Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragliches Widerrufsrecht einer Beitrittserklärung zu GbR. Fristbeginn. Widerrufsbelehrungsanforderungen. Nicht vorliegende Haustürsituation
Leitsatz (amtlich)
a) Ist beim Abschluss eines Vertrags zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher von diesem eine Widerrufsbelehrung zu unterschreiben, bedarf es konkreter Anhaltspunkte dafür, dass bei Fehlen der Voraussetzungen eines gesetzlichen Widerrufsrechts (hier: mangels Haustürsituation) die Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts nur dann in Gang gesetzt werden soll, wenn der Unternehmer dem Verbraucher zusätzlich eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht (hier: §§ 312, 355 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 20.11.2001, BGBl. I, 3138) entspricht.
b) Für die Annahme, dass der Fristbeginn auch im Falle eines möglicherweise vereinbarten vertraglichen Widerrufsrechts von einer den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht genügenden Belehrung abhängig sein soll, reicht nicht aus, dass sich der Unternehmer bei der Formulierung der Widerrufsbelehrung an den Vorgaben des gesetzlichen Widerrufsrechts orientiert hat und im Falle des Eingreifens eines gesetzlichen Widerrufsrechts mit der Belehrung die gesetzlichen Anforderungen erfüllen wollte.
Normenkette
BGB § 355
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Düsseldorf vom 7.4.2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin trat mit Beitrittserklärung vom 1.12.2005, die am 8.12.2005 angenommen wurde, der Beklagten, einem geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bei. Sie erklärte den Beitritt aufgrund der Vermittlung des N. B. in ihrer Privatwohnung. Unter den in dem Beitrittsformular angebotenen Beteiligungsmöglichkeiten wählte sie das Beteiligungsprogramm Multi B und verpflichtete sich zu einer Einmalzahlung i.H.v. 8.000 EUR zzgl. 5 % Agio und monatlichen Ratenzahlungen i.H.v. 100 EUR zzgl. 5 % Agio über einen Zeitraum von 30 Jahren (Vertragssumme: 46.200 EUR). Die Einmalzahlung und die erste Rate waren am 1.2.2006 fällig.
Rz. 2
Mit Erklärung vom 30.1.2006, von der Beklagten angenommen am 1.3.2006, verringerte sie ihre versprochene Einmalzahlung auf 6.000 EUR zzgl. 5 % Agio, so dass sich die Vertragssumme nunmehr auf 44.100 EUR belief; zudem war die Einmalzahlung nunmehr erst am 1.3.2006 fällig.
Rz. 3
Beide Beitrittsformulare enthalten folgende, von der Klägerin unterschriebene Widerrufsbelehrung:
Widerrufsbelehrung Ich bin an meine auf den Abschluss der oben genannten Beitrittserklärung gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe. Die M. GbR verzichtet auf ein etwaiges vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts nach den gesetzlichen Bestimmungen (§§ 312d Abs. 3, 355 Abs. 3 BGB). Mit dem Widerruf meiner Willenserklärung kommt auch meine Beteiligung an der M. GbR nicht wirksam zustande. Form des Widerrufs Der Widerruf muss in Textform (z.B. Brief, Fax) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Fristablauf Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem ich diese Widerrufsbelehrung unterschrieben habe und mir - ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und - mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde bzw. meines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Adressat des Widerrufs Der Widerruf ist zu senden an die M. GbR c/o P. GmbH & Co. KG, G. str. 54, M., Telefon: (0) 6, Fax: (0) 6 Widerruf bei bereits erhaltenen Leistungen Habe ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits Leistungen von der M. GbR und/oder der P. GmbH & Co. KG erhalten, so kann ich mein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Widerrufe ich in diesem Fall, so muss ich empfangene Leistungen jedoch binnen 30 Tagen an die M. GbR bzw. P. GmbH & Co. KG zurückgewähren und der M. GbR bzw. P. GmbH & Co. KG die von mir aus den Leistungen gezogenen Nutzungen herausgeben. Die Frist beginnt mit Absendung des Widerrufs. Kann ich die von der M. GbR bzw. P. GmbH & Co. KG mir gegenüber erbrachten Leistungen ganz oder teilweise nicht zurückgewähren - beispielsweise weil dies nach dem Inhalt der erbrachten Leistungen ausgeschlossen ist -, so bin ich verpflichtet, insoweit Wertersatz zu leisten. Dies gilt auch für den Fall, dass ich die von der M. GbR bzw. P. GmbH & Co. KG erbrachten Leistungen bestimmungsgemäß genutzt habe. Die Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nehme.
