6.6.1 Gestaltungen auf Ebene der Gesellschaft
Rz. 46
Weist die GmbH in der Krise Verluste in einer Höhe aus, die voraussichtlich auf absehbare Zeit nicht durch entsprechend hohe Gewinne auszugleichen ist, so kann – unter bestimmten Voraussetzungen – eine Verschmelzung der Verlust-GmbH mit einer Gewinn-GmbH erwogen werden. Gemäß der aktuellen Fassung des UmwStG kann ein verbleibender Verlustvortrag der Verlust-GmbH nicht mehr auf die Gewinn-GmbH übertragen werden und würde dementsprechend untergehen. Die weitere Nutzung des Verlustvortrags wäre nur möglich, wenn die Gewinn-GmbH auf die Verlust-GmbH verschmolzen wird, wobei hier einschränkend die Regelungen des § 8 c Abs. 1 KStG zu beachten sind, nach denen die Verlust-GmbH ihr Recht auf den Verlustvortrag verliert, wenn ein schädlicher Beteiligungserwerb vorliegt.
Rz. 47
Für den Fall, dass die Verlust-GmbH auf die Gewinn-GmbH verschmolzen werden soll, ist ein Übergang des Verlustvortrags – wie bereits erläutert – nicht möglich. Die Verlustvorträge können aber auf Ebene der untergehenden Verlust-GmbH dadurch genutzt werden, dass die übergehenden Wirtschaftsgüter mit einem über dem Buchwert liegenden Wert – höchstens jedoch mit dem gemeinen Wert – angesetzt werden, was zu einem Gewinn in der Übertragungsbilanz der übertragenden Verlust-GmbH führt und mit den Verlustvorträgen saldiert werden kann. Der Ansatz von Zwischenwerten ist dabei nur zulässig, wenn die Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen bleiben, das Besteuerungsrecht in Deutschland bestehen bleibt und eine Gegenleistung nur in Form von Gesellschaftsrechten gewährt wird. Der Wert, mit dem die übergehenden Wirtschaftsgüter angesetzt werden, sollte also nur so hoch sein, dass die Verlustvorträge aufgebraucht werden. In diesem Zusammenhang ist jedoch die Mindestbesteuerung zu berücksichtigen: Ein Sockelbetrag von 1 Mio. EUR kann zu 100 % mit einem vorhandenen Verlustvortrag verrechnet werden, wohingegen der über diesen Sockel hinausgehende Gewinn nur zu 60 % mit dem Verlustvortrag verrechnet werden kann und zu 40 % der Steuer unterliegt. Aus dem über dem Buchwert liegenden Ansatz resultiert für die übernehmende Gewinn-GmbH erhöhtes Abschreibungsvolumen. Ob sich dieses Vorgehen rechnet, hängt maßgeblich davon ab, wie schnell das zusätzliche Abschreibungsvolumen genutzt werden kann. Dabei ist zum einen darauf zu achten, auf welche Wirtschaftsgüter sich das erhöhte Abschreibungsvolumen verteilt und welche Abschreibungsdauer diese Wirtschaftsgüter besitzen. Zum anderen kann die übernehmende Gewinn-GmbH das erhöhte Abschreibungsvolumen nur nutzen, wenn ausreichend zukünftige positive Einkünfte erwartet werden. Statt der Verschmelzung der Verlust-GmbH auf eine Gewinn-Kapitalgesellschaft wäre auch eine Verschmelzung bzw. ein Formwechsel auf eine Gewinn-Personengesellschaft und der damit einhergehende Ansatz der Wirtschaftsgüter mit einem über dem Buchwert liegenden Wert zur Nutzung von Verlustvorträgen denkbar.
6.6.2 Gestaltungen im Verhältnis der Gesellschafter zur GmbH
Rz. 48
Eine Verlust-GmbH kann mit ihren Verlusten mangels Verrechnungsmöglichkeiten mit Gewinnen steuerlich zunächst nichts anfangen. Die GmbH-Gesellschafter hingegen unterliegen mit ihren u. U. hohen Einkünften der vollen Einkommensteuerbelastung. Ein unmittelbarer Transfer der Verluste auf Ebene der Gesellschafter ist indes nicht möglich. Denkbar wären in diesem Zusammenhang Gestaltungen, die mittelbar einen Verlusttransfer von der GmbH auf die GmbH-Gesellschafter zur Folge haben:
Rz. 49
1. |
Der Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH verzichtet auf Tätigkeitsvergütungen von der GmbH. Bei der GmbH fallen Aufwendungen und beim Geschäftsführer steuerpflichtige Einnahmen weg. Die Gestaltung eines solchen Verzichtes muss entsprechend den von der Rechtsprechung aufgestellten Regeln erfolgen. Wird jedoch mehrfach und jeweils auf unbestimmte Zeit auf Gehalt verzichtet, kann es bei späteren tatsächlich wieder eintretenden Gehaltszahlungen dazu kommen, dass das Finanzamt u. U. die Gehaltsvereinbarung nicht mehr anerkennt und von verdeckten Gewinnausschüttungen ausgeht. |
Rz. 50
2. |
Wesentlich beteiligte GmbH-Gesellschafter (Beteiligung von mindestens 1 %) können die Unternehmenskrise dazu benutzen, um ihre Anteile zum gesunkenen Wert zu veräußern, wobei es zu einem Veräußerungsverlust gem. § 17 EStG kommt. Dieser Verlust wird beim Gesellschafter mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen bzw. im Wege des Verlustrücktrags oder -vortrags steuerlich verrechnet. Die Veräußerung braucht nicht an fremde Dritte, sondern kann auch im Familienkreis erfolgen. Hier wird jedoch in besonderem Maße auf eine sorgfältige Begründung des im Vergleich zu den Anschaffungskosten niedrigeren Veräußerungspreises geachtet werden müssen. Denn das Finanzamt dürfte gerade bei Geschäften innerhalb der Familie versuchen, mit Hinweis auf den Fremdvergleich der Verlustreali... |