maßnahmen ein Zustand geschaffen worden, bei dem eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gesellschafterin einer daneben fortbestehenden handelsrechtlichen Personengesellschaft ist.
b) Die beiden in der Gesellschafterversammlung vom 23. April 1982 behandelten Verträge bedurften mangels einer anderweitigen Bestimmung in den Gesellschaftsverträgen der Zustimmung aller Gesellschafter. Von diesen haben zunächst drei Gesellschafter nicht zugestimmt, nämlich die Gesellschafterinnen H. und W. sowie der Gesellschafter Dr. Ho.. Soweit für die beiden letzteren Dr. Kurt B. die Verträge unterzeichnet hat, geschah dies aufgrund einer testamentarischen Vollmacht, deren Wirksamkeit unter den Gesellschaftern umstritten war. Das Berufungsgericht hat zu dieser Frage nicht Stellung genommen und in tatsächlicher Hinsicht dazu nichts festgestellt; in dem gegen die Gesellschafterin R. wegen der Mitwirkung bei der Registereintragung geführten Prozeß ist die Wirksamkeit der testamentarischen Vollmacht im Berufungsurteil vom 30. April 1986 verneint worden. Für die Revisionsinstanz ist daher davon auszugehen, daß außer der Gesellschafterin H. auch Dr. Ho. und Frau W. am 23. April 1982 nicht wirksam zugestimmt haben. Trotzdem war damit, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat und die Parteien im Revisionsverfahren auch nicht in Zweifel ziehen, das Vertragswerk noch nicht endgültig gescheitert. Sowohl bei Abschluß eines Gesellschaftsvertrages als auch bei Gesellschafterbeschlüssen und bei diesen wiederum unabhängig davon, ob sie Geschäftsführungsmaßnahmen oder Gesellschaftsvertragsänderungen zum Gegenstand haben, können die Erklärungen der einzelnen Gesellschafter nacheinander und auch außerhalb einer Gesellschafterversammlung abgegeben werden, solange die Abstimmung nicht abgeschlossen ist (RGZ 128, 172, 177; RGZ 163, 385, 392 f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I S. 177; Staub/Ulmer aaO § 105 Rdn. 156). Im vorliegenden Fall war mit Schließung der Gesellschafterversammlung am 23. April 1982 über das Schicksal der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen noch nicht entschieden. Die aus der Sicht des Versammlungsleiters allein noch fehlende Zustimmung der Gesellschafterin H. wurde noch („in Bälde”) erwartet.
Die drei Gesellschafter, die den Maßnahmen am 23. April 1982 nicht zugestimmt hatten, haben dies später nachgeholt. Das Berufungsgericht meint jedoch, am 7. Dezember 1984, als Dr. Ho. als letzter die Zustimmung erteilte, hätten keine annahmefähigen Erklärungen der übrigen Gesellschafter mehr vorgelegen. Die Revision weist – in anderem Zusammenhang – außerdem darauf hin, daß es nach dem durch die Gesellschafterin R. am 5. Dezember 1984 erklärten Widerruf am 7. Dezember 1984 keine Willensübereinstimmung aller Gesellschafter mehr gegeben habe. Indessen ist ersteres nicht richtig und letzteres unerheblich.
Nach einer verbreiteten Meinung werden Gesellschafterbeschlüsse, die nicht in einem einzigen Akt gefaßt werden, nur unter der Voraussetzung wirksam, daß bei Zustimmung des letzten Gesellschafters die anderen noch an der Stimmabgabe festhalten (RGZ 128, 172, 177; Fischer aaO § 119 Rdn. 3; Ulmer, MünchKomm zum BGB 2. Aufl. § 709 Rdn. 65; vgl. auch Wiedemann aaO S. 179; offengelassen in RGZ 163, 385, 392 f., wonach das nachträglich erklärte Einverständnis eines Gesellschaftersjedenfalls so lange zur Wirksamkeit des – im dortigen Fall vertragsändernden – Beschlusses führt, wie die anderen an der von ihnen getroffenen Einigung festhalten). Ob das so allgemein richtig ist, kann hier dahingestellt bleiben. Auch wenn man davon ausgeht, daß die Gesellschafter, die einem Beschluß bereits zugestimmt haben, grundsätzlich daran nicht gebunden sind, solange der Beschluß mangels der erforderlichen Stimmenzahl nicht zustande gekommen ist, kann das im Einzelfall anders sein, wenn die zustimmenden Gesellschafter ausdrücklich oder stillschweigend einen solchen Bindungswillen erklären. So war es hier. Der Senat kann dies aufgrund eigener Würdigung beurteilen, weil dafür keine zusätzlichen Tatsachenfeststellungen erforderlich sind.
Der Verschmelzungsvertrag und die zu seiner Durchführung vorgesehene Neufassung des Gesellschaftsvertrages der BGB-Gesellschaft B. Vermögensverwaltung waren, bevor sie am 23. April 1982 zur Abstimmung gestellt wurden, bis in die letzten Einzelheiten vorbereitet worden; sie lagen schriftlich vor. Über das Vertragswerk hatten, wenn man von der neu eintretenden B. Verwaltungs-GmbH absieht, 22 Gesellschafter zu beschließen. Das Ergebnis der Beschlußfassung wurde nicht nur im Protokoll festgehalten, sondern die Gesellschafter, die die Verträge billigten, setzten ihre Unterschrift darunter. Im Protokoll heißt es dazu: „Danach” (also nach der Aussprache) „findet die Unterzeichnung der Gesellschaftsverträge statt.” Als sich herausstellte, daß nicht sofort die Zustimmung aller Gesellschafter zu erlangen war, wurde im Protokoll die Erwartung festgehalten, daß die Gesellschafterin H. in Kürze zustimmen werde. In dieser Situation hätte es den Interessen der Gesamtheit der Gesellschafter, die die Verträge bereits unterschrieben hatten, nicht entsprochen, wenn jeder einzelne von ihnen, der vielleicht mit einer bestimmten Vertragsbestimmung unzufrieden war, sein Einverständnis wieder hätte zurücknehmen können, solange nicht der letzte Gesellschafter zugestimmt hatte. Anderenfalls wäre angesichts der verhältnismäßig großen Gesellschafterzahl das Zustandekommen des komplizierten Vertragswerks erheblich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht worden. Jedenfalls unter den hier gegebenen Umständen waren die Gesellschafter, die ihre Zustimmung durch schriftliche Erklärung bereits erteilt hatten, hieran grundsätzlich gebunden, bis der letzte Gesellschafter sich endgültig geäußert hatte.
