Entscheidungsstichwort (Thema)
GmbH-Anteile. Gesellschafterpflichten und die Vor-GmbH. Gefahrübergang beim GmbH-Unternehmenskauf
Leitsatz (amtlich)
Ist der Kauf von GmbH-Geschäftsanteilen als Unternehmenskauf zu behandeln, so tritt Gefahrübergang nach § 446 BGB erst mit der Übergabe der Unternehmens ein.
Leitsatz (redaktionell)
Wird bei einem formnichtigen Kaufvertrag über GmbH-Geschäftsanteile die dingliche Anteilsübertragung unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so führt der spätere Verzicht des Begünstigten auf die Bedingung nicht zur rückwirkenden Heilung des Kaufvertrages gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2, Abs. 3 GmbHG (Ergänzung zu BGHZ 127, 129).
Ist der Kauf von GmbH-Geschäftsanteilen als Unternehmenskauf zu behandeln, so tritt der Gefahrübergang (§ 446 BGB) erst mit der Übergabe des Unternehmens ein.
Der Gefahrübergang durch Übergabe der Kaufsache (§ 446 BGB) setzt die Wirksamkeit des Kaufvertrages voraus.
Normenkette
GmbHG § 15; BGB §§ 158, 446
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.04.1996) |
LG Wiesbaden |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. April 1996 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma F. W. GmbH (künftig: GmbH). Durch notariellen Vertrag vom 20. Juli 1990 verkaufte und übertrug er seinen Geschäftsanteil an den Beklagten. Nach II § 1 Nr. 2 des Vertrages stand „die dingliche Rechtsänderung … unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Bezahlung des Kaufpreises”. Dieser sollte nach II § 2 Nr. 1 u. 4 des Vertrages 2,2 Mio. DM betragen und in zwei gleichen Raten am 20. September und 20. Oktober 1990 gezahlt werden. In II § 3 Nr. 2 Satz 2 des Vertrages versicherte der Kläger, die Eröffnungsbilanz der GmbH zum 1. Februar 1989 und die vorläufige Bilanz zum 31. Dezember 1989 mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung erstellt zu haben, so daß der Abschluß zu dem betreffenden Stichtag ein vollständiges, den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage der GmbH abgebe. In II § 3 Nr. 5 heißt es unter anderem: „Die Gewährleistungsrechte werden auf Minderung des Kaufpreises und auf Schadensersatzansprüche beschränkt.” In II § 5 wurde u.a. auch die „Überleitung des Unternehmens” geregelt. Dort heißt es unter Nr. 1 u. 3 S. 1:
„Der Verkäufer wird dem Käufer oder dessen Beauftragten mit Abschluß des Vertrages Gelegenheit geben, sich über alle geschäftlichen Vorgänge zu informieren und Einblick in alle Geschäftsbriefe, die Finanzbuchhaltung sowie die betriebliche Ablauforganisation zu nehmen.
Der Verkäufer wird dem Käufer das Unternehmen ordnungsgemäß übergeben, ihn insbesondere über alle technischen und kaufmännischen Vorgänge des Unternehmens ausführlich informieren, einführen und beraten, ohne daß dem Käufer hieraus zusätzliche Kosten entstehen.”
Der Geschäftsführervertrag des Klägers wurde in II § 5 Nr. 5 zum 31. Juli 1990 aufgehoben.
Unmittelbar vor Vertragsbeurkundung übergab der Beklagte dem Kläger 250.000 DM in bar; den beurkundeten Kaufpreis von 2,2 Mio. DM zahlte er nicht.
Diesen Kaufpreis nebst Zinsen verlangt der Kläger mit der Klage; der Beklagte beansprucht widerklagend die Rückzahlung der 250.000 DM, ebenfalls zuzüglich Zinsen. Er macht geltend, der Vertrag vom 20. Juli 1990 sei nichtig, weil die Parteien entgegen der beurkundeten Fassung tatsächlich einen Kaufpreis von 2.450.000 DM vereinbart hätten, der teilweise durch die von ihm vor dem Notartermin erbrachte Barzahlung von 250.000 DM beglichen worden sei. Ferner hat er am 30. Oktober 1990 den Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten und Minderung des Kaufpreises verlangt. Zur Begründung hat er unter anderem geltend gemacht, die im Vertrag vom 20. Juli 1990 genannten Bilanzen der GmbH seien vom Kläger entgegen seiner Versicherung in II § 3 Nr. 2 des Vertrages fehlerhaft aufgestellt worden. Der Kläger hat die behauptete Schwarzgeldabrede und etwaige Bilanzfehler bestritten.
Im September 1991 hat der Kläger im Hinblick auf die vom Beklagten geltend gemachte Nichtigkeit des notariellen Vertrages vom 20. Juli 1990 dem Beklagten die alsbald nach Vertragsabschluß übertragene Geschäftsführung der GmbH wieder entzogen, sich wieder in den Besitz des Unternehmens gesetzt, sich selbst zum Geschäftsführer der GmbH bestellt und das Unternehmen fortan allein geführt. Hieran hat sich bis zur Gegenwart nichts geändert.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Während der Berufungsinstanz hat der Kläger durch privatschriftliche Erklärung vom 4. März 1993 auf die aufschiebende Bedingung in II § 1 Nr. 2 des notariellen Vertrages verzichtet. Der Beklagte hat ergänzend behauptet, der Kläger habe seit der Wiederübernahme der Geschäftsführung der GmbH im September 1991 eine grundlegende Veränderung und Verschlechterung des von der GmbH betriebenen Unternehmens herbeigeführt, unter anderem durch Verlegung des Firmensitzes und Gründung weiterer Tochtergesellschaften, so daß das Unternehmen jetzt praktisch wertlos sei.
