Leitsatz
Die Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde gem. § 7h Abs. 2 EStG stellt einen Grundlagenbescheid dar, bei dessen Erlass allein die Gemeindebehörde prüft, ob Modernisierungsmaßnahmen und Instandsetzungsmaßnahmen i.S.d. § 177 BauGB durchgeführt wurden.
Normenkette
§ 7h Abs. 2 EStG, § 177 BauGB
Sachverhalt
Die Kläger begehren eine erhöhte Absetzung gem. § 7h Abs. 1 EStG. Der Kläger erwarb einen Miteigentumsanteil an einem Immobilienobjekt, dass der Verkäufer bis zum 30.9.1996 fertig zu stellen hatte. Im Dezember 1996 erteilte der Bürgermeister der Stadt W dem Kläger eine Sanierungsbescheinigung zur Vorlage beim Wohnsitz-FA. In dieser Bescheinigung heißt es im Wesentlichen:
„1. Die Grundstücke ... liegen in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet der Stadt W. ...
2. Bei den durchgeführten Maßnahmen handelt es sich um solche der §§ 7h Abs. 1 EStG, 177 BauGB. ...
4. Zuschüsse aus Sanierungs- und Entwicklungsfördermitteln wurden nicht gezahlt. ...”
Das FA versagte bei der Festsetzung der ESt eine erhöhte Absetzung nach § 7h EStG und legte lediglich eine AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zugrunde.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Dagegen richtet sich die Revision der Kläger.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH hat das FG die Bindungswirkung der erteilten Bescheinigung unzutreffend beurteilt. Sie bestätige, dass es sich bei den durchgeführten Maßnahmen um solche der §§ 7h Abs. 1 EStG, 177 BauGB handele. Diese – auf die Wiedergabe der gesetzlichen Mindestangaben beschränkten – Angaben seien ausreichend. Denn aus der Bezugnahme auf § 177 BauGB ergebe sich zweifelsfrei, dass nur i.S.d. § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG förderungsfähige Maßnahmen bescheinigt worden seien. Der weiter gehenden Frage, ob es sich hierbei um Modernisierungsmaßnahmen oder um Instandsetzungsmaßnahmen gehandelt habe, komme für die erhöhten Absetzungen des § 7h EStG keine Bedeutung zu.
Hinweis
1. Bei einem im Inland belegenen Gebäude in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder städtebaulichen Entwicklungsbereich kann der Steuerpflichtige nach § 7h Abs. 1 EStG – abweichend von § 7 Abs. 4 und 5 EStG – im Jahr der Herstellung und in den folgenden neun Jahren jeweils bis zu 10 % (seit 2004: acht Jahre 9 % und vier Jahre 7 %) der Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i.S.d. § 177 BauGB absetzen. Dies kann er nach § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG allerdings nur, wenn er durch eine Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde die Voraussetzungen des Abs. 1 für das Gebäude und die Maßnahmen nachweist.
Die Bescheinigung ist damit materiell-rechtliche Abzugsvoraussetzung für die Begünstigung des § 7h EStG (BFH, Urteil vom 4.5.2004, XI R 38/01, BFH-PR 2005, 46; vgl. R 83a Abs. 4 Satz 2 EStR 1996, jetzt R 7h EStR 2005). Die Bindungswirkung der Bescheinigung erstreckt sich auf die in § 7h Abs. 1 EStG benannten Tatbestandsmerkmale, nämlich auf die Feststellung, ob das Gebäude in einem Sanierungsgebiet belegen ist, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i.S.d. § 177 BauGB durchgeführt und ob Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsfördermitteln gewährt worden sind.
Nach diesen Grundsätzen prüft allein die Gemeinde, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i.S.d. § 177 BauGB durchgeführt wurden (BFH, Urteil vom 21.8.2001, IX R 20/99, BFH-PR 2002, 11). Nach den Wertungen des Baugesetzbuches muss entschieden werden, wie die Begriffe "Modernisierung" und "Instandsetzung" zu verstehen sind und ob darunter auch ein Neubau in bautechnischem Sinn zu subsumieren ist. Vertritt das FA eine von der bescheinigenden Gemeinde abweichende Auffassung und hält es den Grundlagenbescheid für rechtswidrig, so hat es nur die Möglichkeit, bei der Gemeinde darauf hinzuwirken, dass sie ihre Bescheinigung zurücknimmt oder ändert (BFH, Urteil vom 17.12.1996, IX R 91/94, BStBl II 1997, 398) und ist nach Remonstration auf den Verwaltungsrechtsweg verwiesen.
Indes erstreckt sich die Bescheinigung und deren Bindungswirkung nicht auf die persönliche Abzugsberechtigung, also nicht darauf, wer Herstellungskosten getragen hat und wem sie als Abzugsberechtigtem zuzurechnen sind. Dies hat die Finanzbehörde in eigener Zuständigkeit zu entscheiden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.9.2005, IX R 13/04