Allerdings kann in einem solchen Fall die Bindung unter Umständen schon vorher entfallen. So ist es insbesondere dann, wenn eine Frist bestimmt ist, bis zu deren Ablauf die noch unentschlossenen Gesellschafter sich entscheiden müssen. Eine solche Fristbestimmung läßt sich hier indessen daraus, daß die Erklärung der Gesellschafterin H. „in Bälde” beigebracht werden sollte, nicht entnehmen. Darin drückte sich nur die Hoffnung aus, daß das Vertragswerk alsbald endgültig Zustandekommen möge. Freilich werden die Beteiligten nicht daran gedacht haben, daß es mehr als 2 1/2 Jahre dauern könnte, bis es so weit war. Ihnen war aber bekannt, daß mit der Gesellschafterin H. schon vor dem 23. April 1982 Verhandlungen über deren Ausscheiden geführt worden waren, die noch nicht hatten abgeschlossen werden können. Außerdem hatte sich, wie dem Protokoll zu entnehmen ist, der in der Gesellschafterversammlung anwesende Gesellschafter Dr. Ho. für sich und Frau W. eine nicht näher bestimmte „Bedenkfrist” vorbehalten. Dr. Kurt B. unterschrieb zwar daraufhin seinerseits für diese beiden Gesellschafter die Verträge aufgrund der erwähnten testamentarischen Vollmacht. Daß dies aber nicht unproblematisch war, kam schon darin zum Ausdruck, daß Dr. B. seine Unterschrift mit einer Zusatzerklärung versah, in der er seine „persönliche Haftung für das Bestehen der Vertretungsmacht” ausdrücklich ausschloß. Bei diesen Gegebenheiten läßt sich nicht feststellen, daß eine Bindungsfrist von mehr als 2 1/2 Jahren von vornherein hätte ausgeschlossen sein sollen. Den zustimmenden Gesellschaftern kam es vielmehr darauf an, die Verträge nach Möglichkeit zustande zu bringen.
Das zeigt auch die weitere Entwicklung. Mit allen drei Gesellschaftern, um die es noch ging, wurden, wie dem insoweit unstreitigen Tatsachenvortrag zu entnehmen ist, Verhandlungen über ihr Ausscheiden geführt. Diese konnten, was die Gesellschafterin Hanke betrifft, offenbar bis zu deren Tod im Oktober 1982 nicht abgeschlossen werden. Anstelle von Frau H. erteilten ihre Erbinnen R. und B. in einer schriftlichen Erklärung vom 3. November 1982 die Zustimmung zu den Verträgen. Die Verhandlungen mit Dr. Ho. wurden erst im Dezember 1984 zu Ende geführt. Die Klägerin selbst hat dazu vorgetragen, der Zustimmung Dr. Ho. seien zähe Verhandlungen über die Konditionen der von ihm gewünschten Anteilsveräußerung vorausgegangen. Von besonderer Bedeutung ist, daß in den Jahren 1983/84 alle Gesellschafter außer Dr. Ho. an der Anmeldung zum Handelsregister mitgewirkt haben. Schließlich hat, wie sich dem im Rechtsstreit gegen Frau R. ergangenen Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. April 1986 entnehmen läßt, diese Gesellschafterin noch im November 1984 das schon früher von ihr entsandte Verwaltungsratsmitglied F. durch Rechtsanwalt O. ersetzt; der Verwaltungsrat war als Gesellschaftsorgan erstmals in der am 23. April 1982 zur Abstimmung gestellten Neufassung des Gesellschaftsvertrages der „B. KG” vorgesehen. Unter diesen Umständen bedurfte es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keines weiteren Tatsachenvortrags dazu, daß die Bindung am 7. Dezember 1984 noch nicht weggefallen war. Es hätten vielmehr umgekehrt besondere Umstände dafür vorgetragen werden müssen, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt die noch ausstehende Zustimmung Dr. Ho. nicht mehr zu erwarten gewesen und auch nicht mehr ernsthaft angestrebt worden sei. Daran fehlt es. Sie können nicht, wie das Berufungsgericht meint, darin gesehen werden, daß die Gesellschafterin R. sich kurz vor Abschluß der Verhandlungen mit Dr. Ho. von dem unter den übrigen Gesellschaftern bestehenden Einvernehmen zu lösen versuchte.
c) Die B. KG hat danach das Vermögen der Klägerin im Wege der Gesamtrechtsnachfolge wirksam erworben. Deshalb ist der zwischen ihr und der Beklagten am 20. März 1986 geschlossene Vertrag über die Verpfändung der Anteile an der B. U. GmbH ebenfalls wirksam.
Unterschriften
Boujong, Brandes, Dr. Hesselberger, Röhricht, Stodolkowitz
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 19.02.1990 durch Spengler Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BB 1990, 869 |
DB 1990, 982 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1990, 505 |
JuS 1990, 1020 |