Das Oberlandesgericht hat durch Urteil vom 29. Juli 1993 die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat die vom Beklagten behauptete Schwarzgeldabrede für bewiesen erachtet und deshalb angenommen, daß der notarielle Kaufvertrag als Scheingeschäft (§ 117 Abs., 1 BGB) sowie die von den Parteien wirklich gewollte Vereinbarung (§ 117 Abs. 2 BGB), nämlich die Kaufpreisabrede über 2.450.000 DM, wegen Formmangels (§ 125 Satz 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG) nichtig seien. Die Nichtigkeit des Kaufvertrages sei auch nicht gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2, Abs. 3 GmbHG durch die in dem notariellen Vertrag ebenfalls vereinbarte Abtretung des Geschäftsanteils der GmbH geheilt worden. Diese mangels Eintritts der aufschiebenden Bedingung der vollen Kaufpreiszahlung zunächst unwirksame Abtretung sei zwar durch den am 4. März 1993 erklärten Verzicht des Klägers auf die Bedingung wirksam geworden. Eine Heilung der unwirksamen Kaufpreisabrede habe dadurch aber nicht mehr eintreten können, weil die hierfür erforderliche weiterhin bestehende Willensübereinstimmung der Parteien hinsichtlich des Kausalgeschäftes infolge der zwischenzeitlich erklärten Täuschungsanfechtung des Beklagten entfallen sei.
Diese Entscheidung wurde durch Urteil des erkennenden Senats vom 21. September 1994 (BGHZ 127, 129 mit Anmerkungen M. Wolf in LM GmbHG § 15 Nr. 28; Schnorbus MDR 1995, 679; Pohlmann GmbHR 1995, 412 und Glahs WiB 1995, 22) aufgehoben. Zur Begründung hat der Senat unter anderem ausgeführt: Gegen die Feststellungen des Oberlandesgerichts zur Schwarzgeldabrede und der daraus hergeleiteten Nichtigkeit des Kaufvertrages sei rechtlich nichts zu erinnern. Die Abtretung des GmbH-Geschäftsanteils sei mit dem Verzicht auf die Bedingung voll wirksam geworden und habe entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts auch zur Heilung der ursprünglichen Nichtigkeit des Kaufvertrages gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2, Abs. 3 GmbHG geführt. Die Heilungswirkung setze den Fortbestand der Willensübereinstimmung der Vertragsparteien hinsichtlich des Verpflichtungsgeschäfts lediglich bis zum Zeitpunkt ihrer Bindung an das Verfügungsgeschäft voraus; diese sei ungeachtet der aufschiebenden Bedingung bereits mit Abgabe der Angebots- und Annahmeerklärungen hinsichtlich der Abtretung des Geschäftsanteils eingetreten. Wegen der noch zu treffenden Feststellungen zur Arglistanfechtung und zu den Gewährleistungsansprüchen des Beklagten hat der Senat den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Durch das angefochtene Urteil hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers nunmehr den Beklagten unter Klageabweisung im übrigen zur Zahlung von 2.164.312 DM nebst Zinsen verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Hiergegen hat der Beklagte Revision eingelegt, mit der er die Wiederherstellung des klageabweisenden Urteils des Landgerichts erstrebt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht geht nunmehr entsprechend dem ersten Senatsurteil vom 21. September 1994 (BGHZ 127, 129) von einer Heilung des zunächst unwirksamen Kaufvertrages durch die mit dem Verzicht auf die aufschiebende Bedingung der Kaufpreiszahlung wirksam gewordene, gleichzeitig mit dem Kaufvertrag erklärte Abtretung des Geschäftsanteils gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2, Abs. 3 GmbHG aus. Es führt aus: Der daraus folgende Kaufpreisanspruch des Klägers sei nicht durch die Arglistanfechtung des Beklagten entfallen. Trotz mehrerer durch die Beweisaufnahme festgestellter Bilanzierungsfehler sei Arglist des Klägers nicht bewiesen. Über einen aufgrund der Bilanzierungsfehler etwa bestehenden Anspruch auf sogenannten großen Schadensersatz gemäß § 463 BGB könne der Beklagte die Rückabwicklung des Kaufvertrages nicht verlangen, denn durch die Beschränkung auf Minderung und Schadensersatz in II § 3 Nr. 5 des notariellen Vertrages seien seine Gewährleistungsansprüche auf „einen Ausgleich finanzieller Natur” beschränkt worden.
Dem Beklagten stehe jedoch wegen der Bilanzierungsfehler, die zu einer um 35.688 DM erhöhten Summe der Aktiva geführt hätten, ein Schadensersatzanspruch in entsprechender Höhe zu, um den sich der Kaufpreisanspruch des Klägers vermindere. Eine weitergehende Kaufpreisminderung sei wegen unzureichenden Vorbringens der Parteien über das Zustandekommen des Kaufpreises nicht möglich.
Die vom Beklagten behaupteten zwischenzeitlichen Veränderungen und Verschlechterungen des Unternehmens lösten keine Gewährleistungsansprüche des Beklagten aus, da sie erst nach dem Übergang der Gefahr im Sinne des § 446 BGB eingetreten seien. Ein Leistungsverweigerungs- bzw. Zurückbehaltungsrecht stehe dem Beklagten nicht zu.
II. Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist freilich die Auffassung der Vorinstanz, der Kaufvertrag sei nicht als Folge der vom Beklagten erklärten Täuschungsanfechtung nichtig (§§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB).
a) Allerdings stellt das Berufungsgericht auf der Grundlage der Ausführungen in dem schriftlich und mündlich erläuterten Gutachten des von ihm beauftragten Buchsachverständigen Wirtschaftsprüfer Dr. L. fest, daß die Eröffnungsbilanz der GmbH zum 1. Februar 1989 und die Bilanz zum 31. Dezember 1989 mehrere Fehler enthalten. Da einige dieser Bilanzierungsfehler „letztlich nicht mehr völlig zu klären” seien, setzt es, dem Sachverständigen folgend, die Aktiva der Bilanz zum 31. Dezember 1989 anstatt mit 2.047.905 DM nur mit 2.012.217 DM, also mit einem Minderbetrag von 35.688 DM an.