Rz. 4
Die Klägerin erbrachte die Einmalzahlung und leistete 40 Monatsraten. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 16.6.2009 erklärte sie den Widerruf ihrer Beteiligung und leistete keine Zahlungen mehr.
Rz. 5
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - die Feststellung, dass der Gesellschaftsvertrag zwischen ihr und der Beklagten durch ihren Widerruf beendet sei und die Beklagte aus dem Gesellschaftsvertrag keine rechtlichen Verpflichtungen mehr herleiten könne.
Rz. 6
Das LG hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Rz. 7
Die Revision der Beklagten hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Rz. 8
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 9
Die Klägerin habe mit Schreiben vom 16.6.2009 ihre Beteiligung an der Beklagten wirksam widerrufen. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Beitritt in einer sog. Haustürsituation erfolgt sei und ob der Klägerin deshalb ein gesetzliches Widerrufsrecht zustehe. Denn die Beklagte habe der Klägerin ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt, hinsichtlich dessen dieselben Belehrungspflichten bestanden hätten wie bei einem gesetzlichen Widerrufsrecht. Da die erteilte Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspreche, sei die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden und die Klägerin habe am 16.6.2009 die Beteiligung noch wirksam widerrufen können.
Rz. 10
II. Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe ihre Beteiligung an der Beklagten wirksam widerrufen, ist nicht frei von Rechtsfehlern.
Rz. 11
1. Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum kann ein Widerrufsrecht nicht nur von Gesetzes wegen bestehen, sondern grundsätzlich auch im Vereinbarungswege festgelegt werden. Danach können Vertragspartner - als Ausprägung der Vertragsfreiheit - ein Widerrufsrecht vertraglich vereinbaren und für die nähere Ausgestaltung sowie die Rechtsfolgen auf die §§ 355, 357 BGB verweisen (vgl. Staudinger/Kaiser, BGB [2004], § 355 Rz. 11; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., Vorb v § 355 Rz. 5; Bamberger/Roth/Grothe, BGB, 2. Aufl., § 355 Rz. 4; NK-BGB/Ring, 2. Aufl., § 355 Rz. 26; zur vertraglichen Vereinbarung einer Verlängerung der Widerrufsfrist vgl. BGH, Urt. v. 13.1.2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rz. 16 f.).
Rz. 12
2. Ob einer Widerrufsbelehrung, die keine Beschränkung darauf enthält, dass sie nur in gesetzlich vorgesehenen Fällen gelten soll, die Vereinbarung eines vertraglichen Widerrufsrecht entnommen werden kann, kann hier dahingestellt bleiben (vgl. zu dieser Problematik BGH, Urt. v. 15.10.1980 - VIII ZR 192/79, WM 1980, 1386, 1387, insoweit in BGHZ 78, 248 nicht abgedruckt; Urt. v. 30.6.1982 - VIII ZR 115/81, WM 1982, 1027; Urt. v. 6.12.2011 - XI ZR 401/10, ZIP 2012, 262 Rz. 17 und - XI ZR 442/10, juris Rz. 24; OLG Hamburg, Urt. v. 19.6.2009 - 11 U 210/06, juris Rz. 121; OLG Köln, Urt. v. 22.7.2009 - 27 U 5/09, juris Rz. 22 f.; Münch KommBGB/Masuch, 6. Aufl., § 360 Rz. 15; Ebnet, NJW 2011, 1029, 1030 f.; Godefroid, Verbraucherkreditverträge, 3. Aufl., Rz. 486 f.; Münscher, WuB I G 1.5.2003; Corzelius, EWiR 2009, 243, 244; Tetzlaff, GWR 2012, 88). Denn die Klägerin hätte ein ihr vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht jedenfalls nicht fristgemäß ausgeübt.
Rz. 13
a) Die Klägerin war - ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht unterstellt - nach der Widerrufsbelehrung berechtigt, ihre Beitrittserklärung binnen zwei Wochen zu widerrufen. Der Lauf der Frist hätte danach einen Tag, nachdem sie die Widerrufsbelehrung unterschrieben hatte und ihr ein Exemplar der Belehrung sowie ihr schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde bzw. ihres Vertragsantrags zur Verfügung gestellt worden waren, begonnen. Diese Zweiwochenfrist, die demnach am 31.1.2006 zu laufen begonnen hätte, wäre am 16.6.2009, als ihr Prozessbevollmächtigter den Widerruf erklärte, längst abgelaufen gewesen.
