Dr. Ulf-Christian Dißars, Prof. Dr. Stefan Müller
1.2.1 Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens bei zeitraumbezogenen Leistungen
Als passive Rechnungsabgrenzungsposten sind nach § 5 Abs. 5 Nr. 2 EStG sowie § 250 Abs. 2 HGB nur Einnahmen auszuweisen, die einen Ertrag für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag darstellen. Der BFH stellte in dem Urteil vom 26.7.2023 klar, dass die Schätzung der "bestimmten Zeit" als Tatbestandsvoraussetzung für eine passive Abgrenzung erhaltener Einnahmen nur dann zulässig ist, wenn sie auf den "allgemeingültigen Maßstäben" beruht. Diese würden nicht vorliegen, wenn die angewendeten Maßstäbe auf einer Gestaltungsentscheidung des Steuerpflichtigen beruhen, die geändert werden könnte. Weiterhin führte der BFH aus, dass eine Passivierung einer erhaltenen Zahlung für eine noch ausstehende zeitraumbezogene Leistung nur unter den Voraussetzungen der passiven Abgrenzung möglich ist.
Fraglich war, ob die Klägerin (GmbH & Co. KG) erhaltene Honorare durch die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens, hilfsweise durch die Passivierung einer Anzahlung oder die Bildung einer Rückstellung neutralisieren konnte. Die Klägerin erhielt für Projektentwicklungsmaßnahmen pauschale Tätigkeitshonorare, die anhand der Höhe der Gesamtinvestitionskosten berechnet wurden. Die Auszahlung der Honorare erfolgte in Raten über die voraussichtliche Projektdauer. In der Gewinnermittlung nahm die GmbH & Co. KG eine passive Rechnungsabgrenzung vor, die auf einer Aufteilung der von der GmbH & Co. KG zu erbringenden Leistung beruhte. Dabei wurden die Projekte in 5 Phasen aufgeteilt, in denen ein bestimmter Prozentsatz der Gesamtleistung zu erbringen war und der Startzeitpunkt, die voraussichtliche Laufzeit und das Ende des Projektes festgelegt wurden.
Der BFH urteilte, dass der Zeitraum für die Gegenleistung, die nach dem Bilanzstichtag noch zu erbringen war, allein auf die Gestaltungsentscheidungen der Klägerin zurückzuführen sei, die ohne weiteres geändert werden konnten. Eine Schätzung sei hingegen nur zulässig, wenn diese auf "allgemeingültigen Maßstäben" basieren würde. Nach Auffassung des BFH konnte durch die unternehmensinterne Aufteilung nicht die erforderliche Objektivierbarkeit der Rechnungslegung erreicht und damit das Tatbestandsmerkmal der "bestimmten Zeit" nicht erfüllt werden. Die Bildung eines passiven Abgrenzungspostens sei entsprechend nicht zulässig gewesen. Weiterhin lehnte der BFH auch die Passivierung der erhaltenen Honorare als erhaltene Anzahlungen ab, da für die vorliegende zeitraumbezogene Leistung nur die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens nach Maßgabe des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG möglich sei. Die Bildung einer Rückstellung für Erfüllungsrückstand, die aufgrund eines Leistungsrückstands der Klägerin gebildet wurde, betrachtete der BFH hingegen als zulässig. Die Höhe der Rückstellung konnte die erhaltenen Zahlungen allerdings nicht in voller Höhe neutralisieren.
1.2.2 Ordnungsgeldverfahren und Verfolgungsverjährung bei verspäteter bzw. nicht erfolgter Offenlegung
Das Oberlandesgericht Köln entschied in dem Beschluss 28 Wx 1/24 vom 3.4.2024, dass es sich bei dem gem. § 335 Abs. 1 HGB mit einem Ordnungsgeld belegten Pflichtverstoß der nicht rechtzeitigen Offenlegung von Jahresabschlüssen um ein echtes Unterlassungsdelikt handelt. Die 2jährige Verfolgungsverjährungsfrist in den Ordnungsgeldverfahren beginnt nach Auffassung des Oberlandesgerichtes Köln gem. Art. 9 Abs. 1 EGStGB, sobald die Handlung der Offenlegung beendet ist, also der Jahresabschluss korrekt offengelegt wurde.
In dem strittigen Fall wendete sich die Beschwerdeführerin (offenlegungspflichtiges Unternehmen) gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes, welches wegen Nichteinreichung der Jahresabschlussunterlagen bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers festgesetzt wurde. Die Beschwerdeführerin reichte in dem Streitjahr einen vorläufigen Jahresabschluss ein, woraufhin ein Ordnungsgeld angedroht und schließlich festgesetzt wurde. Die Beschwerdeführerin berief sich in ihrer Beschwerde auf die Verfolgungsverjährung, die ihrer Auffassung nach bereits eingetreten sei. Gemäß § 325 HGB sind die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft verpflichtet den festgestellten Jahresabschluss, den Lagebericht und den Bestätigungsvermerk innerhalb von einem Jahr (§ 325 Abs. 1a HGB) offenzulegen. Wird die Offenlegungspflicht des § 325 HGB nicht befolgt, sieht § 335 Abs. 1 HGB die Durchführung eines Ordnungsgeldverfahrens wegen des pflichtwidrigen Unterlassens der rechtzeitigen Offenlegung vor. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln handelt es sich bei diesem mit einem Ordnungsgeld belegten Pflichtverstoß um ein echtes Unterlassungsdelikt. Weiterhin wird ausgeführt, dass die Verjährung bei echten Unterlassungsdelikten erst dann beginnen würde, wenn die Pflicht zum Handeln entfällt. Da in dem vorliegendem Sachverhalt nur ein vorläufiger Jahresabschluss offengelegt wurde, sieht das Oberlandesgericht Köln die Handlung nicht im Sinne des Art. 9 Abs. 1 Satz 3 EGStGB als beendet an, da eine teilweise oder mangelhafte Pflichterfüllung die Ha...