Daß die Feststellungen des Berufungsgerichts insoweit zum Nachteil des Beklagten von Verfahrensfehlern beeinflußt sind, vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Sie geht – abgesehen von zwei Schreibfehlern (Forderung H. 939,07 DM anstatt 989,07 DM und Honorar N. 20.227,50 DM anstatt 20.727,50 DM) – ebenfalls von den vom Oberlandesgericht zugrunde gelegten Zahlen im Gutachten des Sachverständigen aus, zieht hieraus jedoch unzutreffende Schlüsse. Daß sie aufgrund der vom Berufungsgericht festgestellten Bilanzierungsfehler zu einer Verminderung des mit 158.105 DM ausgewiesenen Jahres-Nettogewinns 1989 um 50.668,61 DM, also um 32 % – anstatt der vom Sachverständigen ermittelten Gewinnminderung von (158.105 DM minus 124.645 DM [Anl. 1 zum Gutachten] =) 33.460 DM – kommt, beruht darauf, daß sie die vom Sachverständigen zutreffend berücksichtigten Gewerbe- und Körperschaftssteuerminderungen infolge des verringerten Gewinnes außer Betracht läßt.
b) Trotz der aufgezeigten Bilanzierungsfehler verneint das Berufungsgericht eine arglistige Täuschung, weil sich ein Täuschungswille des Klägers nicht feststellen lasse, und führt hierzu aus: Die Fehler bewegten sich in der üblichen Bandbreite nicht hinreichend sorgfältiger Bilanzierungen. Sie seien nicht von derart ausschlaggebender Bedeutung und stellten den Wert des Unternehmens nicht in einem solchen Maße zu günstig dar, daß sich hieraus ein Indiz für einen Täuschungswillen oder die bewußte, die wahren Umstände verschleiernde Beschönigungsabsicht des Klägers ergäbe. Vielmehr liege nichts dafür vor, daß der Kläger die Unrichtigkeiten der Bilanzen gekannt oder die Bilanzangaben auch nur mit bedingtem Vorsatz – ohne Einzelkenntnisse ins Blaue hinein – gemacht habe. Vor diesem Hintergrund sei ein arglistiges Verhalten des Klägers auch nicht aus seiner in § 3 Nr. 2 des notariellen Vertrages vom 20. Juli 1990 enthaltenen Erklärung zu entnehmen, daß er die Bilanzen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung aufgestellt habe.
Demgegenüber stellt die Revision maßgeblich auf die letztgenannte Versicherung des Klägers ab und hält den Ausführungen des Berufungsgerichts entgegen, die ohne die erforderliche Sorgfalt und teilweise „über den Daumen gepeilten” Bilanzangaben seien ebenso wie die Erklärung in II § 3 Nr. 2 des Kaufvertrages ohne tatsächliche Grundlage ins Blaue hinein erfolgt, was für bedingten Vorsatz im Sinne von § 123 BGB genüge.
Diese Angriffe bleiben ohne Erfolg. Daß für die Annahme der Arglist in § 123 BGB auch bedingter Vorsatz des Täuschenden ausreichen kann, was insbesondere dann der Fall ist, wenn er vertragswesentliche Erklärungen ohne hinreichende Erkenntnisgrundlage „ins Blaue hinein” abgibt (Senatsurteil BGHZ 63, 382 und st.Rspr., z.B. Urteile vom 16. März 1977 – VIII ZR 283/75 = WM 1977, 584 unter II 2 c und vom 3. Dezember 1986 – VIII ZR 345/85 = WM 1987, 137 unter II 2 a aa m.Nachw.), hat das Berufungsgericht nicht verkannt. Auch sonst sind seine Erwägungen von einem zutreffenden Verständnis des Rechtsbegriffs der arglistigen Täuschung getragen. Die Vertragserklärungen des Klägers unter II § 3 Nr. 2 hat es berücksichtigt. Die vom Berufungsgericht festgestellten Bilanzierungsfehler sind als solche – soweit eine Aufklärung überhaupt möglich war – nicht mehr im Streit. Die auf dieser Grundlage vorgenommene tatrichterliche Wertung des Oberlandesgerichts, die Bilanzfehler hielten sich bei einer nicht sorgfältig erstellten Bilanz im Rahmen des Üblichen und seien nicht von ausschlaggebender wertbildender Bedeutung, folgt der Bewertung des gerichtlichen Sachverständigen und erscheint jedenfalls vertretbar. Sie wird von der Revision auch nicht angegriffen. Unangegriffen ist auch die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, daß die Bilanzierungsfehler hinsichtlich der Gemeinden Ne. und A. nicht mehr völlig aufklärbar seien. Dann aber liegt die vom Tatrichter gezogene Schlußfolgerung nahe, dem Kläger sei bei der Aufstellung der Bilanzen lediglich mangelnde Sorgfalt, also Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB), nicht dagegen ein auch nur bedingter Vorsatz anzulasten. Der Vorwurf der Arglist würde darüber hinaus voraussetzen, daß dem Kläger seine mangelnde Sorgfalt bewußt war oder er sie jedenfalls für möglich hielt. Darauf hindeutende Tatsachen oder entsprechenden Sachvortrag vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Vielmehr versucht sie mit ihrer vom Berufungsgericht abweichenden Ansicht lediglich, ihre eigene Bewertung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen, was im Revisionsrechtszug nicht zulässig ist (§ 561 ZPO).
2. Mit Recht beanstandet die Revision jedoch, daß die Vorinstanz dem Vorbringen des Beklagten zu den zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen und Verschlechterungen des verkauften Unternehmens nicht nachgegangen ist, weil sie es für rechtlich nicht erheblich gehalten hat.