Rz. 14
b) Für den Beginn der Widerrufsfrist kommt es nicht darauf an, ob die Widerrufsbelehrung den Anforderungen an eine Belehrung über ein gesetzliches Widerrufsrecht entspricht. Den Formulierungen des Beitrittsformulars lässt sich - wenn man der Widerrufsbelehrung überhaupt die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts entnehmen wollte - im Wege der Auslegung jedenfalls nicht entnehmen, die Beklagte habe der Klägerin nicht nur ein vertragliches Widerrufsrecht mit der in der Widerrufsbelehrung beschriebenen Ausgestaltung einräumen wollen, sondern sich darüber hinaus auch verpflichtet, ihr gegenüber alle im Falle eines gesetzlichen Widerrufsrechts einzuhaltenden gesetzlichen Belehrungspflichten erfüllen zu wollen und ihr bei deren Nichteinhaltung ein unbefristetes Widerrufsrecht einzuräumen.
Rz. 15
aa) Bei der Auslegung der Vertragserklärung ist der Hintergrund der gesetzlichen Widerrufsvorschriften in den Blick zu nehmen:
Rz. 16
Die Fälle des gesetzlichen Widerrufsrechts, die eine Durchbrechung des Grundsatzes "pacta sunt servanda" darstellen, sind enumerativ und abschließend geregelt (§ 355 Abs. 1 Satz 1 BGB) und knüpfen an bestimmte gesetzliche Merkmale an (s. insoweit auch BGH, Urt. v. 6.12.2011 - XI ZR 401/10, ZIP 2012, 262 Rz. 17 und - XI ZR 442/10, juris Rz. 24). Wird einem Vertragspartner vertraglich ein Widerrufsrecht eingeräumt, das ihm nach dem Gesetz nicht zusteht, z.B. weil der Vertragsschluss außerhalb einer "Haustürsituation" erfolgt und es daher an der vom Gesetz typisierten Situation eines strukturellen Ungleichgewichts fehlt, kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass sich die Vertragspartner gleichwohl in einer solchen Situation begegnen. Sie sind vielmehr grundsätzlich als vom Gesetz gleichgewichtig eingeschätzte Vertragspartner anzusehen. Dann bestimmt sich der Inhalt des Widerrufsrechts aber auch ausschließlich durch Auslegung ihrer vertraglichen Vereinbarung.
Rz. 17
bb) Vor diesem Hintergrund bedarf es dann, wenn ein Unternehmer einem Verbraucher, ohne dazu gesetzlich verpflichtet zu sein, ein Widerrufsrecht eingeräumt hat, konkreter Anhaltspunkte in der getroffenen Vereinbarung dafür, dass zwar das Widerrufsrecht als solches von den gesetzlichen Voraussetzungen (z.B. einer Haustürsituation) unabhängig sein soll, gleichwohl die für die Ausübung des Widerrufsrechts vereinbarte Frist nur dann in Gang gesetzt werden soll, wenn der Unternehmer dem Anleger zusätzlich eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht (hier: §§ 312, 355 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 20.11.2001, BGBl. I, 3138) entspricht.
Rz. 18
Derartige Anhaltspunkte bestehen vorliegend nicht. Ein vernünftiger Empfänger der Erklärung der Beklagten konnte den Formulierungen der Widerrufsbelehrung nicht entnehmen, dass die Beklagte sich für den Fall, dass ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, verpflichten wollte, dem Anleger vertraglich ein unbefristetes Widerrufsrecht einräumen zu wollen, wenn die von ihr in der Widerrufsbelehrung genannten Voraussetzungen des Widerrufsrechts nicht den vom Gesetz für ein gesetzliches Widerrufsrecht aufgestellten Anforderungen genügten.
