Dr. Florian Müller, Dr. Daniel Licht
3.1.2.1 Persönlicher Anwendungsbereich
Rz. 51
Eine Bilanzberichtigung darf nur der Steuerpflichtige selbst vornehmen. Ist ein Bilanzansatz unter verschiedenen Gesichtspunkten fehlerhaft und kann dies nach Wahl des Steuerpflichtigen durch die eine oder andere Maßnahme beseitigt werden, kann auch hier allein der Steuerpflichtige bestimmen, auf welche Art der Fehler beseitigt werden soll. Steuerpflichtiger i. S. v. § 4 Abs. 2 EStG ist derjenige, dessen Gewinnermittlung betroffen ist; konkret kommen hierzu Einzelunternehmer, Personengesellschaften, die zwar nicht Steuer-, wohl aber Subjekt der Gewinnermittlung sind, und Körperschaften in Betracht. Handelt es sich bei der zu berichtigenden Bilanz um eine Sonder- oder Ergänzungsbilanz, ist der Gesellschafter der Personengesellschaft Steuerpflichtiger i. S.d. § 4 Abs. 2 EStG. Zuständig für die Berichtigung ist bei Einzelunternehmen der Einzelunternehmer selbst; bei Personen- und Kapitalgesellschaften sind es die gesetzlichen Vertreter.
Rz. 52
Die Finanzämter sind selbst nicht berechtigt, die Bilanz zu berichtigen.
Sie sind aber berechtigt und verpflichtet, die Bilanz des Steuerpflichtigen zu überprüfen und, sofern sie die Bilanz für fehlerhaft erachten, eine eigene Gewinnermittlung anzustellen, die dann der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Die eigene Gewinnermittlung des Finanzamts stellt jedoch keine Bilanzberichtigung dar, und zwar auch dann nicht, wenn im Rahmen einer Außenprüfung (§§ 193 ff. AO) eine sog. Prüferbilanz erstellt wird. Diese Pflicht zu einer eigenen Gewinnermittlung folgt für die Finanzämter indes nicht aus § 4 Abs. 2 EStG, sondern aus § 85 AO, wonach die Finanzämter die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben haben; die Finanzämter haben Bilanzierungsfehler demnach sowohl zugunsten als auch zuungunsten der Steuerpflichtigen zu korrigieren. Der Steuerpflichtige kann sich die vom Finanzamt geänderten Werte sodann zu eigen machen und eine Bilanzberichtigung durchführen. Er ist jedoch nicht verpflichtet, unrichtige Bilanzansätze, die das Finanzamt aufgrund eigenen Verschuldens zu Unrecht einer Steuerveranlagung zugrunde gelegt hat, in seine Bilanz zu übernehmen. Ebenso wie die Finanzämter sind auch die Finanzgerichte berechtigt und verpflichtet, die für die Besteuerung zutreffende Bilanz zugrunde zu legen, wobei jedoch die Klageanträge und das Verböserungsverbot zu beachten sind.
3.1.2.2 Vermögensübersicht (Bilanz) als Gegenstand der Bilanzberichtigung
Rz. 53
§ 4 Abs. 2 Satz 1 EStG betrifft nur die Steuerbilanz, nicht aber die Handelsbilanz. Dies lässt bereits der Wortlaut der genannten Vorschrift erkennen, wonach die Bilanz nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes aufzustellen ist, was auf die Handelsbilanz jedoch nicht zutrifft. Gegenstand der Bilanzberichtigung ist demnach die Steuerbilanz bzw. jegliche zu steuerlichen Zwecken erstellte Vermögensübersicht/Bilanz. Dies kann entweder eine eigens für die Besteuerung erstellte Bilanz (§ 60 Abs. 2 Satz 2 EStDV) oder aber eine Handelsbilanz mit Überleitungsrechnung sein (§ 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV). Erfasst sind insbesondere die Anfangs- und Schlussbilanz als Anknüpfungspunkte innerhalb des Betriebsvermögensvergleichs, ebenso wie die Eröffnungsbilanz, Gesellschafts-, Sonder- und Ergänzungsbilanzen, Aufgabe-, Liquidations- und Umwandlungsbilanzen sowie Übergangsbilanzen bei Änderung der Gewinnermittlungsart und Zwischenbilanzen beim Gesellschafterwechsel.
Rz. 54
Die Bilanzberichtigung setzt eine wirksam erstellte Bilanz voraus, die auch unterzeichnet ist (§ 245 HGB), sodass bloße vorläufige Übersichten, die noch nicht die formalen Anforderungen an eine Bilanz erfüllen, sowie unter Vorbehalt erstellte Bilanzen nicht erfasst sind, zumal der Steuerpflichtige...