Die Revision verweist in diesem Zusammenhang auf folgenden Sachvortrag des Beklagten:
Nachdem der Kläger dem Beklagten, der das Unternehmen im Sommer 1990 übernommen hatte, im September 1991 die Geschäftsführung wieder entzogen und das Unternehmen fortan wieder selbst als Geschäftsführer geleitet habe, sei der Betrieb in einer Weise heruntergekommen, daß er nur noch „eine leere Hülle” darstelle. Der Kläger habe die Tätigkeit des Unternehmens auf andere Firmen verlagert und die Angestellten entlassen. Die GmbH betreibe jetzt ihre Geschäfte durch verschiedene vom Kläger mit früheren Mitarbeitern gegründete – im einzelnen bezeichnete – Tochtergesellschaften in K., U., We. bei B. und R. In einem späteren, von der Revision ebenfalls bezeichneten Schriftsatz hat der Beklagte behauptet, der Kläger habe das Unternehmen alsbald nach Wiederübernahme der Geschäftsführung im Juli 1992 in die Nähe von Wü. verlegt und das bisherige Betriebsgelände in U. -E. veräußert.
Dieses jeweils unter Beweis gestellte – wenngleich bisher sehr knappe – Vorbringen läßt sich, insbesondere hinsichtlich der behaupteten Betriebsverlagerungen, rechtlich dahingehend werten, daß das von der gekauften GmbH betriebene Unternehmen seit der Wiederübernahme der Geschäftsführung durch den Kläger im September 1991 durch von diesem veranlaßte Maßnahmen entweder gar nicht mehr vorhanden oder jedenfalls nicht mehr in dem vertragsgemäßen Zustand, also mangelhaft ist.
a) Das Berufungsgericht hält dies Vorbringen aus folgenden Gründen für unbeachtlich:
Es komme zwar Sachmängelrecht zur Anwendung, weil sämtliche Geschäftsanteile der GmbH veräußert worden seien und damit von einem Unternehmenskauf auszugehen sei. Gleichwohl stehe der Einwand des Beklagten, der Kläger könne das veräußerte Unternehmen gar nicht mehr übergeben, seiner Zahlungsverpflichtung nicht entgegen. Nach Abtretung des Geschäftsanteils in der notariellen Urkunde sei der Übergang der GmbH auf den Beklagten bewirkt worden, und zwar nach dem Verzicht auf die aufschiebende Bedingung „rückwirkend zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (vgl. BGH Bl. 572 f [gemeint ist das erste Senatsurteil im vorliegenden Rechtsstreit = BGHZ 127, 129, 136 f])”. Etwas anderes ergebe sich auch nicht nach Sachmängelgewährleistungsrecht. Soweit ersichtlich, hätten die Parteien in Ausführung des die Überleitung des Unternehmens regelnden II § 5 des notariellen Kaufvertrages den Beklagten im Sommer 1990 zum alleinigen Geschäftsführer bestellt. Damit sei das Unternehmen schon vor Eintritt der aufschiebenden Bedingung – gemeint ist offensichtlich: vor dem Verzicht auf die aufschiebende Bedingung – übergeben worden, wobei eine Rückbeziehung der Wirkungen des § 446 BGB, also auch des Gefahrüberganges, als vereinbart anzunehmen sei.
Dem Beklagten stehe auch kein Leistungsverweigerungsrecht aufgrund des Umstandes zu, daß ihm der Kläger im September 1991 die Geschäftsführungsbefugnis wieder entzogen habe und das Unternehmen fortan selbst weiterbetreibe. Dieser Entzug sei zwar wegen des nach dem Bedingungsverzicht eingetretenen Geschäftsanteilsüberganges rückwirkend zum 20. Juli 1990 (dem Datum des notariellen Kaufvertrages) rechtlich unwirksam, eröffne aber dem Beklagten unter den gegebenen Umständen gleichwohl keine zusätzlichen Rechte, weil er selbst sich nicht vertragstreu verhalten habe. Er habe entgegen II § 2 des Kaufvertrages die beiden am 20. September und 20. Oktober 1990 fälligen Kaufpreisraten von je 1,1 Mio. DM nicht entrichtet und bereits am 30. Oktober 1990 die Anfechtung des Vertrages erklärt. Hiermit habe er zum Ausdruck gebracht, daß er an dem Vertrag nicht festhalten wolle. Zur Anfechtung sei er, wie ausgeführt, nicht berechtigt gewesen. Die allein gerechtfertigten, vergleichsweise geringen Gewährleistungsansprüche in Höhe von 35.688 DM hätten ihn nicht berechtigt, den Kaufpreis insgesamt zurückzuhalten. Wenn es ihm mit der Übernahme des Unternehmens weiterhin ernst gewesen wäre, hätte er sich außerdem gegen den Entzug der Geschäftsführungsbefugnis zur Wehr gesetzt. Wer, wie der Beklagte, einerseits einen rechtsverbindlich geschlossenen und auch nicht anfechtbaren Unternehmenskaufvertrag zu Fall bringen wolle, könne nicht andererseits aus den möglicherweise (teilweise) fehlgeschlagenen Bemühungen seines Vertragspartners, das Unternehmen und damit die Kaufsache zu retten, Ersatzansprüche herleiten. Dies folge aus dem Grundsatz, daß Ersatz nur derjenige beanspruchen könne, der sich selbst vertragstreu verhalte. Das vertragswidrige Verhalten des Beklagten wäre nur dann als unschädlich anzusehen, wenn es durch eine Vertragsuntreue des Klägers hervorgerufen worden wäre, wozu die Bilanzmängel nicht ausreichten, oder wenn sich der Kläger unabhängig vom Verhalten des Beklagten vom Vertrage losgesagt hätte, was ebenfalls nicht der Fall sei.