Rz. 19
Für die gegenteilige Auslegung reicht es nicht aus, dass sich die Beklagte bei den Formulierungen an den Vorgaben des gesetzlichen Widerrufsrechts orientiert hat. Dies ist ersichtlich lediglich dem Umstand geschuldet, dass die Widerrufsbelehrung für den Fall des Eingreifens einer gesetzlichen Verpflichtung zur Belehrung in das Formular aufgenommen wurde, und besagt deshalb nichts für einen Willen der Beklagten, nicht bestehende Belehrungspflichten übernehmen und erfüllen zu wollen. Ebenso wenig folgt aus der Tatsache, dass die Beklagte selbstverständlich beabsichtigte, im Falle des Eingreifens eines gesetzlichen Widerrufsrechts mit der Belehrung die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, aus der Sicht eines verständigen Empfängers ein Anhaltspunkt dafür, dass er sein (möglicherweise vertragliches) Widerrufsrecht unter anderen als unter den formulierten Voraussetzungen werde ausüben können.
Rz. 20
Auch aus dem Umstand, dass die Beklagte unter Hinweis auf §§ 312d Abs. 3, 355 Abs. 3 BGB auf ein "etwaiges vorzeitiges Erlöschen" des Widerrufsrechts nach diesen Vorschriften verzichtet hat, folgt aus der maßgeblichen Sicht des Anlegers nicht, dass die Beklagte die gesetzlichen Belehrungspflichten auch in dem Fall erfüllen wollte, dass der Vertragsschluss nicht in einer Haustürsituation erfolgte. Es kann dahinstehen, ob der in der Widerrufsbelehrung erklärte Verzicht auf ein vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts nach den gesetzlichen Bestimmungen überhaupt dahin ausgelegt werden kann, er solle ggf. auch dann gelten, wenn die gesetzlichen Bestimmungen mangels Vorliegens eines gesetzlichen Widerrufsrechts schon nicht anwendbar sind und allenfalls ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht in Rede steht. Jedenfalls kommt in diesem Verzicht nicht zum Ausdruck, dem Anleger sämtliche Rechte, die das Gesetz dem Verbraucher in der besonders schutzwürdigen Situation eines Geschäftsabschlusses in einer Haustürsituation gewährt, selbst dann einräumen zu wollen, wenn eine solche Situation nicht gegeben ist. Der Verbraucher kann der Erklärung allenfalls entnehmen, dass der Unternehmer ihm damit ein Widerrufsrecht unter den in der Belehrung formulierten Voraussetzungen einräumt. Die Bezugnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen ist für ihn nur insoweit von Bedeutung, als das ihm gegenüber formulierte Widerrufsrecht (dadurch) nicht eingeschränkt wird.
Rz. 21
cc) Etwas anderes folgt entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht aus der Entscheidung des XI. Zivilsenats des BGH vom 23.6.2009 (- XI ZR 156/08, ZIP 2009, 1512 Rz. 17). Die Entscheidung betrifft den Umfang der zu erfüllenden Belehrungspflichten bei einem gesetzlichen Widerrufsrecht (§ 495 i.V.m. § 355 BGB) durch die möglicherweise zur Belehrung nicht verpflichtete dortige Klägerin und nicht den Fall eines vertraglich eingeräumten Widerrufsrechts.
Rz. 22
III. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend selbst entscheiden (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Rz. 23
Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zu der zwischen den Parteien streitigen Frage getroffen, ob der Beitritt der Klägerin in einer sog. Haustürsituation gem. § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB (in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 20.11.2001, BGBl. I, 3138) erfolgt ist. Diese Vorschrift findet auf Verträge über den Beitritt zu einer Gesellschaft, die wie die Beklagte der Kapitalanlage dienen soll, nach der vom Gerichtshof der Europäischen Union bestätigten (Urt. v. 15.4.2010 - C 215/08, ZIP 2010, 772) ständigen Rechtsprechung des Senats Anwendung (s. hierzu nur BGH, Urt. v. 12.7.2010 - II ZR 292/06, BGHZ 186, 167 Rz. 12 - FRIZ II).
Rz. 24
Die erforderlichen Feststellungen wird es in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung nach ggf. ergänzendem Vortrag der Parteien nachzuholen haben.
Rz. 25
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Rz. 26
1. Sollte das Berufungsgericht zu der Feststellung gelangen, dass die Klägerin unter den Voraussetzungen des § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB der Beklagten beigetreten ist, wäre der dann nach §§ 312, 355 BGB grundsätzlich mögliche Widerruf vom 16.6.2009 nicht verfristet. Die Widerrufsbelehrung in dem Beitrittsformular entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen der auf den Fall (noch) anwendbaren §§ 312 Abs. 2, 355 Abs. 3 BGB.
