Prof. Dr. Ulrike Baumöl, Dipl.-Kfm. Philipp-Dennis Berlitz
Big Data kein Garant für Wettbewerbsfähigkeit
Die Idee, sich durch einen Informationsvorsprung Wettbewerbsvorteile zu sichern und damit der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein, ist nicht neu. Im internen Rechnungswesen werden schon seit Langem auf Grundlage von betrieblichen Daten Kennzahlen ermittelt, die der Entscheidungsunterstützung und damit der Steuerung des Unternehmens dienen. Für das Controlling ist die Verarbeitung von vielen verschiedenen Daten folglich nichts Neues, sondern vielmehr tägliches Geschäft. Was sich allerdings dramatisch geändert hat, ist die Größenordnung der heute zur Verfügung stehenden Datenmenge.
Für die jeweiligen Fachabteilungen ergibt sich dadurch die Herausforderung, die Datenqualität weiterhin auf einem hohen Niveau zu halten. Aufgrund der großen Datenmenge, kann dies erhebliche Anstrengungen erfordern und hohe Kosten verursachen. Das Unternehmens-Controlling sieht sich aber nicht nur mit größeren Datenmengen, sondern auch mit neuen Datenquellen und damit vielfältigeren Datenformaten konfrontiert. Darüber hinaus müssen Controller auch berücksichtigen, dass Daten mit deutlich höherer Frequenz als noch vor wenigen Jahren angeliefert werden.
Beispiel Industrie 4.0
Dies ist z. B. bei Unternehmen der Fall, welche dem Konzept von Industrie 4.0 folgen, einer industriellen Produktionsform, die durch die starke Vernetzung von vielen cyber-physischen Systemen, wie z. B. Sensoren und Aktoren, geprägt ist. Wenn sich Unternehmen entscheiden, neue Datenquellen zu erschließen, um dadurch möglicherweise Wettbewerbsvorteile zu generieren, müssen sie bereit sein, in entsprechende Technik und Know-how zu investieren.
Big Data ist kein Garant für Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlichen Erfolg. Wie bei allen IT-Investitionen ist auch hier unternehmerisches Denken erforderlich, um langfristig erfolgreich sein zu können. Dazu gehören die Kosten-Nutzen-Abwägung derartiger Investitionen, aber vor allem auch die Auseinandersetzung mit dem eigenen Geschäftsmodell und die Kenntnis relevanter Entscheidungsprobleme.
3.1 Beispiele für Einsatzmöglichkeiten – Mit Big Data zum Wettbewerbsvorteil
Es gibt viele Möglichkeiten, Big Data im betrieblichen Umfeld einzusetzen. Sei es nun, um neue Erkenntnisse aus bisher ungenutzten Daten zu gewinnen oder aber indem Big Data-Verfahren eingesetzt werden, um bereits etablierte Analyseverfahren zu beschleunigen. Im Folgenden soll an 3 Beispielen gezeigt werden, welche Vorteile Unternehmen durch den Einsatz von Big Data erhalten können.
3.1.1 Banken und Versicherungen
Near realtime Risiko-Controlling durch Big Data
Insbesondere bei Banken und Versicherungen besitzt das Risiko-Controlling eine herausragende Bedeutung. Dieser Bereich kann von Big Data-Technik profitieren, da die Ermittlung der Risikoexposition eines Unternehmens in der Regel ein rechenintensiver Prozess ist. Traditionell werden RDBMS verwendet, um Risikokennzahlen zu erzeugen und darauf basierend Entscheidungen bezüglich möglicher Geschäfte zu unterstützen. Insbesondere große Institute stehen vor dem Problem, dass die Berechnung der Kennzahlen mehrere Stunden in Anspruch nehmen kann und somit zeitkritische Entscheidungen verzögert werden. Dies liegt zum einen an der Vielzahl unterschiedlicher Finanzprodukte im Portfolio solcher Unternehmen. Größere Institute müssen z. B. mit einer Produktanzahl im hohen 5-stelligen Bereich umgehen können.
Zum anderen können einzelne Finanzprodukte derart komplex sein, dass äußerst rechenintensive numerische Verfahren nötig sind, um sie zu bewerten. Wie in Kapitel 2.2 beschrieben, besitzt der Einsatz von In-Memory-Technik das Potenzial, die Dauer von Ad hoc-Analysen in einem derartigen Umfeld von mehreren Stunden auf wenige Minuten oder gar Sekunden zu reduzieren. Analysen können also "near realtime" durchgeführt werden. Der Vorteil liegt nicht nur in der verkürzten Analysedauer, als direkte Folge davon können auch deutlich mehr Analysen durchgeführt und damit mehr Handlungsalternativen berücksichtigt werden. Das Risiko, eine Fehlentscheidung zu treffen, kann durch den Einsatz von Big Data-Technik also gesenkt werden.
3.1.2 Marketing
Mit Big Data im Marketing zu maßgeschneiderten Angeboten
Das Marketing kann Big Data auf vielfältige Art und Weise zur Anwendung bringen, da sich dieser Unternehmensbereich traditionell viel mit Daten und deren Analyse beschäftigt. Handelsunternehmen können durch Online-Transaktionen, Payback-Karten, soziale Netzwerke und viele andere Quellen mehr, Daten über ihre Kunden und deren Konsumverhalten sammeln. Mithilfe von Big Data-Verfahren können die Unternehmen diese unterschiedlich strukturierten Daten sammeln, kombinieren und gemeinsam auswerten. Damit kommt das Marketing seinem Ziel, Kunden zur richtigen Zeit ein für diese interessantes Angebot zu unterbreiten, näher. Es ist z. B. denkbar, dass Unternehmen mittels GPS-Daten den Aufenthaltsort ihrer Kunden ermitteln. Ebenso kann ein Unternehmen mithilfe von Payback-Karten Kundenvorlieben, wie z. B. bevorzugte Speisen, ermitteln. Durch die gemeinsame Analyse dieser Daten könnte ein Einzelhandelsunternehmen z. B. Kunden, d...