Der Beklagte sei daher zur Zahlung des restlichen Kaufpreises abzüglich des ihm zustehenden Schadensersatzbetrages von 35.688 DM verpflichtet; die bereits geleistete Kaufpreisanzahlung könne er nicht zurückverlangen. Eine Verurteilung zur Zahlung Zug um Zug gegen Übergabe des Unternehmens komme ebenfalls nicht in Betracht. Zwar befinde sich der Beklagte derzeit nicht im Besitze des Unternehmens, sondern verfüge nur über den einzigen Geschäftsanteil der GmbH. Ein Zurückbehaltungsrecht stehe ihm deswegen aber nicht zu, weil etwaige Ansprüche auf Herausgabe des Firmenvermögens nicht ihm persönlich als bloßem Anteilskäufer, sondern der GmbH (vertreten gegebenenfalls durch den Beklagten als von dieser bestelltem Geschäftsführer) zustünden, falls der Kläger die Herausgabe des Firmenvermögens nach Zahlung des Kaufpreises überhaupt verweigern sollte.
b) Diese Ausführungen sind in mehrfacher Hinsicht nicht frei von Rechtsfehlern.
aa) Grundlage der Erwägungen des Berufungsgerichts ist die Annahme, die in dem notariellen Vertrag vom 20. Juli 1990 vorgenommene Abtretung des GmbH-Geschäftsanteils sei mit dem im Schreiben des Klägers an den Beklagten vom 4. März 1993 erklärten Verzicht auf die aufschiebende Bedingung der Kaufpreiszahlung „rückwirkend zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses” (20. Juli 1990) wirksam geworden und habe nach § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG für den gleichen Zeitpunkt auch zur Wirksamkeit des Kaufvertrages geführt. Diese Auffassung beruht auf einem Mißverständnis des ersten in dieser Sache ergangenen Senatsurteils vom 21. September 1994 (BGHZ 127, 129) und ist unabhängig davon auch nicht richtig.
An der Stelle des Senatsurteils, auf die sich das Berufungsgericht stützt (BGHZ 127, 129, 136–137), ging es – im Rahmen der Erörterung der Heilung des Verpflichtungs durch das Wirksamwerden des Verfügungsgeschäfts – nicht um eine Rückwirkung der Verzichtserklärung des Klägers, sondern allein darum, wie lange die Willensübereinstimmung der Parteien hinsichtlich des Verpflichtungsgeschäfts bestanden haben mußte und von welchem Zeitpunkt an sie an das Verfügungsgeschäft gebunden waren.
Der Verzicht des Klägers auf die aufschiebende Bedingung hatte keine rückwirkende Kraft. Die Rechtsfolgen des einseitigen Verzichts auf die einem Verfügungsgeschäft beigefügte aufschiebende Bedingung durch den Begünstigten können nicht anders beurteilt werden als diejenigen des Eintrittes der Bedingung. Die Wirkungen eines aufschiebend bedingten Rechtsgeschäfts treten aber erst im Zeitpunkt des Eintrittes der Bedingung ein. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut von § 158 Abs. 1 BGB und ist, soweit ersichtlich, auch unbestritten (BGHZ 10, 69, 72). Entsprechendes gilt für den nachträglichen Verzicht auf eine aufschiebende Bedingung (vgl. Senatsurteil vom 20. Mai 1958 – VIII ZR 329/56 = LM BGB, § 127 Nr. 1 – Bl. 770 Rs.; Soergel/M. Wolf, BGB, 12. Aufl., § 158 Nr. 33). Durch Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung machen die Parteien die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts von dem Eintritt eines künftigen Ungewissen Ereignisses abhängig. Diese zusätzliche Vereinbarung hemmt also zunächst die sofortige Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Mit Blick auf das Wirksamwerden eines derartigen Rechtsgeschäfts besteht aber zwischen dem Eintritt der vereinbarten zusätzlichen Wirksamkeitsvoraussetzung und der nachträglichen Beseitigung des entsprechenden Wirksamkeitshemmnisses kein entscheidender Unterschied.
Die Abtretung des GmbH-Geschäftsanteils wurde somit durch den Verzicht auf die aufschiebende Bedingung seitens des Klägers, d.h. mit Zugang seines Schreibens vom 4. März 1993 beim Beklagten wirksam.
Zum gleichen Zeitpunkt wurden auch der Kaufvertrag als Verpflichtungsgeschäft und damit die Kaufpreisabrede wirksam, denn die Heilung eines wegen Formmangels unwirksamen Verpflichtungsgeschäfts gemäß § 15 Abs. 3 u. 4 GmbHG setzt die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäftes, also der Anteilsübertragung, voraus; eine rückwirkende Heilung erfolgt also nicht (Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., § 15 Rdnr. 35; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 15 Rdnr. 20; Scholz/Winter, GmbHG, 8. Aufl., § 15 Rdnr. 78; Rowedder, GmbHG, 3. Aufl., § 15 Rdnr. 16; Hachenburg/Zutt, GmbHG, 8. Aufl., § 15 Rdnr. 71). Nach der Rechtsprechung des Senats gilt dies auch bei aufschiebend bedingten Abtretungen von GmbH-Geschäftsanteilen, so daß hier die Heilung des formunwirksamen Verpflichtungsgeschäfts erst mit dem Eintritt der Bedingung oder dem Verzicht auf sie stattfindet (BGH, Urteil vom 23. November 1988 – VIII ZR 262/87 = WM 1989, 256 unter A II 1 b aa; BGHZ 127, 129, 133). Hieran hält der Senat auch gegenüber den in der Literatur vorgebrachten Bedenken (Anmerkung zu BGHZ 127, 129 von M. Wolf in LM GmbHG § 15 Nr. 28 Bl. 373 und 373 Rs.; Schnorbus MDR 1995, 679, 681) fest.
bb) Aufgrund des Vorbringens des Beklagten über die zwischenzeitlichen Veränderungen und Verschlechterungen des Unternehmens hält das Berufungsgericht Gewährleistungsansprüche des Beklagten für an sich möglich, verneint sie aber im Streitfalle, weil die behaupteten Veränderungen und Verschlechterungen nach Gefahrübergang eingetreten seien. Dadurch, daß der Beklagte alsbald nach Abschluß des Kaufvertrages anstelle des Klägers zum alleinigen Geschäftsführer bestellt worden sei, sei das von der GmbH betriebene Unternehmen an ihn übergeben worden; wenn auch zu diesem Zeitpunkt noch der Kaufvertrag und die Anteilsübertragung unwirksam gewesen seien, sei dem Verhalten der Parteien die Vereinbarung einer Rückbeziehung des Gefahrübergangs im Sinne von § 446 BGB zu entnehmen.