Rz. 27
a) Der Schutz des Verbrauchers erfordert nach der ständigen Rechtsprechung des BGH eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (s. nur BGH, Urt. v. 4.7.2002 - I ZR 55/00, ZIP 2002, 1730, 1731; Urt. v. 12.4.2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rz. 13; Urt. v. 10.3.2009 - XI ZR 33/08, BGHZ 180, 183 Rz. 14; s. nunmehr § 360 Abs. 1 BGB). Die Widerrufsbelehrung hat dem Verbraucher die ihm durch den Widerruf eröffneten wesentlichen Rechte und Pflichten bewusst zu machen; in ihr sind die tatsächlichen materiellen Rechtsfolgen der Erklärung des Widerrufs abzubilden (vgl. BGH, Urt. v. 12.4.2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rz. 11, 13 ff.; Urt. v. 2.2.2011 - VIII ZR 103/10, ZIP 2011, 572 Rz. 17).
Rz. 28
b) Diesen Anforderungen genügt die der Klägerin erteilte Belehrung nicht, ohne dass der Senat an dieser Stelle entscheiden müsste, wie die Widerrufsbelehrung im Falle des Widerrufs einer Beteiligung an einer Anlagegesellschaft im Einzelnen formuliert werden muss (Probleme insoweit aufzeigend Podewils, MDR 2010, 117 ff.; Guggenberger, ZGS 2011, 397 ff.). Die Belehrung entspricht schon deshalb nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil sie lediglich auf aus dem Widerruf folgende Pflichten der Klägerin hinweist, nicht jedoch darauf, wie sich der Widerruf auf (etwaige) Rechte der Klägerin im Hinblick auf von ihr bereits an die Beklagte geleistete Zahlungen auswirkt. Ein solcher Hinweis war unentbehrlich, weil die Klägerin nach den vertraglichen Fälligkeitsbestimmungen Ratenzahlungen bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist leisten musste.
Rz. 29
2. Sollte das Ergebnis der Feststellungen sein, dass die Klägerin wirksam widerrufen hat, wird das Berufungsgericht auf eine Klarstellung ihres Feststellungsantrags hinzuwirken haben.
Rz. 30
Der Widerruf der Beitrittserklärung führt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zur Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft und zur Ermittlung des Wertes des Gesellschaftsanteils des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters im Zeitpunkt seines Ausscheidens (s. nur BGH, Urt. v. 2.7.2001 - II ZR 304/00, BGHZ 148, 201, 207 f.; Urt. v. 12.7.2010 - II ZR 292/06, BGHZ 186, 167 Rz. 11 f. - FRIZ II; Urt. v. 17.5.2011 - II ZR 285/09, ZIP 2011, 1359 Rz. 14, 17). Die Anwendung der Grundsätze über den fehlerhaften Beitritt kann für den widerrufenden Gesellschafter zum einen dazu führen, dass ein Abfindungsguthaben wegen während seiner Mitgliedschaft eingetretener, von ihm mitzutragender Verluste der Gesellschaft geringer ist als seine Einlageleistung; ihre Anwendung kann sogar dazu führen, dass wegen der von der Gesellschaft während der Dauer der Mitgliedschaft des Widerrufenden erwirtschafteten Verluste das Abfindungsguthaben negativ ist, der widerrufende Gesellschafter also nicht nur seine Einlage nicht zurückerhält, sondern seinerseits zu Zahlungen an die Gesellschaft verpflichtet ist (st.Rspr., s. nur BGH, Beschl. v. 5.5.2008 - II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 Rz. 10 - FRIZ I).
Rz. 31
Angesichts dessen ist der bisherige Antrag der Klägerin festzustellen, dass die Beklagte keinen Anspruch mehr aus dem Gesellschaftsvertrag hat, vor der Erstellung einer Auseinandersetzungsrechnung zu weit gefasst.
Fundstellen
Haufe-Index 3207263 |
BB 2012, 1997 |
DStR 2012, 10 |
NJW 2013, 159 |
EBE/BGH 2012 |
EWiR 2013, 5 |
WM 2012, 1479 |
WuB 2013, 109 |
ZIP 2012, 1509 |
JZ 2012, 601 |
MDR 2012, 1079 |
NJ 2012, 517 |
VersR 2012, 1576 |
GWR 2012, 375 |
LL 2012, 713 |