Rz. 43
Geeignete Sachverhaltsgestaltungen zur Verbesserung der Bilanzstruktur und des Liquiditätsausweises sind im Beitrag "Bilanzpolitik im HGB-Jahresabschluss", Rz. 31 ff., aufgeführt.
Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie und der Strategie der bilanzpolitischen Maximierung des Verlusts, um kurzfristig von Verlustrückträgen in den vorherigen (erfolgreichen) Veranlagungszeitraum zu profitieren, ist die sachverhaltsgestaltende Bilanzpolitik besonders geeignet, Verluste zu schaffen. So ist – jeweils natürlich eingeschränkt durch die vorhandenen Reserven des Unternehmens – auf die Auflösung stiller Reserven zu verzichten und dagegen möglichst auf die Aufdeckung stiller Lasten hinzuwirken, d. h. diese zu realisieren. Stille Lasten stecken vor allem im Anlagevermögen, was ggf. vorübergehend im Wert gemindert, aber aufgrund von § 253 Abs. 3 HGB nicht abgewertet ist. Zudem sind die langfristigen Rückstellungen durch die Verwendung der Durchschnittszinssätze der letzten 10 bzw. 7 Geschäftsjahre nach HGB und noch stärker aufgrund der steuerlich vorgegebenen Abzinsungssätze von 6 bzw. 5,5 % im Vergleich zum aktuellen gestiegenen Stichtagszins deutlich zu gering angesetzt. Wenn es gelingt, die Verpflichtung auf einen Dritten zu übertragen und damit in eine Verbindlichkeit zu tauschen, dürfte daher steuerrechtlich ein großer Bewertungsverlust aufwandswirksam zu verrechnen sein – handelsrechtlich dagegen eher ein kleinerer Bewertungsertrag, da die Durchschnittszinssätze noch etwas zu niedrig sind. Zudem sind alle zeitlichen Verlagerungen von Geschäftsvorfällen sinnvoll, um den Verlust zu erhöhen – konkret müssten Erträge in die Zukunft verschoben und Aufwendungen durch entsprechende Gestaltungen in die aktuelle Periode hereingeholt werden, was etwa durch die entsprechende Gestaltung von Verträgen erreicht werden kann.
Auf Pensionsgeschäfte und Factoring wird im Folgenden näher eingegangen.
Rz. 44
Zur Definition des Pensionsgeschäfts wird auf § 340 b Abs. 1 bis Abs. 3 HGB verwiesen. Solche Geschäfte haben beim Pensionsgeber vor allem dann einen liquiditätsverbessernden Effekt, wenn nicht liquide oder weniger liquide Vermögensgegenstände (z. B. Darlehensforderungen oder bestimmte Rohstoffbestände) gegen Hereinnahme liquider Mittel in Pension gegeben werden. Hinsichtlich der bilanziellen Auswirkungen ist allerdings zwischen echten und unechten Pensionsgeschäften zu unterscheiden:
- Echte Pensionsgeschäfte: Bei diesen Geschäften sind gem. § 340 b Abs. 4 HGB die in Pension gegebenen Vermögensgegenstände weiterhin in der Bilanz des Pensionsgebers auszuweisen. Beim Pensionsgeber kommt es auf der Aktivseite zu einem Zugang an liquiden Mitteln, während auf der Passivseite in gleicher Höhe eine Verbindlichkeit erscheint, denn wirtschaftlich stellen die vom Pensionsgeber empfangenen liquiden Mitteln nichts anderes als einen Kredit des Pensionsnehmers an den Pensionsgeber dar. Die Wirkung der Gestaltung ist zwiespältig: Einerseits verbessert sich der Liquiditätsausweis, anderseits tritt eine Bilanzverlängerung ein (Verschlechterung bestimmter Bilanzkennzahlen, wie z. B. der Eigenkapitalquote).
- Unechte Pensionsgeschäfte: Hier ist das Pensionsgut gem. § 340 b Abs. 5 HGB dem Pensionsnehmer zuzurechnen und infolgedessen bei ihm zu bilanzieren. Beim Pensionsgeber treten an die Stelle des in Pension gegebenen Gegenstandes die als Gegenleistung vereinnahmten liquiden Mittel. Die so bewirkte Liquiditätsverbesserung führt zu keiner Veränderung der Bilanzsumme. Die ausgewiesene Kapitalstruktur bleibt gleich.
Rz. 45
Als Factoring bezeichnet man ein Geschäft, bei dem ein Finanzierungsinstitut (Factor) von einem Verkäufer (Anschlusskunde) dessen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ankauft. Durch den Verkauf fließen dem Anschlusskunden liquide Mittel zu. Im Falle des echten Factorings scheiden die veräußerten Forderungen aus dem Vermögen und aus der Bilanz des Anschlusskunden aus. Stattdessen wird zunächst eine Forderung an den Factor ausgewiesen, die grundsätzlich unter der Bilanzposition "Guthaben bei Kreditinstituten" zu erfassen ist. Beim unechten Factoring, bei dem der Anschlusskunde weiterhin für die Einbringlichkeit der veräußerten Forderungen haftet, ist es umstritten, ob wirklich ein Forderungsverkauf oder nur eine Kreditgewährung mit Sicherungsabtretung vorliegt. Zumindest beim echten Factoring wird somit der Bestand an liquiden Mitteln erhöht und der Bestand der Forderungen vermindert, wobei freilich die Factoringkosten und der sogenannte Sperrbetrag, d. h. der zunächst nicht ausgezahlte Teil der betreffenden Forderungen, zu berücksichtigen sind.