Diese Erwägung des Berufungsgerichts ist nicht tragfähig. Allerdings war der Vertrag vom 20. Juli 1990, durch den der Kläger als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH den einzigen Geschäftsanteil an den Beklagten verkaufte und abtrat, auf den Erwerb des von der GmbH betriebenen Unternehmens gerichtet, wie sich aus dem Gesamtinhalt des Vertrages, insbesondere der detaillierten Überleitungs- und Übergaberegelung in II § 5 eindeutig ergibt. Er stellt sich daher, wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend annimmt, als Unternehmenskaufvertrag dar, auf welchen nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die Gewährleistungsregelung der §§ 459 f BGB anzuwenden ist (vgl. z.B. RGZ 98, 289, 292; 120, 283, 287; BGH, Urteile vom 16. Oktober 1968 – I ZR 81/66 = WM 1969, 67 unter II 3 a; vom 27. Februar 1970 – I ZR 103/68 = WM 1970, 819 unter II; vom 8. Januar 1975 – VIII ZR 124/73 = WM 1975, 230 unter I; BGHZ 65, 246, 248 f; 85, 367, 370; BGH, Urteile vom 18. April 1984 – VIII ZR 46/83 = WM 1984, 936 unter II 1 b cc und vom 16. Januar 1991 – VIII ZR 335/89 = WM 1991, 589 unter II 1; Hiddemann ZGR 1982, 435, 440). Hiernach haftet der Verkäufer eines Unternehmens für Fehler desselben, die bei Gefahrübergang vorhanden sind. Beim Kauf beweglicher Sachen geht die Gefahr mit der Übergabe an den Käufer über (§ 446 Abs. 1 BGB). Dies gilt, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend annimmt, auch beim Unternehmenskauf, soweit das bewegliche Firmenvermögen in Rede steht, und zwar auch dann, wenn sich, wie hier, der Unternehmensübergang im Wege des Verkaufs und der Abtretung sämtlicher Geschäftsanteile einer GmbH vollzieht (vgl. für die Ablieferung i.S. von § 477 BGB RGZ 98, 289, 293; Hiddemann a.a.O. S. 449; Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 459 Rdnr. 242 Fn. 9). Zu dieser Übergabe des Unternehmens ist dessen Verkäufer nach § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet; dies gilt auch, wenn sich der Unternehmensverkauf durch Erwerb der Geschäftsanteile einer GmbH vollzieht. Daß in diesem Falle Rechtsträger aller Vermögensbestandteile nicht der veräußernde Alleingesellschafter in Person, sondern die GmbH als juristische Person ist (vgl. insoweit RGZ 120, 283, 287 Mitte; Soergel/Huber a.a.O. § 459 Rdnr. 289), bietet gewisse äußere Schwierigkeiten nur dann, wenn die GmbH einen Fremdgeschäftsführer hat; sie lassen sich aber auch in diesen Fällen dadurch lösen, daß der Alleingesellschafter als Verkäufer den Geschäftsführer – gegebenenfalls über eine Gesellschafterversammlung – anweist, das bewegliche Firmenvermögen an den Käufer zu übergeben. Hier dagegen war der Kläger Alleingesellschafter und Geschäftsführer und daher auch zur Übergabe ohne weiteres imstande.
Dementsprechend haben auch die Parteien in II § 5 des notariellen Vertrages vom 20. Juli 1990 eine detailliert geregelte Verpflichtung des Klägers zur Übergabe des Unternehmens an den Beklagten vereinbart. Mit der Ausgestaltung dieser Verpflichtung wurden sie den Besonderheiten eines Unternehmenskaufs gerecht. Hierbei sind nicht nur die sächlichen Vermögensgegenstände zu übertragen. Zur Einräumung der Inhaberschaft über das Unternehmen gehört es, daß der Veräußerer sich zurückzieht und dem Erwerber die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit einräumt, sich über sämtliche Geschäftsvorgänge zu unterrichten und die Geschicke des Unternehmens in die Hand zu nehmen. Damit erlangt er die Herrschaft über das Unternehmen als den erworbenen Gegenstand im Sinne des § 446 BGB, so daß es gerechtfertigt ist, ihm die Gefahr seines zufälligen Untergangs oder seiner zufälligen Verschlechterung aufzuerlegen.
Eine zum Gefahrübergang führende Übergabe des Unternehmens an den Beklagten ist aber bisher nicht erfolgt. Mit Recht beanstandet die Revision die Annahme des Berufungsgerichts, mit der alsbald nach Abschluß des Kaufvertrages im Sommer 1990 vorgenommenen Ablösung des Klägers durch den Beklagten als Geschäftsführer der GmbH und der darin liegenden Übergabe des Unternehmens sei auch die Gefahr auf den Beklagten übergegangen. Der Gefahrübergang im Sinne des § 446 BGB setzt nach allgemeiner Meinung einen wirksamen Kaufvertrag voraus (MünchKomm/H.P. Westermann, BGB, 3. Aufl., § 446 Rdnr. 5; Palandt/Putzo, BGB, 57. Aufl., § 446 Rdnr. 6; Soergel/Huber a.a.O. § 446 Rdnr. 63; RGRK-BGB/Mezger, 12. Aufl., § 446 Rdnr. 4; Erman/Grunewald, BGB, 9. Aufl., § 446 Rdnr. 4). Ein wirksamer Kaufvertrag hat aber im Zeitpunkt der vom Berufungsgericht angenommenen Übergabe des Unternehmens an den Beklagten (Sommer 1990) nicht vorgelegen. Wie ausgeführt, war der Kaufvertrag wegen Verstoßes gegen das Beurkundungsgebot des § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG nichtig; auch war eine Heilung durch die gleichzeitig erklärte Abtretung des Geschäftsanteils nicht erfolgt, weil auch die Abtretung wegen Nichteintritts der ihr beigefügten aufschiebenden Bedingung zunächst nicht wirksam war und der Verzicht des Klägers auf die aufschiebende Bedingung keine rückwirkende Kraft entfaltete.
