FinMin Brandenburg, Erlaß v. 14.07.2005, 34-S 2141-2/05
Ein Bilanzansatz ist nicht fehlerhaft, wenn er der im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht (BFH-Urteil vom 12.11.1992, BStBl 1993 II S. 392). Dies gilt auch, wenn zu einer bestimmten Rechtsfrage zwar noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, der Bilanzansatz aber der bis dahin von der Finanzverwaltung vertretenen Rechtsauffassung entspricht. Führt in derartigen Fällen die erstmalige Rechtsprechung des BFH zu einer Änderung der bisher von der Finanzverwaltung vertretenen Rechtsauffassung, stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Bilanz aus Sicht des Stpfl. subjektiv unrichtig ist.
Zur dieser Frage bitte ich entsprechend dem Ergebnis einer Erörterung zwischen den Vertretern der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder folgende Auffassung zu vertreten:
Wird die Verwaltungsauffassung zu einer bestimmten Rechtsfrage nach Ergehen einer erstmaligen Entscheidung des BFH (zu dieser Rechtsfrage) geändert, kann die geänderte Verwaltungsauffassung frühestens in der ersten nach dem Datum der Entscheidung des BFH aufzustellenden Bilanz berücksichtigt werden. Sie ist spätesten in der ersten nach amtlicher Veröffentlichung der Entscheidung im Bundessteuerblatt aufzustellenden Bilanz zu berücksichtigen.
In Fällen, in denen der Stpfl. bis zur amtlichen Veröffentlichung bspw. eine Rückstellung entsprechend der bisherigen Verwaltungsauffassung nicht ausgewiesen hat, besteht die Möglichkeit einer Bilanzberichtigung rückwirkend bis zu ersten nach dem Entscheidungsdatum aufgestellten Bilanz. Darüber hinaus kommt eine rückwirkende Berichtigung von Bilanzen, die einer nach den AO-Vorschriften noch änderbaren Veranlagung zugrunde liegen, nicht in Betracht. Es wird davon ausgegangen, dass bis zur Änderung der Verwaltungsauffassung die Bilanzen als subjektiv richtig zu werten sind. Die Vertrauensschutzregelung nach § 176 Abs. 2 AO bleibt unberührt.
Danach sind bspw. Bilanzberichtigungen nicht möglich bei den sog. Beihilferückstellungen bei Bilanzaufstellung von dem 30.01.2002 (Tag der Entscheidung des BFH, vgl. hierzu auch Kurzinformation der OFD Cottbus auf dem Gebiet der Ertragsteuern vom 20.11.2003, Ausgabe 77/03) und bei den Rückstellungen für die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen gemäß § 257 HGB und § 147 AO bei Bilanzaufstellung vor dem 19.08-2002 (Tag der Entscheidung des BFH).
Normenkette
§ 147 AO
§ 176 Abs. 2 AO
§ 257 HGB