Die vom Berufungsgericht zitierte Kommentarstelle (Palandt/Putzo, BGB, 57. Aufl., § 446 Rdn. 8) ist für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne Bedeutung. Sie betrifft den Fall, daß der Kaufvertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen worden ist und die Kaufsache schon vor Eintritt der Bedingung übergeben wurde. Bei einer solchen Fallgestaltung kommt eine mit schuldrechtlicher Wirkung vereinbarte Rückbeziehung nach § 159 BGB in Betracht, so daß unter der Voraussetzung des Bedingungseintritts (Senatsurteil vom 19. Februar 1975 – VIII ZR 175/73 = WM 1975, 370 unter II 3) im Zeitpunkt der Übergabe aufgrund des – noch – unwirksamen Vertrages auch ein Gefahrübergang rückwirkend als erfolgt angenommen werden könnte. Hier aber ist der Anteilskaufvertrag formnichtig und tritt die Heilungswirkung erst im Zeitpunkt des (einseitigen) Verzichts des Klägers auf die aufschiebende Bedingung für die Abtretung als Verfügungsgeschäft ein. Die Übergabe des Unternehmens ist daher auch nicht aus dem Gesichtspunkt des § 159 BGB rückwirkend als aufgrund eines wirksamen Kaufvertrages vollzogen anzusehen.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Kläger, der dem Beklagten im September 1991 aufgrund seiner damals noch bestehenden Stellung als Alleingesellschafter die Befugnis zur Geschäftsführung der GmbH wieder entzogen hat und sie seither wieder selbst ausübt, nach wie vor im Besitz des Unternehmens. Eine Übergabe an den Beklagten hat also bisher nicht stattgefunden; die Gefahr ist daher noch nicht übergegangen.
Daß der Beklagte zwischenzeitlich als Folge des Verzichts des Klägers auf die aufschiebende Bedingung im Juli 1993 Inhaber des einzigen Geschäftsanteils der GmbH ist, ändert daran nichts. Die Übergabe im Sinne des § 446 BGB hat mit der dinglichen Rechtsänderung nichts zu tun (RGZ 93, 330, 331; BGH, Urteil vom 18. Juni 1968 – VI ZR 120/67 = WM 1968, 1302 unter III 1; Soergel/Huber a.a.O. Vor § 446 Rdnr. 18; § 446 Rdnr. 17 u. 25; RGRK-BGB/Mezger a.a.O. § 446 Rdnr. 5).
cc) Nach ständiger Rechtsprechung der für das Immobilien- und das Mobiliarkaufrecht zuständigen Senate des Bundesgerichtshofs (BGHZ 34, 32, 37; 129, 103, 106; vgl. ferner BGHZ 10, 242, 249; 60, 319, 320; BGH, Urteile vom 18. April 1984 – VIII ZR 46/83 = WM 1984, 936 unter II 2 b cc und vom 18. Januar 1990 – V ZR 11/90 = WM 1991, 545 unter II 1), die von dem überwiegenden Teil der Literatur geteilt wird (RGRK-BGB/Mezger a.a.O. § 459, Rdnr. 29; BGB-RGRK/Ballhaus, 12. Aufl., § 320 Rdnr. 19/Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 320 Rdnr. 51; Erman/Grunewald a.a.O. Vorbemerkung § 459 Rdnr. 12; Jauernig/Vollkommer, BGB, 7. Aufl., § 459 Anm. IV 1; Palandt/Putzo a.a.O. Vor § 459 Rdnr. 3, § 459 Rdnr. 7), kann der Käufer bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache Gewährleistungsansprüche (§ 459 ff BGB) grundsätzlich erst nach Gefahrübergang geltend machen; vor Gefahrübergang bestimmen sich seine Rechte nach den allgemeinen Vorschriften insbesondere der §§ 320 ff BGB. Nur ausnahmsweise, wenn der Verkäufer den Mangel nicht beheben kann oder seine Beseitigung verweigert, werden ihm auch schon vor Gefahrübergang neben den Rechten aus den allgemeinen Bestimmungen auch Gewährleistungsansprüche zugebilligt. Hieran hält der Senat auch gegenüber der in neuerer Zeit verstärkt vorgebrachten Kritik in der Rechtslehre (Tiedtke, NJW 1995, 3081 ff; Soergel/Huber a.a.O. vor § 459 Rdnr. 183–184, 191, 236, 246, 250; Staudinger/Honsell, BGB, 13. Aufl., Vorbem. §§ 459 ff Rdnr. 20, 21, 33, § 459 Rdnr. 65) fest.
Ein bestimmter Zeitpunkt für die Übergabe des Unternehmens ist nicht ausdrücklich vereinbart. Nach dem Gesamtinhalt von II § 5 des Vertrages vom 20. Juli 1990, der die Überleitung des Unternehmens auf den Beklagten als Erwerber regelt, insbesondere dessen Nr. 5, wonach der Geschäftsführervertrag des Klägers zum 31. Juli 1990 aufgehoben wurde, ist aber davon auszugehen, daß die Übergabe alsbald nach Vertragsschluß erfolgen sollte, der entsprechende Anspruch des Beklagten also jedenfalls jetzt nach Wirksamwerden des schuldrechtlichen Geschäfts fällig ist (vgl. auch § 271 Abs. 1 BGB).
Erweist sich das Vorbringen des Beklagten über die zwischenzeitlichen Veränderungen bzw. Verschlechterungen des Unternehmens als zutreffend, so wäre er berechtigt, eine ihm etwa jetzt vom Kläger angebotene Übergabe zurückzuweisen (BGHZ 114, 34, 40 m.Nachw.; Rieble, JZ 1997, 485 ff; Staudinger/Honsell a.a.O. Vorbem. §§ 459 ff Rdnr. 24, § 459 Rdnr. 65; RGRK-BGB/Ballhaus a.a.O. § 320 Rdnr. 19) und die Zahlung des restlichen Kaufpreises zu verweigern (§ 320 Abs. 1 BGB). Die entgegenstehende Auffassung des Berufungsgerichts verkennt, daß der Kläger nach § 433 Abs. 1 BGB und der ausdrücklichen Regelung in II § 5 Nr. 3 zur Übergabe des Unternehmens verpflichtet ist, wie bereits ausgeführt wurde. Ferner kann der Beklagte dem Kläger zur Übergabe des Unternehmens in vertragsgemäßem Zustand gemäß § 326 Abs. 1 BGB eine Frist mit Ablehnungsandrohung setzen und nach deren fruchtlosem Ablauf die Rechte aus § 326 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BGB geltend machen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 18. April 1984 – VIII ZR 46/83 = WM 1984, 936 unter II 2 b cc). Ob durch die Regelung in II § 3 Nr. 5 Abs. 1 des Vertrages vom 20. Juli 1990, wonach die Gewährleistungsansprüche des Beklagten auf Minderung des Kaufpreises und Schadensersatz beschränkt wurden, auch das Rücktrittsrecht nach § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen werden sollte, erscheint angesichts des Wortlauts der Vertragsbestimmung und der Interessenlage wenig wahrscheinlich, bleibt aber der tatrichterlichen Entscheidung durch das Berufungsgericht vorbehalten.
Nach dem Vorbringen des Beklagten kommt auch in Betracht, daß dem Kläger die – fällige (siehe oben) – Übergabe des Unternehmens in vertragsgemäßem Zustand ganz oder teilweise unmöglich ist (vgl. z.B. BGHZ 129, 103, 105; 114, 34, 39; Senatsurteil vom 18. April 1984 a.a.O. unter II 2 c). Diese Unmöglichkeit wäre, insbesondere angesichts der Bestimmung in II § 5 Nr. 2 des Vertrages vom 20. Juli 1990, wonach der Kläger bis zur Übergabe den laufenden Geschäftsverkehr im bisherigen Umfang aufrechtzuerhalten hatte und zu außergewöhnlichen Maßnahmen und Rechtsgeschäften der Zustimmung des Beklagten bedurfte, auch vom Kläger zu vertreten. Gemäß § 325 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB wäre danach der Beklagte ebenfalls zum Rücktritt oder zur Forderung von Schadensersatz berechtigt; als Mindestschaden könnte er, was Gegenstand seiner Widerklage ist, die geleistete Anzahlung zurückverlangen (BGHZ 62, 119, 120; BGB-RGRK/Ballhaus a.a.O. § 325 Rdnr. 20). Nach § 325 Abs. 1 Satz 3 BGB ständen ihm auch die Rechte aus § 323 Abs. 1 und Abs. 3 BGB zu.
Diesen Ansprüchen des Beklagten könnte der Kläger entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts (BU 15 unten/16 oben) nicht mit dem Einwand eigener Vertragsuntreue des Beklagten (vgl. dazu z.B. BGH, Urteile vom 1. Oktober 1986 – VIII ZR 132/85 = WM 1986, 1496 unter II 2 b und vom 15. Oktober 1993 – V ZR 141/92 = WM 1994, 215 unter II) begegnen. Da der am 20. Juli 1990 geschlossene Kaufvertrag wegen Beurkundungsmangels unwirksam war und der zu dessen Heilung führende Verzicht auf die Bedingung keine rückwirkende Kraft hatte, war der Beklagte – anders als das Berufungsgericht annimmt – bis zu diesem Zeitpunkt weder zur Kaufpreiszahlung verpflichtet, noch imstande, sich gegen den im September 1991 erfolgten Entzug seiner Geschäftsführungsbefugnis seitens des Klägers zur Wehr zu setzen. Nachdem der Kläger, der zuvor dem Beklagten unter Berufung auf die Unwirksamkeit des Vertrages die Geschäftsführungsbefugnis entzogen und sich selbst wieder in den Besitz des Unternehmens gesetzt hatte, im März 1993 – mehr als zweieinhalb Jahre nach Abschluß des Kaufvertrages – dessen Wirksamkeit durch den Verzicht auf die aufschiebende Bedingung herbeigeführt hatte, war es in erster Linie seine Sache, durch Angebot der erneuten Übergabe des Unternehmens die Initiative zur nunmehrigen Durchführung des Vertrages zu ergreifen, falls er hierauf trotz des zwischenzeitlichen Rechtsstreits der Parteien noch Wert legte.
3. Da das angefochtene Urteil von seiner Begründung nicht getragen wird, war es aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Da andererseits auch jetzt noch keine Entscheidungsreife besteht (§ 565 Abs. 3 ZPO), war der Rechtsstreit wegen der erforderlichen weiteren Aufklärung erneut an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO), dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen war. Sollte das Berufungsgericht aufgrund der erneuten Verhandlung wieder zu dem Ergebnis kommen, daß dem Kläger über den vom Beklagten geleisteten Betrag von 250.000 DM hinausgehende Kaufpreisansprüche zustehen, hat es auch Gelegenheit, sich mit den Einwendungen der Revision gegen die von ihm abgelehnte – weitergehende – Kaufpreisminderung auseinanderzusetzen.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Zülch, Dr. Beyer, Dr. Leimert, Wiechers
Fundstellen
Haufe-Index 714240 |
BGHZ |
BGHZ, 195 |
BB 1998, 1171 |
DB 1998, 1223 |
DStR 1998, 1026 |
NJW 1998, 2360 |
JR 1999, 236 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1998, 1192 |
WuB 1998, 1139 |
ZAP 1998, 591 |
ZIP 1998, 908 |
DNotZ 1999, 420 |
MDR 1998, 1039 |
GmbHR 1998, 635 |
MC 2001, 22 |
ZNotP 1998, 335 |
L-SL 2001, 6 |